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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Nukleinsäuremolekül, das für eine Splice-Variante des humanen P2RX7-Rezeptors codiert, sowie hiervon abgeleitete Nukleinsäuremoleküle, einen die Nukleinsäuremoleküle enthaltenden rekombinanten Vektor, einen den rekombinanten Vektor enthaltenden Wirt, ein von den Nukleinsäuremolekülen codiertes Polypeptid, eine das Polypeptid exprimierende Wirtszelle, ein an das Polypeptid bindendes Bindemolekül, eine das Bindemolekül aufweisende pharmazeutische Zusammensetzung, ein Verfahren zur Herstellung des isolierten Polypeptids, sowie weitere damit zusammenhängende Verfahren und Verwendungen.
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GEBIET DER ERFINDUNG
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Die Erfindung betrifft das Gebiet der Molekularbiologie und molekulare Medizin, insbesondere die Diagnose und Behandlung von Tumoren, einschließlich des Rhabdomyosarkoms (RMS).
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HINTERGRUND DER ERFINDUNG
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Das Rhabdomyosarkom (RMS) ist der dritthäufigste extrakraniell lokalisierte maligne Tumor und das häufigste Weichteilsarkom im Kindesalter. Das RMS zählt zu den bösartigen Weichteiltumoren. Es entsteht aus nicht ausgereiften Mesenchymzellen, die zur Differenzierung in Skelettmuskelzellen vorgesehen sind, aber eine unterbrochene Myogenese aufweisen und darunter maligne entarten. Die Metastasierung erfolgt häufig in die Lunge, das Knochenmark, die Knochen und die regionären Lymphknoten.
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Histologisch wird in embryonale und alveoläre RMS-Formen differenziert, welche sich in ihrer Tumorbiologie erheblich voneinander unterscheiden. Die embryonalen RMS zeichnen sich durch einen "benigneren" Verlauf mit seltener Metastasierungstendenz aus, wohingegen die alveolären RMS sehr häufig metastasieren.
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Die derzeitige Therapie des RMS besteht aus einer multimodalen Behandlung mit systemischer Chemotherapie, Strahlentherapie und Tumorresektion. Die Intensität und Radikalität der Therapie wird anhand einer entsprechenden Risikostratifizierung auf der Basis von Histologie, postchirurgischem Tumorstadium nach IRS-Klassifikation ("Intergroup Rhabdomyosarcoma Study"), Lymphknotenstatus, Tumorgröße und Patientenalter festgelegt.
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Trotz der interdisziplinären Therapiekonzepte ist die Prognose insbesondere beim alveolären Subtyp und in fortgeschrittenen Tumorstadien schlecht. Die Prognose der betroffenen Kinder ist im Stadium IV, das gekennzeichnet ist durch Fernmetastasen, mit einer 5-Jahresüberlebensrate von 27 % und bei Tumorrezidiv mit einer 5-Jahresüberlebensrate von 21 % schlecht. Die derzeitigen Therapieoptionen versprechen keine weitere Verbesserung der Prognose. Daher ist die Suche nach neuen, innovativen Therapieansätzen eminent wichtig.
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Vor diesem Hintergrund ist es die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe, neue Zielstrukturen bzw. Biomarker aufzufinden bzw. zur Verfügung zu stellen, die die Grundlage für eine selektive Diagnose und Therapie bereitstellen.
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ZUSAMMENFASSENDE DARSTELLUNG DER ERFINDUNG
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Diese Aufgabe wird durch ein Nukleinsäuremolekül gelöst, das ein Polynukleotid mit einer Nukleotidsequenz aufweist, die ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus:
- (a) SEQ ID Nr. 1;
- (b) Nukleotidsequenz, die aufgrund der Degeneration des genetischen Codes für die gleiche Aminosäuresequenz codiert wie SEQ ID Nr. 1;
- (c) Nukleotidsequenz, die komplementär ist zu SEQ ID Nr. 1;
- (d) Nukleotidsequenz, die für die Exons 1–6 und 9–13, nicht jedoch für die Exons 7 und 8, des humanen P2RX7-Gens codiert;
- (e) Nukleotidsequenz, die die für das humane P2RX7-Gen codierende Codons p1–205 und p.295–595 aufweist.
- (f) Nukleotidsequenz, die sämtliche für das humane P2RX7-Gen codierenden Codons minus den Codons p. 206–294 aufweist;
- (g) Nukleotidsequenz, die für die Aminosäuresequenz SEQ ID Nr. 2 codiert;
- (h) Nukleotidsequenz, die unter stringenten Bedingungen an eine der Nukleotidsequenzen (a) bis (g) hybridisiert.
