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Technisches Gebiet der Erfindung
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Die Erfindung betrifft eine Kollisionszelle, ein Massenspektrometer, das eine solche Kollisionszelle umfasst, und ein Verfahren zur Ionenfragmentation.
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Hintergrund der Erfindung
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Die Massenspektrometrie (MS) ist zu einem zentralen Werkzeug auf vielen Gebieten der bioanalytischen Wissenschaft in der Art der Proteomik und der Metabolomik geworden. Die Leistungsfähigkeit der MS nimmt in Bezug auf die Empfindlichkeit, Massengenauigkeit, das Auflösungsvermögen und die Genauigkeit der Detektion ständig zu. Mit modernen Instrumenten können biologische Proben in einem breiten Dynamikbereich (um 4 Größenordnungen) und einem breiten Masse-zu-Ladungsverhältnis-(m/z)-Bereich (um 200 bis 4000) mit einer hohen Auflösung (> 100000) und Erfassungsraten (> 10 Hz) analysiert werden. Ein begrenzender Faktor für die direkte Massenanalyse ist die Sequenzierungsfähigkeit der MS. Die Spezifizität und die Genauigkeit der Analytenidentifikation leiden häufig an der unzureichenden Fähigkeit von Massenspektrometern, informative Fragmentationsmustermerkmale für die Vorläuferionen zu erzeugen. Die Effizienz der Tandem-MS (MS/MS) ist insbesondere für große Proteine begrenzt. Dies ist ein wesentlicher Grund dafür, dass eine breitere Anwendung von Topdown-Ansätzen, insbesondere auf durch „native“ MS erhaltene Proteinmolekülkomplexe, verhindert wird.
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Das am häufigsten verwendete Verfahren zur Fragmentation wird als kollisionsaktivierte oder kollisionsinduzierte Dissoziation (CAD/CID) bezeichnet. Bei der CAD/CID machen beschleunigte Vorläuferionen mehrere Kollisionen mit neutralen Gasmolekülen durch, was zu einer allmählichen Schwingungserwärmung, gefolgt von der schließlichen Dissoziation der schwächsten Bindungen, führt. Polypeptidvorläuferionen dissoziieren bevorzugt über C-N-Grundbindungen, was zu ‚b‘-(N-Endgruppen)- bzw. ‚y‘-(C-Endgruppen)-Fragmenten führt. Ein Vorteil der CAD ist die verhältnismäßig kurze Zeit, die erforderlich ist, um eine reiche Fragmentation zu erzeugen (in der Größenordnung von Millisekunden), und die einfache technische Implementation. Eine der Schlüsselbegrenzungen der CAD, die für biologische Analysen relevant sind, besteht in ihrer geringen Empfindlichkeit für das Vorhandensein posttranslationaler Modifikationen (PTM). Kleine PTM, wie die Phosphorylierung oder die Sulfatierung funktioneller Gruppen, sind häufig schwach an das Grundpolypeptid gebunden und neigen dazu, während der Aktivierung leicht verloren zu gehen, was ihre Beobachtung in der Tandem-MS verhindert. Abgesehen davon, leidet die Effizienz der Sequenzierung auf der Grundlage von CAD MS/MS üblicherweise an einer unvollständigen Fragmentation entlang dem Grundpeptid. Schließlich ist die CAD für große Proteine ziemlich ineffizient, weil sich die während der Aktivierung zugeführte Energie über die große Anzahl von Schwingungsmodi verteilt. Daher fragmentieren nur wenige Peptidbindungen, nämlich jene, die eine für ihre Dissoziation ausreichende Schwingungserwärmung empfangen.
