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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Laborgerät, insbesondere einen Überkopfrührer, mit einer Sensoreinrichtung, die dazu ausgebildet ist, eine Bewegung des Laborgeräts zu erfassen.
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Laborgeräte werden zur Durchführung von chemischen Verfahren wie z.B. Synthesen oder Analysen verwendet. Da hierbei oft gesundheitsschädliche und/oder brennbare Stoffe zum Einsatz kommen, gelten im chemischen Labor besondere Anforderungen hinsichtlich Sicherheit und Gesundheitsschutz. Aus zahlreichen Dokumenten, wie z.B. dem Dokument
DE 10 2012 002 891 A1 , ist es bekannt, Laborgeräte mittels Beschleunigungs-, Neigungs- und/oder Lagesensoren daraufhin zu überwachen, ob sie sich in einem Zustand befinden, der betriebsgemäß nicht vorgesehen und/oder potentiell gefährlich ist.
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Allerdings sind derartige Sensoren nur eingeschränkt dazu in der Lage, den Bewegungszustand eines Geräts auch vollständig zu erfassen. Ein z.B. umfallendes Gerät kann mit diesen Sensoren nicht zweifelsfrei und zuverlässig erkannt werden, da ein Beschleunigungssensor, der zur Detektion translatorischer Beschleunigungen ausgelegt ist, eine Drehbewegung grundsätzlich nicht erfassen wird, wenn er z.B. auf der Drehachse des Geräts angeordnet ist. Darüber hinaus kann auch ein außerhalb der Drehachse angeordneter Beschleunigungssensor, dessen Messrichtung nicht mit der Drehachse zusammenfällt, zwar das Vorliegen einer Bewegung detektieren, jedoch nicht unterscheiden, um welche Art von Bewegung es sich handelt, d.h. ob es sich um eine translatorische Bewegung oder um eine Drehbewegung handelt. Selbst wenn zusätzlich bekannt wäre, dass es sich bei einer detektierten Bewegung um eine Drehbewegung handelt, könnte aus dem detektierten Wert z.B. nicht auf den Wert der Drehrate rückgeschlossen werden, da der durch einen Beschleunigungssensor detektiere Wert in Abhängigkeit von dem Abstand des Beschleunigungssensors zu der Drehachse variiert.
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Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, eine Möglichkeit anzugeben, mit der ein Umfallen eines Laborgeräts oder dergleichen sicher festgestellt werden kann.
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Diese Aufgabe wird durch ein Laborgerät mit den Merkmalen das Anspruchs 1 gelöst, und insbesondere dadurch, dass die Sensoreinrichtung wenigstens einen Drehratensensor zur Erfassung einer Drehrate um eine Messachse des Drehratensensors umfasst.
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Mit einem Drehratensensor kann ein Kippen oder Umfallen oder dergleichen eines Laborgeräts sicher erkannt werden, da eine Drehbewegung direkt detektiert werden kann, wobei der Wert einer Drehrate unabhängig von dem Abstand des Sensors zu der jeweiligen Drehachse detektiert werden kann. Darüber hinaus kann beispielsweise auch ein Drehen eines Laborgeräts um seine Hochachse erkannt werden. Ein solches Drehen kann z.B. aufgrund von Schwingungen bzw. Vibrationen des Laborgeräts auftreten, die durch eine elektrisch angetriebene, schnell rotierende und ggf. eine Unwucht aufweisende Komponente des Laborgeräts – bei einem Überkopfrührer beispielsweise eine Rührwelle – ausgelöst werden. Durch den Einsatz eines oder mehrerer Drehratensensoren kann die bekannte Bewegungserkennung eines Laborgeräts erheblich erweitert werden, da andere Bewegungsarten als mit Hilfe eines Beschleunigungssensors erkannt werden können.
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Darüber hinaus kann mit einem Drehratensensor eine Drehrate eines Laborgeräts um eine Messachse kostengünstig und mit hoher Genauigkeit gemessen werden.