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Das beanspruchte Nukleinsäuremolekül codiert für eine Zellstruktur oder Teile hiervon, die von Erfindern als eine solche identifiziert wurde, über die hochspezifisch und selektiv Zellen des Rhabdomyosarkoms adressiert werden können. Wie Untersuchungen der Erfinder zeigen konnten, handelt es sich bei der Zellstruktur um eine neue Splice-Variante des sog. P2X7-Rezeptors oder Abkömmlingen hiervon.
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P2X-Rezeptoren finden sich üblicherweise vorwiegend in Neuronen, Neuroglia, Endo- und Epithel, Muskeln, Knochen, sowie hämatopoetischem Gewebe. Funktionell gesehen handelt es sich um Ionenkanäle, die sich in ATP-Abhängigkeit öffnen. Sie bestehen aus mehreren Untereinheiten von Membranproteinen, die wiederum jeweils aus zwei Transmembrandomänen mit angrenzender intra- sowie extrazellulärer Domäne bestehen. Insgesamt sind sieben unterschiedliche Untereinheiten mit bis zu 50 % identischer Aminosäuresequenz beschrieben. Die überwiegende Zahl der Rezeptoren dieser Familie sind Homomere aus jeweils drei gleichen Untereinheiten.
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Die einzelnen zur P2X-Familie gehörenden Rezeptoren unterscheiden sich teilweise erheblich. Während die ATP-abhängige Aktivierung und die Permeabilität für kleine, monovalente Kationen allen Rezeptoren der P2X-Familie gemeinsam ist, ist einzig der P2X7-Rezeptor in der Lage, über eine Destabilisierung der Zellmembran ("large pore formation") und teilweise mittlerweile gut untersuchte, intrazelluläre Signalkaskaden die Induktion von Apoptoseprozessen zu steuern. Der P2X7-Rezeptor ist ferner an der Steuerung von Zellproliferation und der Adaptation des Zellorganismus auf Inflammation und Ischämie beteiligt. Obwohl die Signaltransduktionswege noch nicht vollständig aufgeklärt sind, scheint sowohl die Dauer der Rezeptorstimulation als auch die ATP-Konzentration im entsprechenden Gewebe eine Schlüsselrolle zu spielen. Das Vorkommen von P2X7-Rezeptoren in der Wildtyp-Variante beschränkt sich überwiegend auf mesenchymale, epitheliale, hämatopoetische und neuronale Zelllinien.
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Das Gen des humanen P2X7-Rezeptors umfasst dreizehn Exons und ist auf dem Chromosom 12q24 lokalisiert. Es codiert für 595 Aminosäuren. Die mRNA für den P2X7-Rezeptor von Homo sapiens im Wildtyp ist unter dem GenBank Lokus Y09561.1 hinterlegt. Sie besteht aus 1853 Basenpaaren.
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Von dieser Sequenz sind bisher mehrere Splice-Varianten bekannt, vgl. Slyter und Stokes (2011), Significance of P2X7 Receptor Variants to Human Health and Disease. Recent Patents on DNA and Gene Sequences, Vol. 5, Seiten 41 bis 54. Die erfindungsgemäße Splice-Variante des P2X7-Rezeptors wird im Stand der Technik jedoch bislang nicht beschrieben.
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Nach Erkenntnissen der Erfinder handelt es sich bei der neuen Splice-Variante des P2X7-Rezeptors um den ersten RMS-spezifischen Tumormarker.
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Anders als die bisher bekannten Splice-Varianten des P2X7-Rezeptors weist das RNA-Transkript bei der erfindungsgemäßen Variante kein vorzeitiges Stopcodon auf. Es unterliegt demnach auch nicht dem Nonsense-Mediated Decay (NMD), einem Mechanismus, der zur Folge hat, dass keine oder nur sehr geringe Mengen des verkürzten Proteins gebildet werden.
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Die erfindungsgemäße Variante des P2X7-Rezeptors wird auf der Zelloberfläche von RMS-Zellen exprimiert. Er stellt deshalb eine prädestinierte Zielstruktur für eine zielgerichtete Diagnostik oder Therapie dar, bspw. auf der Basis von spezifischen Antikörpern.
