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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Anordnung zur Modellierung einer aerodynamisch wirksamen Außenkontur eines Bauteilmodells in einem Windkanal.
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Bei der Entwicklung von Kraftfahrzeugen wird ein besonderes Augenmerk auf die Gestaltung der aerodynamisch wirksamen Außenkonturen einzelner Bauteile, Bauteilgruppen oder auch kompletter Fahrzeuge gelegt. Die Erfahrung lehrt, dass bereits geringfügige Veränderungen der aerodynamisch wirksamen Außenkontur dazu führen können, dass sich große Unterschiede in aerodynamischen Parametern ergeben. Zur Untersuchung der Außenkontur werden Bauteilmodelle oder ganze Fahrzeugmodelle in einem Windkanal getestet. Dabei werden unterschiedliche aerodynamische Parameter gemessen, die Informationen über die aerodynamischen Eigenschaften des Bauteil- beziehungsweise Fahrzeugmodells liefern. In der Praxis werden häufig so genannte Clay-Modelle verwendet, die zumindest teilweise aus einem verformbaren Material, wie zum Beispiel aus Industrieplastilin, hergestellt sind. Durch gezieltes Auf- oder Abtragen des verformbaren Materials kann die aerodynamisch wirksame Außenkontur des Bauteil- beziehungsweise Fahrzeugmodells gezielt verändert werden. Alternativ können auch vorgefertigte Anbauteile an einem Fahrzeugmodell angebracht werden, mittels derer eine Änderung der aerodynamisch wirksamen Außenkontur erreicht werden kann. Messungen im Windkanal und eine Bestimmung entsprechender aerodynamischer Parameter geben Aufschluss über die Auswirkungen der Veränderungen der aerodynamisch wirksamen Außenkontur.
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Ein Nachteil dieser Vorgehensweise ist unter anderem darin zu sehen, dass das mechanische Auf- oder Abtragen des verformbaren Materials zur Erzeugung einer möglichst genauen Außenkontur ein sehr zeitaufwendiger Prozess ist. Ferner sind Außenkonturänderungen nicht exakt reproduzierbar. Die Montage beziehungsweise Demontage vorgefertigter Anbauteile ist ebenfalls aufwendig. Üblicherweise können daher an einem Arbeitstag nur sehr wenige Konfigurationen im Windkanal untersucht werden. Weiterhin ist der Personalaufwand sehr hoch. Bei den Versuchen im Windkanal zur Optimierung mindestens eines aerodynamischen Parameters der Außenkontur können Messungen nur an diskreten Stützstellen durchgeführt werden. Die Anzahl dieser Stützstellen, die für die Optimierung verwendet werden können, ergibt sich aus der Anzahl der im Windkanal untersuchten Außenkonturvarianten, für die jeweils der zu optimierende aerodynamische Parameter bestimmt wurde.
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Die
DE 10 2005 038 205 A1 offenbart einen Windkanal mit einem darin angeordneten Modell, insbesondere einem Modell eines Luftfahrzeugs, zur Erfassung und Auswertung einer Vielzahl von Messdaten. Der Windkanal weist eine Rechnereinheit, einen Monitor sowie zumindest einen Sensor zum Erfassen der Messdaten auf.
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Aus der
DE 10 2008 022 504 A1 ist ein schaltbarer Vortexgenerator bekannt, der insbesondere für ein Strömungskanalmodul vorgesehen ist.
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Die vorliegende Erfindung macht es sich zur Aufgabe, ein Verfahren und eine Anordnung zur Modellierung einer aerodynamisch wirksamen Außenkontur eines Bauteilmodells zur Verfügung zu stellen, das mit einem geringeren Zeit- und Personalaufwand besonders kostengünstig durchgeführt werden kann.