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Von CAD/CID verschieden sind Elektroneneinfang-/Übertragungsdissoziations-(ECD/ETD)-Techniken bei denen Vorläuferionen ein Elektron empfangen. Solche Techniken sind in
US 7,145,139 B2 und
US 6,995,366 B2 beschrieben. Das Hinzufügen von Elektronen zu molekularen Kationen mit geschlossenen Schalen verwandelt sie in instabile radikale Kationen des „wasserstoffreichen“ Typs. Zusätzlich werden 4 - 7 eV an Rekombinationsenergie abgegeben, was zu einem Grad der Schwingungserwärmung beiträgt. Die Elektronenübertragung auf mehrfach protonierte Polypeptide induziert vorteilhafterweise eine schnelle, möglicherweise sogar nicht ergodische Spaltung von N-Cα-Grundbindungen, was zu ‚c‘-(N-Endgruppen)- und ‚z‘-(C-Endgruppen)-Fragmenttypen führt. In vielen Fällen verhindert die hohe Geschwindigkeit des primären ECD-Prozesses eine erhebliche Umverteilung der Rekombinationsenergie unter Vibrationsmodi vor der Dissoziation. Daher können lose gebundene funktionelle Gruppen, wie sie in Proteinmolekülkomplexen und in Proteinen mit labilen PTM vorgefunden wurden, eine Dissoziation „überleben“ und in den erzeugten c- und z-Fragmenten lokalisiert werden.
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Die Sequenzpräferenzen bei ETD/ECD und CAD/CID sind komplementär, und die Kombination ihrer MS/MS-Daten erleichtert in hohem Maße ihre spektrale Interpretation und verringert die Rate der Fehlidentifikationen bei Proteomikanalysen. Bei der hochauflösenden Fouriertransformationsmassenspektrometrie (FTMS) wurde gezeigt, dass die kombinierte Verwendung von ECD und CAD die Gültigkeit der Datenbanksuchdaten um das 20- bis 100Fache verbessert und dass sie zu einer erheblich höheren Anzahl identifizierter Proteine als bei der Nur-CAD-Analyse führt. Der Querschnitt des Elektroneneinfangs nimmt mit dem ionischen Zustand von Vorläuferpolypeptiden schnell zu, wodurch er für die Fragmentation hoch protonierter Spezies besonders geeignet wird. Beispielsweise überschritt der unter typischen ECD-Bedingungen gemessene Elektroneneinfangquerschnitt von Cytochrom-c-+15-Ionen den ionenneutralen Kollisionsquerschnitt um zwei Größenordnungen.
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Zusammen mit ECD und ETD wurde eine Anzahl von Tandem-MS-Techniken eingeführt, welche eine Elektronenaktivierung verwenden. Bei der Elektronenablösungsdissoziation (EDD) werden deprotonierte Polypeptide durch die Kollisionen mit freien Elektronen ladungsreduziert. Dies ist in Budnik, B. A., Haselmann, K. F., Zubarev, R. A. Chem. Phys. Lett. 2001, 342, 299 beschrieben. Reduzierte Radikalenspezies dissoziieren entlang der Cα-C-Grundbindung, was zu ‚x‘- und ‚a‘-Fragmenten führt. Bei der durch Metastabile induzierten Dissoziation (MIDI) werden elektronisch angeregte Atome eines Edelgases als Elektronenspender zum Aktivieren kationischer Polypeptide verwendet, was zu einem ECD/ETD ähnelnden Fragmentationsmuster führt. Dies ist beispielsweise in
US 2005/258353 A1 und
Misharin, A. S., Silivra, O. A., Kjeldsen, F., Zubarev, R. A. Rapid Commun. Mass Sp. 2005, 19, 2163 und Berkout, V. D., Anal. Chem. 2006, 78, 3055 beschrieben. Alternativ kann eine Elektronenübertragung auf Polypeptide auch durch hochenergetische Kollisionen mit Alkalimetalldämpfen induziert werden.