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SEQ ID Nr. 1 aus dem beiliegenden Sequenzprotokoll stellt die Nukleotidsequenz der neuen Splice-Variante dar. Die Aminosäuresequenz der erfindungsgemäßen Splice-Variante des humanen P2X7-Rezeptors ist in der SEQ ID Nr. 2 des Sequenzprotokolls dargestellt.
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Die Erfinder konnten feststellen, dass die neue Splice-Variante des P2X7-Rezeptors für die Exons 1 bis 6 und 9 bis 13, nicht jedoch für die Exons 7 und 8 des humanen P2RX7-Gens im Wildtyp kodiert. Dies hat zur Folge, dass die Aminosäuren des humanen P2RX7-Gens an den Positionen 1 bis 205 und 295 bis 595 codiert werden, nicht aber die Aminosäuren an den Positionen 206 bis 294.
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Erfindungsgemäß werden unter "stringenten Bedingungen" solche verstanden, unter denen nur solche Nukleotidsequenzen miteinander hybridisieren, die perfekte oder nahezu perfekte (≥ 95%) Komplementarität aufweisen. Stringente Bedingungen sind dem Fachmann bekannt und finden sich beispielsweise in
"Current Protocols in Molecular Biology", John Wiley and Sons, N.Y. (1989), 6.3.1 bis 6.3.6.
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Die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe wird hiermit vollkommen gelöst.
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Ein weiterer Gegenstand der Erfindung ist ein rekombinanter Vektor, der das erfindungsgemäße Nukleinsäuremolekül aufweist.
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Der rekombinante Vektor kann ein Replikationsvektor, Transfervektor, Expressionsvektor etc. sein. Der erfindungsgemäße Vektor schafft die konstruktiven Voraussetzungen für eine Replikation und/oder Expression des erfindungsgemäßen Nukleinsäuremoleküls.
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Ein noch weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist eine Wirtszelle, die den erfindungsgemäßen rekombinanten Vektor aufweist.
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Bei der Wirtszelle kann es sich um jede prokaryotische oder eukaryotische Zelle handeln, die zur Aufnahme und ggf. Replikation sowie ggf. Expression des rekombinanten Vektors in der Lage ist. Sie ermöglicht die Replikation und/oder Expression des erfindungsgemäßen Nukleinsäuremoleküls. Beispiele für geeignete prokaryotische Zellen oder System sind Escherichia coli und Bacillus subtilis. Beispiele für geeignete eukaryotische Zellen oder System sind Hefen, Säugetierzellen wie CHO- und Myelomzellen, und Insektenzellen, wie Sf-9, Sf-21 zusammen mit einem Baculovirus-Expressionssystem.
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Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist ein Polypeptid, das eine Aminosäuresequenz aufweist, die ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus:
- (a) SEQ ID Nr. 2;
- (b) Aminosäuresequenz codiert von dem erfindungsgemäßen Nukleinsäuremolekül.
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Eine Variante des erfindungsgemäßen Polypeptids weist eine oder mehrere sequenzielle Aminosäuredeletionen am C-Terminus und/oder am N-Terminus auf.
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Auch ein solches Polypeptid ist geeignet, um ein Bindemolekül, beispielsweise einen Antikörper, der an die neue Splice-Variante des P2X7-Rezeptors binden kann, zu generieren und ist deshalb Bestandteil der Erfindung. Erfindungsgemäß umfassen "mehrere" sequenzielle Aminosäuredeletionen maximal 10, vorzugsweise maximal 9, 8, 7, 6, 5, 4, 3, 2 sequenzielle Aminosäuredeletionen, am C-Terminus und/oder am N-Terminus.
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Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung betrifft eine Wirtszelle, die das erfindungsgemäße Polypeptid exprimiert.
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Hier gilt das für die Wirtszelle, die den erfindungsgemäßen rekombinanten Vektor enthält, Gesagte, entsprechend.
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Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung betrifft ein Bindemolekül, vorzugsweise einen Antikörper, weiter vorzugsweise einen monoklonalen Antikörper, das/der spezifisch an das erfindungsgemäße Polypeptid bindet.