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Die Lösung dieser Aufgabe liefert ein Verfahren der eingangs genannten Art mit den Merkmalen des Anspruchs 1. Eine alternative Lösung ist in Anspruch 2 angegeben. Hinsichtlich der Anordnung wird diese Aufgabe durch eine Anordnung mit den Merkmalen des Anspruchs 8 gelöst. Die Unteransprüche betreffen vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung.
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Ein erfindungsgemäßes Verfahren zur Modellierung einer aerodynamisch wirksamen Außenkontur eines Bauteilmodells umfasst die Schritte
- a) Bereitstellen des Bauteilmodells und mindestens einer an diesem angebrachten oder integral mit diesem ausgebildeten Konturvariationsvorrichtung mit einer Mehrzahl einzeln unabhängig voneinander mit einem Fluid befüllbarer und entleerbarer Fluidkammern in einem Windkanal,
- b) automatisches Erzeugen eines Abschnitts der Außenkontur mittels der Konturvariationsvorrichtung durch selektives Befüllen zumindest einer der Fluidkammern mit dem Fluid,
- c) Aktivieren einer Luftströmung innerhalb des Windkanals,
- d) Bestimmen zumindest eines aerodynamischen Parameters der Außenkontur des Bauteilmodells,
- e) automatisches Erzeugen eines veränderten Abschnitts der Außenkontur mittels der Konturvariationsvorrichtung durch selektives Befüllen zumindest einer weiteren Fluidkammer mit dem Fluid und/oder selektives Entleeren zumindest einer der mit dem Fluid befüllten Fluidkammern,
- f) Bestimmen des zumindest einen aerodynamischen Parameters der in Schritt e) erzeugten Außenkontur des Bauteilmodells,
- g) Wiederholen der Verfahrensschritte e) und f) bis eine vorgegebene oder vorgebbare Anzahl unterschiedlicher Außenkonturen des Bauteilmodells erzeugt worden ist und der mindestens eine aerodynamische Parameter dieser Außenkonturen bestimmt worden ist.
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Ein alternatives erfindungsgemäßes Verfahren zur Modellierung einer aerodynamisch wirksamen Außenkontur eines Bauteilmodells umfasst die Schritte
- a) Bereitstellen des Bauteilmodells und mindestens einer an diesem angebrachten oder integral mit diesem ausgebildeten Konturvariationsvorrichtung mit einer Mehrzahl einzeln unabhängig voneinander mit einem Fluid befüllbarer und entleerbarer Fluidkammern in einem Windkanal,
- b) Aktivieren einer Luftströmung innerhalb des Windkanals,
- c) automatisches Erzeugen eines Abschnitts der Außenkontur mittels der Konturvariationsvorrichtung durch selektives Befüllen zumindest einer der Fluidkammern mit dem Fluid,
- d) Bestimmen zumindest eines aerodynamischen Parameters der Außenkontur des Bauteilmodells,
- e) automatisches Erzeugen eines veränderten Abschnitts der Außenkontur mittels der Konturvariationsvorrichtung durch selektives Befüllen zumindest einer weiteren Fluidkammer mit dem Fluid und/oder selektives Entleeren zumindest einer der mit dem Fluid befüllten Fluidkammern,
- f) Bestimmen des zumindest einen aerodynamischen Parameters der in Schritt e) erzeugten Außenkontur des Bauteilmodells,
- g) Wiederholen der Verfahrensschritte e) und f) bis eine vorgegebene oder vorgebbare Anzahl unterschiedlicher Außenkonturen des Bauteilmodells erzeugt worden ist und der mindestens eine aerodynamische Parameter dieser Außenkonturen bestimmt worden ist.
