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Die Erfindung betrifft einen Bremsenprüfstand mit einem Rotationstribometer zur Prüfung von Bremsen insbesondere von Kraftfahrzeugen.
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Bei Kraftfahrzeugen ist die Tribologie zwischen der Bremsscheibe und dem Bremsbelag der grundlegende Mechanismus einer Radbremse. Die damit verbundene Reibung ist allerdings auch ein Mechanismus zur Anregung von Geräuschen und Vibrationen. Erklärungsversuche für dieses auch als NVH-Verhalten (Noise, Vibration and Harshness bzw. Geräusch, Vibration und Rauheit) genannte Verhalten enden immer wieder an dem Punkt des Zusammenhangs zwischen dem Reibwert und dem NVH-Verhalten.
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Durch die steigende Motorenleistung von Kraftfahrzeugen, den immer häufigeren Verbau von Automatikgetrieben und die damit einhergehende Steigerung des an der Radbremse anliegenden Schleppmoments, können beim Lösen der Bremse, im Parkierbetrieb oder beim Anbremsen unerwünschte akustische Phänomene auftreten, die auch als ein Knarzen oder ein Muhen beschrieben werden können.
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Diese akustischen Phänomene werden angeregt durch einen Stick-Slip-Effekt, also ein Übergang zwischen Haftreibung und Gleitreibung, zwischen Bremsbelag und Bremsscheibe. Dies kann für die Insassen des Kraftfahrzeugs und evtl. auch für Passanten eine störende Geräuschemission sowie spürbare Vibration darstellen.
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Da diese Phänomene aufgrund der Differenz zwischen Haftreibwert und Gleitreibwert am Kraftfahrzeug auftreten, ist es für das Verständnis solcher Effekte vorteilhaft, wenn der Haftreibwert und der Gleitreibwert fahrzeugnah erfasst und zur Reibwertanalyse verwendet werden. Dabei ist es sinnvoll, wenn die Umfeldbedingungen der Erfassung der diesbezüglichen Daten analog einem Kraftfahrzeug gegeben sind.
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Bei handelsüblichen Tribometern besteht derzeit allerdings nur die Möglichkeit der Reibwerterfassung an einer geometrisch definierten, vom Original/Serienbelag abweichenden Bremsbelagprobe. Hierbei wird allerdings der Einfluss von unterschiedlichen Belaggeometrien und/oder Sekundärmaßnahmen unberücksichtigt gelassen, da eine Prüfung anhand ganzer Bremsbeläge nicht möglich ist.
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Des Weiteren dient als Reibpartner meist lediglich ein aus Metall ausgeführter Rotationskörper der als Bremsscheibenersatz dient und die Bremsscheibe simulieren soll. Hierbei werden die kompletten Eigenschaften des Werkstoffs der originalen Serienbremsscheibe sowie die Reibringgeometrie ebenfalls unberücksichtigt gelassen.
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Zudem kann keinerlei Reibwertschwankung aufgrund von Elastizitäten der Achsteile erfasst werden und der Konditionierungsbereich deckt nur mangelhaft den kompletten, fahrzeugnahen Temperaturbereich ab.
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Die
DE 10 2011 101 419 A1 offenbart einen Bremsenprüfstand zum Prüfen einer Bremsscheibe mit einem Kraftaufnehmer zum Erfassen eines bei einer Bremsenbetätigung auftretenden großen Bremsmoments. Dabei kann der Kraftaufnehmer nur eine Kraft in einer Dimension aufnehmen, was dazu führt, dass die wirkenden Kräfte bzw. Drehmomente nicht gut erfassbar sind.
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Die
DE 43 24 620 A1 offenbart einen Prüfstand zur Bestimmung des Verschleißes von Bremsscheiben. Dabei wird eine Andruckvorrichtung mittels der Gewichtskraft auf eine obere Reibfläche der Bremsscheibe angedrückt. Dies stellt allerdings keinen praxisrelevanten Betriebsfall dar.
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Es ist die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, einen Bremsenprüfstand mit einem Rotationstribometer zu schaffen, welcher eine realistische Bestimmung der Reibungsverhältnisse der Bremsen in realistischen Betriebssituationen erlaubt.
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Die Aufgabe wird mit den Merkmalen von Anspruch 1 gelöst.
