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Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Herstellung von speziellen, entsprechend ihrer Funktion gestalteten Faserverbundkörpern mit einem oder mehreren stufenartigen Absätzen in ihrer Kontur, z. B. Flanschen in Faserverbundbauweise in den Endbereichen. Das Verfahren bietet sich besonders für die Fertigung von Leichtbauteilen an, die hohen Belastungen ausgesetzt sind, wie beispielsweise ein Gehäuse (Fan Casing oder Bypass Duct) für Triebwerke im Flugzeugbau.
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In der Luft- und Raumfahrt gewinnt die Herstellung von Gehäusestrukturen in Leichtbauweise zunehmend an Bedeutung. Die Herstellung einzelner Bauteile aus Faserverbundwerkstoffen, wie beispielsweise Kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff (CFK), gehört inzwischen zum Stand der Technik, wobei verschiedene Herstellungsverfahren der Wickel- oder Laminiertechnik bekannt sind.
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Flugzeugtriebwerke in der zivilen Luftfahrt sind zumeist in Form eines Zweistrom-Strahltriebwerks ausgeführt (englischer Fachbegriff: turbofan). Diese besitzen in der Regel zwei koaxiale Wellen und eine in Luftströmungsrichtung vor dem Kerntriebwerk angeordnete, vergrößerte erste Kompressorstufe, den sog. Fan (Fan ist hier der englische Fachbegriff für Gebläse).
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Flugzeugtriebwerksgehäuse, etwa im Bereich des Fans oder auch im Bereich des Kerntriebwerkes, sind vornehmlich geschlossene, zylindrische Strukturen mit entsprechenden Flanschen in den Endbereichen des Zylinders. Das Flugzeugtriebwerksgehäuse im Bereich des Fans umschließt diesen und dient vornehmlich dazu, strukturelle Belastungen aufzunehmen. Insbesondere im Falle des Verlustes einer Fanschaufel – etwa durch einen Vogeleinschlag – muss das Gehäuse ein Ausdringen dieser abgebrochenen Fanschaufel aus dem Triebwerk verhindern. Aus diesem Grunde ist das Gehäuse in der Regel zumindest im mittleren Bereich dickwandig ausgestaltet. Ein solchermaßen verstärktes Gehäuse wird im Allgemeinen als Fangehäuse oder mit dem englischen Fachbegriff „Fan Casing“ bezeichnet.
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Ein Gehäuse, das im Bereich des Kerntriebwerks dazu dient, die (außen) um das Kerntriebwerk herum geführte Luft, den sog. Nebenstrom, aerodynamisch zu führen, wird hingegen gemeinhin mit dem englischen Fachbegriff „Bypass duct“ bezeichnet. Ein derartiges Gehäuse besitzt im mittleren Bereich in der Regel keine ausgeprägt hohe Wandstärke.
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Diesen beiden Gehäusearten des Flugzeugtriebwerkes ist es gemeinsam, dass – zum Zwecke der Fixierung der zumeist zylindrisch geformten Gehäuse bzw. zum Anbau angrenzender Strukturen – der zylindrische Bereich dieser Gehäuse mit jeweils einem Flansch an den beiden Endbereichen des Zylinders abgeschlossen wird.
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Gerade in den letzten Jahren wurden vermehrt neue, faserverstärkte Kunststoffe als Werkstoffe für derartige Gehäuse eingesetzt, um hiermit Gewicht zu sparen. Diese verstärkten Kunststoffe werden häufig in grundsätzlich bekannter Weise aus Halbzeugen, wie etwa Geweben, Geflechten oder vergleichbaren flächigen Halbzeugen, aufgebaut. Nachteilig an diesen Halbzeugen ist, dass sie im Regelfall nicht als rotationssymmetrische Halbzeuge verfügbar sind und damit z. B. neben dem ursprünglichen Webprozess zusätzlich noch in einem weiteren Prozess konfektioniert werden müssen, um Gehäuse mit der geforderten Geometrie erhalten zu können.
