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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines verschleißbeständigen Bauteils mittels teilflüssiger Formgebung im Thixoverfahren unter Verwendung eines Vormaterials.
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Das Einsatzgebiet der Erfindung erstreckt sich auf die Metallverarbeitung. Um ein Bauteil aus einer Leichtmetalllegierung auf Basis beispielsweise von Aluminium, Magnesium oder Titan verschleißbeständig zu machen, muss diese Legierung entweder in-situ gebildete, verschleißfeste Bestandteile wie Siliziumkristalle oder einen Anteil verschleißbeständiger keramischer Partikel oder Fasern enthalten. Bei einer Partikelzugabe spricht man dann von einem Metall-Matrix-Composit (MMC). Als Verfahren zur Herstellung solcher verschleißbeständiger Leichtmetalllegierungen und MMCs sind Gießverfahren (liquid state processes) und pulvermetallurgische Verfahren (solid state processes) bekannt.
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Bei den pulvermetallurgischen Verfahren werden metallische Pulver aus reinem Metall oder aus vorlegierten Legierungen, optional mit keramischen Partikeln oder Kurzfasern, gemischt und anschließend zu einem Formkörper kompaktiert. Hierzu bieten sich Vorgehensweisen an einschließlich des Sinterns unter hoher Temperatur oder des kaltisostatisches Pressens unter hohem Druck oder des isostatischen oder einachsigen Heißpressens unter hohem Druck und hoher Temperatur. Das Spark-Plasma-Sintern (SPS) beinhaltet außerdem die Beaufschlagung der Pulvermischung beim Verdichten mit einer elektrischen Entladung. Da in der Regel keine komplette Verdichtung bis zu der theoretisch maximalen Dichte möglich ist, wird ein Umformprozess wie Strangpressen, Fließpressen oder Schmieden nachgeschaltet. Unter den Gießverfahren finden sich Methoden zum Einrühren der Partikel in die Schmelze, beispielsweise Rührgießen, und zum anschließendem Abgießen nach verschiedenen Verfahren, einschließlich Druckguss, Kokillenguss, Sandguss, Squeezecasting, und zum Infiltrieren von Formkörpern aus den keramischen Fasern oder Partikeln.
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Ein spezielles Verfahren ist das Thixoverfahren, also die teilflüssige Formgebung. Dabei wird ein Vormaterial soweit erwärmt, dass sich im Bereich zwischen der Erstarrungs- und der Schmelztemperatur, dem sogenannten Erstarrungsintervall, bei einer bestimmten Temperatur ein Gleichgewicht zwischen den schmelzflüssigen Anteilen und den festen Teilchen ergibt. Es hat sich gezeigt, dass für gewisse Verhältnisse, zum Beispiel feste zu flüssige Anteile 40:60, sich für bestimmte Legierungen ein thixotropes Verhalten einstellt, dass also die Viskosität stark unter einer Scherbelastung absinkt. Diese sogenannte Thixotropie wird ausgenutzt, um komplexe, endkonturnahe Bauteile aus hochfesten Legierungen zu erzeugen, bei denen auch keramische Formkörper infiltriert werden können. Legierungssysteme, die als Vormaterialien für das Thixoverfahren geeignet sind, finden sich unter den Al-Si- und Ti-Al-Legierungen. Insbesondere kann der Anteil der festen Bestandteile durch Zugabe von keramischen Partikeln oder Kurzfasern erhöht werden, um im Thixoverfahren ein komplexes, endkonturnahes Bauteil aus einer MMC-Legierung zu erzeugen, da hierzu das Vormaterial die entsprechenden Anteile an keramischen Partikeln aufweisen muss. Üblicherweise wird ein solches Vormaterial über Rührgießen, wie oben beschrieben, oder pulvermetallurgisch, ebenfalls wie oben beschrieben, hergestellt. Auch ist die Herstellung von Vormaterial mittels Sprühkompaktieren bekannt. Die genannten Verfahren werden auch angewandt für Vormaterial ohne keramische Verstärkung. Die thixotropen Eigenschaften werden neben dem Verhältnis von fester zu flüssiger Phase auch durch die Form und Verteilung der festen Bestandteile bestimmt. Damit sich ein gewünschter Zustand einstellt, müssen die festen Bestandteile in globularer, also kugelförmiger Form vorliegen. Um ein globulares Gefüge im Vormaterial zu erhalten, werden spezielle Prozesse bei der Vorbereitung eingesetzt, wie Aufschmelzen unter beständigem Rühren, gezieltes Abschrecken aus der Schmelze, massive Zugabe von Kornfeinungsmitteln oder Ultraschallbehandlung.