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Die (als das Verhältnis zwischen den Produktionenhäufigkeiten und der Vorläuferionenhäufigkeit bestimmte) Effizienz von ECD/ETD hängt stark vom Ladungszustand von Vorläuferspezies ab. Bei niedrigen Ladungszuständen ist die Effizienz dieser Techniken gewöhnlich begrenzt, insbesondere für 2+-Vorläufer, für die eines der Fragmente notwendigerweise neutral ist. Die letztgenannte Beschränkung kann ein ernstes Problem für die Schrotflintenproteomik darstellen, wobei die am meisten analysierten proteolytischen Peptide doppelt geladen sind. Demgemäß würde das Erhöhen des Ladungszustands von Vorläuferionen vor der Fragmentation die Effizienz der anschließenden Aktivierung durch Elektronenübertragung erhöhen und die Anwendung von ECD/ETD auf einzeln geladene Vorläufer ermöglichen. Ein solches „Superladen“ von Analytkationen kann durch Elektronenionisationsdissoziation (EID) eingesperrter Ionen erreicht werden, wie in
GB 2 405 526 A ,
US 6,800,851 B1 und Fung, Y. M. E., Adams, C. M., Zubarev, R. A. J. Am. Chem. Soc. 2009, 131, 9977 beschrieben ist. Allerdings kann die Schwierigkeit des Behandelns von Elektronenstrahlen, die in einen Hochfrequenzmultipol eintreten, verhindert haben, dass ein solches Verfahren weit verbreitet angewendet wird.
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Die
DE 10 2005 041 655 A1 bezieht sich auf die Erzeugung von mehrfach geladenen Ionen aus einfach geladenen Ionen von Analytsubstanzen, insbesondere von Biopolymeren.
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Die
DE 10 2008 023 694 A1 bezieht sich auf die Fraktionierung von Analytionen, insbesondere Biopolymerionen, zur Bestimmung der Struktur und der Polymersequenzen in Hochfrequenz-Ionenfallen.
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Es ist daher ein verbessertes Verfahren zur Ionenfragmentation erwünscht, insbesondere ein Verfahren, das für die MS/MS-Analyse biologischer Proben geeignet ist.
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Zusammenfassung der Erfindung
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Vor diesem Hintergrund ist eine Kollisionszelle vorgesehen, die dafür eingerichtet ist, Ionen zur Fragmentation in einer Kammer zu empfangen, und einen Aktivierungsionengenerator umfasst, der dafür ausgelegt ist, die empfangenen Ionen mit Aktivierungsionen der gleichen Polarität wie die empfangenen Ionen zu bestrahlen.
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Vorteilhafterweise ist der Aktivierungsionengenerator ein Plasmagenerator, der dafür ausgelegt ist, ein die Aktivierungsionen umfassendes Plasma zu erzeugen, so dass die Aktivierungsionen vorteilhafterweise als ein Plasma erzeugt werden. Ein Aktivierungsionenstrahl (insbesondere wenn er als ein Plasmastrahl erzeugt wird und/oder speziell wenn er beschleunigt wird) kann eine große Vielzahl ionischer, elektronisch angeregter (metastabiler) und neutraler Spezies innerhalb eines breiten Bereichs kinetischer Energien enthalten. Einige dieser Spezies können nicht reaktiv sein, andere reagieren jedoch mit den Zielvorläufern durch eine Vielzahl von Kollisionsreaktionen, Protonen-, Atom- und Elektronenübertragungsreaktionen. Die MS/MS-Analyse kann eine Vielzahl von Reaktionen offenbaren, einschließlich einer Ladungsreduktion und einer Ladungserhöhung von Analytspezies, sowie Polypeptidgrundbindungsspaltungen entlang jedem der Zwischenrestbindungstypen (C-CO, C-N, N-Cα). Die vorliegende Erfindung kann dadurch eine Kollisionszelle bereitstellen, die dafür ausgelegt ist, empfangene Ionen durch einen Ionenstrahl zu fragmentieren, um eine gleichzeitige Beobachtung von b/y- und c/z-Fragmenten und ladungserhöhter Vorläuferionen zu bewirken.
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Vorzugsweise ist der Aktivierungsionengenerator dafür ausgelegt, die empfangenen Ionen mit einem geladenen Gas zu bestrahlen, das die Aktivierungsionen mit der gleichen Polarität wie die empfangenen Ionen umfasst. Dieses kann aus solchen Gasen wie Luft, Stickstoff, Sauerstoff, Wasserstoff, Methan, Kohlenmonoxid und Kohlendioxid und Inertgasen (beispielsweise He, Ne, Ar usw.) und anderen bestehen. Es könnten auch Gasmischungen verwendet werden. Es können auch Dämpfe von flüssigen oder festen Substanzen verwendet werden, vorzugsweise indem sie sowie eine Plasmakammer des Plasmagenerators, worin geladenes Gas, insbesondere als ein Plasma, gebildet werden kann, erwärmt werden.