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Die Herstellung von Triebwerksgehäusen bzw. zylinderförmigen Faserverbund-Hohlkörpern mit Flanschen kann einerseits mittels bereits mit Kunststoff vorimprägnierten Fasermaterialien in Form von zugeschnittenen Fasergeweben, Vliesen oder Matten, den sogenannten Prepregs, oder auch als reine, trockene Faserstruktur erfolgen. Bei den trockenen Fasern erfolgt anschließend ein Tränkungs- und Aushärteprozess mit einem zumeist duromeren Kunststoff.
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Für die zylindrischen Bereiche des Gehäuses sind die Positionier- und Fixiervorgänge der Prepregs relativ aufwendig und kostenintensiv, da bei einer rotationssymmetrischen und / oder zylindrischen Struktur diese Faserhalbzeuge beim Positionierprozess der (einseitig wirkenden) Schwerkraft unterliegen und daher nur schwer auf einem zylindrischen Werkzeug exakt positionierbar sind. Gerade auch im zivilen Flugzeugbau werden heute Gehäuse mit derartig großen Abmessungen gefertigt, dass eine manuelle Faserablage nur noch schwer beherrschbar wird.
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Die Fertigungstechnik unter Verwendung von Prepregs weist weiterhin den Nachteil auf, dass ein mit dieser Technik hergestellter Hohlkörper in jeder Gewebelage seines Schichtaufbaus zumindest eine Stoßstelle besitzt, an der die einzelnen Fasern nicht kraftschlüssig miteinander verbunden sind. Konsequenterweise bedarf der Körper zusätzlicher Lagen aus Fasermaterial, um den Nachteil des nicht vorhandenen Kraftschlusses in den einzelnen Lagen zu kompensieren. Dementsprechend ist eine Vielzahl an Einzellagen notwendig, wodurch sowohl der Aufwand zur Herstellung des Körpers steigt als auch der Körper an Masse zunimmt.
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Zudem ist es mit der Prepregtechnik nur bedingt möglich, eine für beispielsweise an Flanschen auftretende Kräfte optimierte Faserausrichtung zu gewährleisten. Verfügbare Prepreg-Halbzeugmaterialien weisen z. B. nur Gewebeorientierungen von 0° oder 90° auf.
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Ein anderer vorteilhafter Faserpositionierungsprozess für derartige Gehäusestrukturen beruht auf der Wickeltechnik. Bekanntlich werden beim Wickelverfahren Fasern (d. h. Einzelfilamente) in Form von Faserbündeln (in der Fachsprache Rovings genannt) oder auch als Gewebe- oder Geflechtbänder, meist nach dem Tränken mit dem Matrixwerkstoff, unter einer definierten Fadenvorspannung auf einem rotierenden, bauteiladäquaten Wickelkern in mehreren Lagen entlang einer geodätischen Linie abgelegt, wobei Umfangswicklungen oder Wicklungen unter einem Wickelwinkel Ω in Bezug zur Drehachse des Körpers erstellt werden (
DE 10 2010 005 987 B4 ). Dadurch sind die Verstärkungsfasern (Rovings) vor Verrutschungseffekten und ebenso dem Einfluss der Schwerkraft geschützt. Mit diesem Prozess ist somit eine ökonomische und reproduzierbare Faserablage möglich.
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Nachteilig an diesem Verfahren ist jedoch, dass die Ausgestaltung von Flanschanbindungen an den Endbereichen einer zylindrischen Struktur nur eingeschränkt möglich ist, da hier die Vorgaben der geodätischen Linie, d. h. der kürzesten Verbindung zwischen zwei Punkten, nicht einzuhalten sind. An den Flanschen der Gehäuse ist im Allgemeinen eine 90° Umlenkung der Fasern, d. h. ein Knick im Verlauf der Fasern, erforderlich.
