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Die Erfindung beschreibt ein Verfahren zur kombinierten Rückgewinnung der Nährstoffe Phosphor, Kalium und Stickstoff aus landwirtschaftlichen Reststoffen, insbesondere Gülle und Gärresten, sowie Prozessabwässern der Lebensmittelindustrie und anderen Medien die diese Nährstoffe enthalten. Es handelt sich dabei um einen kombinierten Prozess zur Fällung eines phosphor- und kaliumhaltigen Nährstoffsalzes, namentlich Kalium-Magnesium Phosphat (KMP), sowie eine Rückgewinnung von Ammonium in Form von Ammoniumsulfat.
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Stand der Technik
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Magnesium-Aluminium-Phosphat und elektrochemisches Ruckgewinnungsverfahren.
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Magnesium-Aluminium-Phosphat, kurz: MAP bzw. Struvit, ist ein Mehrkomponentendünger, der aus äquimolaren Mengen Magnesium, Ammonium und Phosphat besteht und der sich nach der folgenden Fällungsreaktionsgleichung bildet (Gleichung 1): Mg2+ + NH + / 4 + HPO 2– / 4 + 6H2O → MgNH4PO4·6H2O + H+
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Das Fraunhofer IGB hat einen Reaktor und ein Verfahren zur elektrochemischen MAP-Fällung entwickelt, das durch die Patente
DE 10 2010 050 691 B3 und
DE 10 2010 050 692 B3 geschützt ist. Dabei wird das für die Fällung benötigte Magnesium über eine Magnesiumopferanode bereitgestellt. Durch die Wasserspaltung an der Kathode aus einem Intermaterial (Edelstahl) entstehen OH-Ionen, die den pH-Wert erhöhen. Eine zusätzliche Chemikalienzugabe ist für die Fällung von MAP daher nicht nötig. Bisher gebaute Reaktoren bestehen aus einem Edelstahlrohr in dem konzentrisch eine Magnesiumstange angebracht ist. Reaktor und Anode werden elektrisch leitend verbunden, so dass ein Stromkreis entsteht. In den genannten Erfindungen werden phosphathaltige wässrige Medien erwähnt, darunter Filtratwasser der Schlammfaulung und Gülle, die für eine Rückgewinnung von MAP in Frage kommen.
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In den genannten Patenten wird auch das Struvit-Analog Kalium-Magnesium-Phosphat erwähnt, kurz: KMP oder K-Struvit. KMP ist ebenfalls ein Mehrkomponentendünger, der aus äquimolaren Mengen Kalium, Magnesium und Phosphat besteht. Die Kristallstruktur von KMP ist verwandt mit der von MAP und bildet sich nach folgender Reaktionsgleichung (Gleichung 2): K+ + Mg2+ + HPO 2– / 4 + xH2O → KMgPO4·xH2O + H+ mit x = 0,1 oder 6 Molekülen Kristallwasser.
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Es sind nur wenige Patente bekannt, die eine (Rück-)Gewinnung von Kalium aus Gülle, Abwasser oder Meerwasser beschreiben.
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Die
US 4477355 A beschreibt die Rückgewinnung von KMP und/oder MAP aus Abwasser, das Ionenkonzentrationen < 15 mmol/l für Kalium, Phosphat und weitere Nährstoffe aufweist. Das Abwasser wird über einen Kalium- und Ammonium-sensitiven Ionenaustauscher geführt, der ab einer bestimmten Beladung mit Ionen mit Kochsalzlösung gespült und somit regeneriert wird. Das beim Spülen anfallende Konzentrat wird mindestens mit einem Magnesium-Salz oder einem Phosphat-Salz versetzt und als Gemisch von Kalium-Struvit und Struvit ausgefällt. Über die erreichten Austauscherraten und Rückhaltequoten wird nichts gesagt; auch die Zusammensetzung des gefällten Produkts bleibt unklar.
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Gülle wird ebenfalls als Ausgangssubstrat erwähnt. Allerdings führt ein solches Ionenaustauscherverfahren mit nicht aufbereiteter Gülle zu einem hohen Reinigungsaufwand der Ionenaustauschersäule, da sich dort auch die organische Matrix der Gülle absetzen und die Aufkonzentrierung von Kalium und Ammonium somit reduziert wird.
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Die Herstellung eines Düngemittels aus Klärschlamm und Gülle wird in
US 3050383 A beschrieben. Beide Substrate werden vorher getrocknet. Das getrocknete Substrat wird mit Schwefelsäure, sowie mit Kalium und phosphorhaltigen Chemikalien versetzt. Die Mischung wird auf 120°C erhitzt und im Anschluss pelletiert. Neben dem hohen Einsatz von Energie und Chemikalien, liegt der größte Nachteil in der ungleichmäßigen Zusammensetzung des Produkts, so dass eine gezielte Vermarktung nicht möglich ist.