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Gemäß der bevorzugten Ausführungsform werden die Aktivierungsionen positiv geladen. Vorteilhafterweise liegen die Aktivierungsionen bei einer hohen Energie, wenn sie die empfangenen Ionen bestrahlen, möglicherweise zwischen 700 eV und 1500 eV.
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Gemäß einer Ausführungsform umfasst der Plasmagenerator eine Plasmakammer, die dafür eingerichtet ist, ein Gas zu empfangen. Dieses Gas kann dann verwendet werden, um ein die Aktivierungsionen umfassendes Plasma zu erzeugen. Optional wird der Plasmagenerator dafür eingerichtet, das Gas über ein Leckventil zu empfangen. Vorteilhafterweise umfasst der Plasmagenerator ferner einen Mikrowellenenergiegenerator, der dafür ausgelegt ist, in der Plasmakammer empfangenes Gas zu bestrahlen und das Plasma dadurch zu erzeugen. Gemäß der bevorzugten Ausführungsform ist der Plasmagenerator eine Ionenkanone. Alternative Quellen zum Erzeugen intensiver Ionenstrahlen in einem Vakuum umfassen Duoplasmatron-, Laserplasma-, chemische Ionisations-, Elektronenionisations- oder ähnliche Quellen.
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Vorteilhafterweise umfasst die Kollisionszelle ferner einen Anregungsfeldgenerator, der dafür eingerichtet ist, das innerhalb der Plasmakammer erzeugte Plasma anzuregen. Hierdurch kann die Plasmadichte erhöht werden. Vorzugsweise umfasst der Anregungsfeldgenerator einen Magnetfeldgenerator. Der Anregungsfeldgenerator ist vorzugsweise dafür ausgelegt, die Wirkung einer Zyklotronresonanz auf das erzeugte Plasma auszuüben.
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Gemäß Ausführungsformen umfasst der Plasmagenerator ferner eine Extraktionsionenoptik, die dafür ausgelegt ist, die Aktivierungsionen (möglicherweise zusammen mit anderen Komponenten des Plasmas) von der Plasmakammer zur Kollisionszellenkammer zu übertragen. Vorzugsweise umfasst die Extraktionsionenoptik: eine erste Gitterelektrode zum Empfangen eines ersten Potentials und eine zweite Gitterelektrode zum Empfangen eines zweiten Potentials, die von der ersten Gitterelektrode beabstandet ist. Vorzugsweise weisen das erste und das zweite Potential entgegengesetzte Polaritäten auf. Das zweite Potential weist optional einen größeren Betrag auf als das erste Potential. Vorteilhafterweise umfasst die Extraktionsionenoptik ferner eine Leistungsversorgungsanordnung, die dafür ausgelegt ist, das erste und das zweite Potential bereitzustellen. Gemäß der bevorzugten Ausführungsform ist die Extraktionsionenoptik dafür ausgelegt, Kationen von der Plasmakammer zur Kollisionszellenkammer zu übertragen. Das erste Potential kann zwischen 100 V und 1000 V liegen, und das zweite Potential kann zwischen -600 V und -1400 V liegen.
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Gemäß einigen Ausführungsformen umfasst die Kollisionszelle ferner eine Schnittstelle zwischen dem Aktivierungsionengenerator und der Kollisionszellenkammer. Vorteilhafterweise umfasst die Kollisionszelle ferner eine Pumpanordnung, die dafür ausgelegt ist, ein Vakuum in der Schnittstelle bereitzustellen. Beispielsweise kann der Druck in der Schnittstelle zwischen 10-6 mbar (10-4 Pa) und 10-4 mbar (10-2 Pa) variieren.
