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Die Erfindung betrifft eine Schaltanlage, insbesondere eine Mittelspannungsschaltanlage, mit mindestens einem Raum mit stromführenden Elementen, mindestens einem Störlichtbogenbegrenzer zum schnellen Auslösen eines Erdungsschalters bei Auftreten eines Störlichtbogens in dem Raum.
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Aus der deutschen Patentanmeldung
DE 36 06 770 A1 ist eine Mittelspannungsschaltanlage mit einem Störlichtbogenbegrenzer bekannt. Zur Störlichtbogenbegrenzung weisen gasisolierte gekapselte Schaltfelder der Schaltanlage mindestens einen nachgiebigen Abschnitt oder Wandteil auf, der über ein Gestänge mit Kraftspeicherantrieben von Erdungsschaltern, die gleichzeitig als Kurzschließer dienen, verbunden sind. Im Falle eines Störlichtbogens führt die Lichtbogenenergie bzw. der durch den Lichtbogen erzeugte Überdruck zu einer Bewegung des nachgiebigen Wandteils, wodurch das Gestänge betätigt und dadurch die Kraftspeicherantriebe ausgelöst werden, so dass sämtliche Erdungsschalter eingeschaltet und so unabhängig vom Ort des Lichtbogens die Energieeinspeisung in jedem Fall sicher unterbrochen wird. Damit wird der Aufbau des Lichtbogens unterbrochen, so dass der sich aufbauende Druckstoß und die nachfolgend freiwerdende thermische Energie deutlich schwächer sind. Im Ergebnis wird damit im Störlichtbogenfall vermieden, dass Lichtbogenzersetzungsprodukte aus dem Schaltfeld austreten.
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Um bei einer solchen Mittelspannungsschaltanlage die Folge von Durchschlägen bzw. Erdschlüssen im Kabelanschlussfeld und insbesondere auch daraus resultierende Lichtbogenwirkungen minimal zu halten, wird in der
DE 37 28 235 A1 vorgeschlagen, auch das Kabelanschlussfeld zu kapseln und die Kapselung zur Störlichtbogenbegrenzung mit einem druckabhängig beweglichen Bereich zu versehen, der mit einem Auslöser verbunden ist, der einen Erdungsschalter betätigt. Als druckabhängig beweglicher Bereich wird insbesondere eine Schwenkklappe in einer Außenwand des Kabelanschlussfelds vorgeschlagen, die über ein Gestänge mit einem Auslöser des Erdungsschalters verbunden ist.
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So hat ein Störlichtbogen nicht nur im Schaltfeld oder Schaltkessel keine Auswirkungen nach außen, auch die Auswirkungen eines etwaigen Störlichtbogens im Kabelanschlussbereich (dem oder den Kabelanschlussfeldern) nach außen in Bezug auf Druck und thermische Gase sind wegen der Störlichtbogenbegrenzung gering.
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Dennoch besteht ein Bedarf, den im Störfall auf das Umfeld einer Mittelspannungsschaltanlage wirkenden Druck weiter zu minimieren, um die von einer abgeschwächten Druckwelle auf die Wände des Raums wirkenden Kräfte und damit die Gebäudebeanspruchung zu reduzieren.
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Aus der
EP 2 256 885 A1 ist ferner eine Vorrichtung zur Begrenzung des Überdrucks in Folge eines Störlichtbogens im Inneren eines Raumes eines elektrischen Schaltgeräts bekannt. Zur Begrenzung ist in einer Gehäusewandung des Raumes eine durch eine Klappe verschlossene Öffnung vorgesehen. In Folge eines Überdrucks gibt die Klappe die Öffnung frei, so dass Gase von der Überdruckseite durch die Öffnung hindurchströmen können.
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Auch hier besteht der Bedarf, den im Störfall auf die Umgebung des Abteils des Schaltgeräts wirkenden Druck zu minimieren.
