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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Kompensation von Hinderniseinflüssen bei einer Lenkvorrichtung, welche zumindest ein Rad eines Fahrzeugs lenkt und welche eine Lenkbetätigungsvorrichtung zum automatischen Lenken des Fahrzeugs aufweist. Die Erfindung betrifft des Weiteren eine Lenkungssteuervorrichtung, welche dazu konfiguriert ist, ein solches Verfahren auszuführen. Außerdem betrifft die Erfindung eine Lenkvorrichtung sowie ein computerlesbares Speichermedium.
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Lenkvorrichtungen können beispielsweise in Kraftfahrzeugen wie Personenkraftwagen (PKW) oder Lastkraftwagen (LKW) verwendet werden, um das Fahrzeug zu lenken. Typischerweise werden hierbei bei mehrspurigen Fahrzeugen zwei oder auch vier Räder gelenkt. Zum Beeinflussen der Lenkung dient typischerweise eine Lenkhandhabe in Form eines Lenkrads oder bei speziellen Fahrzeugen beispielsweise auch in Form eines Steuerhorns oder eines Joysticks.
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Um den Fahrer bei der Betätigung einer Lenkhandhabe zu unterstützen, ist häufig eine Lenkbetätigungsvorrichtung vorgesehen, welche beispielsweise hydraulisch oder elektrisch ausgebildet sein kann. Eine solche Lenkbetätigungsvorrichtung dient dazu, eine Kraft auf die Räder auszuüben, welche eine von einem Fahrer ausgeübte Kraft unterstützt. Derartige Systeme werden beispielsweise als Servolenkung bezeichnet. Die Lenkbetätigungsvorrichtung kann beispielsweise auch verwendet werden, um vollständig oder teilweises automatisiertes Fahren vorzusehen, beispielsweise im Rahmen eines Parkassistenten, eines Spurhalteassistenten oder eines Systems zum autonomen Fahren.
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Moderne Kraftfahrzeuge haben des Weiteren eine Vielzahl von elektronischen Systemen, welche in gewissen Fahrsituationen regelnd in den Fahrbetrieb eingreifen. Hierbei handelt es sich beispielsweise um Fahrstabilisierungssysteme wie eine elektronische Stabilitätskontrolle oder ein Antiblockiersystem. Derartige Systeme sind häufig dazu ausgebildet, regelnd auf einen Motor des Kraftfahrzeugs einzuwirken, um ein von diesem auf die Räder ausgeübtes Drehmoment zu verringern und gegebenenfalls auch selektiv Bremsen einzelner Räder anzuziehen oder zu lockern. Beispielsweise kann damit ein Blockieren oder Durchdrehen der Räder oder ein Abweichen des Fahrzeugs von einer gewünschten Fahrspur verhindert werden.
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Wenn ein gelenktes Rad auf ein seitliches Hindernis fährt, so können auf das gelenkte Rad instantan hohe Kräfte ausgeübt werden, welche zu einer Verstellung eines Lenkwinkels führen können. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn das gelenkte Rad seitlich einen Randstein berührt. Derartige ungewollte Lenkkräfte treten meistens mit einer besonders hohen Dynamik auf, was beispielsweise bedeuten kann, dass sie sich innerhalb eines sehr kurzen Zeitfensters aufbauen, und werden häufig vom Fahrer ruckartig kompensiert, wobei trotzdem insgesamt ein kurzzeitig unkontrolliertes und eventuell gefährliches Verhalten des Fahrzeugs auftreten kann. Die Lenkhandhabe kann dem Fahrer sogar aus der Hand gerissen werden. Des Weiteren kann es zu einem Eingreifen von Regelsystemen kommen, welche für derartige Situationen häufig nicht in geeigneter Weise ausgelegt sind und deren Reaktion auf eine solche Einwirkung eines seitlichen Hindernisses undefiniert und eventuell auch gefährlich sein kann.
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Sofern das Fahrzeug über einen Joystick oder über ein sonstiges indirektes System, auch als Drive-by-Wire bezeichnet, gelenkt wird, kann der Fahrer typischerweise nur sehr verzögert eingreifen, da eine sofortige Rückmeldung auf die Arme und die Massenträgheit seiner Arme als Gegenkraft fehlen.