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Grundsätzlich wäre es auch möglich, eine Drehrate um eine genau festgelegte Messachse basierend auf den Beschleunigungswerten zweier voneinander in einem genau bekannten Abstand zu dieser Drehachse entfernt angeordneter und in gleicher Richtung messender Beschleunigungssensoren zu bestimmen. Bei einem umfallenden oder kippenden oder in einen unerwünschten Bewegungszustand geratenden Gerät sind aber weder die Drehachsen noch der Abstand dieser Beschleunigungssensoren von der (unbekannten) Drehachse bekannt. Die Kenntnis des Abstands der Sensoren voneinander reicht dabei nicht aus. Es hat sich zudem herausgestellt, dass eine auf dieser Möglichkeit basierende Drehratenbestimmung aufwändig und darüber hinaus weit weniger genau ist.
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Vorzugsweise umfasst die Sensoreinrichtung wenigstens drei Drehratensensoren, deren Messachsen orthogonal zueinander angeordnet sind. In einer besonders kompakten Ausführungsform können drei Drehratensensoren als ein 3D-Drehratensensor mit einem gemeinsamen Gehäuse für die Drehratensensoren ausgebildet sein. Die Sensoreinrichtung kann auch wenigstens einen Drehratensensor umfassen, der dazu ausgebildet ist, um drei orthogonal zueinander angeordnete Messachsen jeweils eine Drehrate zu erfassen. Derartige 3D-Sensoren in Form eines einzelnen Chip oder Die sind auf dem Markt ebenfalls erhältlich. Darüber hinaus kann die Sensoreinrichtung, mit der die Bewegung eines Geräts überwacht wird, zusätzlich wenigstens einen Beschleunigungssensor, insbesondere wenigstens drei Beschleunigungssensoren, deren Messachsen orthogonal zueinander angeordnet sind, umfassen, wobei bevorzugt der wenigstens eine Drehratensensor und die Beschleunigungssensoren eine inertiale Messeinheit (IMU) bilden, um die sechs Freiheitsgrade der Bewegung eines Laborgeräts zu überwachen. Die aus den einzelnen Sensoren gewonnen Daten können fusioniert und gemeinsam ausgewertet werden, um ein vollständiges Bild der Bewegung des Laborgeräts zu erhalten.
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Vorzugsweise ist der jeweilige Sensor, insbesondere Drehratensensor und/oder Beschleunigungssensor, als mikromechanischer Sensor ausgebildet, d.h. in Mikrosystem-Technik gefertigt. MEMS-Sensoren (Microelectromechanical-Systems-Sensoren) besitzen den Vorteil, dass sie besonders kostengünstig herstellbar sind und lediglich eine geringe Baugröße sowie eine hohe Zuverlässigkeit aufweisen.
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Insbesondere umfasst das Laborgerät ferner eine Auswerteeinrichtung, die dazu ausgebildet ist, aus der erfassten Drehrate einen bei der Bewegung des Laborgeräts überstrichenen Drehwinkel zu berechnen. Insbesondere kann der überstrichene Drehwinkel durch Integration der Drehrate über die Zeit berechnet werden. Bevorzugt ist eine derartige Auswerteeinrichtung dazu ausgebildet, anhand einer erfassten Drehrate und/oder eines aus einer erfassten Drehrate berechneten Drehwinkels zu erkennen, ob das Laborgerät ein vorgegebenes Maß an Bewegung, insbesondere Drehung bzw. Drehbewegung, überschreitet.
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Durch eine Überwachung des Drehwinkels können kritische Zustände erkannt werden, die durch eine Überwachung der Drehrate zumindest nicht zweifelsfrei erkannt werden können. Insbesondere kann auch ein kritischer Zustand erkannt werden, bei dem sich Überkopfrührer nur langsam neigt. Dies kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn die Rührwelle des Überkopfrührers in einem zähen Medium rotiert, so dass das auf den Rührwellenantrieb und damit den gesamten Überkopfrührer rückwirkende Drehmoment den Überkopfrührer langsam aber stetig aus seinem stabilen Stand aushebelt. Ein sich anbahnendes Umfallen bzw. Kippen des Überkopfrührers kann durch Überwachung des Drehwinkels daher bereits frühzeitig erkannt werden.
