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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Verbesserung der Mobilität von Personen.
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Die Vorrichtung zur Verbesserung der Mobilität (im Folgenden auch als Mobilitätshilfe bezeichnet) wird in dem hier vorliegenden Kontext definiert als eine gegenständliche, mobile technische Plattform, welche eine oder mehrere Personen aufnehmen und mithilfe von Fremdkraftunterstützung (z. B. Elektroantrieb) befördern kann. Ausdrücklich aus dieser Definition ausgenommen sind:
- • bauliche, ortsfeste Einrichtungen zur Beförderung einer Person mittels Fremdkraft wie z. B. Fahrstühle und Treppenlifte,
- • zum unterstützenden Gebrauch unter Mitwirkung der Person nutzbare, bauliche Einrichtungen wie z. B. Geländer oder Rollstuhlrampen,
- • zum unterstützenden Gebrauch unter Mitwirkung der Person nutz- und mitführbare Hilfsmittel wie z. B. Gehstöcke und Rollatoren.
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Von Modeeffekten oder zwingender Notwendigkeit einmal abgesehen, entscheidet der Nutzen einer derartigen Mobilitätshilfe, welcher maßgebend von der Qualität der Handhabbarkeit und Hinderniskompatibilität sowie der Anschaffungs- und Unterhaltungskosten abhängt, über deren Etablierung in der Gesellschaft. Im Nahbereich, der als das häusliche Umfeld einer Person einschließlich der näheren Umgebung zur Versorgung aller Grundbedürfnisse definiert werden kann, gewinnt jedoch die Hinderniskompatibilität stärker an Bedeutung als alle anderen Eigenschaften, was an der hohen Hindernisdichte in diesem Bereich liegt. Auch ein über die Verkehrsinfrastruktur erreichbares, individuelles Zielgebiet mit vergleichbarer räumlicher Ausdehnung kann den Nahbereich einer Person markieren. Während die bauliche Barrierefreiheit bei Neu- und Umbauten gegenwärtig großgeschrieben wird, gibt es im baulichen Bestand, insbesondere des privaten Umfelds und im ländlichen Raum, keine flächendeckende Barrierefreiheit. Baulich umgesetzte Barrierefreiheit garantiert darüber hinaus auch keine Gleichstellung gegenüber Personen, die über die volle physische und sensorische Leistungsfähigkeit ihres Körpers verfügen. So sind zwar die gleichen lokalen Ziele auch für eingeschränkte Personen erreichbar, jedoch oft nur über einen separaten Zugang. Bauliche Sonderausstattungen im privaten Umfeld (z. B. Treppenlift, Rampe) sind teuer und bedürfen nicht selten lange andauernder Bewilligungs-/Genehmigungsverfahren. Ergänzend soll geäußert werden, dass eine Barriere nicht ausschließlich durch ein festes Hindernis wie eine Engstelle oder einen Niveauunterschied (Stufe, Absatz, Treppe oder dergleichen) definiert wird, sondern ebenfalls, relativ zum Leistungsvermögen der Person, auch durch räumliche Distanz oder Neigung einer Strecke entstehen kann. Bezogen auf den Untergrund kann sich eine Barriere auch durch sich unvorhersehbar verhaltende Struktur (z. B. Astwerk, Geröll), geringem Reibungskoeffizienten (z. B. Glatteis) oder ungeeignete Konsistenz (d. h. geringe Tragfähigkeit) ergeben. Da der Begriff „Hindernis” grundsätzlich allgemeiner gefasst ist und dadurch im Gegensatz zu dem im baulichen Kontext etablierten Begriff „Barriere” passender erscheint, wird er in dieser Abhandlung verwendet.