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Besondere Vorteile bietet das Thixoverfahren hinsichtlich mechanischer Eigenschaften wie der erzielbaren Gefügequalität und der endkonturnahen Formfüllung. Insbesondere Werkstoffe mit Legierungszusammensetzungen weit außerhalb eines Gleichgewichtszustands und Werkstoffe mit einer beispielsweise keramischen Verstärkung können erfolgreich verarbeitet werden.
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Nachteilhaft bei Partikelverstärkungen sind die gleichen Probleme wie bei der Bereitstellung des Vormaterials wie bei der direkten Verarbeitung partikelverstärkter Legierungen, beispielsweise Entmischung, Wasserstoffaufnahme und Porosität, Agglomerationen der Partikeln und Aluminiumkarbidbildung. Dies führt zu qualitativ minderwertigen Bauteilen, bei denen zusätzlich der Anteil der Verstärkungskomponente durch die Begrenzungen bei der Vormaterialbereitstellung stark eingeschränkt wird.
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Bekannt ist die Verarbeitung von Metallpulvern mit oder ohne Partikelzugabe mittels des Spark-Plasma-Sinter-Verfahrens (SPS-Verfahren). Hierbei werden Pulver und Pulvergemische in einer Kavität sowohl verdichtet als auch durch eine Stromdurchleitung durch das Pulver schnell erhitzt, so dass die einzelnen Partikel zusammenwachsen und somit eine Konsolidierung zum festen Material stattfindet. Vorteil des Verfahrens ist, dass diese Konsolidierung so schnell erfolgt, dass die Phasen kaum vergröbern, im Gegenteil in den Kontaktzonen der einzelnen Partikeln eine Kornfeinung stattfindet. Die Ausscheidungen, beispielsweise Silizium-Primärkristalle in einer Aluminiummatrix, liegen wegen der Rascherstarrung globular vor, was für die Weiterverarbeitung mittels Thixoverfahren sehr vorteilhaft ist. Außerdem können mit diesem Verfahren auch erfolgreich Aluminiumpulver verarbeitet werden, die ansonsten wegen der Oxidhautbildung an der Oberfläche sich mit klassischen pulvermetallurgischen Verfahren nur schlecht konsolidieren lassen.
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Allerdings wird davon ausgegangen, dass für eine vollständige Porenfreiheit und damit bestmögliche Werkstückeigenschaften eine nachfolgende Umformung durch Schmieden oder Fließpressen erforderlich ist.
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Aus
WO 2019 041 305 A1 geht ein Verfahren zur Herstellung von Bauteilen unter Verwendung eines Ouersprays mit integrierten Hartstoffen hervor, bei welchem einem geschmolzenen und verdüsten Material MMC-Partikel beigegeben wird, die Mischung durch Verdüsung zu einem MMC-Agglomerat umgeformt wird und anschließend durch SPS-Verfahren verdichtet und kompaktiert wird. Eine insbesondere formgebende Nachbearbeitung wird hier nicht erwähnt.
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Aus der
WO 2013 041 729 A1 geht ein Verfahren zur Herstellung von Bauteilen oder Halbzeugen unter Verwendung eines unter Inertgasatmosphäre schmelzverdüsten Pulvers aus Aluminium oder einer Aluminium-Legierung mit integrierten Hartstoffen hervor, wobei dem geschmolzenen oder verdüsten Metall während des Sprühprozesses oder daran anschließend Verstärkungspartikel beigegeben werden, und danach die Pulverpartikel zur Erzeugung eines Bauteils oder eines Halbzeugs mittels eines SPS-Verfahrens verdichtet werden. Eine Weiterverarbeitung insbesondere eines gegebenenfalls erzeugten Halbzeugs wird in dieser Veröffentlichung nicht erwähnt.
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Aufgabe der Erfindung ist es daher, ein Verfahren zu schaffen, das eine Herstellung eines verschleißbeständigen Leichtmetallbauteils in einer komplexen Geometrie ermöglicht.
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Diese Aufgabe wird ausgehend von einem Verfahren gemäß dem Oberbegriff von Anspruch 1 in Verbindung mit dessen kennzeichnenden Merkmalen gelöst. Die nachfolgenden abhängigen Ansprüche geben vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung wieder.
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Die Erfindung schließt die technische Lehre ein, dass für das Vormaterial ein ein- oder mehrphasiges Metallpulver, mit oder ohne Partikelzugabe, mittels des SPS-Verfahrens zu einem geeigneten Halbzeug konsolidiert wird.