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Ein Wickelverfahren zur Herstellung einer Hohlwelle mit einem integralen Flansch aus Faserverbundwerkstoff ist in
DE 10 2008 028 337 B4 beschrieben. Hier wird eine Vielzahl von einander kreuzenden Wicklungen aus Fasermaterial auf einen Kern aufgebracht wobei der Kern für jeden Flansch einen radialen Spreizring mit einer axialen Anlagefläche zur Vorgabe der Form einer Stirnwand eines Flansches aufweist. Die über einen Außenumfangsabschnitt des Spreizrings gelegten Wicklungen werden – nach Lösung der Fixierung des gewickelten Fasermaterials – mittels eines Abstreifers vom Außenumfangsabschnitt des Spreizrings abgezogen und gegen die axiale Anlagefläche desselben gedrückt, um einen Teilabschnitt eines Flansches zu bilden. Ein ähnliches Verfahren, bei dem allerdings der Spreizring unter Aufweitung der Wicklung gegen die Stirnseite eines auf den Wickelkern aufgebrachten Formwerkzeuges gedrückt wird, ist in
DE 4 005 771 C1 beschrieben.
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Ein Nachteil dieser aus dem Stand der Technik bekannten Verfahren ist, dass beim Umbiegen der Faserverbundwerkstoffe zu einem Flansch zumeist Faltenbildung auftritt.
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Eine weitere Technologie aus dem Stand der Technik – z. B. beschrieben in
US 2014/110633 A1 – ist das sogenannte Fibre Placement Verfahren oder auch Automated Fibre Placement (manchmal auch Automated Tape Placement genannt), bei dem Faserbündel oder alternativ sogenannte „Tapes“ (als Tape wird beispielsweise ein unidirektionales Prepreg oder Gewebe bezeichnet), die bereits mit einem Kunststoff imprägniert sind, über einen Ablagekopf mit Andrückrollen auf dem Wickelwerkzeug positioniert werden. Der bereits in die Fasern imprägnierte Kunststoff dient hierbei als eine Art Klebstoff und fixiert damit aufgrund des lokalen Verdichtens durch die Andrückrollen die Fasern in der gewünschten Position. Nachteilig an diesem Verfahren sind die sehr hohen Investitionskosten für entsprechende Anlagen und – da keine Wendezonen realisierbar sind – die Erfordernis, die abgelegten Faserstränge nach jeweils einem Ablagehub abzutrennen. Weiterhin ist durch die erforderliche Imprägnierung eine zusätzliche, verfahrenstechnische Komplexität vorhanden.
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Ausschlaggebend nachteilig für die nach dem Fibre Placement Verfahren hergestellten zylindrischen Gehäusestrukturen mit Flansch ist jedoch die Notwendigkeit der Andrückrollen, die gemäß dem heutigen Stand der Technik geometrisch nicht in der Lage sind, den am Flansch geforderten, engen Umlenkradius zu realisieren. Gerade auch bei schräg verlaufenden Faserablagepfaden mit zusätzlich noch wechselnden Faserorientierungen ist die Gestaltung einheitlicher Andrückrollen nicht mehr möglich. Die notwendige Aktivierung des verklebenden Kunststoffes, beispielsweise durch Heißluft oder durch beheizte Andrückrollen, erschwert die Faserablage im Flanschbereich noch zusätzlich.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, die oben genannten Nachteile, wie Welligkeit, Faltenbildung oder ein ungeordneter Faserverlauf, weitestgehend zu vermeiden, damit Faserverbundkörper mit integral geformten Flanschen bzw. allgemein stufenförmigen Abschnitten auf ihrer äußeren Mantelfläche reproduzierbar bei minimalem Strukturgewicht und geringen Fertigungskosten realisierbar sind, wobei gleichzeitig eine prozesssichere und qualitativ hochwertige Ablage der Fasern im Stufenbereich auch mit einer 90° Umlenkung für variable Faserorientierungen ermöglicht sein soll.