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Dieser Gegenstand der Erfindung stellt die Voraussetzungen für eine zielgerichtete Diagnostik oder Therapie des RMS dar und ist damit einer der zentralen Gegenstände der vorliegenden Erfindung. Die Herstellung eines solchen Bindemoleküls bzw. Antikörpers erfolgt nach im Stand der Technik allgemein bekannten Verfahren. Weitere erfindungsgemäß umfasste Bindemoleküle sind Aptamere oder niedermolekulare Verbindungen ("small molecules") mit hoher Affinität für die neue Splice-Variante des humanen P2X7-Rezeptors. Erfindungsgemäß bedeutet "spezifisch", dass das Bindemolekül selektiv an das erfindungsgemäße Polypeptid, folglich auch an die neue Splice-Variante des humanen P2X7-Rezeptors, binden kann. "Spezifisch" bedeutet in diesem Kontext auch, dass das erfindungsgemäße Bindemolekül nicht an den Wildtyp des humanen P2X7-Rezeptors binden kann.
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In einer Ausführungsform der Erfindung ist das erfindungsgemäße Bindemolekül mit einem zytotoxischen Agens, vorzugsweise Doxorubicin, gekoppelt.
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Mit dieser Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Bindemoleküls lassen sich RMS-Zellen zielgerichtet abtöten. Unter einem "zytotoxischen Agens" werden Substanzen verstanden, die schädigend auf die physiologischen Zellvorgänge einwirken beziehungsweise die Zelle abtöten. Sie umfassen auch die Gruppe der Zytostatika, wovon Doxorubicin besonders bevorzugt ist.
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Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung betrifft eine pharmazeutische Zusammensetzung, die das erfindungsgemäße Bindemolekül und einen pharmazeutisch akzeptablen Träger aufweist.
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Pharmazeutisch akzeptable Träger sind im Stand der Technik hinreichend bekannt. Beispielhaft wird auf Kibbe A. (2003), Handbook of Pharmaceutical Excipients, 4. Auflage, American Pharmaceutical Association and Pharmaceutical Press, verwiesen. Die erfindungsgemäße pharmazeutische Zusammensetzung kann ferner Zusätze enthalten. Diese umfassen jedwede Verbindung oder Zusammensetzung, die für die Wirksamkeit des erfindungsgemäßen Bindemoleküls vorteilhaft sind, worunter Salze, Bindemittel, Lösungsmittel, Dispersionsmittel, Adjuvanzien und weitere im Zusammenhang mit der Formulierung von Bindemolekülen üblicherweise verwendete Stoffe fallen.
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Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines isolierten Polypeptids, das folgende Schritte aufweist:
- (a) Kultivieren der erfindungsgemäßen Wirtszelle unter solchen Bedingungen, unter denen das Polypeptid exprimiert wird;
- (b) Isolieren des Polypeptids.
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Bedingungen, die eine Expression des erfindungsgemäßen Polypeptids ermöglichen, sind dem Fachmann hinlänglich bekannt.
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Ein noch weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung betrifft die Verwendung des erfindungsgemäßen Nukleinsäuremoleküls und/oder des erfindungsgemäßen Polypeptids und/oder des erfindungsgemäßen Bindemoleküls, zum Nachweis und/oder zur Diagnose eines Tumors, vorzugsweise eines Rhabdomyosarkoms, weiter vorzugsweise eines embryonalen Rhabdomyosarkoms.
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Ein noch weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung betrifft die Verwendung des erfindungsgemäßen Bindemoleküls oder der erfindungsgemäßen pharmazeutischen Zusammensetzung zur Behandlung und/oder Prophylaxe eines Tumors, vorzugsweise eines Rhabdomyosarkoms, weiter vorzugsweise eines embryonalen Rhabdomyosarkoms.
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Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung betrifft ein Verfahren zum Nachweis und/oder zur Diagnose eines Tumors in einem Lebewesen, vorzugsweise eines Rhabdomyosarkoms, weiter vorzugsweise eines embryonalen Rhabdomyosarkoms (RMS), das folgende Schritte aufweist:
- (a) Bereitstellen einer aus dem Lebewesen stammenden biologischen Probe,
- (b) Untersuchen der biologischen Probe auf das Vorhandensein oder die Abwesenheit des erfindungsgemäßen Nukleinsäuremoleküls und/oder des erfindungsgemäßen Polypeptids,
- (c) Positiver Nachweis und/oder Stellen einer positiven Diagnose bei Vorhandensein, oder negativer Nachweis und/oder Stellen einer negativen Diagnose bei Abwesenheit.
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Bei der biologischen Probe handelt es sich vorzugsweise um eine Gewebeprobe, aus dem Bereich des Lebewesens, in dem das RMS vermutet wird. Die Untersuchung auf das Vorhandensein oder die Abwesenheit des erfindungsgemäßen Nukleinsäuremoleküls und/oder des erfindungsgemäßen Polypeptids erfolgt mit dem Fachmann bekannten Methoden, einschließlich antikörperbasierender Nachweisverfahren, wie ELISA, Immuno-Blot-Methode, etc., nukleinsäurebasierender Nachweisverfahren, wie der Northern-Blot-Methode, etc.