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Vorzugsweise ist das Metallpulver, typischerweise eine Al-, Mg- oder Ti-Basislegierung, dabei hochlegiert.
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Der Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens besteht insbesondere darin, dass die Vorteile der pulvermetallurgischen Rascherstarrung ausgenutzt werden. Sowohl beim SPS-Verfahren als auch bei der teilflüssigen Formgebung werden nämlich kurze Haltezeiten bei hohen Temperaturen eingesetzt, so dass sich keine negativen Effekte durch Metallschmelzen außerhalb des Gleichgewichtszustands ergeben. Insbesondere eignen sich Aluminium-Siliziumlegierungen mit einem Si-Gehalt von über 12%, Magnesium-Siliziumlegierungen und Titan-Aluminiumlegierungen für diese Art der Zubereitung. Die Legierungszusammensetzung kann dabei frei im Hinblick auf die optimalen Bauteileigenschaften und die Verarbeitung mittels teilflüssiger Formgebung gewählt werden. Die so erzeugten Vormaterialien eignen sich daher in idealer Weise für die Weiterverarbeitung mittels teilflüssiger Formgebung, da sie keinerlei dendritische Ausscheidungen enthalten, die sich sehr nachteilig auf die Thixotropie auswirken.
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Gemäß die Erfindung verbessernder Maßnahmen wird vorgeschlagen, dass dem Metallpulver ein keramisches Pulver als Hartstoff beigemischt wird, welches vorzugsweise beim Verdüsen des Metallpulvers beigemischt wird.
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Insbesondere bei der Verwendung von partikelverstärkten Werkstoffen können über die gesamte Prozesskette optimale Bedingungen geschaffen werden. Durch geeignete Wahl der Pulvergemische, beispielsweise durch eine Mitverdüsung der Partikeln bei der Metallpulvererzeugung oder einem geeigneten Hochenergiemischen von Metallpulver und Partikeln, kann eine optimale und homogene Verteilung der Partikeln im Vormaterial erreicht werden. Ein weiterer Vorteil ist die bestmögliche Ausnutzung der eingesetzten Ausgangsstoffe über die Pulvererzeugung, Konsolidierung und Formgebung hinweg, was sich günstig auf die Prozesskosten auswirkt. Die endkonturnahe Formgebung begünstigt außerdem die Vermeidung von exzessiver Bearbeitung der verschleißbeständigen Bauteile. Bevorzugte Verhältnisse der Partikelgrößen von Metall- zu Keramikphase sind in der Größenordnung von 1:1, jedoch nicht größer als 5:1, um Agglomerationen zu verhindern.
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Weitere Merkmale, Vorteile und Einzelheiten der Erfindung werden nun anhand der Zeichnungen, die bevorzugte Ausführungsbeispiele der Erfindung darstellen, näher beschrieben.
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1 zeigt eine typische Gefügestruktur eines verdüsten Leichtmetallpartikels, und
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2 zeigt eine typische Schüttung von Metallpulver und keramischer Verstärkung, und
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3 zeigt ein typisches Gefüge aus metallischen und keramischen Bestandteilen nach der Konsolidierung mittels SPS, und
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4 zeigt die ein erstes Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Verfahrens, und
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5 zeigt ein zweites Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemäßen Verfahrens.
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Gemäß 1 enthält eine typische Gefügestruktur eines verdüsten Leichtmetallpartikels ein globulares Partikel 1, typischerweise in einer Größe zwischen 10 und 250 μm, harte Ausscheidungen 2 wie zum Beispiel Silizium in einer übereutektischen Aluminium-Silizium-Legierung und die rasch erstarrte Matrix 5, mit einer typischen Korngröße von 3 bis 10 μm. Durch die Rascherstarrung wird nahezu der gesamte Anteil des hochschmelzenden Legierungsbestandteils wie Silizium primär als globularer Kristallit ausgeschieden, der niedrig schmelzende Anteil wie zum Beispiel Aluminium bildet eine gleichmäßige und feinkörnige Matrix.
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Gemäß 2 enthält eine typische Schüttung von Metallpulver und keramischer Verstärkung ein globulares Metallpulverkorn 1 und keramische Partikel 3. Dies ist ideal für die Erreichung eines teilflüssigen Zustands, sodass sich beste Verarbeitungsbedingungen und auch nach der Formgebung eine optimale Gefügequalität ergeben.