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Die Lösung dieser Aufgabe erfolgt durch ein Verfahren gemäß dem Hauptanspruch 1 und eine Vorrichtung gemäß dem Anspruch 11; zweckmäßige Ausgestaltungen der Erfindung finden sich in den Unteransprüchen.
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Gemäß der Erfindung wird ein Verfahren zur Herstellung eines im Wesentlichen zylinderförmigen Faserverbundkörpers mit sprunghaften Änderungen des Querschnitts entlang der Längsachse, d. h. stufenartigen Änderungen im Profil, wie z. B. eine Flanschstruktur aus Faserverbundwerkstoff, bereitgestellt, das in einem nach dem Stand der Technik üblichen Faserablageprozess auf einem rotierenden Wickelkern (d. h. Wickelwerkzeug) die Formung der stufenartigen Abschnitte während des Faserablageprozesses, d. h. vor dem Harzinjektions- bzw. Aushärtungsprozess, ermöglicht.
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Das erfindungsgemäße Herstellungsverfahren sieht das Ablegen eines zusätzlichen Fixierungsfadens vor. Dieser Fixierungsfaden wird mittels eines Fixierungsfadenablagewerkzeugs, das in Form eines Positionierelementes ausgebildet ist, während des Wickelvorgangs des Verstärkungsrovings auf denselben gedrückt, sodass dieser beim Wickelvorgang in eine von der geodätischen Linie abweichende Bahnkurve am Wickelwerkzeug gezwängt wird und gleichzeitig, durch den Fixierungsfaden, dauerhaft in dieser Position fixiert wird.
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Das Wort „Faden“ in dem Begriff „Fixierungsfaden“ schließt hierin sowohl ein einzelnes (Endlos-)Filament als auch ein Bündel, Strang oder gewebte Struktur von Einzelfilamenten mit ein. Der Fixierungsfaden kann somit aus einem oder auch aus mehreren, z. B. zu einem Strang gebündelten, Einzelfilamenten bestehen.
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Somit ist es mittels des Fixierungsfadens möglich, die bereits auf dem Wickelwerkzeug abgelegten Verstärkungsrovings in auf der Mantelfläche des Wickelwerkzeugs ausgebildete, stufenartige Abschnitte (d. h. Bereiche mit sprunghaften Änderungen des Wickelkernquerschnitts) hinein zu drücken.
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Das Hineindrücken der Verstärkungsrovings in den konkaven Knick des stufenartigen Abschnitts muss mit einer Kraft erfolgen, die größer ist, als die bestehende Fadenspannung des Verstärkungsrovings, damit sich eine geometrische Abweichung von der geodätischen Linie für den Verstärkungsroving einstellen kann.
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Hierzu kann einerseits der Fixierungsfaden mit einer derartigen Fadenspannung appliziert werden, dass die bestehende Fadenspannung des Verstärkungsrovings überwunden werden kann. Alternativ kann das Fixierungsfadenablagewerkzeug mit einer entsprechenden Kraft direkt auf dem Wickelwerkzeug bzw. über die darauf abgelegten Verstärkungsrovings geführt werden, um so die Verstärkungsrovings in den Knick hinein zu drücken, wobei dann jedoch im Anschluss das Wiederabheben des Verstärkungsrovings mittels geeigneter Maßnahmen (wie weiter unten beschrieben) zu unterdrücken ist.