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Gemäß Ausführungsformen umfasst die Schnittstelle ferner eine ionenoptische Linse, die dafür ausgelegt ist, die Übertragung der Aktivierungsionen vom Aktivierungsionengenerator zur Kollisionszellenkammer zu erleichtern. Diese ionenoptische Linse kann zusätzlich zur vorstehend erwähnten Extraktionsionenoptik bereitgestellt werden. Vorzugsweise befindet sich die Extraktionsionenoptik im Aktivierungsionengenerator und befindet sich die ionenoptische Linse in der Schnittstelle. Es kann ein Potential an die ionenoptische Linse angelegt werden. Dieses Potential kann einen größeren Betrag aufweisen als das an die Extraktionsionenoptik angelegte zweite Potential.
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Vorteilhafterweise umfasst die Kollisionszelle ferner Einsperrelektroden, die dafür ausgelegt sind, ein Einsperrfeld zum Einschließen der empfangenen Ionen in die Kammer bereitzustellen. Demgemäß kann die Kollisionszelle als eine Falle zum Einfangen und Speichern von Vorläuferionen wirken, die dann fragmentiert werden. Die Einsperrelektroden werden vorzugsweise dafür ausgelegt, ein oder mehrere Gleichspannungspotentiale zu empfangen, um das Einsperrfeld zu erzeugen.
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Bevorzugter umfasst die Kollisionszelle ferner eine Steuereinrichtung, die dafür ausgelegt ist, das an die Einsperrelektroden angelegte Gleichspannungspotential zu steuern. Die Steuereinrichtung kann dafür ausgelegt sein, das Gleichspannungspotential so zu steuern, dass: ein erster Satz von Gleichspannungspotentialen während eines ersten Zeitraums an die Einsperrelektroden angelegt wird, um zu bewirken, dass Ionen zur Fragmentation in die Kollisionszellenkammer eintreten, und ein zweiter Satz von Gleichspannungspotentialen während eines auf den ersten Zeitraum folgenden zweiten Zeitraums an die Einsperrelektroden angelegt wird, wobei das erste und das zweite Potential entgegengesetzte Polaritäten haben. Diese Spannungsinversion kann die Fokussierung von Vorläuferionen näher an einer Öffnung, durch die Plasma in die Kollisionszellenkammer aufgenommen wird, bewirken. Die Plasmastrahldichte kann in diesem Bereich höher sein.
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Die Steuereinrichtung ist optional ferner dafür ausgelegt, das an die Einsperrelektroden angelegte Gleichspannungspotential zu steuern, so dass ein dritter Satz von Gleichspannungspotentialen während eines dritten Zeitraums an die Einsperrelektroden angelegt wird, um zu bewirken, dass fragmentierte Ionen aus der Kollisionszellenkammer austreten. Vorteilhafterweise wird der erste Satz von Gleichspannungspotentialen so festgelegt, dass Ionen in einer ersten Richtung in die Kollisionszellenkammer eintreten, und wird der dritte Satz von Gleichspannungspotentialen so festgelegt, dass Ionen in einer zur ersten Richtung entgegengesetzten zweiten Richtung aus der Kollisionszellenkammer austreten.
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Die Kammer umfasst vorzugsweise eine Ionenempfangsöffnung, die dafür ausgelegt ist, den Eintritt von Ionen in die Kammer zur Fragmentation zu ermöglichen. Vorteilhafterweise ist die Ionenempfangsöffnung auch dafür ausgelegt, den Austritt von Fragmentionen aus der Kammer zu ermöglichen.
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Gemäß einem zweiten Aspekt ist ein Massenspektrometer vorgesehen, welches Folgendes umfasst: eine Ionenquelle zum Erzeugen von Ionen, eine Kollisionszelle, wie hier beschrieben, die dafür eingerichtet ist, erzeugte Ionen zu empfangen und die empfangenen Ionen zu fragmentieren, und einen Massenanalysator, der dafür ausgelegt ist, Fragmentionen zur Analyse zu empfangen. Vorteilhafterweise ist der Massenanalysator dafür ausgelegt, Ausgangsionen und Fragmentionen für die Analyse zu empfangen. Gemäß der bevorzugten Ausführungsform ist die Ionenquelle dafür ausgelegt, Ionen durch Elektrosprayionisation (ESI) zu erzeugen. Optional ist die Ionenquelle dafür ausgelegt, Ionen von einer Polypeptidprobe zu erzeugen.