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Den beiden erfindungsgemäßen Verfahren liegt die gemeinsame Idee zugrunde, die Modellierung der Außenkontur des Bauteilmodells automatisiert in einem Windkanal durchführen zu können. Die beiden Verfahren unterscheiden sich lediglich dadurch, dass gemäß Anspruch 1 die erstmalige Aktivierung der Konturvariationsvorrichtung vor der Aktivierung der Luftströmung im Windkanal erfolgt. Bei dem alternativen Verfahren gemäß Anspruch 2 ist es umgekehrt: Die Luftströmung innerhalb des Windkanals wird aktiviert, bevor mittels der Konturvariationsvorrichtung automatisch ein Abschnitt der Außenkontur erzeugt wird. Durch das automatisierte Erzeugen unterschiedlicher Außenkonturvarianten mittels der Konturvariationsvorrichtung, deren Fluidkammern einzeln und unabhängig voneinander mit einem Fluid befüllt beziehungsweise entleert werden können, können zahlreiche Konfigurationen in relativ kurzer Zeit untersucht werden. Aerodynamische Parameter, die bei der Durchführung der erfindungsgemäßen Verfahren bestimmt werden können, sind zum Beispiel ein Staudruck oder eine Fluidgeschwindigkeit beziehungsweise eine Wirbelablösungswahrscheinlichkeit. Aufgrund des reduzierten Kosten- und Personalaufwands sind die Verfahren sehr effizient. Für die Durchführung der Messungen ist es lediglich erforderlich, die Einhaltung sicherheitsrelevanter Parameter im Windkanal zu überwachen.
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In einer besonders vorteilhaften Ausführungsform wird vorgeschlagen, dass das Verfahren ohne Unterbrechung der aktivierten Luftströmung innerhalb des Windkanals durchgeführt wird. Dadurch ist es möglich, in einer bestimmten Zeitspanne eine größere Anzahl von Außenkonturvarianten im Windkanal zu untersuchen und das Verfahren insgesamt noch effizienter zu gestalten. Das abwechselnde Aktivieren und Deaktivieren der Luftströmung, die bei einer manuellen Bearbeitung der Außenkontur erforderlich ist, kann somit in vorteilhafter Weise entfallen.
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In einer bevorzugten Ausführungsform besteht die Möglichkeit, dass für die Erzeugung der veränderten Abschnitte der Außenkontur mittels der Konturvariationsvorrichtung ein Optimierungsalgorithmus zum Optimieren einer Zielfunktion des zumindest einen aerodynamischen Parameters verwendet wird. Für eine weitere Optimierung des Verfahrens wird somit vorgeschlagen, dass in Schritt e) das automatische Erzeugen eines veränderten Abschnitts der Außenkontur mittels der Konturvariationsvorrichtung auf Basis der Ergebnisse des Optimierungsalgorithmus erfolgt. Somit kann durch gezieltes Befüllen beziehungsweise Entleeren der Fluidkammern der Konturvariationsvorrichtung die Außenkontur verändert werden, um die Zielfunktion des zumindest einen aerodynamischen Parameters weiter zu optimieren. So ist es zum Beispiel möglich, durch automatische Änderungen der Außenkontur und entsprechende Messungen und Optimierungen der Außenkontur den Luftwiderstand zu minimieren.
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Vorzugsweise können die in den Schritten d) und f) bestimmten aerodynamischen Parameter als Stützstellen für den Optimierungsalgorithmus verwendet werden. Mit anderen Worten werden die Messergebnisse in den Optimierungsalgorithmus eingespeist, um auf dieser Datenbasis eine Optimierung der Zielfunktion des zumindest einen aerodynamischen Parameters vorzunehmen und die Außenkontur automatisch zu variieren.
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In einer vorteilhaften Ausführungsform kann durch die Konturvariationsvorrichtung ein Designraum vorgegeben werden, innerhalb dessen die Zielfunktion des zumindest einen aerodynamischen Parameters optimiert wird. Nach dem Erzeugen eines veränderten Abschnitts der Außenkontur mittels der Konturvariationsvorrichtung wird eine Messung zur Bestimmung des mindestens einen zu optimierenden aerodynamischen Parameters durchgeführt. Die Ergebnisse der Messungen werden dann in den Optimierungsalgorithmus zur Berechnung der nächsten Formänderung der Konturvariationsvorrichtung eingespeist. Dieser Prozess – also die Formänderung der Konturvariationsvorrichtung und die anschließende Messung im Windkanal – wird so lange durchgeführt, bis die Zielfunktion des aerodynamischen Parameters in dem vorgegebenen Designraum ein mathematisches Optimum (je nach Art des zu optimierenden aerodynamischen Parameters ein Minimum oder ein Maximum) aufweist.