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Der Fixierungsfaden übernimmt hiermit eine Funktion, die etwa aus dem Stickprozess faserverstärkter Materialien beim sogenanntem Tailored Fibre Placement für den Stickfaden bekannt ist. Der primäre Zweck des Fixierungsfadens ist die Positionierung des gewickelten Verstärkungsrovings; daneben kann der Fixierungsfaden auch noch die Funktion eines Verstärkungsfadens übernehmen. Für die Auswahl und Beschaffenheit des Fixierungsfadens gelten somit auch ähnliche Vorgaben wie beim Tailored Fibre Placement Prozess. Der grundsätzliche Unterschied des erfindungsgemäßen Verfahrens im Vergleich zum Tailored Fibre Placement Prozess ist die Rotation des Werkstücks beim Wickelprozess und der Einsatz eines Fixierungsfadenablagewerkzeugs anstelle einer Sticknadel.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zur Herstellung eines Hohlkörpers mit z. B. Flanschstruktur aus Faserverbundwerkstoff umfasst die folgenden Verfahrensschritte:
Fixieren von einem oder mehreren Fixierungsfäden am Wickelkern an jedem stufenartigen Abschnitt im konkaven Knickbereich. Wickeln von einer oder mehreren, übereinander angeordneten Faserschichten aus Verstärkungsrovings auf den zylindrischen Wickelkern mit dem (mindestens einen) stufenartigen Abschnitt. Zur selben Zeit, d. h. gleichzeitig, werden die abgelegten Verstärkungsrovings über den bzw. die straff gespannten Fixierungsfäden oder das Fixierungsfadenablagewerkzeug, beispielsweise eine auf dem Umfang im Knickbereich laufende Rolle, gezwungen, der Wickelkernkontur zu folgen. Die dazu benötigte Last wird mit einem beliebigen Mechanismus an dem Faden bzw. der Einrichtung aufgebracht. Die Fixierungsfäden dienen hierbei auch der Fixierung der Verstärkungsrovings auf dem Wickelkern im konkaven Knickbereich des stufenförmigen Abschnitts, wobei der bzw. die Fixierungsfäden ringförmig über den gesamten Umfang auf die Faserschichten aus Verstärkungsrovings radial von außen Richtung Mittelachse des Wickelkerns drücken. Das Fixierungsfadenablagewerkzeug kann dabei sowohl fixiert sein als auch eine Eigenbewegung ausführen.
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Durch die Nutzung von Pins zur Wendung der Verstärkungsrovings am Wickelkern kann die Länge des zur Fixierung genutzten Fixierungsfadens, aufgrund der Verkleinerung des Abstands zwischen den gegenläufigen Rovingsabschnitten, verkürzt werden.
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Nach dem Wickeln wird der Hohlkörper mit den durch die Fixierungsfäden fixierten stufenartigen Querschnittsänderungen in dieser Form durch Binden oder lokales Verkleben oder Vernähen, wobei für das Vernähen eine bekannte spezielle Nähtechnik angewandt wird, konsolidiert.
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Anschließend wird der konsolidierte, d. h. verfestigte, Hohlkörper vom Wickelkern entformt. Gegebenenfalls kann nun noch der Harzinjektionsprozess folgen, wobei der Hohlkörper beispielsweise in eine Form eingelegt und mit Kunstharz getränkt wird.
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Besonders vorteilhaft ist die Verwendung dünner Rovings für die Fixierungsfunktion oder auch schmelzbarer Fixierungsfäden, z. B. aus thermoplastischen Materialien, die sich bei einem anschließendem Injektions- oder Aushärtevorgang verflüssigen und als Additiv in der Kunststoffmatrix positiv genutzt werden.
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Der Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens ist, dass zur Herstellung von zylindrischen Faserverbundstrukturen das bekannte Fertigungsverfahren „Wickeltechnik“ verwendet werden kann, wobei dieses gemäß der Erfindung derartig erweitert wird, dass bisher wickeltechnisch unrealisierbare Geometrien gefertigt werden können. Im Gegensatz zum aktuellen Stand der Technik des Wickelverfahrens, bei dem eine sprunghafte Wickelkernquerschnittsänderungen außerhalb von reinen Umfangswicklungen aufgrund der Fadenspannung zur Hohlraumbildung führt, wird durch das erfindungsgemäße Verfahren die Möglichkeit geschaffen, sprunghafte oder steile Konturänderungen des Wickelkerns, bedingt durch eine Variation des Kerndurchmessers, konturnah mit Fasern zu bedecken.
