-
Die Erfindung betrifft ein Flugzeug mit wenigstens einem an der Tragfläche des Flugzeugs angeordneten Hochauftriebssystem, das wenigstens einen Antrieb zur Umwandlung elektrischer oder hydraulischer Energie in eine drehzahlgesteuerte Rotationsbewegung umfasst, wobei das Flugzeug des Weiteren wenigstens eine Steuereinheit aufweist, die das Hochauftriebssystem steuert.
-
Unter einem Hochauftriebssystem ist in üblicher Weise eine Vorrichtung an einer Tragfläche eines Flugzeugs zu verstehen, die dazu dient, in der Start- und Landephase den Auftriebsbeiwert der Tragfläche zu vergrößern, wodurch das Flugzeug bereits bei geringen Geschwindigkeiten flugfähig ist. Üblicherweise sind hierunter die Landeklappensysteme und/oder das Vorflügelsystem zu verstehen. Konventionelle Hochauftriebssysteme sind direkt mit der elektrischen und/oder hydraulischen Bordversorgung des Flugzeugs verbunden. Während der Betätigung des Hochauftriebssystems wird dieser Bordversorgung Leistung entzogen.
-
Eine zentrale im Flugzeugrumpf positionierte Antriebseinheit wandelt hydraulische und/oder elektrische Energie in eine drehzahlgesteuerte Rotationsbewegung mit entsprechendem Drehmoment um. Die Antriebseinheit ist mit dem in der Tragfläche befindlichen Transmissionssystem verbunden, um das Drehmoment an Aktuatoren weiterzuleiten. Die Aktuatoren nehmen die Rotationsbewegung der Transmissionswellen auf und wandeln diese in eine translatorische Bewegung um, mit der die einzelnen Klappen des Hochauftriebssystems betätigt bzw. ein- und ausgefahren werden. Das Hochauftriebssystem besitzt zahlreiche Überwachungssensoren, die die einwandfreie Systemfunktion überwachen und als Regelungsparameter für die elektronische Ansteuerung dienen. Sicherheitseinrichtungen vermeiden in einem Fehlerfall kritische Systemfehlfunktionen. Das Hochauftriebssystem ist verknüpft mit Flugsteuerungscomputern, die die Schnittstelle zwischen den aus den im Cockpit eingegebenen Eingabebefehlen und der anzusteuernden Antriebseinheit darstellen.
-
Bei der Auslegung von Hochauftriebssystemen ist deren Verfügbarkeit von besonderer Bedeutung. Üblicherweise wird durch die Architektur der Leistungsversorgung und der Hochauftriebssysteme sichergestellt, dass bei einem Ausfall von bestimmten Leistungsversorgungs-Systemen das Vorflügelsystem noch betätigt werden kann, um eine sichere Landung des Flugzeugs zu ermöglichen (sogenannte „stall protection“).
-
Von Bedeutung ist es, auch das Landeklappensystem betätigen zu können, da dann, insbesondere bei noch vollgetanktem und damit schwereren Flugzeugen, die Landung wesentlich einfacher und gefahrloser durchgeführt werden kann.
-
Die Verfügbarkeit der Hochauftriebs-Systeme hängt im Wesentlichen von der Verfügbarkeit der Antriebe und der daran angeschlossenen Leistungsversorgungs-Systeme ab. Die Ausfallwahrscheinlichkeit eines hydraulischen Leistungs-Versorgungssystems von einem Passagierflugzeug liegt bei ca. 5×10-4/Fh. Die Ausfallwahrscheinlichkeit eines elektrischen Leistungs-Versorgungssystems liegt bei ca. 1×10-5/Fh.
-
Im Stand der Technik werden bislang üblicherweise zwei Antriebsmotoren über ein Getriebe gekoppelt, um den Antrieb der Hochauftriebs-Systeme sicherzustellen. Dabei sind beide Antriebe jeweils an die Leistungsversorgungs-Systeme des Flugzeugs angeschlossen.
