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Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung und ein entsprechendes Verfahren zur Steuerung der Verzögerung eines Fahrzeugs mit einem Automatikgetriebe.
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Fahrzeuge (z. B. einspurige oder zweispurige Fahrzeuge, wie etwa Personenkraftwagen, Lastkraftwagen oder Motorräder) können Automatikgetriebe umfassen, um eine Kopplung zwischen Motor und Antriebsachse des Fahrzeugs herzustellen oder zu unterbrechen. Zur Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs können Automatikgetriebe eine sogenannte Standabkoppelungsfunktion (in Englisch „Neutral Idle Control”) umfassen, bei der, beim Bremsen des Fahrzeugs, der Motor automatisch entkoppelt wird, sobald das Fahrzeug einen vordefinierten Geschwindigkeitsschwellwert erreicht und/oder unterschritten hat. Der vordefinierte Geschwindigkeitsschwellwert kann beispielsweise bei 10, 11, oder 12 km/h liegen. Es sind auch höhere Geschwindigkeitsschwellwerte denkbar. Der Geschwindigkeitsschwellwert kann von dem Automatikgetriebe abhängen. Insbesondere kann der Geschwindigkeitsschwellwert von einer Abstimmung des Automatikgetriebes abhängen.
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Durch den Einstieg bzw. durch die Aktivierung der Standabkopplungsfunktion ändert sich das Schleppmoment im Antriebsstrang, da der Motor des Fahrzeugs von dem Antriebsstrang entkoppelt wird, und daher nicht mehr einen Antrieb des Fahrzeugs bewirkt, der gegen die Bremsung des Fahrzeugs wirkt. Dadurch kommt es beim Abbremsen des Fahrzeugs durch die Aktivierung der Standabkopplung zu einer erhöhten Verzögerung des Fahrzeugs. Eine derart erhöhte Verzögerung des Fahrzeugs kann von einem Insassen des Fahrzeugs als unangenehm empfunden werden, was den Komfort des Fahrzeugs reduziert.
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Das vorliegende Dokument befasst sich mit der Aufgabe, das Verzögerungsverhalten eines Fahrzeugs im Zusammenspiel mit einem Automatikgetriebe des Fahrzeugs, insbesondere im Zusammenspiel mit einer Standabkopplungsfunktion des Automatikgetriebes, zu verbessern, und dadurch den Komfort des Fahrzeugs zu erhöhen.
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Die Aufgabe wird durch die unabhängigen Ansprüche gelöst. Vorteilhafte Ausführungsformen werden u. a. in den abhängigen Ansprüchen beschrieben.
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Gemäß einem Aspekt wird eine Steuereinheit für ein Fahrzeug beschrieben. Das Fahrzeug umfasst ein Automatikgetriebe, welches eingerichtet ist, einen Verbrennungsmotor des Fahrzeugs mit einer Antriebsachse des Fahrzeugs zu koppeln und/oder von der Antriebsachse zu entkoppeln. Durch die Entkopplung des Verbrennungsmotors von der Antriebsachse kann eine Verringerung des Verlustmoments (um das sogenannte Getriebeverlustmoment) bewirkt werden. Dadurch kann die Verlustleistung des Verbrennungsmotors reduziert werden. Das Automatikgetriebe kann insbesondere eine Standabkopplungsfunktion umfassen, bei der, bei Vorliegen von bestimmten Bedingungen, der Verbrennungsmotor von der Antriebsachse entkoppelt wird, und dadurch das Verlustmoment des Verbrennungsmotors reduziert wird. Das Automatikgetriebe kann beispielsweise eingerichtet sein, die Standabkopplung zu aktivieren, wenn ein oder mehrere der folgenden Bedingungen vorliegen: ein Bremspedal des Fahrzeugs wird betätigt (um das Fahrzeug zu verzögern) und/oder eine Geschwindigkeit des Fahrzeugs liegt bei oder unterhalb von einem Geschwindigkeits-Schwellwert (z. B. 10, 11 oder 12 km/h).
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Die Steuereinheit ist eingerichtet, einen Status der Standabkopplung des Automatikgetriebes zu ermitteln. Die Status der Standabkopplung können beispielsweise umfassen: die Standabkopplung ist inaktiv; es erfolgt der Einstieg in die Standabkopplung; die Standabkopplung ist aktiv; und/oder es erfolgt der Ausstieg aus der Standabkopplung. Die Steuereinheit kann den Status der Standabkopplung von einem Getriebesteuergerät und/oder von einem Motorsteuergerät beziehen.