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Eine Aufgabe der Erfindung besteht darin, diesem Bedarf gerecht zu werden. Diese Aufgabe wird mit einer Mittelspannungsschaltanlage der eingangs genannten Art gemäß Anspruch 1 gelöst durch mindestens eine Unterdruckkammer sowie durch ein oder mehrere Mittel zum Herstellen einer Verbindung zwischen dem mindestens einen Raum und der mindestens einen Unterdruckkammer bei Auftreten eines Störlichtbogens, so dass der durch den Störlichtbogen in dem mindestens einen Raum entstehende Überdruck durch die räumliche Verbindung zu der mindestens einen Unterdruckkammer zumindest teilweise abgebaut wird.
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Mit „Störlichtbogenbegrenzer“ sind hier und im Folgenden Mittel gemeint, die geeignet sind, bei Auftreten eines Störlichtbogens bzw. bei einem durch einen sich ausbildenden Störlichtbogen verursachten Druckanstieg das Erden oder Kurzschließen der Leiter in dem Raum kurzfristig einzuleiten, um damit den Aufbau des Störlichtbogens kurzfristig zu unterbinden, um damit die durch den Störlichtbogen freiwerdende Energie und den durch den Störlichtbogen sich aufbauenden Druck möglichst gering zu halten.
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Um ein schnelles Erden der Leiter zu ermöglichen, sind die Erdungsschalter mit Antrieben versehen. Als besonders geeignet und zuverlässig haben sich Kraftspeicherantriebe mit Federn erwiesen, die vorgespannt werden können und bei Bedarf die in den Federn gespeicherte Energie freigeben, um die Schaltmesser der Erdungsschalter in ihre Erdungsposition zu bringen. Dabei kann der Kraftspeicherantrieb in seinem vorgespannten Zustand beispielsweise durch eine Klinke gehalten werden, deren sperrender Eingriff beispielsweise durch einen Auslösestift gelöst werden kann, so dass der Kraftspeicher freigegeben wird.
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Alternativ ist beispielsweise auch denkbar, dass der Antrieb der Schaltmesser eines Erdungsschalters mithilfe einer pyrotechnischen Ladung erfolgt, wobei die Ladung durch geeignete Mittel im Falle eines Störlichtbogens gezündet wird.
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Es können in diesem Zusammenhang auch mehrere voneinander unabhängige Auslöser für einen Erdungsschalterantrieb vorgesehen sein, so dass der Erdungsschalterantrieb durch das unabhängige Betätigen jeweils eines Auslösers ausgelöst werden kann.
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Unter einer „Unterdruckkammer“ ist ein im Normalfall verschlossener Behälter zu verstehen, dessen Innendruck deutlich geringer als der Umgebungsdruck ist.
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Der Grundgedanke der Erfindung besteht darin, dass im Falle des Auftretens eines Störlichtbogens eine Verbindung zwischen dem oder den Räumen, in denen der Störlichtbogen entsteht, und der Unterdruckkammer hergestellt wird, wodurch sich zum einen das Volumen des Raums, in dem sich der Druck aufgrund des Störlichtbogens aufbaut, vergrößert und gleichzeitig dem sich durch den Störlichtbogen aufbauende Überdruck der Unterdruck in der sich öffnenden Unterdruckkammer entgegengesetzt wird, so dass sich das Druckniveau im Raum insgesamt verringert. Dadurch verliert die sich durch den Störlichtbogen aufbauende Druckwelle ihre Wirkung.
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Als Räume mit stromführenden Leitern, die erfindungsgemäß bei Auftreten eines Störlichtbogens mit der Unterdruckkammer in räumliche Verbindung gebracht werden sollen, kommen insbesondere der oder die insbesondere für eine Mittelspannungsschaltanlage typischen Kabelanschlussräume sowie der Schaltkessel der Schaltanlage, der gekapselt und gasgefüllt sein kann, in Betracht.