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Dieses erfindungsgemäße Verfahren kann vorteilhaft zur Fertigung von Gehäusestrukturen aus faserverstärkten Kunststoffen, beispielsweise für Flugzeugtriebwerke oder Behälterstrukturen der Raumfahrttechnik und auch der allgemeinen Industrietechnik, eingesetzt werden. Insbesondere lassen sich mit diesem Verfahren faserverstärkte Rohrleitungen im Apparatewesen sehr vorteilhaft produzieren. Nach dem heutigen Stand der Technik werden an Rohrleitungen separat gefertigte Flansche angeklebt. Die erfindungsgemäße Erweiterung des Wickelverfahrens ermöglicht die prozessintegrierte Produktion der zylindrischen Struktur mit integral ausgebildetem Flansch bei Rohren oder Gehäusen.
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Gemäß einer Ausführungsform werden die Verstärkungsrovings in einzelnen Faserschichten auf dem Wickelkern abgelegt, wobei in jeder dieser Faserschichten die Verstärkungsrovings jeweils parallel zueinander verlaufen, d. h., jede Faserschicht ist durch die parallele Ablage ihrer Verstärkungsrovings geprägt. In übereinander angeordneten (d. h. unmittelbar benachbarten) Faserschichten ist die Orientierung der Verstärkungsrovings jeweils um einen Winkel zueinander gedreht.
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Dieses Wickelmuster ist besonders vorteilhaft, da bei diesen Wickelmustern im Vergleich zu dem aus dem Stand der Technik bekannten, typischen Wickelmuster weniger Fixierungsfäden benötigt werden. Somit ist es möglich, den kontinuierlichen Wickelprozess derartig zu gestalten, dass der Fixierungsfaden mit nur einer Umwicklung eine komplette Faserschicht, d. h. eine Bewicklung des Wickelkerns durch die Verstärkungsrovings, in dem Knickbereich des stufenartigen Abschnitts fixiert.
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Ebenfalls kann die parallele Ablage mehrerer Verstärkungsrovings in Form eines Rovingstrangs aus etwa vier bis dreißig Einzelrovings, die durch lediglich einen Fixierungsfaden fixiert werden, vorgesehen sein. Hiermit kann vorteilhafterweise neben einer hohen Faserablagerate auch der Volumenanteil des Fixierungsfadens im Bereich des Flansches reduziert werden.
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Weiterhin kann der Fixierungsfaden auch in der Art eines Fixierungsbandes gestaltet sein, welches im Bereich des Flansches gleichzeitig eine lokale Aufdickung ermöglicht. Dieses Fixierungsband kann bereits vorgeformt als L-Struktur die Flansch- oder Stufengeometrie beinhalten und/oder als geflochtenes, gewebtes oder andersartig textil gefertigtes Element ausgestaltet sein.
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In einer weiteren Ausgestaltung kann dieser Fixierungsfaden bereits als vorkonsolidiertes oder bereits auch, z. B. über den Pultrusionsprozess, endkonsolidiertes Element in den Prozess eingebracht werden. Gerade bei entsprechend endkonsolidierten Elementen können diese auch als sogenannte Eckenfüller zusätzlich die Kantengeometrie im Bereich des Flanschübergangs gestalten und damit eine strukturmechanische Aufgabe übernehmen. Durch den Pultrusionsprozess lassen sich sowohl gerade, biegeschlaffe als auch bereits vorgekrümmte Elemente fertigen, die auf ihren Außenflächen die gewünschten konvexen und konkaven Kantenradien an den stufenartigen Abschnitten beinhalten.