-
Beispielsweise offenbart die US 2011 / 0 062 282 A1 ein fehlertolerantes Hochauftriebssystem, das zur Verstellung der Klappen eines Flugzeugs mit einer Verstell-Kinematik mit feststehender Drehachse vorgesehen ist und bei relativ geringem Komponenten-Aufwand eine gute Funktionssicherheit gewährleistet. Hierzu weist das fehlertolerante Hochauftriebssystem zumindest eine an jeweils einem der Tragflügel des Flugzeugs verstellbaren Klappen sowie eine Steuerungs- und Überwachungsvorrichtung auf. Ferner weist die Steuerungs- und Überwachungsvorrichtung funktional in Verbindung stehende Antriebsvorrichtungen auf, von denen jeweils eine jeder Klappe zugeordnet ist, wobei jeder Klappe jeweils eine Antriebsvorrichtung zugeordnet ist, jeweils aufweisend: zwei Antriebsmotoren, zwei Brems-Vorrichtungen, wobei jedem Antriebsmotor jeweils eine Brems-Vorrichtung zum Anhalten des Ausgangs des jeweiligen Antriebsmotors zugeordnet ist, ein die Ausgänge derselben auf diese summierende Weise koppelndes Differential, eine Ausgangswelle zur Kopplung des Ausgangs des Differentials mit Antriebsverbindungen und eine mit der Steuerungs- und Überwachungsvorrichtung funktional in Verbindung stehende Differentialsperre aufweist, wobei jede der Brems-Vorrichtungen sowie die Differentialsperre durch ein Kommandosignal der Steuerungs- und Überwachungsvorrichtung betätigt werden kann.
-
Die Antriebseinheiten können grundsätzlich nach folgenden unterschiedlichen Architekturen aufgebaut sein:
- Beim Aktiv/Aktiv-Betrieb werden beide Motoren immer gemeinsam betrieben, wobei sie über ein sogenanntes „speed summing“ - Differentialgetriebe zusammenarbeiten.
- Alternativ können beide Motoren bei einem Aktiv/Aktiv-Betrieb auch gemeinsam betrieben werden und mit einem sogenannten „torque summing“-Getriebe zusammenarbeiten.
- Im Aktiv/Passiv-Betrieb wird normalerweise ein Hauptmotor betrieben, wobei im Fehlerfall ein anderer Motor zur Verfügung steht.
-
Bei diesem Stand der Technik besteht das Problem, das beide Motoren immer an der zentralen Leistungsversorgung des Flugzeugs angeschlossen sind.
-
Dies verschlechtert die Verfügbarkeit und führt zu einem vergleichsweise hohen Gewicht.
-
Aus der
DE 10 2012 005 346 A1 ist es bereits bekannt, das gesamte Highlift-System von der zentralen Versorgung abzukoppeln und durch Verwendung von elektrischen Energiespeichern zentral oder pro Klappenantrieb zu betreiben.
-
Aus der US 2009 / 0 302 153 A1 ist es andererseits bekannt, Batterien oder Ultracaps für die Zentralversorgung des Flugzeugs mit Energie als elektrische Puffer für die Rückspeisung oder den kurzzeitigen Mehrverbrauch von elektrischer Energie zur Verfügung zu stellen.
-
Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht darin, die Verfügbarkeit eines Antriebs für Hochauftriebs-Systeme derart weiterzubilden, dass das Gesamtsystem bei sehr hoher Verfügbarkeit vergleichsweise einfacher aufgebaut werden kann.