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Die
EP 0499261 A1 beschreibt die Produktion von Düngemitteln aus Gülle durch Zugabe von Salpetersäure und nach dem Ansäuern die Zugabe von Calciumhydroxid. Es werden überwiegend Calciumphosphate gefällt. Die genaue Zusammensetzung der Düngemittel wird nicht weiter beschrieben. Eine Fest-Flüssig-Trennung wird in der Erfindung nicht beschrieben, so dass das Produkt hohe Anteile von organischer Substanz aufweisen dürfte.
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Die
EP 0972577 A2 beschreibt dahingegen die Rückgewinnung von Phosphor, ohne dass weitere werthaltige Düngemittel produziert werden. Organische Schlämme werden in einem Verbrennungsprozess zu Asche umgesetzt. Diese wird mit einer Kohlenstoffquelle versetzt und in einer sauerstofffreien Atmosphäre wird daraus der Phosphor verdampft, vorzugsweise bei 1000–1250°C. Der phosphorhaltige Dampf wird dann in eine wässrige Lösung überführt und kondensiert dort. Nachteile dieses Verfahrens sind der hohe Energieaufwand und der Anfall der entstehenden Neben-Produkte über deren Verwendung nichts gesagt wird.
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Die
US 2659656 A beschreibt die Gewinnung eines Kaliumsalzes aus Meerwasser, wobei das Kalium in einem ersten Schritt an ein aromatisches Amin aus der Gruppe der Pentanitrodiphenylamine angelagert wird. Dieses wird dann als kaliumhaltiger Feststoff separiert und im Anschluss mit Säure gewaschen, wobei das Kalium wieder freigesetzt wird. Das Amin kann wieder zur Kaliumextraktion eingesetzt werden. Die Gewinnung des Kaliumsalzes aus der Lösung wird nicht näher beschrieben. Dieser Prozess ist sehr aufwendig.
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In der
US 3195978 A wird eine Methode beschrieben, die in einem ersten Schritt KMP aus Meerwasser fällt – ebenfalls durch Zugabe von phosphathaltigen Chemikalien. Durch Zugabe einer ammoniumhaltigen Chemikalie (Ammoniumcitrat, Ammoniumchlorid) wird KMP zu Gunsten von MAP gelöst, durch Erhitzen der Produkte auf 75°C werden MAP und sich durch Verdampfung bildende Kaliumsalze abgetrennt. Die Verdampfung benötigt hohe Mengen an Energie. Außerdem werden weitere Chemikalien benötigt, so dass diese Methode ebenfalls sehr aufwändig ist.
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Die Behandlung von ammoniumreichen Lösungen nach einer Struvit-Fällung wird auch in den Druckschriften
CN 101148306 A und
JP 2008207118 A beschrieben. Dabei wird das bei dem zur Struvit-Fällung benötigten pH-Wert Anstieg frei werdende Ammoniak in eine schwefelsaure Lösung eingeleitet und dort zu Ammoniumsulfsat umgesetzt.
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Allen diesen Verfahren ist gemeinsam, dass sie viel Energie und/oder Chemikalien sowie eine relativ komplexe Anlagentechnik benötigen.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein gegenüber dem Stand der Technik verbessertes Verfahren und eine verbesserte Anlage zur Gewinnung von KMP bereitzustellen, das die oben genannten Nachteile zumindest weitgehend vermeidet.
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Dabei basiert die beanspruchte Erfindung auf der Erkenntnis, dass zur Erzielung einer hohen KMP-Rückgewinnung, die folgenden Randbedingungen eingehalten werden sollten: Schweinegülle hat eine Phosphat-Konzentration von im Schnitt 100 mg/l, die auf bis zu etwa 1000 mg/l erhöht werden kann, wenn der pH-Wert mit Schwefelsäure auf Werte von 5 bis 6 abgesenkt wird. Dieser Sachverhalt gilt auch für Gülle von anderen Tieren in ähnlicher Weise, sowie die Reststoffe aus Biogasanlagen.
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Dadurch steigen auch die Konzentrationen von Calcium, Ammonium, Magnesium und einiger Schwermetalle (Cu, Zn, Fe) in dem Ausgangsmaterial an. Die Säure löst vorhandene Salzkristalle auf (Calciumphosphat), bzw. zerstört organische Bindungen, so dass organisch gebundener Phosphor freigesetzt wird.