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Es ist deshalb eine Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren zur Kompensation von Hinderniseinflüssen bei einer Lenkvorrichtung vorzusehen, welches eine bessere Reaktion auf ein Fahren eines gelenkten Rads gegen ein seitlich auf das Rad wirkendes bzw. ein seitliches Hindernis ermöglicht. Es sind des Weiteren Aufgaben der Erfindung, eine Lenkungssteuervorrichtung vorzusehen, welche dazu konfiguriert ist, ein solches Verfahren auszuführen, eine Lenkvorrichtung mit einer solchen Lenkungssteuervorrichtung vorzusehen, und außerdem ein nichtflüchtiges computerlesbares Speichermedium vorzusehen, welches Programmcode für ein erfindungsgemäßes Verfahren enthält.
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Dies wird erfindungsgemäß durch ein Verfahren nach Anspruch 1, eine Lenkungssteuervorrichtung nach Anspruch 12, eine Lenkvorrichtung nach Anspruch 13 und ein nichtflüchtiges computerlesbares Speichermedium nach Anspruch 15 gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen können beispielsweise den jeweiligen Unteransprüchen entnommen werden. Der Inhalt der Ansprüche wird durch ausdrückliche Inbezugnahme zum Inhalt der Beschreibung gemacht.
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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Kompensation von Hinderniseinflüssen bei einer Lenkvorrichtung, welche zumindest ein Rad eines Fahrzeugs lenkt, und welches eine Lenkbetätigungsvorrichtung zum automatischen Lenken des Rads aufweist. Das Verfahren weist folgende Schritte auf:
- – Erkennen, dass das gelenkte Rad gegen ein seitlich auf das Rad wirkendes bzw. ein seitliches Hindernis fährt, und ansprechend darauf
- – Ansteuern der Lenkbetätigungsvorrichtung derart, dass diese eine Lenkbewegung ausführt, welche einen Einfluss des Hindernisses auf die Lenkvorrichtung zumindest teilweise kompensiert.
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Mittels des erfindungsgemäßen Verfahrens können Einflüsse seitlicher Hindernisse auf gelenkte Räder schnell und zielgerichtet kompensiert werden. Es muss somit beispielsweise nicht gewartet werden, bis ein Fahrer manuell eingreift oder andere Regelsysteme eingreifen. Das Verfahren kann auch derart ausgeführt werden, dass die Lenkbetätigungsvorrichtung derart angesteuert wird, dass diese eine Lenkbewegung ausführt, welche den Einfluss des Hindernisses auf die Lenkvorrichtung vollständig kompensiert. Insbesondere im Hinblick auf zukünftige Fahrzeuge mit der Funktion des automatisierten Fahrens kann mittels der Erfindung ein guter Ausgleich seitlicher Störfaktoren auf eines der Räder des Fahrzeugs erzielt werden.
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Typischerweise ist die Lenkvorrichtung dazu ausgebildet, zwei Räder zu lenken. Bei typischen Kraftfahrzeugen handelt es sich hierbei um die beiden vordersten Räder. Die Lenkvorrichtung kann jedoch beispielsweise auch dazu ausgebildet sein, mehr als zwei Räder, beispielsweise vier Räder, zu lenken. Außerdem kann die Lenkvorrichtung auch dazu ausgebildet sein, lediglich ein Rad zu lenken, beispielsweise bei einem zweirädrigen oder dreirädrigen Fahrzeug.
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Unter einem automatischen Lenken wird insbesondere auch eine Lenkunterstützung, beispielsweise im Rahmen einer bekannten Servolenkung, verstanden.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführung wird beim Schritt des Ansteuerns die Lenkbetätigungsvorrichtung derart angesteuert, dass sie auf das gelenkte Rad eine Kraft ausübt, welche einer durch das Hindernis auf das gelenkte Rad ausgeübten Kraft entgegenwirkt. Dies ermöglicht eine vorteilhafte Kompensation des Einflusses eines seitlichen Hindernisses.
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Bevorzugt wird beim Schritt des Ansteuerns die Lenkbetätigungsvorrichtung derart angesteuert, dass sie das gelenkte Rad in einer Richtung auslenkt, welche entgegengesetzt ist zu einer Richtung, in welcher das Rad durch das Hindernis ausgelenkt wird. Auch dies ermöglicht in vorteilhafter Weise eine Kompensation des Einflusses eines seitlichen Hindernisses.