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Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung betrifft einen Bremsenprüfstand mit einem Rotationstribometer, mit einem Achsgestell, an welchem eine Bremsscheibe verdrehbar und antreibbar angeordnet ist, wobei ein Bremsbelagelement an einem Gestell verlagerbar angeordnet ist, zum Beaufschlagen der Bremsscheibe, mit einem dreidimensional messenden Kraftsensor zur Messung der auf das Bremsbelagelement wirkenden Kraft, wobei die auf das Bremsbelagelement wirkende Kraft von einem angeordneten Aktuator aufgebracht wird. Dadurch können die Reibungsverhältnisse und das Reibverhalten zwischen dem Bremsbelagelement und der Bremsscheibe detailliert nachvollzogen werden, wobei insbesondere die wirkende Kraft in ihren dreidimensionalen Komponenten analysierbar ist. Dadurch sind auch komplexe Übergänge von der Haftreibung zur Gleitreibung oder umgekehrt messbar und analysierbar, so dass auch die dadurch hervorgerufenen akustischen Anregungen stärker nachvollziehbar werden.
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Besonders vorteilhaft ist es, wenn die wirkende Kraft mittels eines hydraulischen, pneumatischen oder mechanischen Aktuators aufgebracht wird. Dadurch können geringe und auch hohe in einem Kraftfahrzeug auftretende Bremskräfte aufgebracht werden.
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Auch ist es vorteilhaft, wenn das Aufbringen der Kraft, wie der Normalkraft, auf das Bremsbelagelement über einen Aktuator beispielsweise zumindest eines Kolbens oder zumindest eines kolbenähnlichen Elements erfolgt. Die Anordnung und die Ausführung kann in Anlehnung an die fahrzeugtypischen Gestaltungen vorgenommen werden, um realistische Daten ermitteln zu können.
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Auch ist es vorteilhaft, wenn das Bremsbelagelement eine der Bremsscheibe zugewandte Seite und eine der Bremsscheibe abgewandte Seite aufweist, wobei der zumindest eine Kolben oder das zumindest eine kolbenähnliche Element auf die der Bremsscheibe abgewandten Seite wirkt. So kann die übliche Konfiguration erzielt werden, wie sie auch im Fahrzeug vorliegt, um Reibungsdaten zu ermitteln, die auch im Fahrzeugbetrieb auftreten.
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Dabei ist es besonders vorteilhaft, wenn das Rotationstribometer mit dem Aktuator direkt oder über ein Übertragungsmittel gekoppelt ist. So kann die Wirkung auf das Rotationstribometer unmittelbar erfolgen oder durch die Übertragungsmittel, so dass das Rotationstribometer nicht nur unmittelbar benachbart angeordnet sein muss, sondern auch im Prüfstand anderweitig angeordnet werden kann, wenn es die Platzverhältnisse nicht anders zulassen.
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Dabei ist es besonders vorteilhaft, wenn das Übertragungsmittel eine Welle, ein Riemen, eine Kette, ein Band oder ein Seil oder Ähnliches ist. Dadurch kann eine direkte Umsetzung der Drehzahlen erfolgen, ohne dass dadurch ein Schlupf entsteht.
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Auch ist es vorteilhaft, wenn das Rotationstribometer mit einem Antrieb verbunden ist, mittels welchem das Rotationstribometer in Drehung versetzbar ist. So kann die Drehzahl des Rotationstribometers und der damit verbundenen Bremsscheibe gesteuert eingestellt werden, um die auch im Fahrzeugbetrieb auftretenden Bedingungen zu erreichen.
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Auch ist es zweckmäßig, wenn eine Steuereinheit vorgesehen ist, mittels welcher der Aktuator zum Aufbringen der Kraft steuerbar ist und damit insbesondere die wirkende Kraft steuerbar ist und/oder der Antrieb steuerbar ist und damit insbesondere die Drehzahl des Antriebs steuerbar ist. So kann sowohl die Drehzahl als auch die Kraft vorgegeben werden, um die Reibverhältnisse in einem möglichst umfassenden fahrzeugnahen Parameterfeld prüfen zu können.