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Ammonium in dem Ausgangsmaterial reduziert die Fällungswahrscheinlichkeit von KMP. Da Ammonium (NH4) mit Ammoniak (NH3) in einem Gleichgewicht steht, wandelt sich bei steigendem pH-Wert und steigender Temperatur Ammonium in Ammoniak um, das als Gas entweichen kann. Bei einem pH-Wert von 11 ist bei Raumtemperatur 94% des Ammoniums in Ammoniak umgewandelt.
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KMP lässt sich optimal bei pH-Werten zwischen 10,8 und 11,5 fällen, bei pH-Werten kleiner 10,5 bildet sich fast ausschließlich MAP, bzw. bei vorheriger Ammoniumentfernung Magnesiumphosphat. Bei pH-Werten größer 11,5 wird Magnesiumhydroxid dominant gebildet, wenn Ammonium vorab abgetrennt wurde.
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Die kathodische Reaktion zur pH-Wert Erhöhung reicht nicht aus, den pH-Wert des angesäuerten Ausgangsmaterials auf einen Wert von 11 zu bringen, ohne dabei große Mengen an überschüssigem Magnesium freizusetzen.
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Calcium bildet Hydroxylapatit über einen pH-Wertebereich von 6–12. Es muss aus der Ausgangsmaterial vor einer KMP-Fällung entfernt werden, da die Konzentration von Calcium größer ist als die Konzentration von Phosphat, so dass ohne die Entfernung von Calcium nur Hydroxylapatit gefällt wird, was unerwünscht ist.
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Aufbauend auf diesen Erkenntnissen und eigenen Versuchen wurde ein mehrstufiges Prozessschema entwickelt, das nachfolgend in den 1 bis 3 schematisch dargestellt und nachfolgend beschrieben wird.
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Ausgangsmaterial können sein: Gülle, zum Beispiel aus der Schweine- oder Rindermasthaltung, aber auch der Geflügelhaltung, sowie Prozessabwasser aus der Lebensmittelindustrie. Darüber hinaus jedweder Gärrest aus einer Biogasanlage.
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In einem ersten Schritt 1 wird das Ausgangsmaterial unter Rühren mit Säure versetzt, bis der gewünschte pH-Wert von 5 bis 6 erreicht ist. Der dabei möglicherweise entstehende Schaum wird durch die Rührbewegung gleich wieder zerstört. Durch die Ansäuerung werden die Konzentrationen aller Ionen in Lösung erhöht, vor allem von Phosphor, Stickstoff, Calcium und Magnesium.
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Anschließend wird eine Fest-Flüssig Trennung 3 durchgeführt, vorgenommen, wobei diese Fest-Flüssig Trennung 3 bei Bedarf in mehreren Schritten (nicht dargestellt) erfolgt bis ein möglichst feststofffreies Filtrat vorliegt. Je nach Trenngrad hat der anfallende Feststoff einen Trockenmassegehalt von 20%.
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Das auf diese Weise gewonnene Filtrat wird in einem weiteren Verfahrensschritt 5 mit Lauge auf einen pH-Wert von ca. 10 bis 12 gebracht, idealerweise auf einen Wert von 11. Nach erfolgter pH-Wert Einstellung wird die Lösung gerührt, bis sich das gewünschte Produkt KMP bildet. In Versuchen haben sich Rührdauern zwischen 30 und 60 Minuten als ausreichend erwiesen. Je nach Magnesiumkonzentration in der Lösung kann für die Fällung 17 benötigtes Magnesium entweder elektrochemisch oder chemisch zudosiert werden.
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Durch die pH-Wert Erhöhung im dritten Schritt 5 wird das NH3/NH4 Gleichgewicht der Lösung auf die Seite des Ammoniaks gebracht, das als Gas entweichen kann. Mittels einer hydrophoben, gaspermeablen PTFE Membran mit Mikroporen, durch die Schwefelsäure geleitet wird, wird das Ammoniak in Ammoniumsulfat umgewandelt. Dieser Vorgang ist durch den Pfeil ”Säure” in der 1 angedeutet. Die eingesetzte Membran ist nicht gassensitiv. Die Absorption des Ammoniaks erfolgt physikalisch und durch die chemische Reaktion mit der Schwefelsäure.
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Die anschließende Trennung des gebildeten Ammoniumsulfats von der nicht umgesetzten Schwefelsäure erfolgt in einem separaten Reaktor, der in 1 durch einen Block 7 angedeutet ist.
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Nach einer weiteren Fest-Flüssig Trennung 9 liegt das KMP als festes Mischprodukt mit organischer Substanz und eventuell auftretenden Nebenprodukten vor. Dieses (Misch-)Produkt wird getrocknet. Die möglichen Nebenprodukte sind konzentrationsbedingt Calciumphasphate, darunter Hydroxylapatit, sowie Struvit (MAP).