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Besonders bevorzugt erfolgt der Schritt des Ansteuerns vor einem Eingriff anderer Regelsysteme. Somit kann beispielsweise vor einem Eingreifen von Regelsystemen wie elektronischer Stabilitätskontrolle (ESC), Antiblockiersystem (ABS), Antriebsschlupfregelung (ASR) oder anderer Regelsysteme der Einfluss des seitlichen Hindernisses kompensiert werden, wobei das erfindungsgemäße Verfahren speziell auf die Kompensation solcher Einflüsse ausgelegt ist, was andere Regelsysteme typischerweise nicht sind.
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Der Schritt des Ansteuerns erfolgt dabei besonders bevorzugt so früh, dass die Lenkbetätigungsvorrichtung die Kraft auf das gelenkte Rad ausübt, bevor ein Eingriff anderer Regelsysteme erfolgt.
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Unter einem Eingriff kann beispielsweise jede Reaktion eines Regelsystems verstanden werden, insbesondere ein Beeinflussen von Bremsen, Motor, Getriebe, Lenkung oder anderen Bestandteilen eines Kraftfahrzeugs.
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Beispielsweise kann es sich bei einem anderen Regelsystem jedoch auch um ein Regelsystem handeln, welches für eine teilweise oder vollständige autonome Fahrzeugsteuerung gedacht ist, beispielsweise ein Motion Control, welcher Eingangsparameter für Aktoren wie Lenkung oder Bremse ermitteln und verarbeiten und/oder Aktoren ansteuern kann.
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Gemäß einer Ausführung werden beim Schritt des Erkennens Daten einer Lenkunterstützungseinheit ausgewertet. Bei einer solchen Lenkunterstützungseinheit kann es sich beispielsweise um Komponenten einer Servolenkung handeln. Bei den Daten der Lenkunterstützungseinheit kann es sich beispielsweise um Daten eines Lenkmomenten-Sensors, eines Lenkradwinkel-Sensors und/oder eines Motorwinkel-Sensors handeln. Ein Lenkmomenten-Sensor erfasst dabei typischerweise ein von einem Fahrer auf eine Lenkhandhabe wie beispielsweise ein Lenkrad oder ein Steuerhorn ausgeübtes Lenkmoment. Ein Lenkradwinkel-Sensor erfasst typischerweise einen Winkel der Lenkhandhabe. Ein Motorwinkel-Sensor erfasst typischerweise einen Winkel eines Motors wie beispielsweise eines Elektromotors, welcher als Lenkbetätigungsvorrichtung dienen kann. Mittels dieser Daten kann es beispielsweise schnell und zuverlässig erkannt werden, wenn das gelenkte Rad gegen ein seitliches Hindernis fährt. Beispielsweise kann mittels eines Lenkmomenten-Sensors eine Kraft erkannt werden, welche von einem seitlichen Hindernis auf ein gelenktes Rad ausgeübt wird.
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Das Erkennen eines Fahrens gegen ein seitliches Hindernis kann beispielsweise auch dadurch erfolgen, dass ein plötzliches Abbremsen eines Rads erkannt wird, und zwar insbesondere dann, wann das Abbremsen nicht auf einen bekannten Eingriff wie beispielsweise das Betätigen einer Bremse zurückgeht. Das Erkennen kann beispielsweise derart erfolgen, dass eine erste oder höhere Ableitung einer Raddrehzahl berechnet wird, und ein Fahren gegen ein seitliches Hindernis erkannt wird, wenn eine solche Ableitung einen bestimmten Wert überschreitet. Es kann des Weiteren eine Sicherheitsfunktion implementiert sein, welche das erkannte Fahren gegen ein seitliches Hindernis verwirft, wenn es dafür einen außerhalb eine seitlichen Hindernisses liegenden Grund gibt.