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Die Steuereinheit ist eingerichtet, in Abhängigkeit von dem ermittelten Status der Standabkopplung, ein Bremsmoment des Fahrzeugs zu veranlassen. Das Bremsmoment kann durch ein oder mehrere Reibbremsen und/oder durch eine Elektromaschine bewirkt werden. Mit anderen Worten, ein auf das Fahrzeug wirkendes Bremsmoment kann in Abhängigkeit von dem Status der Standabkopplung bestimmt und bewirkt werden. Beispielsweise kann die Steuereinheit eingerichtet sein, das Bremsmoment in Abhängigkeit von einer, durch die Standabkopplung verursachten, Veränderung des Schleppmoments in dem Antriebsstrang des Fahrzeugs zu verändern. Insbesondere kann eine Verringerung des Schleppmoments im Antriebsstrang des Fahrzeugs durch eine Verringerung des Bremsmoments ausgeglichen werden.
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Durch die Anpassung des bewirkten Bremsmoments in Abhängigkeit von dem Status der Standabkopplung kann bewirkt werden, dass das Fahrzeug auch bei Aktivierung der Standabkopplung eine kontinuierliche und stetige Verzögerung aufweist. Insbesondere kann das Bremsmoment des Fahrzeugs derart bestimmt werden, dass eine Verzögerungsdifferenz einer ersten Verzögerung des Fahrzeugs vor Aktivierung der Standabkopplung und einer zweiten Verzögerung des Fahrzeugs nach Aktivierung der Standabkopplung gleich wie oder kleiner als ein vordefinierter Differenz-Schwellwert ist (wobei der Differenz-Schwellwert bevorzugt einen Wert von Null aufweist). So kann erreicht werden, dass die Aktivierung der Standabkopplung für die Insassen des Fahrzeugs unbemerkt bleiben. Folglich kann der Komfort für die Insassen erhöht werden, da es nicht zu einer merklichen Erhöhung der Verzögerung des Fahrzeugs kommt.
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Die Steuereinheit kann eingerichtet sein, ein Getriebeverlustmoment zu ermitteln, um das das Schleppmoment des Fahrzeugs aufgrund der Aktivierung der Standabkopplung reduziert wird. Insbesondere kann der Wert des Getriebeverlustmoments ermittelt werden. Dazu kann die Steuereinheit ggf. auf eine Speichereinheit zugreifen, auf der der Wert des Getriebeverlustmoments gespeichert ist. Desweiteren kann die Steuereinheit eingerichtet sein, das Bremsmoment um mindestens einen Teil des Getriebeverlustmoments (oder um den gesamten Wert des Getriebeverlustmoments) zu reduzieren, wenn der ermittelte Status anzeigt, dass die Standabkopplung aktiv ist. So kann sichergestellt werden, dass auch bei aktiver Standabkopplung eine (nahezu) unveränderte Verzögerung des Fahrzeugs erfolgt.
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Die Steuereinheit kann eingerichtet sein, einen Gradienten zu ermitteln, mit dem ein Schleppmoment des Fahrzeugs bei Einstieg in die Standabkopplung reduziert wird. Dazu kann die Steuereinheit ggf. auf eine Speichereinheit zugreifen, auf der der Wert des Gradienten gespeichert ist. Desweiteren kann die Speichereinheit eingerichtet sein, das Bremsmoment in Abhängigkeit von dem ermittelten Gradienten zu reduzieren, wenn der ermittelte Status anzeigt, dass ein Einstieg in die Standabkopplung erfolgt. Insbesondere kann das Bremsmoment mit dem ermittelten Gradienten reduziert werden. So kann sichergestellt werden, dass auch in der Übergangsphase zwischen dem Status „Standabkopplung inaktiv” und „Standabkopplung aktiv” die Verzögerung des Fahrzeugs (nahezu) unverändert bleibt.