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Die beschriebenen Gegebenheiten unterstreichen die Sinnhaftigkeit des Strebens nach einer leicht handhabbaren, hinderniskompatiblen Mobilitätshilfe, idealerweise mit dem Zusatz eines gewissen „Spaßfaktors” und der Eigenschaft, nebenbei die vorhandene natürliche Mobilität durch „aktiv sein” zu fordern und damit zu erhalten bzw. sogar zu fördern. Gelingt dies, besteht die Möglichkeit, dass daraus Synergieeffekte im Sinne ökonomischer und ökologischer sowie gesellschaftlicher Interessen erwachsen. Aufgrund der Bedeutung der Hinderniskompatibilität auf diesem Entwicklungsfeld richtet sich der Blick zunächst auf die Schwächen gegenwärtig erhältlicher, hinderniskompatibler Mobilitätshilfen, von denen manche erst in der alltäglichen Praxis sichtbar werden. Handhabbarkeit und Hinderniskompatibilität sind dabei bisher konkurrierende Ziele, da mit erhöhter Hinderniskompatibilität in der Regel eine Verschlechterung der Handhabbarkeit und umgekehrt einhergeht. Die nachfolgenden Punkte konkretisieren die charakteristischen Nachteile:
- 1. Es ist eine weitere Person nötig, um die mobilitätseingeschränkte Person zu befördern oder zu stützen.
- 2. Die Mobilitätshilfe ist sperrig, unhandlich und schwer.
- 3. Die Mobilitätshilfe ist für den heutigen Standards entsprechenden Verkehrswege des öffentlichen Raumes ungeeignet, insbesondere in Bezug auf die Mitnahme im Öffentlichen Personenverkehr (ÖPV).
- 4. Vor einem Hindernis muss die Mobilitätshilfe umgerüstet werden.
- 5. Der sichere Einsatz der Mobilitätshilfe stellt hohe Ansprüche an die Architektur der Umgebung, insbesondere hinsichtlich der Vermeidung von Unregelmäßigkeiten.
- 6. Die Mobilitätshilfe ist technisch so aufwändig, dass sie unbezahlbar für den Durchschnitt der Bevölkerung ist.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es deshalb, die aufgezeigten Nachteile aus dem Stand der Technik zu überwinden und eine technisch einfache und sicher zu handhabende Vorrichtung und ein Verfahren zur Verbesserung der Mobilität von Personen bereitzustellen, wobei gleichzeitig eine hohe Hinderniskompatibilität gewährleistet werden soll.
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Erfindungsgemäß gelingt die Lösung dieser Aufgabe mit den Merkmalen des ersten und neunten Patentanspruches. Bevorzugte weitere Ausgestaltungen der erfindungsgemäßen Vorrichtung sind in den Patentansprüchen 2 bis 8 gekennzeichnet, während eine bevorzugte Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens im Patentanspruch 10 angegeben ist.
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Im Gegensatz zu bekannten Mobilitätshilfen besteht die technisch-prinzipielle Basis der erfindungsgemäßen Mobilitätshilfe aus rollenden Beinen, auch bekannt als Whegs („Wheg” = Wheel-like Leg/Wheel and Leg/Wheel-Legs). Diese kombinieren die positiven Eigenschaften von Rädern und Beinen. Wie aus
US 6964309 B2 – „Vehicle with compliant drive train”,
US 7249640 B2 – „Highly mobile robots that run and jump” und