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Eine Berücksichtigung von Raddrehzahlen kann beispielsweise auch dazu verwendet werden, einen anderweitig erkannten Zustand, welcher darin besteht dass ein Rad gegen ein seitliches Hindernis gefahren ist, zu plausibilisieren. Beispielsweise können hierzu Drehzahlen aller Räder miteinander verglichen werden. Auch eine Gierrate kann hierfür ausgewertet werden. Sollte die Plausibilisierung scheitern, kann auf das Einleiten einer Kompensation verzichtet werden.
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Gemäß einer Ausführung werden beim Schritt des Erkennens Daten aus einem Bussystem ausgewertet. Das Bussystem kann beispielsweise Daten über ein Kabel, über Lichtleiter oder auch drahtlos liefern. Bei den Daten kann es sich beispielsweise um Daten von Raddrehzahlsensoren und/oder um eine Gierrate handeln. Derartige Daten können vorteilhaft verwendet werden, um zu erkennen und/oder zu plausibilisieren, wenn das gelenkte Rad gegen ein seitliches Hindernis fährt.
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Gemäß einer Ausführung werden beim Schritt des Erkennens Daten zumindest einer Kameraanordnung und/oder von Umgebungssensoren ausgewertet. Bei einer solchen Kameraanordnung kann es sich beispielsweise um eine typische CCD-Kamera handeln, welche in modernen Fahrzeugen für diverse Fahrassistenzsysteme wie beispielsweise eine Abstandsregelung oder einen Spurhalteassistenten verwendet wird. Es können dabei sowohl Kameras verwendet werden, welche Licht im sichtbaren Bereich detektieren, wie auch solche, welche Licht im nicht-sichtbaren Bereich, beispielsweise im Nahinfrarotbereich oder im Ferninfrarotbereich, detektieren. Bei Umgebungssensoren kann es sich beispielsweise um Ultraschallsensoren handeln, welche typischerweise in Stoßstangen verbaut sind, und welche beispielsweise auch für eine Einparkhilfe verwendet werden können. Es kann sich auch um Radargeräte, um Laser-Scanner im sichtbaren oder nicht-sichtbaren Bereich, oder um LiDAR-Geräte handeln. Dabei kann jeweils entweder ein solches Gerät verwendet werden oder es können mehrere solche Geräte verwendet werden. Mittels solcher Daten kann ebenfalls in vorteilhafter Weise erkannt werden, wenn das gelenkte Rad gegen ein seitliches Hindernis fährt. Insbesondere kann mittels Kameradaten oder Daten von Umgebungssensoren bereits vor einem tatsächlichen Kontakt zwischen dem gelenkten Rad und dem seitlichen Hindernis erkannt werden, dass ein solches Ereignis droht. Somit kann noch früher und gegebenenfalls noch rechtzeitig zum Verhindern des tatsächlichen Kontakts eingegriffen werden.
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Von verwendeten Daten kann eine Ableitung erster oder höherer Ordnung berechnet und verwendet werden. Diese können für weiterführende Erkennungs- und/oder Regelalgorithmen verwendet werden.
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Die Erfindung betrifft des Weiteren eine Lenkungssteuervorrichtung, welche dazu konfiguriert ist, ein erfindungsgemäßes Verfahren auszuführen. Eine solche Lenkungssteuervorrichtung kann beispielsweise auch weitere Aufgaben wie die grundsätzliche Steuerung einer Servolenkungsfunktion übernehmen. Sie kann auch in andere Steuersysteme oder sonstige Systeme eines Fahrzeugs integriert sein. Hinsichtlich des erfindungsgemäßen Verfahrens kann auf alle weiter oben beschriebenen Varianten und Ausführungen zurückgegriffen werden. Erläuterte Vorteile gelten entsprechend.
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Die Lenkungssteuervorrichtung kann beispielsweise in Form eines frei programmierbaren Computers, eines Mikrocontrollers, eines Mikroprozessors, eines Anwendungsspezifischen Integrierten Schaltkreises (ASIC) oder als eine andere Art von programmierbarer oder festverdrahteter Elektronik ausgeführt sein. Insbesondere kann sie Prozessormittel und Speichermittel aufweisen, wobei in den Speichermitteln Programmcode enthalten ist, bei dessen Ausführung die Prozessormittel dafür sorgen, dass sich die Lenkungssteuervorrichtung im Sinne eines entsprechenden Verfahrens verhält.