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Dabei ist es besonders vorteilhaft, wenn das verwendete Achsgestell eine Serienanchse eines Kraftfahrzeugs aufweist oder diesem ähnlich ist und/oder dass die Bremsscheibe eine Serienbremsscheibe eines Kraftfahrzeugs ist oder dieser ähnlich ist. So wird erreicht, dass die Prüfung an seriennahen Aufbauten und Teilen erfolgt, um daraus Aussagen für die Reibsituation realer Fahrzeuganwendungen ableiten zu können.
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Dabei ist es auch vorteilhaft, wenn das Bremsbelagelement einen Bremsbelag eines Kraftfahrzeugs umfasst.
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Im Folgenden wird die Erfindung anhand eines Ausführungsbeispiels unter Bezugnahme auf die Zeichnung detailliert erläutert. In der Zeichnung zeigen:
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1 eine schematische Darstellung eines Aufbaus eines Bremsenprüfstands mit Rotationstribometer,
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2 eine Darstellung eines Aufbaus eines Teils eines solchen Prüfstands, und
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3 eine weitere Darstellung eines Aufbaus eines Teils eines solchen Prüfstands.
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Die 1 zeigt in einer schematischen Darstellung einen Bremsenprüfstand 1 mit einem Rotationstribometer 2. Der Bremsenprüfstand 1 weist dabei ein Achsgestell 3 auf, an welchem eine Bremsscheibe 4 verdrehbar und antreibbar angeordnet ist. Das Achsgestell 3 ist vorteilhaft ein Achsgestell mit seriennahen Achsbauteilen oder ein Achsgestell aus der Serienfertigung eines Kraftfahrzeugs.
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Weiterhin weist der Bremsenprüfstand 1 ein Bremsbelagelement 5 auf, welches an einem Gestell 6 verlagerbar angeordnet ist, zum Beaufschlagen der Bremsscheibe 4. Dabei wird die auf das Bremsbelagelement 5 wirkende Kraft von einem angeordneten Aktuator 7 aufgebracht, welcher vorteilhaft ein hydraulischer, pneumatischer oder mechanischer Aktuator 7 ist. Dieser Aktuator 7 wird über eine Steuereinheit 12 angesteuert.
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Das Aufbringen der Kraft, wie der Normalkraft, auf das Bremsbelagelement 5 erfolgt dabei durch zumindest einen Kolben 8 oder zumindest ein kolbenähnliches Element. Dabei ist der Kolben 8 im Kraftfluss zwischen Aktuator 7 und Bremsbelagelement 5 angeordnet und beaufschlagt die Seite 17 des Bremsbelagelements 5, welche der Bremsscheibe 4 abgewandt ist, während die andere Seite 18 des Bremsbelagelements 5 an der Bremsscheibe 4 anliegt. Damit wird eine realistische Anordnung geschaffen, welche der Anordnung zur Kraftübertragung auch in einem Kraftfahrzeug entspricht.
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Weiterhin ist ein dreidimensional messender Kraftsensor 9 vorgesehen, zur Messung der auf das Bremsbelagelement 5 wirkenden Kraft. Dadurch kann vorteilhaft nicht nur die Normalkraft ermittelt werden, sondern es können auch andere Kraftkomponenten in anderen Richtungen ermittelt werden.
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Der Tribometerrahmen 6 ist mit dem Achsgestell 3 über den Aktuator 7 gekoppelt. Weiterhin ist das Rotationstribometer 2 mit einem Antrieb 11 in der Art einer Welle verbunden, mittels welcher das Rotationstribometer 2 in Drehung versetzbar ist. So kann bei Kenntnis der wirkenden Kraft und der Drehzahlen die Reibung bestimmt werden.
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Zur genaueren Analyse ist eine Steuereinheit 12 vorgesehen, mittels welcher der Aktuator 7 zum Aufbringen der Kraft steuerbar ist, so dass damit insbesondere die wirkende Kraft steuerbar ist und/oder der Antrieb 11 steuerbar ist, so dass damit insbesondere die Drehzahl n des Antriebs 11 steuerbar ist.