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Gemäß einem dritten Aspekt ist ein Verfahren zur Ionenfragmentation vorgesehen, welches folgende Schritte umfasst: Empfangen von Ionen zur Fragmentation in einer Kollisionszellenkammer und Bestrahlen der empfangenen Ionen mit Aktivierungsionen mit der gleichen Polarität wie die empfangenen Ionen. Optional umfasst der Schritt des Bestrahlens das Bestrahlen der empfangenen Ionen mit einem geladenen Gas, das die Aktivierungsionen mit der gleichen Polarität wie die empfangenen Ionen umfasst. Die Aktivierungsionen werden vorteilhafterweise innerhalb eines Plasmas, das ein Gasplasma sein kann, erzeugt. Es sei bemerkt, dass dieses Verfahren optionale Verfahrensschritte umfassen kann, welche einem oder mehreren der hier definierten Vorrichtungsmerkmale entsprechen. Eine Anzahl von diesen wird nun nachstehend explizit erwähnt.
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Vorteilhafterweise umfasst der Schritt des Bestrahlens das Empfangen eines Gases in einer Plasmakammer eines Plasmagenerators. Dies kann durch ein Leckventil geschehen. Optional umfasst der Schritt des Bestrahlens ferner das Erzeugen eines die Aktivierungsionen umfassenden Plasmas durch Bestrahlen des in der Plasmakammer empfangenen Gases mit Mikrowellenenergie. Gemäß einigen Ausführungsformen umfasst der Schritt des Bestrahlens ferner das Anregen des in der Plasmakammer erzeugten Plasmas, um die Plasmadichte dadurch zu erhöhen. Gemäß Ausführungsformen umfasst der Schritt des Anregens das Ausüben der Wirkung einer Zyklotronresonanz auf das erzeugte Plasma, vorteilhafterweise unter Verwendung eines Magnetfelds.
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Gemäß der bevorzugten Ausführungsform umfasst der Schritt des Bestrahlens ferner das Übertragen der Aktivierungsionen aus der Plasmakammer zur Kollisionszellenkammer unter Verwendung einer Extraktionsionenoptik. Vorzugsweise umfasst der Schritt des Übertragens Folgendes: Bereitstellen eines ersten Potentials an einer ersten Gitterelektrode der Extraktionsionenoptik, Bereitstellen eines zweiten Potentials an einer zweiten Gitterelektrode der Extraktionsionenoptik, welche von der ersten Gitterelektrode beabstandet ist, und wobei das erste und das zweite Potential entgegengesetzte Polaritäten aufweisen. Auf diese Weise können die Aktivierungsionen mit der gleichen Polarität wie die empfangenen Ionen (beispielsweise Kationen) extrahiert werden.
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Vorteilhafterweise umfasst der Schritt des Bestrahlens Folgendes: Übertragen der Aktivierungsionen vom Aktivierungsionengenerator zur Kollisionszellenkammer über eine Schnittstelle und Bereitstellen eines Vakuums in der Schnittstelle. Der Schritt des Bestrahlens kann ferner das Erleichtern der Übertragung der Aktivierungsionen vom Aktivierungsionengenerator zur Kollisionszellenkammer unter Verwendung einer ionenoptischen Linse umfassen.
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Vorteilhafterweise umfasst das Verfahren ferner das Bereitstellen eines Einsperrfelds zum Einschließen der empfangenen Ionen in der Kammer. Dann kann der Schritt des Bereitstellens eines Einsperrfelds das Anlegen eines oder mehrerer Gleichspannungspotentiale an die Einsperrelektroden umfassen. Optional kann der Schritt des Anlegens eines oder mehrerer Gleichspannungspotentiale an die Einsperrelektroden Folgendes umfassen: Anlegen eines ersten Satzes von Gleichspannungspotentialen an die Einsperrelektroden während eines ersten Zeitraums, um zu bewirken, dass Ionen zur Fragmentation in die Kollisionszellenkammer eintreten, und Anlegen eines zweiten Satzes von Gleichspannungspotentialen an die Einsperrelektroden während eines auf den ersten Zeitraum folgenden zweiten Zeitraums, wobei die ersten und die zweiten Potentiale entgegengesetzte Polaritäten aufweisen.