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Die Erfindung betrifft des Weiteren eine Lenkvorrichtung, welche Folgendes aufweist:
- – eine Anzahl lenkbarer Räder,
- – ein Lenkgestänge zum Lenken der lenkbaren Räder,
- – eine Lenkbetätigungsvorrichtung, welche auf das Lenkgestänge wirkt, sowie
- – eine erfindungsgemäße Lenkungssteuervorrichtung, wobei die Lenkungssteuervorrichtung dazu ausgebildet ist, die Lenkbetätigungsvorrichtung anzusteuern.
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Mittels der erfindungsgemäßen Lenkvorrichtung werden die weiter oben beschriebenen Vorteile eines erfindungsgemäßen Verfahrens für eine Lenkvorrichtung erreicht. Hinsichtlich der Lenkungssteuervorrichtung und insbesondere des darin implementierten Verfahrens kann auf alle weiter oben beschriebenen Ausführungen und Varianten zurückgegriffen werden. Erläuterte Vorteile gelten entsprechend.
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Es sei verstanden, dass das Lenkgestänge nicht zwingend zum gemeinsamen mechanischen Lenken mehrerer Räder ausgebildet sein muss. Vielmehr seien darunter auch Vorrichtungen verstanden, welche im Rahmen einer Einzelradlenkung die Lenkung des jeweiligen Rads bewirken.
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Bei der Lenkbetätigungsvorrichtung kann es sich insbesondere um einen Elektromotor, beispielsweise einen bürstenlosen Elektromotor, oder auch um eine hydraulische Anordnung handeln.
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Derartige elektrische oder hydraulische Anordnungen werden typischerweise im Rahmen einer Servolenkung verwendet.
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Die Lenkvorrichtung kann beispielsweise auch zur Interaktion mit weiteren Regelsystemen ausgebildet sein, beispielsweise kann die Lenkbetätigungsvorrichtung auch Befehle eines Systems zum autonomen Fahren entgegennehmen oder Daten an andere Fahrzeugkomponenten, beispielsweise über einen Lenkwinkel, liefern.
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Gemäß einer Ausführung weist die Lenkvorrichtung ferner eine Fahrsteuervorrichtung auf, welche dazu ausgebildet ist, weitere Regelsysteme auszuführen, welche zumindest teilweise auf die Lenkvorrichtung wirken. Die Lenkungssteuervorrichtung ist ferner dazu ausgebildet, den Schritt des Ansteuerns so früh auszuführen, dass die Lenkbetätigungsvorrichtung die Kraft auf das gelenkte Rad ausübt, bevor ein Eingriff der weiteren Regelsysteme auf die Lenkvorrichtung erfolgt.
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Es sei verstanden, dass die Fahrsteuervorrichtung auch identisch mit der Lenkungssteuervorrichtung ausgeführt sein kann. Dies ermöglicht besonders kurze Signalwege. Durch die eben beschriebene Ausführung wird insbesondere erreicht, dass weitere Regelsysteme im Fall eines Fahrens eines gelenkten Rads gegen ein seitliches Hindernis erst gar nicht eingreifen, sondern ein solches Ereignis gezielt mittels eines erfindungsgemäßen Verfahrens kompensiert wird.
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Die Erfindung betrifft des Weiteren ein nichtflüchtiges computerlesbares Speichermedium, welches Programmcode enthält, wobei ein Prozessor bei Ausführung des Programmcodes ein erfindungsgemäßes Verfahren ausführt. Dabei kann auf alle weiter oben beschriebenen Varianten und Ausführungen zurückgegriffen werden. Erläuterte Vorteile gelten entsprechend.
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Weitere Merkmale und Vorteile der Erfindung wird der Fachmann von dem nachfolgend mit Bezug auf die beigefügte Zeichnung beschriebenen Ausführungsbeispiel entnehmen. Dabei zeigt 1 ein Fahrzeug mit einer Lenkvorrichtung, welche dazu konfiguriert ist, ein erfindungsgemäßes Verfahren auszuführen.
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1 zeigt ein Fahrzeug 10. Dieses ist hier lediglich schematisch und lediglich mit einigen seiner typischerweise enthaltenen Komponenten gezeigt.