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Bevorzugt ist die Bremsscheibe 4 eine Serienbremsscheibe oder dieser zumindest ähnlich. Weiterhin bevorzugt ist das Achsgestell 3 eine Serienachse eines Kraftfahrzeugs oder ist dieser zumindest ähnlich. Weiterhin bevorzugt ist das Bremsbelagelement 5 ein Bremsbelag, wie ein Serienbremsbelag eines Kraftfahrzeugs und/oder ein modulares Bremsbelagelement. Damit können die die tribologischen Kennwerte an realistischen Konfigurationen ermittelt und nachvollzogen werden.
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Die 2 zeigt einen Teil eines solchen Bremsenprüfstands 1 mit dem Tribometerrahmen 6 und dem Achsgestell 3. An dem Tribometerrahmen 6 ist der Kraftsensor 9 befestigt, welcher zwischen dem Aktuator 7 und dem Bremsbelagelement 5 im Kraftfluss angeordnet ist. Dabei ist der Tribometerrahmen 6 mittels des Scharniers verschwenkbar.
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Die 3 zeigt ebenso einen Teil eines solchen Bremsenprüfstands 1 mit dem Tribometerrahmen 6 und dem Achsgestell 3. Nicht dargestellt ist hier die Bremsscheibe 4 sowie das Bremsbelagelement 5. An dem Kraftsensor 9 ist eine modulare Bremsbelagadapterplatte 14 angeordnet, an welcher zumindest ein Bremsbelagelement angeordnet bzw. aufgenommen werden kann. Zur Bremskolbensimulation dienen Elemente 15. Zur Führung des Bremsbelagelements dienen Führungsbolzen 16, welche auch eine Querkrafteinleitung bewirken.
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Der Bremsenprüfstand 1 ist dabei derart ausgebildet, dass er unterschiedlichen Klimas aussetzbar ist, wie beispielsweise auch in einer Klimakammer bei unterschiedlichen Temperaturen und/oder Luftfeuchtigkeiten etc. betreibbar ist. In der Klimakammer können dabei insbesondere auch fahrzeugnahe Betriebsbedingungen erzeugt werden, wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Sonneneinstrahlung etc.
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Der gesamte Aufbau des Bremsenprüfstands 1 ist dazu vorteilhaft in einer Rahmenkonstruktion angeordnet.
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Gemäß der Erfindung wird also erreicht, dass eine variable Bremskraft aufgebracht werden kann.
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Der steuerbare Antrieb 11 für das Rotationstribometer 2 erreicht es, dass ein großes Drehmoment für eine Drehung aus dem Stillstand aufbringbar ist, was ein Rotieren bei geringen Winkelgeschwindigkeiten bewirkt als auch die Möglichkeit erlaubt, ruckfrei anzufahren. Des Weiteren können mit dem steuerbaren Antrieb 11 definierte Winkelgeschwindigkeiten realisiert werden.
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Mittels der Steuereinheit 12 wird dann ein definierter Bremsdruck aufgebaut bzw. eine definierte Normalkraft eingestellt. Damit können die Randbedingungen des Reibvorgangs mit den Bedingungen in einem Gesamtfahrzeug zumindest ähnlich oder identisch eingestellt werden.
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Der Bremsenprüfstand erlaubt es nun, dass die Haft- und Gleitreibwerte und der Verlauf beim Übergang von der Haftreibung in die Gleitreibung an einem kompletten Fahrzeug-Serienbremsbelag im Zusammenwirken mit einer Serienbremsscheibe ermittelt und analysiert werden können.
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Zusätzlich kann der eventuelle Einfluss von diversen Achsbauteilen auf die Reibvorgänge aufgrund des Verbaus am Achsgestell mit berücksichtigt werden.
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In Bezug auf die Messtechnik der Sensorik kann mit einer hohen zeitlichen Auflösung der Messtechnik ein genaues Erfassen der Haft- und Gleitreibwerte und deren Übergang und Verlauf vorgenommen werden.
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Dabei kann nun auch der Einfluss von Sekundärmaßnahmen am Bremsbelag und/oder an der Bremsscheibe überprüft werden, wie beispielsweise Belagfasen, Dämpfungsblechen.
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Der Bremsenprüfstand ist vorteilhaft modular aufgebaut, was erlaubt, dass auch verschiedene Belagvarianten und/oder Bremsscheibenvarianten verbaut und analysiert werden können.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102011101419 A1 [0009]
- DE 4324620 A1 [0010]