DE 202004010935 U1 – „Gehvorrichtung” bekannt, wird dabei das „Nabe-Speiche-Prinzip” eingesetzt, wobei um eine rotatorisch angetriebene Nabe speichenähnliche, meist stabförmige Körper angeordnet sind, nachfolgend als Speichen bezeichnet. Im Vergleich zum Rad, das einen geschlossenen Umfang besitzt, ergeben sich bei dieser Anordnung Lücken, mithilfe derer Hindernisse erklommen werden können. Dabei gilt: Je geringer die Anzahl der Speichen, desto höher das überwindbare Hindernis, doch desto stärker der Höhenversatz der Drehachse, nachfolgend als Alternation bezeichnet, der einen Nachteil darstellt. Dieser Zusammenhang, der auch umgekehrt werden kann, beschreibt den zu Grunde liegenden Zielkonflikt „Hinderniskompatibilität versus Laufruhe”. Wobei „Laufruhe” auch die Beachtung der schwingenden Fahrgeschwindigkeit in Vortriebsrichtung einschließt, welche durch den Einsatz von Whegs entsteht. Werden Whegs in der mobilen Robotik eingesetzt, wo sie bereits seit Jahren etabliert sind, spielt dieser Zielkonflikt zwar eine Rolle, wächst aber nicht zum Problem heran. Zumeist wird die Anzahl der Speichen pro Nabe zu Gunsten einer großen überwindbaren Hindernishöhe auf drei begrenzt und, da es nur um den Transport von Gegenständen geht, wird die hohe Alternation dabei in Kauf genommen. Bei anderen bekannten Lösungen sind auch häufig vier Speichen um die Nabe angeordnet, da sich hierbei ein guter Kompromiss aus Lückenmaß und Alternation ergibt. Bildet aber der Transport von Personen die Kernaufgabe, rücken Ermüdungserscheinungen oder gar manövriertechnische und gesundheitliche Risiken, mindestens aber Komfortminderungen in den Fokus, die mehr als diese Kompromisslösung erfordern. Die Integration von Elastizitäten und Dämpfungselementen, wie z. B. in [1] beschrieben, als logische Konsequenz mindert zwar die nachteilige Auswirkung der alternationsbedingten mechanischen Störungen, der grundsätzliche Zielkonflikt bleibt aber bestehen. In [2] beschreiben
Quinn, R. D. et al. eine Konstruktion mit Nachgiebigkeiten in der Nabe, die es ermöglichen, zwei direkt nebeneinander liegende Drei-Speichen-Whegs in und außer Phase zu stellen, so dass in der Ebene ein Sechs-Speichen- und an Hinderniskanten ein Drei-Speichen-Wheg entsteht. Diese ebenfalls auf Elastizität beruhende Lösung stellt zwar einen Fortschritt dar, funktioniert aber nur passiv, d. h. je nach Untergrund und Antriebssituation stellt sich ein bestimmter Phasenversatz ein, der sich in der Regel positiv auswirkt, jedoch aufgrund der fehlenden Möglichkeit zur Einflussnahme (Steuerbarkeit) auch Eigenschaften entwickeln kann, die hinsichtlich der Betriebssicherheit kritisch sind. Würde die Möglichkeit bestehen, den Phasenversatz aktiv zu steuern, stellen sich weitere Fragen: Wie geschieht die Detektion? Wann ist welcher Phasenversatz einzustellen? Womit wird der Phasenversatz eingestellt? Tritt damit o. a. Punkt 4 ein? Dazu stellen
Hong, D. und Laney, D. in [3] eine Lösung vor, die durch wechselweise zentrisch und exzentrisch lagerbare Speichen jeden Abstand zum Untergrund innerhalb des Stellbereiches halten können.
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Mit der Priorisierung technischer Einfachheit und damit verbundener Betriebssicherheit und Bezahlbarkeit, wird erfindungsgemäß eine Lösung angestrebt, bei der die Drehachse des Whegs nachgeführt und damit die Alternation zentral und in aktiver Weise kompensiert wird. Um die Drehachse eines Whegs nachzuführen, wird sie entweder an einer Schwinge oder einer Linearführung befestigt und erhält damit den Freiheitsgrad 1 der Rotation um den Schwingendrehpunkt bzw. den der Translation entlang einer Hochachse. Mittels eines geeigneten Aktors (z. B. Elektromotor in Kombination mit Getriebespindel oder Kurvenscheibe) erfolgt dann die Auf- und Abbewegung zeitlich parallel und kongruent in Bezug