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Vorzugsweise kann ein Optimierungsalgorithmus mit zumindest einem künstlichen neuronalen Netz verwendet werden. Durch die Verwendung mindestens eines künstlichen neuronalen Netzes können auch komplexe aerodynamische Prozesse ohne die exakte Kenntnis der tatsächlich vorherrschenden physikalischen Zusammenhänge und Gegebenheiten sehr genau analysiert werden. Künstliche neuronale Netze haben ferner den Vorteil, dass sie eine höhere Fehlertoleranz haben und ungenaue oder sogar widersprüchliche Informationen verarbeiten können.
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Eine erfindungsgemäße Anordnung zur Modellierung einer aerodynamisch wirksamen Außenkontur eines Bauteilmodells in einem Windkanal umfasst
- – zumindest eine Konturvariationsvorrichtung mit einer Mehrzahl unabhängig voneinander mit einem Fluid befüllbarer und entleerbarer Fluidkammern, die an dem Bauteilmodell angebracht ist oder integral mit diesem ausgebildet ist,
- – Mittel zum automatischen Befüllen und/oder Entleeren der Fluidkammern zur abschnittsweisen Änderung der Außenkontur des Bauteilmodells,
- – Mittel zur Bestimmung zumindest eines aerodynamischen Parameters der Außenkontur des Bauteilmodells. Die erfindungsgemäße Anordnung ermöglicht eine automatisierte Modellierung der aerodynamisch wirksamen Außenkontur des Bauteilmodells in einem Windkanal und ist insbesondere zur Durchführung eines Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 7 geeignet.
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In einer besonders vorteilhaften Ausführungsform wird vorgeschlagen, dass die Anordnung Mittel zur Optimierung einer Zielfunktion des zumindest einen aerodynamischen Parameters umfasst. Ein automatisches Erzeugen eines veränderten Abschnitts der Außenkontur mittels der Konturvariationsvorrichtung kann auf Basis der Ergebnisse des Optimierungsalgorithmus erfolgen. Es ist somit möglich, dass durch gezieltes Befüllen beziehungsweise Entleeren der Fluidkammern der Konturvariationsvorrichtung die Außenkontur des Bauteilmodells abschnittsweise verändert werden kann, um die Zielfunktion des zumindest einen aerodynamischen Parameters zu optimieren.
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Weitere Vorteile, Merkmale und Einzelheiten der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung, in der unter Bezugnahme auf die beiliegenden Zeichnungen ein Ausführungsbeispiel der Erfindung im Einzelnen beschrieben wird. Dabei können die in den Ansprüchen und in der Beschreibung erwähnten Merkmale jeweils einzeln für sich oder in beliebiger Kombination erfindungswesentlich sein. Es zeigen:
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1 eine schematische Darstellung eines Bauteilmodells in Form eines Fahrzeugmodells mit einer daran angebrachten Konturvariationsvorrichtung, mittels derer ein Verfahren zur Modellierung einer aerodynamisch wirksamen Außenkontur des Bauteilmodells durchgeführt werden kann,
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2 eine schematische Darstellung des Bauteilmodells gemäß 1 mit einer veränderten Außenkontur,
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3 eine schematische Darstellung des Bauteilmodells gemäß 1 und 2 mit einer nochmals veränderten Außenkontur,
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4 eine schematische Darstellung einer Anordnung zur Modellierung einer aerodynamisch wirksamen Außenkontur des Bauteilmodells, mittels derer die Außenkontur des Bauteilmodells automatisch optimiert werden kann.