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Die Steuereinheit kann eingerichtet sein, eine Veränderung des Bremsmoments des Fahrzeugs unabhängig von einer Betätigung eines Bremspedals des Fahrzeugs zu veranlassen. Mit anderen Worten, die Anpassung des Bremsmoments bei Aktivierung der Standabkopplung erfolgt typischerweise ohne dass ein Fahrer des Fahrzeugs das Bremspedal des Fahrzeugs betätigen muss oder betätigt. Mit anderen Worten, die Anpassung des Bremsmoments bei Aktivierung der Standabkopplung erfolgt typischerweise automatisch. Eine Veränderung des Bremsmoments des Fahrzeugs kann durch eine Veränderung eines Bremsdrucks von ein oder mehreren Reibbremsen des Fahrzeugs und/oder durch eine Veränderung eines Rekuperationsmoments einer Elektromaschine des Fahrzeugs (insbesondere bei einem Hybridfahrzeug) bewirkt werden.
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Gemäß einem weiteren Aspekt wird ein Verfahren zur Steuerung einer Verzögerung eines Fahrzeugs beschrieben. Das Fahrzeug umfasst ein Automatikgetriebe, welches eingerichtet ist, einen Verbrennungsmotor des Fahrzeugs mit einer Antriebsachse des Fahrzeugs zu koppeln oder von der Antriebsachse zu entkoppeln. Das Verfahren umfasst das Ermitteln eines Status einer Standabkopplung des Automatikgetriebes. Desweiteren umfasst das Verfahren das Veranlassen eines Bremsmoments des Fahrzeugs, wobei Wert des Bremsmoments von dem ermittelten Status der Standabkopplung abhängt.
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Gemäß einem weiteren Aspekt wird ein Fahrzeug beschrieben, dass die in diesem Dokument beschriebene Steuereinheit umfasst.
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Gemäß einem weiteren Aspekt wird ein Software (SW) Programm (z. B. für ein Steuergerät eines Fahrzeugs) beschrieben. Das SW Programm kann eingerichtet werden, um auf einem Prozessor ausgeführt zu werden, und um dadurch das in diesem Dokument beschriebene Verfahren auszuführen.
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Gemäß einem weiteren Aspekt wird ein Speichermedium beschrieben. Das Speichermedium kann ein SW Programm umfassen, welches eingerichtet ist, um auf einem Prozessor ausgeführt zu werden, und um dadurch das in diesem Dokument beschriebene Verfahren auszuführen.
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Es ist zu beachten, dass die in diesem Dokument beschriebenen Verfahren, Vorrichtungen und Systeme sowohl alleine, als auch in Kombination mit anderen in diesem Dokument beschriebenen Verfahren, Vorrichtungen und Systemen verwendet werden können. Desweiteren können jegliche Aspekte der in diesem Dokument beschriebenen Verfahren, Vorrichtung und Systemen in vielfältiger Weise miteinander kombiniert werden. Insbesondere können die Merkmale der Ansprüche in vielfältiger Weise miteinander kombiniert werden.
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Im Weiteren wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen näher beschrieben. Dabei zeigt
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1 ein Blockdiagram eines beispielhaften Fahrzeugs; und
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2 ein Blockdiagram eines beispielhaften Bremssystems für ein Fahrzeug.
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Wie eingangs dargelegt, befasst sich das vorliegende Dokument mit der Verzögerung von Fahrzeugen mit Automatikgetrieben. 1 zeigt ein Blockdiagram eines beispielhaften Fahrzeugs 100 (z. B. eines Personenkraftwagens, eines Lastkraftwagens oder eines Motorrads). Das Fahrzeug 100 umfasst eine Fahrerposition 106, die von einem Fahrer des Fahrzeugs 100 eingenommen werden kann, um das Fahrzeug 100 zu steuern. Von der Fahrerposition 106 aus kann beispielsweise ein Bremspedal 103 und/oder ein Gaspedal (nicht eingezeichnet) betätigt werden, um das Fahrzeug 100 zu verzögern respektive zu beschleunigen. Die Betätigung des Bremspedals 103 führt typischerweise zu einer Betätigung von Radbremsen (auch als Reibbremsen bezeichnet) 110, die eine Reibung an den Rädern 109 des Fahrzeugs 100 verursachen, und dadurch eine Verzögerung des Fahrzeugs 100 bewirken.