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Das Fahrzeug 10 weist ein linkes Vorderrad 20, ein rechtes Vorderrad 22, ein linkes Hinterrad 24 und ein rechtes Hinterrad 26 auf. Die beiden Vorderräder 20, 22 sind lenkbar. Die beiden Hinterräder 24, 26 sind hingegen vorliegend nicht lenkbar, sondern starr. Es sei jedoch verstanden, dass in einer alternativen, nicht dargestellten Ausführung auch die Hinterräder 24, 26 lenkbar sein können. Dies kann einer Allradlenkung entsprechen. Die Erfindung ist auch auf solche Ausführungen anwendbar, und zwar insbesondere auch zur Kompensation von Kräften, welche auf jedes der Räder 20, 22, 24, 26 wirken.
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Das Fahrzeug 10 weist ferner eine Lenkvorrichtung 100 auf. Die Lenkvorrichtung 100 weist ein Lenkgestänge 110 auf, mit welchem die beiden Vorderräder 20, 22 gelenkt werden können. Dies bedeutet insbesondere, dass deren Winkel relativ zu einer Längsachse des Fahrzeugs 10 verändert werden kann.
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Die Lenkvorrichtung 100 weist ferner eine Lenkhandhabe in Form eines Lenkrads 120 auf. Damit kann ein Fahrer des Fahrzeugs 10 das Lenkgestänge 110 betätigen und damit auch einen Lenkwinkel der beiden Vorderräder 20, 22 einstellen. Mit anderen Worten kann er damit das Fahrzeug 10 lenken.
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Mit dem Lenkgestänge 110 ist ferner eine Lenkbetätigungsvorrichtung in Form eines Elektromotors 130 verbunden. Der Elektromotor 130 ist dazu ausgebildet, zusätzlich zum Lenkrad 120 ein Drehmoment auf das Lenkgestänge 110 auszuüben und damit die beiden Vorderräder 20, 22 hinsichtlich ihres Lenkwinkels zu steuern. Meistens wird dabei ein auf das Lenkrad 120 ausgeübtes Drehmoment verstärkt. Es kann jedoch auch mittels des Elektromotors 130 eine autonome Lenkung, beispielsweise zum automatisierten Einparken, vorgesehen werden.
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Die Lenkvorrichtung 100 weist ferner eine Fahrsteuervorrichtung 140 auf, in welche eine Lenkungssteuervorrichtung integriert ist. Die Fahrsteuervorrichtung 140 ist insbesondere dazu ausgebildet, den Elektromotor 130 in bestimmter Weise anzusteuern. Sie ist beispielsweise auch dazu ausgebildet, mittels eines in 1 nicht dargestellten Lenkwinkel-Sensors einen Lenkwinkel des Lenkrads 120 zu ermitteln sowie mittels eines in 1 ebenfalls nicht dargestellten Lenkmomenten-Sensors ein von einem Fahrer auf das Lenkrad 120 ausgeübtes Lenkmoment zu ermitteln. Abhängig davon steuert die Fahrsteuervorrichtung 140 den Elektromotor 130 im normalen Betrieb des Fahrzeugs 10 derart an, dass er die vom Fahrer gewünschte Lenkbewegung unterstützt. Hierzu ist an dem Elektromotor 130 ein in 1 ebenfalls nicht dargestellter Motorwinkel-Sensor vorgesehen, mittels welchem die Fahrsteuervorrichtung 140 eine Rückmeldung bezüglich des aktuellen Winkels des Elektromotors 130 erhält. Bei den genannten Daten wie Lenkwinkel, Lenkmoment oder Motorwinkel handelt es sich um typische Daten einer Lenkunterstützungseinheit.
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Das Fahrzeug 10 weist ferner eine Kamera 30 auf. Diese nimmt einen Bereich vor dem Fahrzeug 10 in Fahrtrichtung gesehen auf. Die Kamera 30 ist über ein in 1 nicht dargestelltes Bussystem mit der Fahrsteuervorrichtung 140 verbunden. Da sie eine Umgebung des Fahrzeugs 10 aufnimmt, kann sie auch als Umgebungssensor bezeichnet werden.