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Gemäß 3 enthält ein typisches Gefüge aus metallischen und keramischen Bestandteilen nach der Konsolidierung mittels SPS Metallpartikel, an deren Berührungspunkte sich feinste Ausscheidungen 4 bilden. Dies geschieht auf Grund der lokalen Erhitzung durch das Plasma, dem aufgebrachten Verdichtungsdruck und der dadurch entstehenden Deformation der metallischen Partikel. Sämtliche Bestandteile des so erzeugten Halbzeugs, die in-situ gebildeten Hartphasen 2, das Matrixgefüge 5, die keramischen Partikeln 3 und die sich beim SPS-Verfahren bildenden Feinstphasen 4 sind globulitisch, so dass sich für die Weiterverarbeitung mittels Thixoverfahren optimale Bedingungen einstellen.
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In 4 ist gezeigt, wie in einem ersten Schritt ein legiertes oder unlegiertes Metallpulver 1 mit Hartpartikeln 3 in einer Mischvorrichtung 6 vermischt wird, wonach das Gemisch in einer SPS-Vorrichtung 7 durch SPS zu einem Halbzeug konsolidiert werden, wonach dann in einer Formgebungsvorrichtung 8 das Halbzeug im Thixoverfahren zu einem Bauteil 12 weiterverarbeitet wird.
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In 5 ist gezeigt, wie in einem ersten Schritt eine Metallschmelze 9 gemeinsam mit Hartpartikeln 3 in einer Verdüsevorrichtung 10 verdüst wird, wonach das so erzeugte MMC-Pulver 11 in einer SPS-Vorrichtung 7 durch SPS zu einem Halbzeug konsolidiert wird, wonach dann in einer Formgebungsvorrichtung 8 das Halbzeug im Thixoverfahren zu einem Bauteil 12 weiterverarbeitet wird.
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Weitere die Erfindung verbessernde Maßnahmen werden nachstehend mit der Beschreibung von fünf bevorzugten Ausführungsbeispielen der Erfindung beschrieben.
- 1. Ein Basisaluminiumpulver (Al 99,7) wird gemischt mit Siliziumpulver im Verhältnis der Einsatzgewichte 50 zu 50. Das Pulver wird im SPS-Verfahren verdichtet mit typischen Parametern von: 450°C vorgeheizt, Pressdruck 100 MPa zu 98% der theoretischen Dichte. Das so erzeugte Halbzeug wird induktiv auf 575°C aufgeheizt und in den thixotropen Zustand versetzt. Die Umformung erfolgt endkonturnah zu einem Gehäuse für eine Leistungselektronik.
- 2. Ein Basispulver aus der Titanlegierung TiAl6V wird gemischt mit 10 Gewichtprozent Basaltkurzfasern und anschließend mittels SPS verdichtet. Das Halbzeug wird teilflüssig umgeformt zu einer Turbinenschaufel.
- 3. Ein Basispulver aus der Aluminiumlegierung AA8090 (AlLi2,5CuMg) wird gemischt mit 10% Aluminiumnitrid (AlN), SPS-verdichtet und auf 640°C aufgeheizt für ein Solid-Liquid-Verhältnis von circa 50 zu 50. Das abgegossene Bauteil, beispielsweise ein Bremssattel, erreicht einen spezifischen Elastizitätsmodul von über 40 GPa·ccm/g.
- 4. Ein Pulver der Magnesiumlegierung AZ31 (MgAl3Zn) wird gemischt mit 20% Titandiborid-Pulver (TiB2), konsolidiert mittels SPS und induktiv auf 600°C aufgeheizt, um anschließend thixotrop zum Bauteil, beispielsweise zu einer Lagerbrücke, vergossen zu werden.
- 5. Eine konventionelle Aluminiumlegierung A356 (AlSi7Mg) wird gasverdüst unter Zugabe von SiC-Partikeln in einem volumetrischen Verhältnis von 50 zu 50. Das so erzeugte Pulver wird mittels SPS zu einem Butzen konsolidiert und bei 610°C im Thixoverfahren zu einer Bremsscheibe umgeformt.
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Die Erfindung ist nicht beschränkt auf die vorstehend beschriebenen bevorzugten Ausführungsbeispiele. Es sind vielmehr auch Abwandlungen hiervon denkbar, welche vom Schutzbereich der nachfolgenden Ansprüche mit umfasst sind.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Metallpulver
- 2
- harte Ausscheidungen
- 3
- Partikel
- 4
- feinste Ausscheidungen
- 5
- erstarrte Matrix
- 6
- Mischvorrichtung
- 7
- SPS-Vorrichtung
- 8
- Formgebungsvorrichtung
- 9
- Metallschmelze
- 10
- Verdüsevorrichtung
- 11
- MMC-Pulver
- 12
- Bauteil