auf die bauartbedingte Alternationskennlinie der Drehachse des Whegs. Als problembehaftet sind hierbei die Sprünge und die daraus resultierenden Lastwechsel zu betrachten. Außerdem muss ein zweiter Antrieb installiert, versorgt und koordiniert werden. Es ist möglich, diesen Antrieb einzusparen, indem auf eine mechanisch zwangsgekoppelte Lösung gesetzt wird. Das in [4] bekannt gewordene Prinzip dient dabei als Ausgangspunkt. Der ohnehin vorhandene Antrieb des Whegs wird mithilfe eines Schubkurbel- und eines diesem überlagerten Rädergetriebes gleichzeitig für den Alternationsausgleich genutzt. In einem ersten Schritt wurden exemplarische konstruktive Abmessungen wie z. B. Gliedlängen ausgewählt. Dabei wurde erkannt, dass diese Abmessungen, entsprechend gewählt, die Variante zur optimalen Auslegung reifen lassen, sie aber auch unbrauchbar machen können. Zusätzlich bietet die geschickte Wahl der Art des/der Rädergetriebe(s) im Hinblick auf die resultierende Drehrichtung des Abtriebes sowie der Anordnung der Glieder zueinander die Möglichkeit zur weiteren Optimierung des Alternationsausgleichs. Hierbei lässt sich der Resthöhenversatz bis auf ca. 3,3% des ursprünglichen Höhenversatzes reduzieren, wodurch eine damit ausgestattete Mobilitätshilfe auch den hohen Ansprüchen im Hinblick auf den Personentransport genügt. Als Nebeneffekt stellt sich jedoch auch eine gesteigerte Schwingung der Fahrgeschwindigkeit ein, die bedingt durch die Wahl der Fortbewegungsart per Whegs zwar generell vorhanden ist, aber kein Problem darstellt, solange sie gering ist und wie in [4] aufgezeigt bei verhältnismäßig großen Whegs in Verbindung mit sehr geringen Fahrgeschwindigkeiten auftritt. Bei der Verwendung dieses Prinzips an einer handlichen Mobilitätshilfe, was im Gegensatz zu dem dargestellten Beispiel in [4] deutlich kleinere Whegs voraussetzt, wird das Verhältnis von Wheg-Durchmesser zu Fahrgeschwindigkeit jedoch so ungünstig, dass der Alternationsausgleich zwar Beruhigung in der Hochachse bewirkt, sich in der Längsachse aber eine starke Grundschwingung einstellt, die durch die Nebeneffekte des Alternationsausgleichs noch verstärkt wird und den Nutzen desselben in Frage stellt.
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Mit der vorliegenden Erfindung wird daher vorgeschlagen, eine Funktionstrennung durchzuführen. Das bedeutet, dass das volle Optimierungspotential zum Alternationsausgleich ausgeschöpft wird und die dadurch deutlicher auftretende Schwingung der Fahrgeschwindigkeit gesondert behoben wird. Ursache dieser Schwingung ist die nicht konstante Drehzahl der Drehachse des Whegs. Um diese zu vergleichmäßigen und damit die Schwingung zu tilgen, muss die mittlere Drehzahl ermittelt und die Differenz zur drehwinkelabhängigen Drehzahl bestimmt werden. Letztere ist dann durch Abzug oder Aufschlag der Differenz auf die mittlere Drehzahl einzustellen. Dies kann zum Beispiel mit einer in Phase zum Alternationsausgleich gebrachten mechanischen Lösung basierend auf Zahnrädern mit elliptischem Teilriss oder vorzugsweise mit einer elektronischen Drehzahlregelung des Antriebsmotors realisiert werden. Zur weiteren Optimierung der Laufruhe der erfindungsgemäßen Vorrichtung, kann ein Ausgleich des Resthöhenversatzes durch das Abrollen einer speziellen Kontur (Radiusanpassung) am Aufstandspunkt der Whegs oder durch die Integration von Elastizitäten zur Abrundung von Lastspitzen vorgenommen werden.