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Ein noch weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung betrifft ein Verfahren zur Behandlung und/oder Prophylaxe eines Tumors bei einem Lebewesen, vorzugsweise eines Rhabdomyosarkoms, weiter vorzugsweise eines embryonalen Rhabdomyosarkoms, das die Verabreichung des erfindungsgemäßen Bindemoleküls oder der erfindungsgemäßen pharmazeutischen Zusammensetzung in das Lebewesen aufweist.
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Bei dem Lebewesen kann es sich erfindungsgemäß um ein tierisches oder menschliches Lebewesen handeln.
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Es versteht sich, dass die vorstehend genannten und die nachstehend noch zu erläuternden Merkmale nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.
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Die Erfindung wird nun anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert, aus denen sich weitere Eigenschaften, Merkmale und Vorteile ergeben. Die Ausführungsbeispiele sind rein illustrativ und schränken die Reichweite der Erfindung nicht ein. Merkmale, die im Zusammenhang mit einem spezifischen Ausführungsbeispiel beschrieben sind, stellen isolierte Merkmale der Erfindung in ihrer allgemeinen Form dar und nicht nur solche im spezifischen technischen Kontext.
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Es wird Bezug genommen auf die beiliegenden Figuren, in denen Folgendes dargestellt ist:
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1: Darstellung der Gel-Elektrophorese des PCR-Produkts nach Amplifikation mit entsprechendem P2X7-Primern mit sichtbarer Doppelbande. Es wurde bereits bei der initialen Sequenzierung des PCR-Produkts ein Verlust von 267 Basenpaaren festgestellt. Nach "Picken" der DNA, erneuter Amplifikation und Sequenzierung konnte das Ergebnis bestätigt werden.
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2 zeigt den humanen P2X2-Rezeptor im Wildtyp (links) und entsprechend der neuen Splice-Variante (rechts), jeweils eingelagert in der Membran, in einem illustrativen Schaubild.
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AUSFÜHRUNGSBEISPIELE
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1. Material und Methoden
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1.1 Zelllinien und Kulturbedingungen
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Die humane embryonale RMS-Zelllinie RD (ATCC, Manassas, VA, USA), die alveoläre RMS-Zellinie Rh30 (DSMZ, Braunschweig, Deutschland) und die Skelettmuskelzellen (SKMCs; Promokine, Heidelberg, Deutschland) wurden gemäß den Angaben der Hersteller in DMEM-Hochglukosemedium, supplementiert mit 10 % fötalem Rinderserum, 1 % Penicillin/Streptomycin und 1 % L-Glutamin (alle von Biochrom, Berlin, Deutschland), in einer feuchten Atmosphäre bei 37 °c und 5 % CO2, kultiviert. Sämtliche Zellen waren negativ für Mycoplasmen. Die Zellidentität wurde durch SLR-Analyse des DNA-Profils unter Verwendung eines PowerPlex 16 (Promega, Mannheim, Deutschland) verifiziert.