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Desweiteren umfasst das Fahrzeug 100 typischerweise einen Verbrennungsmotor 102, der über ein Getriebe 101 eine Radachse 107 des Fahrzeugs 100 und damit die Räder 109 des Fahrzeugs 100 antreiben kann. Im umgekehrten Fall kann der Verbrennungsmotor 102 über das Getriebe 101 durch die Radachse 107 des Fahrzeugs 100 angetrieben werden (insbesondere wenn das Gaspedal des Fahrzeugs 100 nicht betätigt wird, und weiterhin ein Gang eingelegt ist). Der Verbrennungsmotor 102 erzeugt dann ein Schleppmoment, durch das das Fahrzeug 100 verzögert wird. Das von dem Verbrennungsmotor 102 verursachte Schleppmoment kann von dem Fahrer über einen Gangwahlhebel 104 des Fahrzeugs 100 eingestellt werden. Insbesondere kann über den Gangwahlhebel 104 ggf. ein Übersetzungsverhältnis des Getriebes 101 und damit ein Größe des Schleppmoments des Verbrennungsmotors 102 verändert werden.
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Bei dem Getriebe 101 kann es sich um ein Automatikgetriebe handeln, z. B. um ein Automatisches Schaltgetriebe (ASG) oder um ein Doppelkupplungsgetriebe (DKG, bzw. DSG, Doppelschaltgetriebe). Das Getriebe 101 kann eine Standabkopplungsfunktion umfassen. Im Rahmen der Standabkopplungsfunktion kann das Getriebe 101 in den Leerlauf geschaltet werden, wenn die Geschwindigkeit des Fahrzeugs 100 einen vordefinierten Geschwindigkeits-Schwellwert erreicht oder unterschreitet und wenn das Bremspedal 103 des Fahrzeugs 100, und damit ggf. auch die Reibbremsen 110 des Fahrzeugs 100, betätigt werden. Durch die Standabkopplung können die Schleppverluste eines Wandlers des Getriebes 101 vermieden werden. Insbesondere kann vermieden werden, dass der Verbrennungsmotor 102 den Wandler des Getriebes 101 antreibt, und dadurch unnötig Energie verbraucht wird.
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Der Einstieg in die Standabkopplung ändert somit das Schleppmoment im Antriebsstrang. Dadurch kann es beim Abbremsen des Fahrzeugs 100 zu einer, für die Insassen des Fahrzeugs 100 unerwarteten und spürbareren, erhöhten Verzögerung des Fahrzeugs 100 kommen, wenn das anliegende Bremsmoment des Fahrzeugs 100 unverändert bleibt. Im vorliegenden Dokument wird daher vorgeschlagen, das von den Reibbremsen 110 aufgebrachte Bremsmoment in Abhängigkeit von dem Zustand des Getriebes 101 zu steuern. Insbesondere wird vorgeschlagen, das von den Reibbremsen 110 aufgebrachte Bremsmoment in Abhängigkeit von dem Status der Standabkopplung des Getriebes 101 einzustellen. Dadurch kann erreicht werden, dass bei Aktivierung der Standabkopplung, automatisch das von den Reibbremsen 110 aufgebrachte Bremsmoment reduziert wird, so dass die Verzögerung des Fahrzeugs 100 unverändert bleibt. Somit bleibt die Aktivierung der Standabkopplung für die Insassen des Fahrzeugs 100 unbemerkt.
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2 zeigt ein Blockdiagram eines beispielhaften Bremssystems 200 für ein Fahrzeug 100 (z. B. für ein einspuriges Kraftfahrzeug wie ein Motorrad oder für ein zweispuriges Kraftfahrzeug wie ein Automobil). Das Bremssystem 200 umfasst das Bremspedal 103 mit dem ein Fahrer des Fahrzeugs 100 die Radbremsen 110 des Fahrzeugs 100 betätigen kann. In 2 sind beispielhaft vier Radbremsen 110 für vier Räder des Fahrzeugs 100 dargestellt. Über das Bremspedal 103 wird ein Hilfskolben 202 bewegt. Die Auslenkung des Bremspedals 103 und/oder die Kraft mit der das Bremspedal 103 betätigt wird, kann über einen Pedalkraftsimulator 206 erfasst werden. Der Hilfskolben 202 ist von dem Plunger 204 und dem Hauptbremszylinder 211 über einen Spalt 203 getrennt, so dass im Normalbetrieb der Plunger 204 nicht direkt durch das Bremspedal 103 betätigt wird, sondern anhand eines Plunger-Motors 205 bewegt wird. Andererseits ist der Spalt 203 derart ausgelegt, dass im Not-Betrieb (z. B. bei Stromausfall oder Defekt des Plunger-Motors 205) das Bremspedal 103 direkt über den Hilfskolben 202 den Plunger 204 bewegen kann. Im Normalbetrieb wird der Pedalkraftsimulator 206 auch dazu verwendet, eine geeignete Gegenkraft für das Bremspedal 103 aufzubauen, um dem Fahrer ein typisches Bremspedal-Gefühl zu vermitteln.