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Weitere Einzelheiten der Erfindung sind dem nachfolgenden Beschreibungsteil zu entnehmen, in dem die Erfindung unter Bezugnahme auf die beigefügten Zeichnungen näher erläutert wird. Es zeigen:
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1 ein Ausführungsbeispiel der erfindungsgemäßen Vorrichtung
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2 ein Ausführungsbeispiel eines einstufigen Getriebes, optimiert auf eine maximale Kompensation der Alternation
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3 ein Ausführungsbeispiel eines zweistufigen Getriebes, optimiert auf eine maximale Kompensation der Alternation
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4 ein Ausführungsbeispiel eines zweistufigen Getriebes, optimiert auf einen maximalen Alternationsausgleich und eine minimale Schwingung in Vortriebsrichtung
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5 ein Ausführungsbeispiel eines Whegs mit zusätzlichem Aktor zur Nachführung der Drehachse
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Wie in 1 dargestellt, ist das Kernelement der erfindungsgemäßen Mobilitätshilfe zwei beidseitig mit Whegs (14) bestückte Achsen (7). Ein Nutzer befindet sich auf einer Plattform (6) und umgreift mit beiden Händen einen Steuergriff (1), der Bestandteil einer Lenk- und Steuereinheit (3) ist. Die Person muss auf der Plattform (6) der Mobilitätshilfe nicht zwingend stehen. Ebenso ist es denkbar, einen geeigneten Sitz auf der Plattform zu integrieren. Um die Mobilitätshilfe in Fahrt zu bringen oder zu beschleunigen kann entweder ein Drehgriff, wie er üblich als Gasgriff an Krafträdern montiert ist, bedient oder die Lenk- und Steuereinheit (3) in Fahrtrichtung geneigt werden. Zum Bremsen können Handgriffe vorgesehen oder die Lenk- und Steuereinheit (3) am Steuergriff (1) entgegen der Fahrtrichtung neigbar sein. Aus Sicherheitsgründen sollte es dabei eine durch Federn abgesicherte Null-/Neutralstellung geben. In Neutralstellung kann sich die Mobilitätshilfe auch mit gleichbleibender Geschwindigkeit fortbewegen. Die Neigung der Lenk- und Steuereinheit (3) zum Zweck der Steuerung kommt dem Vorzug der intuitiven Bedienung entgegen. Zur Erhöhung des Gebrauchswertes ist sowohl eine Beleuchtung (2) als auch ein Gepäckträger (4) vorgesehen. Da der Nutzer mit seiner Eigenmasse sowie der Lage dieser relativ zur Mobilitätshilfe wesentlich bestimmt, wo der Schwerpunkt des Gesamtsystems verortet wird, ist das Befahren einer Steigung oder eines Gefälles, auch in Bezug zur Querachse kritisch. Hierzu ist im Minimalfall die neigbare Lenk- und Steuereinheit (3), jedoch im Falle der intuitiv orientierten Steuerung durch einen etwaigen Neigungssensor vom Signal „Beschleunigen” entkoppelt, dienlich, da der notwendige Raum zur Verlagerung des Schwerpunktes für den Nutzer freigegeben wird. Für Nutzer mit eingeschränkter physischer und/oder sensorischer Leistungsfähigkeit, kann ein Stellantrieb zur Neigung der Lenk- und Steuereinheit (5) integriert werden, der in Abhängigkeit zum Signal des Neigungssensors die erforderliche Neigung einstellt. Der Regelkreis aus Neigungssensor und Stellantrieb sollte gegenüber dem „Aufschaukeln” sicher sein, d. h. z. B. ein Dämpfungsglied enthalten. Optimal ist allerdings die Neigung der gesamten Plattform (6) per Stellantrieb um auch bei starker Steigung oder starkem Gefälle eine sichere Standfläche für den Nutzer zu gewährleisten (automatische Kantelung wie an E-Rollstühlen für die Sitzeinheit üblich). Um die Querachse erhält die Lenk- und Steuereinheit (3) bzw. die neigbare Plattform (6) zusätzlich den Freiheitsgrad 1 der Rotation. Antriebsseitig wird vorzugsweise eine radselektive Struktur verwendet, d. h. pro Wheg (14) ist ein Antrieb vorgesehen, der Vortrieb und Alternationsausgleich parallel und gemäß den 2 oder 3 generiert. Es sind aber auch andere Strukturen von Antrieben denkbar. So könnte z. B. auch achsweise angetrieben und ausgeglichen werden. Um einen Richtungswechsel zu realisieren, wird die Achsschenkellenkung nach Ackermann an der Vorderachse vorgeschlagen, jedoch mit Unterstützung einer Drehzahlregelung. Damit wird unter Ausnutzung eines vorhandenen radselektiven Antriebs in Abhängigkeit des Lenkwinkels die Drehzahl am kurveninneren Rad gesenkt und am kurvenäußeren Rad gesteigert, so dass folglich der Schlupf verringert, die Spureigenschaften verbessert sowie die Effizienz gesteigert wird.