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Unter Bezugnahme auf 1 bis 3 weist ein Bauteilmodell 100, das vorliegend ein Fahrzeugmodell ist, eine Konturvariationsvorrichtung 10 auf, die zur abschnittsweisen Veränderung einer aerodynamisch wirksamen Außenkontur 110 des Bauteilmodells 100 eingerichtet ist. Die Konturvariationsvorrichtung 10 weist eine Mehrzahl separat mit einem Fluid befüllbarer und entleerbarer Fluidkammern 20 auf. Diese Fluidkammern 20 sind vorliegend zylindrisch ausgebildet und haben in einem befüllten Zustand identische – vorliegend runde – Querschnitte. Ein runder Querschnitt führt zu einem verbesserten Druckverhalten und kann insbesondere bei reduziertem Materialaufwand höhere Innendrücke in den Fluidkammern 20 gewährleisten. Je höher der im Inneren der Fluidkammern 20 herrschende Druck eingestellt werden kann, desto formstabiler kann die Variation der Außenkontur 110 des Bauteilmodells 100 erfolgen. Runde Querschnitte ermöglichen ferner eine gute Stapelbarkeit und eine geometrisch dichte Packung der Fluidkammern 20. Ein runder Querschnitt kann zum Beispiel auch durch kugelförmig ausgebildete Fluidkammern 20 erhalten werden. Grundsätzlich ist es auch möglich, andere insbesondere gut stapelbare regelmäßige Querschnitte für die Fluidkammern 20 zu wählen. Zum Beispiel sind Fluidkammern 20 mit wabenartigen Strukturen, sechseckigen oder achteckigen Querschnitten denkbar.
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In dem hier gezeigten Ausführungsbeispiel ist jede der Fluidkammern 20 von einer eigenen Wandung umgeben, so dass einzelne Fluidkammern 20 separat und mit hoher Flexibilität miteinander zu einer Konturvariationsvorrichtung 10 kombiniert werden können. Dadurch ist es möglich, bei einem Defekt, wie zum Beispiel einer Undichtigkeit, einer der Fluidkammern 20 einen einfachen und kostengünstigen Austausch vorzunehmen. Die Fluidkammern 20 können zum Beispiel eine Schnittstelle aufweisen, um eine Anbindung an ein Verteilermittel 220 oder ein Kompressormittel 210 zu ermöglichen. Dabei können die einzelnen Fluidkammern 20 ein Ventilmittel für ein Öffnen und Schließen des Zugangs zur jeweiligen Fluidkammer 20 aufweisen. Es besteht auch die Möglichkeit, dass ein separates Verteilermittel 220 diese Ventilfunktionen übernimmt.
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Es kann auch vorgesehen sein, dass zumindest einige der Fluidkammern 20 zumindest abschnittsweise von einer gemeinsamen Wandung umgeben sind. Durch das Bereitstellen von Fluidkammern 20 mit einer gemeinsamen Wandung können in vorteilhafter Weise Material und Gewicht gespart werden. Darüber hinaus können die Abstände zwischen benachbarten Fluidkammern 20 verringert beziehungsweise im Bereich der gemeinsamen Wandung sogar vollständig eliminiert werden. Weiterhin besteht die Möglichkeit, dass die gemeinsame Wandung eine Tragstruktur zur mechanischen Stabilisierung aufweist. Eine derartige Tragstruktur kann auch zwischen separaten eigenständigen Wandungen vorgesehen sein. Wenn durch das Entlangströmen eines Luftstroms an der Außenseite der Konturvariationsvorrichtung 10 ein Staudruck oder eine anderweitige Einwirkung einer Kraft auf die Konturvariationsvorrichtung 10 entsteht, kann diese zumindest teilweise durch die mechanische Tragstruktur abgetragen werden.