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1.2 PCR der P2XR7-Expression in Gewebeproben von Patienten
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Um das Vorhandensein von mRNA des P2X7-Rezeptors aus kryokonservierten Gewebeproben zu bestimmen, wurde RNA unter Verwendung des NucleoSpin
® RNA/DNA Buffer Set (Machery & Nagel, Düren, Deutschland) gemäß den Angaben des Herstellers extrahiert. Nach einem DNAse-Verdau wurden 2 µg von Gesamt-RNA unter Verwendung des High capacity cDNA reverse transcription kits (Life Technologies, Carlsbad, CA, USA) revers in cDNA transkribiert. Eine PCR wurde unter Einsatz des GeneAmp
® PCR-System 9700 (Applied Biosystems, Darmstadt, Deutschland) durchgeführt, und zwar unter Verwendung von 10 pmol/µl Vorwärts- und Rückwärts-Primer und 2× GoTaq
® Master Mix (Promega Corporation, Madison, WI, USA) gemäß dem Protokoll des Herstellers. Die Zyklierungsbedingungen waren Folgende: anfängliche Denaturierung bei 95 °C für 2 Minuten, gefolgt von 35 Zyklen bei 95 °C für 45 Sekunden, 60 °C für 45 Sekunden und 72 °C für 90 Sekunden. Für die Amplifikation der Gewebeproben der Patienten wurden die folgenden Primer verwendet (5'→3'-Orientierung):
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Der Transkriptspiegel von GAPDH als Haushaltsgen wurde für jede Probe unter Verwendung der folgenden Primer bestimmt (5'→3'-Orientierung):
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1.3 Echtzeit-PCR der P2XR7-Expression in RMS-Zelllinien
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Um das Vorhandensein von P2RX7-mRNA zu bestimmen, wurde Gesamtzell-RNA aus der humanen embryonalen RMS-Zelllinie RD (ATCC, Manassas, VA, USA) der alveolären RMS-Zelllinie Rh30 und humanen Skelettmuskelzellen (SKMCs; Promokine, Heidelberg, Deutschland) unter Verwendung des RNeasy-Minikits (Qiagen, Hilden, Deutschland) gemäß den Angaben des Herstellers extrahiert. Nach einem DNAse-Verdau wurden ungefähr 2,5 µg der Gesamt-RNA revers in cDNA transkribiert, und zwar unter Verwendung des High Capacity cDNA Reverse Transcription Kits (Life technologies, Carlsbad, CA, USA). Eine quantitative Echtzeit-PCR wurde auf den CFX96 Real-Time System (Biorad) durchgeführt, indem 500 nm Vorwärts- und Rückwärts-Primer und 2× GoTaq® qPCR Master Mix (Promega Corporation, Madison, WI, USA) gemäß dem Protokoll des Herstellers verwendet wurden. Die Zyklierungsbedingungen waren Folgende: anfängliche Denaturierung bei 95 °C für 5 Minuten, gefolgt von 40 Zyklen mit 95 °C für 15 Sekunden, 57 °C für 1 Minute und 72 °C für 30 Sekunden. Für die Amplifikation von humanen RDund Rh30-Zellen wurden die folgenden Primer verwendet (5'-3'-Orientierung):
P2XR7, fw: GGT TTT TGG CAC CGG AGG AA [SEQ ID Nr. (6)] und rev: CCA CTG TAC TGC CCT TCA CT [SEQ ID Nr. (7)].
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Der Transkriptspiegel des TATA-Box-Binderproteins (TBP) als Haushaltsgen wurde für jede Probe unter Verwendung der folgenden Primer (5'→3'-Orientierung) bestimmt:
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Die Spezifität des PCR-Produkts wurde durch die Analyse einer Schmelzkurve bestätigt. Alle Experimente wurden im Zweifachansatz durchgeführt. Die relative Quantifizierung der Gen-Expression wurde durch Verwendung der Δct-Methode erreicht.
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1.4 Reinigung des PCR-Produkts aus dem Agarose-Gel
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Nach der Amplifikation wurden 20 µl von jedem RT-PCR-Produkt der RMS-Zelllinien und des PCR-Produkts der Patiententumorproben durch ein 2%iges Agarose-Gel (Biozym, Oldendorf, Deutschland) in 1 % TAE Elektrophoresepuffer (40 mM Tris-Base, 20 mM Essigsäure, 1 mM EDTA), für 1 Stunde bei 100 V einer Elektrophorese unterzogen. Die kurzen und langen Banden der Gel-PCR-Produkte wurden unter Verwendung des Min Elute Gel Extraktions-Kits (Qiagen, Hilden, Deutschland) gereinigt und ein Teil der PCR-Produkte von jeder Probe wurden an Biosequence Source zur DNA-Sequenzierung für sowohl die Sinn- und Gegensinnorientierungen geschickt.
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1.5 Gen-Expressionsanalyse
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Die Gen-Expressionsdaten waren Gegenstand einer Mikroarrayanalyse. Alle Patienten wurden innerhalb der Studien der Cooperative Soft Tissue Sarcoma Study (CWS) Gruppe der Society of Pediatric Oncology and Hematology (GPOH) behandelt. Das mittlere Alter der Patienten war 6,4 Jahre (Bereich 1 bis 15 Jahre, 95 % CI und Mittel 4,2 bis 8,8). Die histologische Analyse ergab 5 RMA und 6 RME. Sämtliche Fälle erfuhren eine zentrale pathologische Begutachtung und die Patienten wurden gemäß einheitlichen Protokollen behandelt. Nur Proben mit einem Tumorzellgehalt von zumindest 80 % wurden in die Analyse eingeschlossen. Die Metastasen waren die gesamte Zeit der Chirurgie in allen Patienten vorhanden, die unter RMA litten, nicht jedoch in den RME-Patienten. Die Analyse der Gewebeproben wurde von dem lokalen Ethik-Komitee genehmigt. (CWS 2002-P: 418/2004V). Als Kontrollen wurden Daten von Skelettmuskelbiopsien von 8 Patienten verwendet, die auf der gleichen Arrayplattform akquiriert wurden. Die Expression von P2RX7 (probeset 207091_at auf dem Affymetrix HG-U133 Plus 2.0 microarray) wurde mit dem Haushaltsgen GAPDH (212581_x_at und 213453_x_at) für jede Probe als Fraktion des Signals log ratio verglichen. Der Vergleich der relativen Expression in RMA, RME und Kontrollmuskelgewebe wurde durch den Student's t-Test durchgeführt.