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Im Folgenden wird auf die Realisierung möglicher Getriebe zur Kompensation der Alternation näher eingegangen. Einerseits die bestmögliche Kompensation der Alternation, andererseits einen möglichst einfachen Aufbau im Fokus, wurden durch systematische Variation der Längen- und Lageparameter sowie der Art der Komponenten Optimierungen der in [4] dargestellten Getriebe vorgenommen, die in den 2, 3 und 4 veranschaulicht sind. Der wesentliche Unterschied besteht dabei in der Anzahl der Getriebestufen. Während bei der einstufigen Variante (2) die Kompensation der Alternation empirisch bis auf 91,6% angenähert werden konnte, sind es bei der zweistufigen Variante (3 und 4) 96,7%, was einer fast vollständigen Kompensation der Alternation entspricht. Dabei wurde der Bereich der Bahnkurve (12) zwischen dem Aufsetzen und Abheben des Aufstandspunkts (11) am Boden betrachtet und die maximal mögliche Glättung erarbeitet. Unter Berücksichtigung eines dritten Attributes, nämlich der möglichst gleichmäßigen Fahrgeschwindigkeit, entstand das in 4 dargestellte Getriebe, dessen Verwendung jedoch aufgrund der fehlenden Bodenfreiheit für die Verwendung in der erfindungsgemäßen Mobilitätshilfe nicht sinnvoll ist. Grundprinzip aller dargestellten Getriebe ist die mechanische Zwangskopplung der Vorwärts- mit der Auf- und Abbewegung. Der in 2 dargestellte Antrieb greift auf die Kurbel (10), auf der eine Synchronriemenscheibe (13a 1) starr befestigt ist, über die ein Synchronriemen (13a 3) läuft, welcher die Rotationsbewegung auf eine weitere Synchronriemenscheibe (13a 2) mit dem z-fachen (z-Speichenanzahl) Durchmesser überträgt. Synchronriemenscheibe am Primärtrieb antriebsseitig (13a 1) und Synchronriemenscheibe am Primärtrieb abtriebsseitig (13a 2) bilden samt Synchronriemen (13a 3) den Primärtrieb, Ausführung als Zugmittelgetriebe mit Übersetzung (13a). Bei der zweistufigen Variante, die in 3 dargestellt ist, ist die Funktion des Primärtriebs (13) die der Drehrichtungsumkehr (Primärtrieb, Ausführung als Zahnradpaar zur Drehrichtungsumkehr). Die notwendige Übersetzung der Antriebsbewegung gemäß der Speichenanzahl fällt dabei dem Sekundärtrieb, Ausführung als Zugmittelgetriebe mit Übersetzung (15), zu. 4 zeigt dagegen den Sekundärtrieb, Ausführung als Zugmittelgetriebe (15a), als Modul zur reinen Übertragung der Drehbewegung. Die Achsen des Primärtriebs sind jeweils mit einer Koppel (8) verbunden, welche die Rotationsbewegung in eine Schubbewegung umwandelt und damit das Auf- und Abführen des beweglichen Teils der Linearführung (9) und damit der Drehachse des Whegs (16) und des damit starr verbundenen Whegs (14) ermöglicht. In 2 gelangt die Drehbewegung der Kurbel (10) über den Primärtrieb, Ausführung als Zugmittelgetriebe mit Übersetzung (13a), in 3 über den Primärtrieb, Ausführung als Zahnradpaar zur Drehrichtungsumkehr (13) und den Sekundärtrieb, Ausführung als Zugmittelgetriebe mit Übersetzung (15) und in 4 über den Primärtrieb, Ausführung als Zugmittelgetriebe mit Übersetzung (13a) und den Sekundärtrieb, Ausführung als Zugmittelgetriebe (15a) zur Drehachse des Whegs (16) und des damit starr verbundenen Whegs (14). Die in den 2 und 3 dargestellten Getriebe haben jeweils ihre Vorzüge. Die Entscheidung für die ein- oder die zweistufige Variante hängt davon ab, welcher Gewichtung die Anforderungen an die Qualität des Alternationsausgleichs, die Charakteristik der Fahrgeschwindigkeit und an die Konstruktion an sich unterliegen. Basierend auf der Tatsache, dass eine Verdopplung der Fahrgeschwindigkeit eine Vervierfachung der maximalen Beschleunigung im Aufstandspunkt und damit der gesamten Plattform (modellhaft von unendlicher Steifigkeit des Materials ausgegangen) bedeutet, rückt im Kontext mit einer agilen Mobilitätshilfe die Notwendigkeit zu Gegenmaßnahmen in den Mittelpunkt. Hilfreich können hierbei der bereits erwähnte Drehzahlausgleich des Antriebsmotors (mechanisch oder elektronisch) oder adäquate Module (z. B. Abrunden von Lastspitzen durch Elastizitäten) sein. Ist die gewünschte Fahrgeschwindigkeit eher gering und sind zudem noch große Whegs möglich, sind mitunter die zuletzt genannten Elastizitäten zur Vergleichmäßigung der Fahrgeschwindigkeit ausreichend. Mit solchen Elastizitäten, in Kombination mit der einstufigen Variante, die den größten Teil der Alternation kompensiert, erhält man ein konstruktiv einfaches, effizientes und damit auch kostengünstiges System. Mit der Priorisierung einer bestmöglichen Kompensation der Alternation und der Verfügbarkeit eines leistungsfähigen Drehzahlausgleichs sowie der entsprechenden Mechanik bietet sich die zweistufige Lösung nach 3 an.