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Das Verfahren kann weiter derart ausgebildet sein, dass Verstärkungsrovings bzw. Bündel von Verstärkungsrovings verwendet werden, die im gesamten Querschnitt deutlich größer sind als der Querschnitt der Fixierungsfäden.
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Gemäß einer Ausgestaltung wird ein Fixierungsfaden in Form eines Rovings, im Folgenden Fixierungsroving genannt, verwendet, d. h., der Fixierungsroving ist ein aus einer Vielzahl von Einzelfilamenten bestehendes Faserbündel, wobei diese Einzelfilamente bevorzugt einen großen Einzeldurchmesser aufweisen. Hiermit wird an der lokalen Kontaktstelle zwischen Fixierungsroving und Verstärkungsroving eine geringere lokale Einschnürung hervorgerufen und damit eine geringe lokale Schädigung des Verstärkungsrovings erzielt. Der Fixierungsroving ist aus diesem Grund hinsichtlich des Einzelfilamentdurchmessers vorteilhafterweise um ein Vielfaches größer als der Verstärkungsroving. Typische Ausgestaltungsbeispiele weisen für den Verstärkungsroving Durchmesser im Bereich von 5–20 µm auf, während der Fixierungsroving auch als Einzelfilament Durchmesser bis zu 500 µm aufweisen kann.
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Der modifizierte Wickelprozess kann weiter derart ausgeführt sein, dass ein Fixierungsfaden aus einem Klebstoff verwendet wird, d. h., der Fixierungsfaden wird als Klebstoffzufuhr genutzt. Gemäß dieser Ausführung formt das Fixierungsfadenablagewerkzeug den Verstärkungsroving in die neue, von der geodätischen Spur abweichende Bahnkurve und walkt gleichzeitig den als Fixierungsfaden zugeführten Klebstoff in den Verstärkungsroving ein. Dieser Prozess kann noch mit einer thermischen Energiezufuhr kombiniert werden, sodass sich auch thermoplastische oder zähe Klebstoffe zur Fixierung der Verstärkungsrovings einsetzen lassen.
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Außerdem kann vorgesehen sein, Verstärkungsrovings zum Wickeln des Faserverbundkörpers zu verwenden, die bereits entsprechende Klebstoffanteile beinhalten, d. h., es werden sogenannte gebinderte Rovings eingesetzt, sodass von dem Fixierungsfadenablagewerkzeug kein zusätzlicher Fixierungsfaden mehr hinzuzuführen ist. Somit wird mittels des Fixierungsfadenablagewerkzeugs lediglich der bereits enthaltene Klebstoff eingewalkt und ggf. zusätzlich erwärmt. Bevorzugt sind die Verstärkungsrovings mit einem thermoplastischen Klebstoff ummantelt, welcher bei Raumtemperatur pulverförmig ist, bei erhöhten Temperaturen, je nach Material zwischen 150°C bis 350°C, verflüssigt und nach dem Abkühlen die Verstärkungsfaserstränge in ihrer Lage fixiert.
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Gerade diese Ausgestaltung des Verfahrens ist besonders vorteilhaft, da das den Faserverbundkörper aufbauende Material in sämtlichen Strukturbereichen eine homogene Konsistenz aufweist, d. h. nicht durch veränderte Mischungsverhältnisse im Bereich der Stufe bzw. des Knicks geprägt ist. Auch kann im Vergleich zum Automated Fibre Placement ein kostengünstiger Ablagekopf verwendet werden. Das Fixierungsfadenablagewerkzeug hat im Vergleich zum Automated Fibre Placement eine sehr einfache Funktion und damit auch eine kostengünstige Bauweise.
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Gemäß der Erfindung wird weiterhin eine Vorrichtung zur Herstellung eines im Wesentlichen zylinderförmigen Hohlkörpers mit sprunghaften Änderungen des Querschnitts entlang der Längsachse, z. B. eine Flanschstruktur aus Faserverbundwerkstoff, bereitgestellt, die in einem nach dem Stand der Technik üblichen Faserablageprozess auf einem rotierenden Wickelkern die Formung der stufenartigen Abschnitte während des Faserablageprozesses, d. h. vor dem Harzinjektions- bzw. Aushärtungsprozess, ermöglicht.