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Eine bevorzugte Ausführungsform der Erfindung ist dadurch gekennzeichnet, dass zwischen dem Raum und der Unterdruckkammer mindestens eine Berstscheibe vorgesehen ist, die sich aufgrund eines störlichtbogenbedingten Druckanstiegs im Raum öffnet. Die Berstscheibe trennt eine räumliche Verbindung zwischen dem mindestens einen Raum mit den stromführenden Leitern und der Unterdruckkammer luft- bzw. gasdicht. Im Falle des Auftretens eines Störlichtbogens öffnet sich die Berstscheibe, so dass aufgrund des Unterdrucks in der Unterdruckkammer das Druckniveau im damit nun verbundenen Raum abgesenkt wird. Damit wirkt die Berstscheibe als Mittel zum Herstellen einer Verbindung zwischen der Unterdruckkammer und dem Raum bei Auftreten eines Störlichtbogens.
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Vorzugsweise sind Mittel vorgesehen, um jeden Raum mit stromführenden Elementen bei Auftreten eines Störlichtbogens mit mindestens einer Unterdruckkammer zu verbinden. So kann die Unterdruckkammer so angeordnet sein, dass sie zu jedem Raum mit stromführenden Leitern eine Trennwand aufweist und in jeder dieser Trennwände beispielsweise eine Berstscheibe sitzt. Gegebenenfalls kann dabei eine Verbindung zwischen einem Raum mit stromführenden Teilen und einer Unterdruckkammer auch über einen oder mehrere dazwischen liegende Räume hergestellt werden. Für diesen Fall können Berstscheiben zwischen benachbarten Räumen angeordnet sein, so dass auch die benachbarten Räume bei Auftreten einer Druckwelle in Folge eines Störlichtbogens miteinander verbunden werden.
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Eine, mehrere oder alle der Berstscheiben können als Auslöser für den Störlichtbogenbegrenzer ausgebildet sein. So kann eine Berstscheibe beispielsweise mit einem Zugseilsystem verbunden sein, das mit der Verriegelung des Kraftspeichers eines Erdungsschalterantriebs gekoppelt ist, und zwar so, dass die Verriegelung entriegelt wird, sobald die Berstscheibe ausgelenkt wird.
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In einer weiteren bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung ist die Unterdruckkammer als Vakuumkammer ausgebildet. Wird in der Unterdruckkammer ein Vakuum erzeugt, wird damit ein größtmöglicher Druckunterschied zwischen dem oder den Räumen mit stromführenden Leitern und der Unterdruckkammer erzeugt, so dass die druckmindernde Wirkung der Unterdruckkammer bei Auftreten eines Störlichtbogens am Größten ist.
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Die Erfindung lässt sich besonders gut in Schaltanlagen verwenden, die mindestens ein Schaltfeld (Schaltkessel) und mindestens einen Kabelanschlussraum aufweisen, wobei sowohl das Schaltfeld als auch der oder die Kabelanschlussräume störlichtbogenfest gekapselt sind. Solche Schaltanlagen, wie sie beispielsweise in der deutschen Patentanmeldung
DE 10 2013 109 938 beschrieben sind, bleiben bei Auftreten eines Störlichtbogens vollständig geschlossen mit dem Ziel, dass kein durch den Störlichtbogen erzeugter Druckstoß an die Umgebung abgegeben wird. Da der erfindungsgemäße Einsatz eines pyrotechnischen Anzündschlauchs ein Ausbilden eines Störlichtbogens sehr frühzeitig verhindert, können die Anforderungen an die störlichtbogenfeste Ausgestaltung der einzelnen Räume bzw. an das Gehäuse der Schaltanlage deutlich geringer sein.
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Unter einer druckfesten oder störlichtbogenfesten Kapselung wird hier eine Ausführung von einen oder mehrere gekapselte Räume umgebenden Gehäusewänden verstanden, bei der der oder die gekapselten Räume selbst im Störlichtbogenfall im Wesentlichen, vorzugsweise vollständig, hermetisch verschlossen bleiben und insbesondere keine Druckentlastung, beispielsweise durch eine sich bei Aufbau des Drucks öffnende Druckentlastungsklappe, vorgesehen ist, die ein Austreten der Druckwelle in die Umgebung der Schaltanlage ermöglicht. Die druckfeste Kapselung im Sinne der beanspruchten Erfindung kann ein oder mehrere Kabelanschlussräume für den Zu- und/oder Abgang von Kabeln von und zur Mittelschaltanlage umfassen. Sie kann auch zusätzliche Raumabschnitte umfassen. Dabei können einzelne oder alle Kabelanschlussräume für sich, oder mehrere Kabelanschlussräume, gegebenenfalls zusammen mit einem oder mehreren zusätzlichen Raumabschnitten, druckfest gekapselt sein. Auch kann der/können die Schaltkessel jeweils für sich störlichtbogenfest gekapselt sein.