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Der Plunger-Motor 205 kann auf Basis der von dem Pedalkraftsimulator 206 erfassten Informationen (z. B. Auslenkung des Bremspedals 103 und/oder die Kraft mit der das Bremspedal 103 betätigt wird) gesteuert werden. Bei dem Plunger-Motor 205 kann es sich z. B. um einen Elektromotor mit Spindelantrieb und/oder um einen bürstenlosen Elektromotor handeln. Über den Plunger 204 werden Kolben 209, 210 im Hauptbremszylinder 211 bewegt. In dem dargestellten Beispiel handelt es sich um einen Tandem-Hauptbremszylinder (THZ) 211 mit einem Druckstangenkolben 209 (der mit dem Plunger 204 gekoppelt ist) und einem Schwimmkolben 210.
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Durch die Entkopplung von Plunger 204 und Bremspedal 103 wird es ermöglicht, dass die einzelnen Radbremsen 110 des Fahrzeugs 100 separat (insbesondere sequentiell) durch den Plunger 204 und den Hauptbremszylinder 211 angesteuert werden können. Die verschiedenen Radbremsen 110 sind jeweils einem Radbremsventil 213 zugeordnet (z. B. einem 2/2-Wege-Radbremsventil). Die Radbremsventile 213 können derart angesteuert werden, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Radbremsventil 113 geöffnet ist, während alle anderen Radbremsventile 213 geschlossen sind. In diesem Zeitraum kann dann über den Hauptbremszylinder 211 anhand einer geeigneten Verschiebung des Plungers 204 der Druck für die dem geöffneten Radbremsventil 213 zugeordnete Radbremse 110 eingestellt werden. Insbesondere kann Bremsflüssigkeit aus dem Reservoir 208 in eine Radbremse 110 gepumpt werden, um einem Bremsdruck aufzubauen.
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Durch Öffnen eines jeweils anderen Radbremsventils 213 können so nacheinander die Drücke für die verschiedenen Radbremsen 110 des Fahrzeugs eingestellt werden. Die sequentielle Einstellung der Drücke in den verschiedenen Radbremsen 110 kann als Multiplex-Betrieb bezeichnet werden. Der Multiplex-Betrieb ermöglicht eine effiziente Bereitstellung von intelligenten Bremsfunktionen wie ABS (Antiblockiersystem), ASR (Antriebsschlupfregelung), ASC (Automatic Stability Control), und/oder ESP (Elektronisches Stabilitätsprogramm).
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Das in 2 dargestellte Bremssystem 200 ermöglicht es somit, das von den einzelnen Rad- oder Reibbremsen 110 erbrachte Bremsmoment unabhängig von der Auslenkung des Bremspedals 103 zu verändern. Insbesondere kann beispielsweise das Bremsmoment reduziert werden, wenn erkannt wird, dass eine Standabkopplung des Getriebes 101 aktiviert wurde. Die Auslenkung des Bremspedals 103 kann dabei unverändert bleiben.
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Das Fahrzeug 100 kann eine Steuereinheit 105 umfassen, die eingerichtet ist, einen Status des Getriebes 101 zu erfassen. Insbesondere kann ein Status der Standabkoppelung erfasst werden. Mögliche Status der Standabkopplung können sein: eine inaktive Standabkopplung; der Einstieg in die Standabkopplung, bei dem das Schleppmoment mit einem bestimmten Gradienten reduziert wird (z. B. über einem Zeitraum von ca. 300 ms); die Standabkopplung ist aktiv, so dass das Schleppmoment konstant um das Schleppmoment des Wandlers des Getriebes 101 reduziert ist; und/oder der Ausstieg aus der Standabkopplung, bei dem das Schleppmoment mit einem bestimmten Gradienten über einem bestimmten Zeitraum erhöht wird. Der Status der Standabkopplung kann von einem Steuergerät des Getriebes 101 und/oder von einem Steuergerät für ein Elektronisches Stabilitätsprogramm des Fahrzeugs 100 bezogen werden.