-
Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe durch die Kombination der Merkmale des Anspruchs 1 gelöst. Demnach ist ein Flugzeug mit wenigstens einem an der Tragfläche des Flugzeugs angeordneten Hochauftriebs-System vorgesehen, das einen Antrieb zur Umwandlung elektrischer oder hydraulischer Energie in eine drehzahlgesteuerte Rotationsbewegung umfasst, wobei das Flugzeug des Weiteren wenigstens eine Steuereinheit aufweist, die das Hochauftriebs-System steuert. Bei einem derartigen Flugzeug wird erfindungsgemäß der Antrieb aus einem Hauptantrieb und einem alternativen Antrieb gebildet, wobei der Hauptantrieb von einem Leistungsversorgungs-System des Flugzeugs gespeist wird und der alternative Antrieb von einer dezentralen Energiequelle gespeist wird und nicht mit dem Leistungsversorgungs-System des Flugzeugs verbunden ist, und wobei der Hauptantrieb und der alternative Antrieb über ein einfaches Summiergetriebe mit dem Hochauftriebs-System verbunden sind.
-
Vorteilhaft kann bei dieser Lösung der Hauptantrieb mit 100 % Antriebsleistung versehen werden, während der Alternativantrieb andererseits nicht diese 100%ige Antriebsleistung bringen muss. Wichtig für den Notbetrieb durch den Alternativantrieb bei einem Hochauftriebs-System ist es, dass die Vorflügelklappen oder die Landeklappen überhaupt noch bewegt werden können. In dem Fehlerfall ist es allerdings akzeptabel, dass die Vorflügelklappen oder die Landeklappen, also die Systeme des Hochauftriebs-Systems, im Vergleich zum Normalbetrieb längeren Zeitraum zum Ausfahren benötigen.
-
Diese Antriebstopologie führt erfindungsgemäß zu einem sehr einfachen und leichten sowie kostengünstigen Antrieb, welcher trotzdem eine sehr hohe Verfügbarkeit, d. h. Ausfallsicherheit, aufweist.
-
Besonders vorteilhaft kann der batteriebetriebene alternative Antrieb exakt auf die Erfordernisse des betrachteten Fehlerfalles oder sonstigen Betriebfalles ausgelegt werden. Es ist davon auszugehen, dass der Betrieb des alternativen Antriebs relativ selten vorkommt und dann auch nur eine sehr kleine Energiemenge braucht, da hier beispielsweise nur ein zwei- bis dreimaliges Ein- und Ausfahren der Hochauftriebs-Systeme notwendig ist.
-
Dadurch, dass der alternative Antrieb exakt auf diese Erfordernisse hin entwickelt werden kann und auch die speziellen Randbedingungen von anderen Flugzeugsystemen nicht betrachtet werden müssen, wird der alternative Antrieb leichter und auch kostengünstiger werden.
-
Die Ausfallwahrscheinlichkeit des alternativen Antriebs verbessert sich weiterhin gegenüber der bisherigen Ausfallwahrscheinlichkeit bei Verwendung des konventionellen Systems nach dem Stand der Technik.
-
Weitere bevorzugte Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den sich an den Hauptanspruch anschließenden Unteransprüchen.
-
Gemäß einer bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung werden die dezentralen Energiequellen zum Antrieb des alternativen Antriebs über Batterien oder Ultracaps bereitgestellt. In dem Batteriepack sind mehrere Batterien zusammengefasst, wobei die dort zusammengefassten Batterien vorteilhaft auf unterschiedliche Wirkprinzipien bestehen, d. h. auf unterschiedlichen Technologien beruhen. Dies führt zu einer dissimilaren Antriebs-Architektur bezüglich der alternativen Antriebe, wodurch die Ausfallwahrscheinlichkeit des Gesamtsystems noch weiter verbessert wird.
-
Gemäß einer vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung kann das Summiergetriebe ein Stirnrad- oder Kegelradgetriebe sein. Der Hauptantrieb kann darüber hinaus über eine Kupplung von dem Summiergetriebe trennbar sein.
-
Die dezentrale Energiequelle kann regelmäßig über den Hauptantrieb oder eine Wechselstromquelle nachladbar sein.