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Gemäß Ausführungsformen umfasst der Schritt des Anlegens eines oder mehrerer Gleichspannungspotentiale an die Einsperrelektroden ferner das Anlegen eines dritten Satzes von Gleichspannungspotentialen an die Einsperrelektroden während eines dritten Zeitraums, um zu bewirken, dass fragmentierte Ionen aus der Kollisionszellenkammer austreten. Vorteilhafterweise wird der erste Satz von Gleichspannungspotentialen so festgelegt, dass Ionen in einer ersten Richtung in die Kollisionszellenkammer eintreten, wobei der dritte Satz von Gleichspannungspotentialen so festgelegt wird, dass Ionen in einer der ersten Richtung entgegengesetzten zweiten Richtung aus der Kollisionszellenkammer austreten.
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Gemäß der bevorzugten Ausführungsform umfasst der Schritt des Empfangens von Ionen zur Fragmentation ferner das Empfangen der Ionen in der Kollisionszellenkammer über eine Ionenempfangsöffnung. Vorzugsweise umfasst das Verfahren ferner das Ausstoßen von Fragmentionen aus der Kollisionszelle über die Ionenempfangsöffnung.
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Die Kombination beliebiger der hier beschriebenen Vorrichtungsmerkmale, der hier beschriebenen Verfahrensmerkmale oder beider ist auch vorgesehen, selbst wenn dies nicht explizit offenbart wurde. Eine Steuereinrichtung, die dafür ausgelegt ist, das hier beschriebene Verfahren auszuführen, kann auch vorgesehen werden.
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Figurenliste
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Die Erfindung kann auf verschiedene Arten verwirklicht werden, von denen eine nun nur als Beispiel mit Bezug auf die anliegende Zeichnung beschrieben wird. Es zeigen:
- 1A ein schematisches Diagramm eines Massenspektrometers, das eine Kollisionszelle gemäß der vorliegenden Erfindung umfasst,
- 1B ein schematisches Diagramm eines Plasmagenerators zur Verwendung in der Kollisionszelle aus 1A,
- die 2A und 2B eine Tandem-MS-Analyse von mit einem hochenergetischen Plasmastrahl aktivierten zweifach protonierten (2A) und dreifach protonierten (2B) Angiotensinkationen,
- 3A Isotopenmuster durch Plasmabestrahlung zweifach geladener Vorläufer gebildeter dreifach geladener Angiotensinspezies,
- 3B ein entfaltetes Isotopenmuster der Produktionen, welches den merklichen Beitrag durch den Verlust eines Wasserstoffatoms gebildeter Spezies offenbart,
- 4 eine Tandem-MS-Analyse zweifach geladener Angiotensinkationen unter Verwendung verschiedener Aktivierungsverfahren: Luftplasma, ETD und HCD, und
- 5 eine Tandem-MS-Analyse von Ubiquitin unter Verwendung einer Aktivierung von Vorläuferionen mit einem Luftplasma.
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Detaillierte Beschreibung einer bevorzugten Ausführungsform
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In 1A ist ein schematisches Diagramm eines Massenspektrometers dargestellt, das eine Kollisionszelle 10 gemäß der vorliegenden Erfindung umfasst. Wenngleich Einzelheiten in Bezug auf das spezifische Massenspektrometer, mit dem die Kollisionszelle 1 verwendet wurde, nachstehend erörtert werden, ist zu verstehen, dass die Kollisionszelle gemäß der vorliegenden Erfindung mit einer Vielzahl verschiedener analytischer Instrumente verwendet werden kann, insbesondere auf dem Gebiet der Massenspektrometrie. Die in 1A dargestellte spezifische Massenspektrometerkonfiguration dient daher nur als ein Beispiel.