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2. Ergebnisse
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2.1 PCR und Gel-Elektrophorese
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Im Vorfeld der Evaluierung eines neuen Antikörpers gegen im Stand der Technik bekannte inaktivierte P2X7-Rezeptoren (nf-P2X7-Rezeptoren), sollte die Expression von P2X7-Rezeptoren auf kryoasservierten RMS-Zellen der abteilungsinternen Tumorbank evaluiert werden. Es kam hierbei nach der Amplifikation der DNA durch RT-PCR in der überwiegenden Zahl der Proben zu einer Doppelbande des PCR-Produktes im Rahmen der Gel-Elektrophorese. Dies war in mehreren Versuchen reproduzierbar. Das Ergebnis ist in der 1 dargestellt.
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Nach der Sequenzierung der entsprechenden cDNA zeigte sich, dass die kurze Bande einer neuen P2X7-Sequenz mit einer Deletion von 267 Basenpaaren entspricht, die gleichzeitig mit der Wildtypsequenz im RMS-Tumor exprimiert wird. In einer wiederholten Sequenzierung mit einem anderen Primer zeigte sich das Ergebnis ebenfalls reproduzierbar. Bisher konnte eine entsprechend verkürzte Sequenz auch in keiner anderen untersuchten Tumor-Entität (andere Weichteilsarkome) nachgewiesen werden.
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2.2 Sequenzierung
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Die Sequenzierung der für die neue Splice-Variante des P2X7-Rezeptors codierenden cDNA ergab die Nukleotidsequenz, die im beiliegenden Sequenzprotokoll unter SEQ ID Nr. 1 dargestellt ist. Die korrespondierende Aminosäuresequenz ist unter SEQ ID Nr. 2 dargestellt. Die Nukleotidsequenz einer cDNA, die für den Wildtyp des human P2X7-Rezeptors codiert, ist in beiliegendem Sequenzprotokoll unter SEQ ID Nr. 3 dargestellt.
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Es besteht eine Lücke (gap) von 267 Basen-Länge im Alignment der cDNA gegen die mRNA-Sequenz des P2RX7-Wildtyps bzw. Haupttranskriptes: ENST00000328963 122 to 757 (+) und ENST00000328963 1025 to 1964 (+). Die Nukleotidsequenz der fehlenden 267 Basen ist unter SEQ ID Nr. 4 dargestellt. Die Alignments beider Teile sind (mit Ausnahme des Gaps) perfekt, d.h. ohne zusätzliche Veränderung zur mRNA-Konsensus-Referenzsequenz GenBank Lokus Y09561.1 bzw. der neuesten Genom/Transkriptomversion GRCh38/Ensembl67.
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2.2.1 Auswirkungen des beobachteten cDNA-Alignments auf das Transkript
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Im cDNA-Alignment fehlen die Exons 7 und 8 (von insgesamt 13 Exons) vollständig. Es wird das Exon 6 direkt an das Exon 9 gespliced. Durch das Fehlen der Exons 7 und 8 kommt es zu einer Veränderung der Base nach der Splice-Stelle (erste Base Exon 7 = G; erste Base Exon 9 = A).
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2.2.2 Auswirkungen des beobachteten cDNA-Alignments auf die Aminosäuresequenz des Proteins
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Es kommt zu keinem Frameshift (Verschiebung des Codon-Leserahmens) durch die Splice-Variante: Exon 6 Ende: Codon Leserahmen Raster 2; Exon 9 Start: Codon Leserahmen Raster 2.