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Die Fahrsteuervorrichtung 140 kann Bilder von der Kamera 30 erhalten und diese daraufhin auswerten, ob das Fahrzeug 10 gegen ein seitliches Hindernis fahren wird. Bei einem solchen seitlichen Hindernis kann es sich beispielsweise um einen Bordstein 5 handeln. Dieser ist in 1 schematisch dargestellt. Wenn das Fahrzeug 10 beispielsweise in der Situation von 1 geradeaus weiterfahren würde, so würde das rechte Vorderrad 22 gegen den Bordstein 5 fahren. Dies würde zu einer unkontrollierten Lenkbewegung der beiden Vorderräder 20, 22 führen. Mittels der Kamera 30 kann die Fahrsteuervorrichtung 140 dieses Ereignis bereits erkennen, bevor es auftritt, und im entscheidenden Moment den Elektromotor 130 derart ansteuern, dass eine beim Berühren des Bordsteins 5 auf das rechte Vorderrad 22 ausgeübte Kraft kompensiert wird. Dies erfolgt so zügig, dass die vom Bordstein 5 auf das rechte Vorderrad 22 ausgeübte Kraft kompensiert wird, bevor weitere Regelsysteme wie beispielsweise eine elektronische Stabilitätskontrolle, welche ebenfalls in der Fahrsteuervorrichtung 140 ausgeführt werden, eingreifen.
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Es sei verstanden, dass zur Verbesserung der Qualität der Fahrsteuerung die Fahrsteuervorrichtung 140 beispielsweise zusätzlich mit Raddrehzahlsensoren an den beiden Vorderrädern 20, 22 verbunden sein kann, welche in 1 nicht dargestellt sind. Die Drehzahl eines durch Reibung an einem seitlichen Hindernis wie einem Bordstein 5 abgebremsten Rads ist dabei typischerweise geringer als die Drehzahl anderer Räder. Dies kann zur Plausibilisierung verwendet werden.
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Durch die erfindungsgemäße Ausführung wird die Reaktion des Fahrzeugs 10 auf ein seitliches Hindernis wie einen Bordstein 5 deutlich verbessert und somit die Fahrsicherheit erheblich erhöht.
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Die zur Anmeldung gehörigen Ansprüche stellen keinen Verzicht auf die Erzielung weitergehenden Schutzes dar.
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Sofern sich im Laufe des Verfahrens herausstellt, dass ein Merkmal oder eine Gruppe von Merkmalen nicht zwingend nötig ist, so wird anmelderseitig bereits jetzt eine Formulierung zumindest eines unabhängigen Anspruchs angestrebt, welcher das Merkmal oder die Gruppe von Merkmalen nicht mehr aufweist. Hierbei kann es sich beispielsweise um eine Unterkombination eines am Anmeldetag vorliegenden Anspruchs oder um eine durch weitere Merkmale eingeschränkte Unterkombination eines am Anmeldetag vorliegenden Anspruchs handeln. Derartige neu zu formulierende Ansprüche oder Merkmalskombinationen sind als von der Offenbarung dieser Anmeldung mit abgedeckt zu verstehen.
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Es sei ferner darauf hingewiesen, dass Ausgestaltungen, Merkmale und Varianten der Erfindung, welche in den verschiedenen Ausführungen oder Ausführungsbeispielen beschriebenen und/oder in den Figuren gezeigt sind, beliebig untereinander kombinierbar sind. Einzelne oder mehrere Merkmale sind beliebig gegeneinander austauschbar. Hieraus entstehende Merkmalskombinationen sind als von der Offenbarung dieser Anmeldung mit abgedeckt zu verstehen.
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Rückbezüge in abhängigen Ansprüchen sind nicht als ein Verzicht auf die Erzielung eines selbständigen, gegenständlichen Schutzes für die Merkmale der rückbezogenen Unteransprüche zu verstehen. Diese Merkmale können auch beliebig mit anderen Merkmalen kombiniert werden.
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Merkmale, die lediglich in der Beschreibung offenbart sind oder Merkmale, welche in der Beschreibung oder in einem Anspruch nur in Verbindung mit anderen Merkmalen offenbart sind, können grundsätzlich von eigenständiger erfindungswesentlicher Bedeutung sein. Sie können deshalb auch einzeln zur Abgrenzung vom Stand der Technik in Ansprüche aufgenommen werden.