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Ferner kann eine Steuereinrichtung vorgesehen sein, die dazu ausgebildet ist, bei Überschreiten des vorgegebenen Maßes automatisch wenigstens eine sicherheitsrelevante Reaktion auszulösen. Bei dem vorgegebenen Maß handelt es sich bevorzugt um einen vorgegebenen Grenzwert. Die Auswerteeinrichtung und die Steuereinrichtung können als eine gemeinsame Auswerte- und Steuereinrichtung, z.B. als Mikrocontroller, oder separat voneinander ausgebildet sein. Die wenigstens eine Reaktion wird automatisch ausgelöst, insbesondere ohne dass eine Handlung einer Bedienperson erforderlich ist. Bei einer Bewegung, insbesondere einer Drehrate oder einem Drehwinkel, die bzw. der das vorgegebene Maß nicht überschreitet, muss noch keine sicherheitsrelevante Reaktion ausgelöst werden, insbesondere um die Gefahr von Fehlauslösungen zu reduzieren.
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Insbesondere handelt es sich bei der zu erkennenden Bewegung um ein Umfallen und/oder ein Kippen des Laborgeräts. Vor allem Laborgeräte mit einem hoch liegenden Schwerpunkt, z.B. an einem Stativ montierte Laborgeräte wie Überkopfrührer, sind hier besonders gefährdet. Bei dem vorgegebenen Maß bzw. dem vorgegebenen Grenzwert kann es sich dann insbesondere um einen vorgegebenen Kipp- oder Drehwinkel handeln.
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Insbesondere in diesen Fällen ist es von Vorteil, wenn das Laborgerät dann automatisch abgeschaltet wird. Alternativ und/oder zusätzlich kann eine sicherheitsrelevante Reaktion dadurch definiert sein, dass ein akustisches und/oder optisches Warnsignal ausgegeben wird, um den Bediener des Laborgeräts auf einen sicherheitstechnisch gegebenenfalls kritischen Zustand hinzuweisen, so dass der Bediener unmittelbar entsprechende Maßnahmen einleiten kann.
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Die Steuereinrichtung kann dazu ausgebildet sein, die wenigstens eine sicherheitsrelevante Reaktion in Abhängigkeit von der Art und/oder dem Ausmaß der jeweils erfassten Drehrate und/oder des berechneten Drehwinkels aus einer Gruppe von sicherheitsrelevanten Reaktionen auszuwählen. Es können also eine Vielzahl von grundsätzlich möglichen sicherheitsrelevanten Reaktionen zur Verfügung stehen, von denen diejenige Reaktion bzw. diejenigen Reaktionen durchgeführt werden, die als Reaktion auf die jeweils konkret erfasste Drehbewegung, insbesondere eine Drehrate oder einen Drehwinkel, als am besten geeignet erscheinen.
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Vorteilhafte Ausführungsformen der Erfindung sind auch in den Unteransprüchen, der Figurenbeschreibung und der Zeichnung angegeben.
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Ein nicht beschränkendes Ausführungsbeispiel der Erfindung ist in der Zeichnung dargestellt und wird nachfolgend beschrieben. Es zeigt, in schematischer Darstellung,
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1 einen Überkopfrührer, der bei Umfallen oder Kippen eine Sicherheitsreaktion ausführt.
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In 1 ist ein elektrisch betriebener Überkopfrührer 11 mit einer von einem Motor angetriebene Rührwelle 17 gezeigt, der an einem Arm 15 eines Stativs 13 angebracht ist. Der Überkopfrührer 11 ist mit einer Sensoreinrichtung 19 ausgestattet, die wenigstens einen einachsigen Drehratensensor, der eine Drehung des Überkopfrührers 11 um eine Achse, wie sie bei einem Umfallen oder einem Umkippen des Überkopfrührers 11 auftritt, erfassen kann. Bevorzugt umfasst die Sensoreinrichtung 19 jedoch einen 3D-Drehratensensor, d.h. drei einachsige Drehratensensoren, deren Messachsen orthogonal zueinander ausgerichtet sind, oder einen Drehratensensor, der dazu ausgebildet ist, um drei orthogonal zueinander angeordnete Messachsen jeweils eine Drehrate zu erfassen, um beliebig orientierte Drehbewegungen dreidimensional erfassen zu können. Das Umfallen bzw. Umkippen ist in der Figur mit einem entsprechenden, gekrümmt verlaufenden Pfeil veranschaulicht. Darüber hinaus kann mit der Sensoreinrichtung 19 auch eine unkontrollierte Bewegung horizontal zur Basisfläche 21, auf der Überkopfrührer 11 aufgestellt ist, erfasst werden.