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Eine weitere Möglichkeit das im dritten Schritt 5 entstehende stickstoffhaltige Gas zurückzugewinnen besteht darin, es durch einen Säurewäscher zu leiten und dort mit der Schwefelsäure zu Ammoniumsulfat reagieren zu lassen.
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Eine weitere mögliche Ausführung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist in der 2 dargestellt. Gleiche Bauteile und Verfahrensschritte haben die gleichen Bezugszeichen und es gilt das bezüglich 1 gesagte entsprechend.
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Das Ausgangsmaterial wird im Schritt 1 unter Rühren mit Säure versetzt, bis der gewünschte pH-Wert von 5 bis 6 erreicht ist. Es folgt eine optionale Fest-Flüssig Trennung 11 – gegebenenfalls über mehrere Module – bis ein möglichst feststofffreies Filtrat erhalten wird.
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Zu dem Filtrat wird Zitronensäure-Monohydrat (Feststoff) unter Rühren zugegeben (siehe das Bezugszeichen 13). Zitronensäure bindet zweiwertige Kationen zu Citratkamplexen. Calcium wird so als Calciumcitrat gebunden und steht damit nicht mehr für eine Hydroxylapatit-Fällung zur Verfügung. Die Menge der zugegebenen Zitronensäure orientiert sich an der Summe der kamplexierbaren Ionen, wie Calcium, Magnesium, Eisen, Aluminium etc., und wird in einem Überschuss zugegeben. Ein Überschuß von 1,2 bis 5-fach hat sich als geeignet erwiesen.
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Der pH-Wert in der Lösung sollte bei einem Wert von 6 liegen, da Calciumcitrat dort die geringste Löslichkeit aufweist. Die Löslichkeit der Citrate nimmt mit steigender Temperatur ab. Daher könnte eine Erwärmung der Lösung vorteilhaft sein.
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Es ist dabei unerheblich ab die Lösung vor oder nach der Zugabe der Kamplexierungsmittel erwärmt wird.
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Es bildet sich ein Niederschlag, der in einer weiteren Fest-Flüssig-Trennung 15 zum Beispiel mittels Zentrifuge oder Dekanter entfernt wird. Der Wasseranteil dieses Niederschlags liegt bei über 95%.
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Eine Alternative zur Zugabe von Zitronensäure ist der Einsatz eines Ionenaustauschers, der selektiv Calcium entfernt oder statt Zitronensäure der Einsatz von tri-Natriumcitrat.
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Eine weitere Alternative ist in 3 schematisch dargestellt. Sie sieht vor, anstatt nach dem Schritt 1 einen Feststoff abzutrennen, die Zitronensäure bzw. das Natriumcitrat direkt nach der Ansäuerung 1 zuzuführen. Eine anschließende Fest-Flüssig-Trennung 15 trennt die organischen Anteile und das u. U. gebildete Citrat ab. Diese Alternative ist sehr energieeffizient. Der hierbei gewonnene Feststoff kann bei geringer Schwermetallkanzentration als Bodenverbesserer verwendet werden.
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Das Filtrat aus der Fest-Flüssig-Trennung 15 wird mit Lauge auf einen pH-Wert von 11 gebracht. Je nach Magnesiumkonzentration in der Lösung kann entweder elektrochemisch oder chemisch für die Fällung 17 benötigtes Magnesium zudosiert werden.
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Nach erfolgter pH-Wert Einstellung wird die Lösung wie bei dem ersten Ausführungsbeispiel gerührt, bis sich das Produkt KMP bildet, das nach erneuter Fest-Flüssig Trennung 9 als festes Mischprodukt mit organischer Substanz und möglichen Nebenprodukten vorliegt. Das Produkt bestehend aus KMP und geringen Anteilen MAP, sowie möglicherweise enthaltenen Calciumphosphaten wird getrocknet.
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Durch die pH-Wert Erhöhung wird das NH3/NH4-Gleichgewicht auf die Seite des Ammoniaks gebracht, das als Gas entweichen kann. Mittels einer hydrophoben, gaspermeablen PTFE Membran mit Mikroporen durch die Schwefelsäure geleitet wird, wird das Ammoniak in Ammoniumsulfat umgewandelt. Die Trennung von der Schwefelsäure erfolgt in einem separaten Reaktor. Die eingesetzte Membran ist nicht gassensitiv, die Absorption des Ammoniaks erfolgt physikalisch und durch die chemische Reaktion mit der Schwefelsäure.
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Eine weitere Möglichkeit den gasförmigen Stickstoff zurückzugewinnen besteht darin, es durch einen Säurewäscher zu leiten, und dort mit der Schwefelsäure zu Ammoniumsulfat reagieren zu lassen.