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Mittels der hier dargestellten Konturvariationsvorrichtung 10 kann eine Variation der aerodynamisch wirksamen Außenkontur 110 im Bereich eines Spoilers erreicht werden. Um in diesem Bereich eine möglichst glatte Oberfläche zu erhalten, weist die Konturvariationsvorrichtung 10 eine elastisch verformbare Außenhaut 50 auf. Das Bauteilmodell 100 mit der daran angebrachten Konturvariationsvorrichtung 10 kann in einen Windkanal eingebracht werden, innerhalb dessen eine Luftströmung erzeugt wird, so dass aerodynamische Parameter der Außenkontur 110 des Bauteilmodells 100 bestimmt werden können. Die Außenkontur 110 des Bauteilmodells 100 wird dabei mit Luft überstrichen, so dass hier ein Strömungswiderstand beziehungsweise eine Strömungsleitfunktion existiert.
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Um die aerodynamisch wirksame Außenkontur 110 mittels der Konturvariationsvorrichtung 10 variieren zu können, sind die einzelnen Fluidkammern 20 unabhängig voneinander mit einem Fluid befüllbar oder entleerbar, um auf diese Weise gezielt einen befüllten oder entleerten Zustand einer jeden Fluidkammer 20 erzeugen zu können und zwischen diesen Zuständen wechseln zu können. Das Fluid kann gasförmig und damit kompressibel sein. Insbesondere kann zum Befüllen der Fluidkammern 20 Luft verwendet werden. Alternativ ist es grundsätzlich auch möglich, ein inkompressibles Fluid, insbesondere Wasser, zu verwenden, um die Fluidkammern 20 zu befüllen. Die Variation der Außenkontur 110 kann relativ schnell erfolgen, da es ausreichend ist, die Fluidkammern 20 selektiv mit dem Fluid zu füllen beziehungsweise das Fluid abzulassen, um eine Variation der Außenkontur 110 zu erreichen.
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Die 1 bis 3 zeigen unterschiedliche Zustände der Konturvariationsvorrichtung 10, wobei in 1 alle Fluidkammern 20 mit dem Fluid gefüllt sind. Werden einige der Fluidkammern 20 entleert, so können nun die aerodynamischen Außenkonturen 110 gemäß der 2 und der 3 eingenommen werden.
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In 4 ist eine Anordnung zur Modellierung der aerodynamisch wirksamen Außenkontur 110 eines Bauteilmodells 100 schematisch stark vereinfacht dargestellt. Aus Vereinfachungsgründen weist die in 4 gezeigte Konturvariationsvorrichtung 10 lediglich drei Fluidkammern 20 auf. In dem hier gezeigten Ausführungsbeispiel ist die Konturvariationsvorrichtung 10 als eine von dem Bauteilmodell 100 separate Einheit ausgebildet. Um die Konturvariationsvorrichtung 10 an dem Bauteilmodell 100 befestigen zu können, ist eine Bauteilschnittstelle 26 vorgesehen, um ein Befestigen durch Kleben, Schweißen, Saugen oder auch eine formschlüssige Anbringung, insbesondere durch Einstecken in die Oberfläche des Bauteilmodells 100, zu ermöglichen.