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Da bei einem Umfallen bzw. Umkippen des Überkopfrührers 11 die erfasste Drehrate unabhängig von der Position des Drehratensensors an dem Überkopfrührer 11 ist, insbesondere unabhängig von dem Abstand des Drehratensensors zu der jeweiligen Drehachse, kann die Sensoreinrichtung 19 alternativ grundsätzlich auch an jeder anderen Stelle des Überkopfrührers 11 platziert sein, beispielsweise im Bereich der Befestigung des Arms 15 an dem Stativ 13 oder an einem Fußpunkt des Stativs 13, wie durch die Bezugszeichen 19' und 19'' veranschaulicht ist.
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Ferner kann die Sensoreinrichtung 19 auch zumindest einen einachsigen Beschleunigungssensor umfassen, mit dem eine translatorische Bewegung des Überkopfrührers 11, insbesondere in Richtung der Erdbeschleunigung, detektiert werden kann, so dass auch ein bloßes Herunterfallen – ohne gleichzeitige Drehbewegung – des Überkopfrührers 11, wie es in 1 mit einem gerade nach unten gerichteten Pfeil veranschaulicht ist, erkannt werden kann. Es kann auch ein 3D-Beschleunigungssensor vorgesehen sein, so dass die Sensoreinrichtung 19 dann eine inertiale Messeinheit mit sechs Freiheitsgraden (6DoF-IMU) zur Messung der Drehrate und Beschleunigung in allen drei Raumrichtungen darstellt, um die Bewegung des Überkopfrührers 11 vollständig zu erfassen.
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Darüber hinaus ist der Überkopfrührer 11 mit einer nicht dargestellten Auswerteeinheit versehen, welche dazu vorgesehen ist, eine erfasste Drehrate und einen aus der erfassten Drehrate berechneten Drehwinkel daraufhin zu prüfen, ob es sich bei der detektieren Bewegung tatsächlich um ein Umfallen bzw. Umkippen des Überkopfrührer 11 handelt. Dies erfolgt durch einen Vergleich der jeweils detektierten Drehrate bzw. des jeweils berechneten Drehwinkels mit einem jeweiligen vorgegebenen Grenzwert. Überschreitet die Drehrate bzw. der Drehwinkel den jeweils vorgegebenen Grenzwert, wird ein Umfallen bzw. ein Kippen des Überkopfrührers 11 angenommen, und es wird durch eine ebenfalls nicht dargestellte jeweilige Steuereinheit automatisch eine entsprechende Sicherheitsreaktion ausgelöst. Bei dieser Sicherheitsreaktion kann es sich beispielsweise um das automatische Abschalten des Überkopfrührers 11 und/oder die automatische Ausgabe eines akustischen und/oder optischen Warnsignals handeln. Entsprechendes gilt für erfasste translatorische Bewegungen.
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Die Überwachung des Drehwinkels ermöglicht, dass auch ein Zustand, bei dem der Überkopfrührer 11 bei geringer Drehrate, die unter dem für die Drehrate vorgegebenen Grenzwert liegt, langsam aus seinem stabilen Stand heraus kippt, als kritisch erkannt werden kann. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn sich der Überkopfrührer 11 bei einem Rühren in einem zähen Medium aufgrund eines von der Rührwelle 17 auf den Motor zurückwirkenden Drehmoments zu neigen beginnt. Damit kann ein kritischer Zustand bereits frühzeitig erkannt werden.
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Der vorstehend erläuterte Überkopfrührer ergreift in bestimmten Gefahrensituationen wie Umfallen und Kippen automatisch Maßnahmen, durch die die Sicherheit im Labor weiter erhöht werden kann.
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Bezugszeichenliste
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- 11
- Überkopfrührer
- 13
- Stativ
- 15
- Arm
- 17
- Rührwelle
- 19
- Sensoreinrichtung
- 21
- Basisfläche
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102012002891 A1 [0002]