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In Tabelle 1 sind anhand konkreter Ausführungsbeispiele die quantitative Umsetzung möglicher Alternationsausgleiche aufgezeigt, wobei im Sinne der Überwindung hoher Stufen, ein möglichst großes Lückenmaß generiert werden soll. Als Basis dient jeweils ein 3-Speichen-Wheg (120° versetzte Speichen) mit einer Speichenlänge l von 160 mm. Daraus lässt sich nach Gleichung 2 eine Kurbellänge k für das Grundgetriebe für einen Alternationsausgleich von 40 mm s ableiten, wobei mit α der Drehwinkel des Whegs, mit z die Anzahl der Speichen, mit h der drehwinkelabhängige Höhenversatz, mit H der maximale Höhenversatz und mit K die drehwinkelabhängige Kompensation bezeichnet wird:
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Es wird in allen Fällen eine Fahrgeschwindigkeit von 1 km/h bzw. 278 mm/s zu Grunde gelegt. Dabei ergeben sich die in Tabelle 2 aufgeführten Konstruktionsrichtlinien für die Synthese optimierter Getriebe.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Steuergriff
- 2
- Beleuchtung
- 3
- Lenk- und Steuereinheit
- 4
- Gepäckträger
- 5
- Stellantrieb zur Neigung des Holms
- 6
- Plattform
- 7
- beidseitig mit Whegs ausgestattete Achse
- 8
- Koppel
- 9
- Linearführung
- 10
- Kurbel
- 11
- Aufstandspunkt
- 12
- Bahnkurve
- 13
- Primärtrieb, Ausführung als Zahnradpaar zur Drehrichtungsumkehr
- 13a
- Primärtrieb, Ausführung als Zugmittelgetriebe mit Übersetzung i = z (z – Anzahl der Speichen)
- 13a1
- Synchronriemenscheibe am Primärtrieb antriebsseitig
- 13a2
- Synchronriemenscheibe am Primärtrieb abtriebsseitig
- 13a3
- Synchronriemen (Primärtrieb)
- 14
- Wheg
- 15
- Sekundärtrieb, Ausführung als Zugmittelgetriebe mit Übersetzung I = z (z – Anzahl der Speichen)
- 15a
- Sekundärtrieb, Ausführung als Zugmittelgetriebe
- 16
- Drehachse des Whegs
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Literaturliste
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- [1] Mämpel, J., Köhring, S., Koopmann, R., Langguth, K., Lichtenfeld, R. and Witte, H. (2011): ROLV – A Hybrid Wheel Robot Using Compliant Mechanisms for Locomotion
- [2] Quinn, R. D., Offi, J. T., Kingsley, D. A., Ritzmann, R. E.: Improved Mobility Through Abstracted Biological Principles
- [3] Hong, D., Laney, D.: Preliminary Design and Kinematic Analysis of a Mobility Platform with Two Actuated Spoke Wheels
- [4] Pfefferle, Horst (2004): Gebrauchsmusterschrift DE 20 2004 010 935 U1 – Gehvorrichtung
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
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Zitierte Patentliteratur
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- US 6964309 B2 [0007]
- US 7249640 B2 [0007]
- DE 202004010935 U1 [0007]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Quinn, R. D. et al. [0007]
- Hong, D. und Laney, D. [0007]