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Eine Steuerungsvorrichtung 200 umfasst in dem hier gezeigten Ausführungsbeispiel ein Kompressormittel 210 und ein Verteilermittel 220, welches eine Mehrzahl nicht explizit dargestellter Ventilmittel aufweist und so ausgebildet ist, dass durch definierte Ventilschaltungen einzelne Fluidkammern 20 ausgewählt und mit dem Fluid befüllt werden können. Ferner ermöglicht es das Verteilermittel 220, einzelne Fluidkammern 20 auszuwählen und das darin enthaltene Fluid abzulassen. Über eine Druckmessvorrichtung 40 kann der Innendruck in der jeweils ausgewählten Fluidkammer 20 überwacht werden und insbesondere auch eine Rückkopplung während der Messung durchgeführt werden. Vorzugsweise kann die Konturvariationsvorrichtung 10 eine Anzahl hier nicht explizit dargestellter Sensormittel umfassen, um zum Beispiel in den Fluidkammern 20 und/oder im Bereich der Außenhaut 50 der Konturvariationsvorrichtung 10 entsprechende Informationen in Bezug auf aerodynamische Parameter zu sammeln. Solche aerodynamischen Parameter können zum Beispiel ein Staudruck oder eine Fluidgeschwindigkeit beziehungsweise eine Wirbelablösungswahrscheinlichkeit sein. Auch andere Parameter, wie zum Beispiel Reynoldszahlen oder Temperaturen, können auf diese Weise bestimmt werden. Durch eine Druckmessung in den Fluidkammern 20 lässt sich bestimmen, welcher tatsächliche Innendruck in den Fluidkammern 20 vorherrscht. Diese Information kann gespeichert werden, um später eine entsprechende Reproduktion mit dem identischen Innendruck in der jeweiligen Fluidkammer 20 für eine erneute Messung zur Verfügung zu stellen. Der Innendruck kann jedoch auch während der Durchführung einer Messung im Windkanal überwacht werden, so dass eine Erhöhung des Innendrucks durch eine Vergrößerung eines außen an der Fluidkammer 20 anliegenden Staudrucks auf diese Weise wahrgenommen werden kann. Damit wird es möglich, eine zusätzliche Messfunktion zur Verfügung zu stellen, ohne für diesen Messzweck zusätzliche Sensormittel vorzusehen. Die Konturvariationsvorrichtung 10 kann somit auch eine Sensorfunktion beziehungsweise eine Messfunktion zur Verfügung stellen.
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Die Steuerungsvorrichtung 200 umfasst eine rechnerbasierte Auswerteeinheit 201, die an die hier nicht explizit gezeigten Sensormittel der Konturvariationsvorrichtung 10, an die Druckmessvorrichtung 40 und an ein weiteres Sensormittel 70 angeschlossen ist, welches vorliegend in der Nähe der Konturvariationsvorrichtung 10 angeordnet ist. Mit Hilfe des Sensormittels 70 und/oder der Sensormittel der Konturvariationsvorrichtung 10 können ein oder mehrere aerodynamische Parameter unmittelbar gemessen werden und von der Auswerteeinheit 201 ausgewertet werden. Alternativ oder zusätzlich können mittels des Sensormittels 70 und/oder der Sensormittel der Konturvariationsvorrichtung 10 geeignete Messgrößen erfasst werden, aus denen die Auswerteeinheit 201 einen oder mehrere aerodynamische Parameter (zum Beispiel einen Luftwiderstand) numerisch berechnen kann. Die Auswerteeinheit 201 weist Steuerungsmittel 202 zum Ansteuern des Verteilermittels 220 auf. Durch unterschiedliche Ventilschaltungen ist es möglich, in definierter Weise einzelne Fluidkammern 20 automatisch mit dem Fluid zu befüllen beziehungsweise zu entleeren, um dadurch die aerodynamisch wirksame Außenkontur 110 des Bauteilmodells 100 mittels der Konturvariationsvorrichtung 10 zu verändern. Dadurch, dass die Fluidkammern 20 in einem reversiblen Prozess mit dem Fluid befüllt beziehungsweise entleert werden können, kann die aerodynamisch wirksame Außenkontur 110 mittels der Konturvariationsvorrichtung 10 in besonders vorteilhafter Weise reproduzierbar verändert werden.