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Darüber hinaus kann die Steuereinheit Informationen über das Getriebeverlustmoment ermitteln. Das Getriebeverlustmoment kann das Drehmoment umfassen, welches von dem Automatikgetriebe 101 (z. B. durch den Wandler, durch eine Getriebeölpumpe, etc.) aufgenommen wird, bevor die Standabkopplung aktiviert wird. Das Getriebeverlustmoment kann anzeigen, um welchen Wert das Schleppmoment des Antriebsstrangs durch Aktivierung der Standabkopplung reduziert wird. Die Information bzgl. des Getriebeverlustmoments kann ggf. im Vorfeld ermittelt und auf einer Speichereinheit des Fahrzeugs 100 gespeichert werden. Die Steuereinheit 105 kann dann die Information bzgl. des Getriebeverlustmoments, welches durch die Aktivierung der Standabkopplung wegfällt, von der Speichereinheit beziehen.
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Der Status des Getriebes 101 (bzw. der Status der Standabkopplung) und/oder die Information bzgl. des Getriebeverlustmoments können als Eingangsdaten 121 von der Steuereinheit 105 ermittelt werden. Die Steuereinheit 105 kann eingerichtet sein, anhand der Eingangsdaten 121 Steuerdaten 122 für das Bremssystem 200, insbesondere Steuerdaten 122 für den Plunger-Motor 205 des Bremssystems 200, zu ermitteln. Insbesondere kann die Steuereinheit 105 eingerichtet sein, das von den ein oder mehreren Radbremsen 110 aufgebrachte Bremsmoment, in Abhängigkeit von den Eingangsdaten 121 zu verändern. Dabei kann die Auslenkung des Bremspedals 103 unverändert bleiben.
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Beispielsweise kann das Bremsmoment bei aktiver Standabkopplung um das Getriebeverlustmoment reduziert werden, so dass die Summe aus Bremsmoment und Schleppmoment im Antriebsstang des Fahrzeugs 100 bei aktiver Standabkopplung der Summe aus Bremsmoment und Schleppmoment im Antriebsstang des Fahrzeugs 100 vor Einstieg in die Standabkopplung entspricht. Alternativ oder ergänzend kann bei Einstieg in die Standabkopplung das Bremsmoment mit dem gleichen Gradienten reduziert werden, mit dem das Getriebeverlustmoment reduziert wird. Das Bremsmoment kann somit in dem Maße reduziert werden, wie sich das Getriebeverlustmoment im Rahmen der Standabkopplung reduziert. So kann erreicht werden, dass die Verzögerung des Fahrzeugs 100 auch bei unterschiedlichen Status der Standabkopplung unverändert bleibt.
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Durch den Ausgleich des verringerten Schleppmomentes im Antriebsstrang durch die ein oder mehreren Bremsen 110 des Fahrzeugs 100, wird eine unerwartete Verzögerung des Fahrzeugs 100 beim Einstieg in die Standabkoppelung vermieden. Das Fahrverhalten des Fahrzeugs 100 wird somit durch die Aktivierung der Standabkopplung nicht mehr beeinflusst. Dies führt zu einem erhöhten Komfort für die Insassen des Fahrzeugs 100.
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Es sei darauf hingewiesen, dass die Anpassung des Bremsmoments in Abhängigkeit von einem erfassten Status der Standabkopplung nicht auf die Verwendung von Reibbremsen 110 beschränkt ist. In analoger Weise kann, alternativ oder ergänzend, bei Hybridfahrzeugen mit einer Elektromaschine, das durch die Elektromaschine aufgebrachte Rekuperationsmoment in Abhängigkeit von dem Status der Standabkopplung verändert werden.
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Die vorliegende Erfindung ist nicht auf die gezeigten Ausführungsbeispiele beschränkt. Insbesondere ist zu beachten, dass die Beschreibung und die Figuren nur das Prinzip der vorgeschlagenen Verfahren, Vorrichtungen und Systeme veranschaulichen sollen.