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Im Folgenden wird die Erfindung anhand von Figuren, in denen ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel der Erfindung im Prinzip dargestellt ist, näher erläutert.
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1 zeigt einen seitlichen Schnitt durch eine im Prinzip skizzierte Schaltanlage mit einem Gehäuse 1 mit einem Kabelanschlussraum 2 sowie einen Schaltkessel 3. Sowohl Kabelanschlussraum 2 als auch Schaltkessel 3 sind stromführende Leiter angeordnet, für die exemplarisch ein Leiter 4 im Kabelanschlussraum 2 dargestellt ist. An der Rückseite des Gehäuses 1 ist eine Unterdruckkammer 5 vorgesehen. In der Unterdruckkammer 5 kann mithilfe einer Pumpe 6, insbesondere einer Vakuumpumpe, ein Unterdruck bzw. ein Vakuum hergestellt werden. Während des Betriebs der Schaltanlage wird der Unterdruck bzw. das Vakuum stetig aufrechterhalten.
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Wie im dargestellten Beispiel kann das Volumen der Unterdruckkammer 5 vorzugsweise etwa dem Volumen des Kabelanschlussraums 2 entsprechen, wobei Höhe und Breite der Unterdruckkammer 5 der Höhe und Breite des Gehäuses 1 entspricht, so dass die Tiefe T der Unterdruckkammer 5 vergleichsweise gering ist.
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Die Unterdruckkammer 5 ist mit dem Kabelanschlussraum 4 über einen Kanal 7 verbunden. In dem Kanal 7 sitzt eine Berstscheibe 8, die den Kabelanschlussraum 4 räumlich von der Unterdruckkammer 5 trennt. Außerdem sitzt an der Trennwand zwischen Schaltkessel 3 und Kabelanschlussraum 2 eine weitere Berstscheibe 9.
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Tritt im Kabelanschlussraum 2 ein Störlichtbogen auf, wird durch die dabei entstehende Druckwelle die Berstscheibe 8 in Richtung zur Unterdruckkammer 5 aufgedrückt, dadurch wird der Druck im Kabelanschlussraum unmittelbar abgesenkt, so dass die Wirkung der sich durch den Störlichtbogen ausbildenden Druckwelle deutlich verringert wird.
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Tritt ein Störlichtbogen im Schaltkessel 3 auf, wird durch die dabei entstehende Druckwelle zunächst die Berstscheibe 9 und dann die Berstscheibe 8 aufgedrückt, so dass der Schaltkessel 3 mit der Unterdruckkammer 5 räumlich über den Kabelanschlussraum 2 verbunden ist.
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2 zeigt eine sehr ähnliche Ausführungsform einer erfindungsgemäßen Schaltanlage mit einem Kabelanschlussraum 12, einem Schaltkessel 13 und einer Unterdruckkammer 15. In diesem Ausführungsbeispiel ist der Schaltkessel nicht über eine Berstscheibe mit dem Kabelanschlussraum räumlich verbindbar. Stattdessen ist nicht nur ein Kanal 17 mit einer Berstscheibe 18 zur Verbindung des Kabelanschlussraums 12 mit der Unterdruckkammer 15 vorgesehen, sondern außerdem ein Kanal 19 mit einer Berstscheibe 21 zur Verbindung des Schaltkessels 13 mit der Unterdruckkammer 15.
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Tritt bei diesem Ausführungsbeispiel ein Störlichtbogen im Schaltkessel 3 auf, wird die Berstscheibe 21 im Kanal 19 durch die Druckwelle eingedrückt, so dass der Schaltkessel 13 über den Kanal 19 unmittelbar mit der Unterdruckkammer 15 verbunden ist.