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Die Steuerungsvorrichtung 200 ist so ausgebildet, dass sie bei der Durchführung der Windkanalversuche nicht mehr manuell vom Bedienpersonal bedient werden muss. Vielmehr ist in den Steuerungsmitteln 202 ein Steuerungsalgorithmus implementiert, der so ausgeführt ist, dass innerhalb festgelegter Randbedingungen durch definiertes Befüllen und/oder Entleeren zumindest einiger der Fluidkammern 20 der Konturvariationsvorrichtung 10 automatisch nacheinander mehrere Varianten der Außenkontur 110 des Bauteilmodells 100 erzeugt werden können und in der Luftströmung des Windkanals untersucht werden können. Dabei handelt es sich um einen Ansatz aus der statistischen Versuchsplanung. Ziel dabei ist es, aus möglichst wenigen Einzelexperimenten einen Wirkzusammenhang zwischen der Gestaltung der Außenkontur 110 (insbesondere im Bereich der Außenhaut 50 der Konturvariationsvorrichtung 10) und zumindest einem aerodynamischen Parameter (zum Beispiel dem Luftwiderstand) als Zielgröße so genau wie möglich zu ermitteln. Die bei unterschiedlichen Varianten der Außenkontur 110 des Bauteilmodells 100 im Windkanalversuch ermittelten Messgrößen des aerodynamischen Parameters bilden dabei Stützstellen für einen Optimierungsprozess.
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In der Auswerteeinheit 201 ist ein Optimierungsalgorithmus zur Optimierung mindestens eines aerodynamischen Parameters durch Anpassung der Außenkontur 101 implementiert. Dieser Optimierungsalgorithmus wirkt mit dem Steuerungsalgorithmus der Steuerungsmittel 202 zusammen und kann zum Beispiel ein oder mehrere künstliche neuronale Netze umfassen. Mit Hilfe dieses Optimierungsalgorithmus ist es möglich, die Außenkontur 110 des Bauteilmodells 100 mittels der Konturvariationsvorrichtung 10 automatisiert zu optimieren. In diesem Optimierungsprozess werden die gemessenen Stützstellen verwendet, um in einem vorgegebenen Designraum ein Optimum einer Zielfunktion eines aerodynamischen Parameters, wie zum Beispiel ein Minimum des Luftwiderstands, zu ermitteln.
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Die Änderung der Form der Konturvariationsvorrichtung 10 kann in besonders vorteilhafter Weise unmittelbar im Windkanal erfolgen, ohne dass dabei die Luftströmung unterbrochen werden muss. Nach erfolgter Änderung der Form der Konturvariationsvorrichtung 10 wird eine Messung zur Bestimmung des mindestens einen zu optimierenden aerodynamischen Parameters durchgeführt. Die Ergebnisse der Messungen werden dann in den Optimierungsalgorithmus zur Berechnung der nächsten Formänderung der Konturvariationsvorrichtung 10 eingespeist. Dieser Prozess – also die Formänderung der Konturvariationsvorrichtung 10 und die anschließende Messung im Windkanal – wird so lange durchgeführt, bis die Zielfunktion des aerodynamischen Parameters im vorgegebenen Designraum ein mathematisches Optimum (je nach Art des zu optimierenden aerodynamischen Parameters ein Minimum oder ein Maximum) erreicht. Beispielsweise ist es somit möglich, durch den hier vorgeschlagenen Optimierungsprozess im zur Verfügung stehenden, durch die möglichen Formgestaltungen der Konturvariationsvorrichtung 10 definierten Designraum den Luftwiderstand zu minimieren.
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Der besondere Vorteil des hier beschriebenen Verfahrens und der zugehörigen Anordnung besteht darin, dass in relativ kurzer Zeit zahlreiche unterschiedliche Konfigurationen der Außenkontur 110 des Bauteilmodells 100 durch Änderungen der Form der Konturvariationsvorrichtung 10 experimentell untersucht werden können. Ferner ist der Personalaufwand sehr gering. Während der Messungen ist lediglich eine Überwachung des Windkanals erforderlich, um eine Einhaltung sicherheitsrelevanter Parameter zu ermöglichen. Der Optimierungsprozess kann zum Beispiel auch über Nacht durchgeführt werden. In vorteilhafter Weise kann der gesamte Designraum untersucht werden, um eine möglichst optimale Formgestaltung der Außenkontur 110 des Bauteilmodells 100 zu finden.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102005038205 A1 [0004]
- DE 102008022504 A1 [0005]