-
Weiterhin kann die dezentrale Energiequelle bei Ausfall des Hauptantriebs neben der Energieversorgung des alternativen Antriebs noch weitere funktionale Gruppen des Hochauftrieb-Systems mit Energie versorgen. So muss bei entsprechender Getriebeauslegung eventuelle die sogenannte „power-off“-Bremse des Hauptantriebs geöffnet werden, um einen alternativen Betrieb durch den alternativen Antrieb zu ermöglichen. Die Öffnung dieser „power-off“-Bremse kann beispielsweise durch die dezentrale Energiequelle erfolgen, wenn die zentrale Energieversorgung durch das Leistungsversorgungssystem des Flugzeugs gestört ist.
-
Besonders vorteilhaft wird eine Klappe des Hochauftrieb-Systems mit mehreren separaten Antrieben verbunden.
-
Weitere Merkmale, Einzelheiten und Vorteile der Erfindung werden anhand eines in der Zeichnung dargestellten Ausführungsbeispiels näher erläutert. Es zeigen:
- 1: den schematischen Aufbau eines Teils des Hochauftrieb-Systems nach dem Stand der Technik und
- 2: den Antrieb eines Hochauftrieb-Systems nach einer Ausführungsform der vorliegenden Erfindung.
-
Die 1 zeigt schematisch den Aufbau eines Antriebs eines hier nicht näher dargestellten Hochauftrieb-Systems eines Flugzeugs zur Umwandlung elektrischer oder hydraulischer Energie in eine drehzahlgesteuerte Rotationsbewegung. Hier ist ein erster Motor 100 mit einem zweiten Motor 102 über ein Getriebe 104 miteinander gekoppelt. Der erste Motor 100 sowie der zweite Motor 102 stehen mit der Leistungsversorgung des Flugzeugs elektrisch oder hydraulisch in Verbindung. Bei der Aktiv/Aktiv-Variante sind beide Motoren 100 und 102 über ein Differentialgetriebe (speed-summing-Getriebe) oder über einfacheres Getriebe (torque-summing - Getriebe) miteinander verbunden.
-
In einer Aktiv/Passiv-Variante sind die Motoren 100 und 102 wiederum beide mit der Leistungsversorgung des Flugzeugs verbunden, wobei diese hier ebenfalls elektrisch oder hydraulisch verbunden sein kann. Die Motoren sind nun aber über ein einfaches Getriebe (torque-summing-Getriebe) miteinander verbunden. Der zweite Motor wird nur dann eingesetzt, wenn der erste Motor ausfällt.
-
In der 2 ist die Antriebsarchitektur des neuen Hochauftrieb-Systems nach der vorliegenden Erfindung in einem Beispiel dargestellt. Hier ist ein Hauptantrieb 10 und ein alternativer Antrieb 12 vorgesehen, die über ein einfaches Summiergetriebe 14 in Form eines Stirnrad- oder Kegelradgetriebes mit einer Ausgangswelle 16, die zum Hochauftrieb-System (hier nicht dargestellt) verbunden sind. Während der Hauptantrieb 10 in an sich bekannter Art und Weise mit einer Leistungsversorgung des Flugzeugs elektrisch oder hydraulisch verbunden ist, wird der alternative Antrieb 12 über einen Batteriepack 18 mit Strom versorgt. Das Batteriepack 18 besteht im hier dargestellten Ausführungsbeispiel aus Lithium-Ionen-Batterien. Es kann optional über den Hauptantrieb nachgeladen werden, was durch die strichlierte Pfeildarstellung 20 angedeutet ist. Gemäß einer weiteren Option kann das Batteriepack 18 aber auch über eine Wechselstromversorgung des Flugzeugs nachgeladen werden, was durch den strichlierten Pfeil 22 dargestellt ist.
-
Weiterhin ist in 2 die Befehlsstruktur für die entsprechenden Steuerbefehle gezeigt. Vom mit 24 bezeichneten Pilotenkommando aus, kann der alternative Antrieb entweder über einen Rechner 26 oder direkt vom Pilotenkommando angesteuert werden.
-
Wie aus der 2 ebenfalls ersichtlich kann der Hauptantrieb 10 über eine Kupplung 28 vom Getriebe 14 getrennt werden.