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Es kommt zu keiner Veränderung der Aminosäure an der Splice-Stelle durch die Variante, da die veränderte Base keine Änderung der Aminosäure nach sich zieht:
mRNA Wildtyp-Codon: c.756, c.757, c.758 = ACG = Thr
mRNA cDNA-Codon: c.756, c.757, c.1025 = ACA = Thr
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Die Aminosäuresequenz (SEQ ID Nr. 2) ist um die entsprechenden den Exons 7 + 8 codierten Aminosäuren (89) verkürzt, ansonsten aber vollständig. Die Aminosäuresequenz des Wildtyps des P2X7-Rezeptorproteins ist in der SEQ ID Nr. 5 dargestellt.
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2.3 Beurteilung
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Das Alignment der beobachteten cDNA ergibt im einzigen bislang bekannten proteincodierenden RNA-Transkript des P2X7-Rezeptorgens eine Deletion der Exons 7 und 8. Dabei bleibt der Leserahmen der restlichen Exons (9 bis 13) jedoch erhalten, so dass die Proteintranslation im Anschluss bis zum Wildtyp-Stopcodon erfolgen würde. Ein von der beobachteten cDNA translatiertes, verändertes P2X7-Rezeptorprotein wäre somit um die in den Codons p.206–p.294 insgesamt 89 der 595 codierten Aminosäuren verkürzt.
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Da die beobachtete cDNA zwar entsprechend verkürzt ist, aber kein vorzeitiges Stopcodon generiert wird, ist anzunehmen, dass das entsprechend verkürzte Protein auch translatiert und somit im Tumor gebildet wird. In der 2 ist dargestellt, wie die Variante (B; rechts) im Vergleich zum Wildtyp (A; links) in der Zellmembran von RMS-Zellen eingelagert sein könnte.
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Es gibt kein bisher bekanntes RNA-Transkript von P2RX7, welches der beobachteten cDNA entsprechen würde.
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Unter den bekannten RNA-Transkripten ist auch eines mit der identischen Deletion der Codons p.206–p.294. Das betreffende Transkript weist jedoch zusätzlich weitere Splice-Varianten auf, die ein vorzeitiges Stopcodon an der Stelle p.365 generieren und somit den "Non Sense-Mediated mRNA-Decay" (NMD) auslösen.
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3. Fazit
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Das Vorhandensein eines spezifischen Oberflächenmarkers auf Tumoren ist in vielerlei Hinsicht von Bedeutung. Neben einem Einsatz im Rahmen der Etablierung eines neuen Tumormarkers und einem möglichen Tool zur Risikostratifizierung von pädiatrischen Tumorpatienten ist die Synthese eines spezifischen Fängermoleküls, wie einem Antikörper, gegen die Splice-Variante technisch möglich. Der Einsatz eines solchen Antikörpers verspricht langfristig neue Optionen in der Diagnostik und Therapie von kindlichem RMS und möglicherweise weiteren Tumoren.
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Sequenzen
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- SEQ ID Nr. 1 Nukleotidsequenz cDNA der neuen Splice-Variante des P2X7-Rezeptors
- SEQ ID Nr. 2 Aminosäuresequenz der neuen Splice-Variante des humanen P2X7- Rezeptors
- SEQ ID Nr. 3 Nukleotidsequenz cDNA des Wildtyps des P2X7-Rezeptors
- SEQ ID Nr. 4 Nukleotidsequenz cDNA der fehlenden 267 Nukleotide ("Gap")
- SEQ ID Nr. 5 Aminosäuresequenz des Wildtyps des humanen P2X7-Rezeptors
- SEQ ID Nr. 6 P2X7-Vorwärtsprimer
- SEQ ID Nr. 7 P2X7-Rückwärtsprimer
- SEQ ID Nr. 8 GADPH-Vorwärtsprimer
- SEQ ID Nr. 9 GADPH-Rückwärtsprimer
- SEQ ID Nr. 10 TBP-Vorwärtsprimer
- SEQ ID Nr. 11 TBP-Rückwärtsprimer
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Es folgt ein Sequenzprotokoll nach WIPO St. 25.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Slyter und Stokes (2011), Significance of P2X7 Receptor Variants to Human Health and Disease. Recent Patents on DNA and Gene Sequences, Vol. 5, Seiten 41 bis 54 [0013]
- "Current Protocols in Molecular Biology", John Wiley and Sons, N.Y. (1989), 6.3.1 bis 6.3.6 [0019]
- Kibbe A. (2003), Handbook of Pharmaceutical Excipients, 4. Auflage, American Pharmaceutical Association and Pharmaceutical Press [0035]