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Wesentliche Merkmale der Vorrichtung wurden bereits bei der Beschreibung des Verfahrens dargelegt, sodass hier nur noch kurz auf speziell die Vorrichtung betreffende Merkmale eingegangen wird.
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Die Vorrichtung basiert auf einer aus dem Stand der Technik bekannten Wickelvorrichtung. Zusätzlich weist die erfindungsgemäße Vorrichtung eine Vorratsspule mit einem Fixierungsfaden und ein Fixierungsfadenablagewerkzeug auf.
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Das Fixierungsfadenablagewerkzeug ist derart gestaltet und angeordnet, dass der von der Vorratsspule abrollbare Fixierungsfaden mit variabler Fadenspannung tangential, d. h. in Umfangsrichtung, auf dem rotierenden Wickelkern ablegbar ist.
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Nachfolgend werden das erfindungsgemäße Verfahren sowie die Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens zur Herstellung von Faserverbund-Hohlkörpern mit sprunghaften Änderungen ihres Profils entlang der Rotationsachse anhand von drei Figuren in schematischer Darstellung beschrieben. Es zeigt:
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1: die erfindungsgemäße Vorrichtung;
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2: einen Ablauf der Verfahrensschritte des erfindungsgemäßen Herstellungsverfahrens;
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3: ein Wickelmuster.
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1 verdeutlicht das Verfahren am Beispiel einer Vorrichtung. Das Wickelwerkzeug 1 wird um die Rotationsachse 10 gedreht. Der Verstärkungsroving 8 wird von der Fadenrolle 7 abgewickelt und von dem Fadenauge 6 geführt auf dem rotierenden Wickelkern 1 abgelegt.
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Der Fixierungsfaden 2, der von der Fadenrolle 5 zugeführt wird, wird vermittels des Fixierungsfadenablagewerkzeugs 3 auf dem Wickelkern an dem konkaven Knick des stufenartigen Abschnitts 11 abgelegt.
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2 verdeutlicht den Ablauf des Verfahrens. In einem ersten Verfahrensschritt (2a) werden auf den Wickelkern 1, welcher den stufenartigen Abschnitt 11 aufweist, die Verstärkungsfasern 8 entlang geodätischer Linien abgelegt. Im anschließenden, in 2b dargestellten Verfahrensschritt wird auf diese Verstärkungsfasern 8 mittels des Fixierungsfadenablagewerkzeugs 3 der Fixierungsfaden 2 gewickelt, wobei die Verstärkungsfasern 8 in den Knick des stufenartigen Abschnitts 11 gedrückt werden. Nach diesem Schritt sind also die Verstärkungsfasern 8 auf den Wickelkern 1 gewickelt, wobei sie vermittels des Fixierungsfadens 2 in der Kontur mit sprunghafter Querschnittsänderung fixiert sind, wie in 2c gezeigt.
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3 zeigt ein Wickelmuster, das durch aufeinanderfolgende Schichten mit jeweils parallel zueinander abgelegten Verstärkungsrovings 8 gekennzeichnet ist.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Wickelkern
- 2
- Fixierungsfaden
- 3
- Fixierungsfadenablagewerkzeug
- 5
- Fadenrolle
- 6
- Fadenauge
- 7
- Fadenrolle
- 8
- Verstärkungsroving / Verstärkungsfasern
- 10
- Rotationsachse
- 11
- Abschnitt mit stufenartiger Änderung des Querschnitts / stufenartiger Abschnitt
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102010005987 B4 [0012]
- DE 102008028337 B4 [0014]
- DE 4005771 C1 [0014]
- US 2014/110633 A1 [0016]