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Das Massenspektrometer 1 umfasst: eine Kollisionszellenanordnung 10, eine Ionenspeichervorrichtung 40, ein Massenfilter 50, einen Massenanalysator 60 und eine Ionenquelle 70. Die Kollisionszellenanordnung 10 umfasst: einen Plasmagenerator 20 und eine Kollisionszelle 30. Die Ionenspeichervorrichtung 40 gemäß dieser Ausführungsform ist eine gekrümmte Falle (C-Falle), das Massenfilter 50 ist eine Quadrupolvorrichtung, die Ionenquelle 70 ist eine S-Linsen-Quelle, und der Massenanalysator 60 ist vom Orbitalfallentyp. All diese Vorrichtungen können geändert werden, wie vorstehend erwähnt wurde. Zusätzlich oder alternativ kann die Konfiguration der Vorrichtungen in Übereinstimmung mit den vorstehenden Kommentaren geändert werden.
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Für die Kollisionszellenanordnung 10 ist der Plasmagenerator 20 (der insbesondere eine Ionenkanone ist) auf der Rückseite der Kollisionszelle 30 angebracht, die eine Hochenergiekollisionsdissoziations-(HCD)-Zelle ist. Vorläuferionen werden durch das selektive Quadrupolmassenfilter 50 isoliert und in der HCD-Zelle 30 eingesperrt. Sie werden dann über ein gewünschtes Zeitintervall einer Plasmastrahlbestrahlung vom Plasmagenerator 20 ausgesetzt. Erzeugte Ionenfragmente werden dann zur Detektion zum Massenanalysator 60 übertragen. Es wird angenommen, dass die Erzeugung von Fragmentionen unter Verwendung der Kollisionszellenanordnung 10 von existierenden Kollisionszellenentwürfen erheblich verschieden ist.
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Zum Beurteilen der Kollisionszellenanordnung 10 wurde eine experimentelle Vorrichtung auf der Grundlage des Massenspektrometerentwurfs in 1A getestet. Dieser Entwurf entspricht dem Auftisch-Q-Exactive-(TM)-Massenspektrometer (hergestellt von Thermo Fisher Scientific, Bremen, Deutschland). Weitere Einzelheiten zur experimenteilen Vorrichtung werden nun als Beispiel bereitgestellt. Die experimentellen Ergebnisse werden dann erörtert, um die Vorteile der Kollisionszellenanordnung 10 aufzuzeigen.
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Der Plasmagenerator 20 in der experimentellen Vorrichtung ist eine filamentfreie IonEtch-(TM)-Sputterkanone (Tectra, Frankfurt, Deutschland), welche eine Mikrowellenplasmaentladung verwendet. 1B zeigt ein schematisches Diagramm eines solchen Plasmagenerators. In diesem Schema dargestellte Messungen sind ein Beispiel, das nur der Veranschaulichung dient. Der Plasmagenerator umfasst: ein Leckventil 21, eine elektrische Durchführung 22, einen Anbringungsflansch 23, eine Wasserkühlung 24, ein Leistungsversorgungskabel 25 und einen Ionenstrahlausgang 26.
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Bei dieser Kanone wird Mikrowellenenergie in eine Aluminiumoxidkammer gepumpt und ein Plasma wird in dem über ein optionales Leckventil von außen in die Kammer eingeleiteten Gas gezündet. Die Plasmadichte wird durch die Wirkung der durch ein Quadrupolmagnetfeld um die Kammer hervorgerufenen Zyklotronresonanz erhöht. Positive Ionen werden unter Verwendung einer Zweigitterextraktionsoptik aus der Kammer extrahiert. Die erste Linse (Anode) liegt typischerweise bei einer Spannung im Bereich von 100 V bis 1000 V, und die zweite Linse (Kathode) liegt bei einer Spannung von -600 V bis -1400 V. Der Magnetronstrom variiert von 15 bis 20 mA, und der etwa 5 cm von der Kathodenlinse entfernt gemessene Strahlstrom liegt im Bereich von 50 bis 200 µA.
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Die Sputterkanone ist unter Verwendung einer zweckgebundenen Schnittstelle am hinteren Flansch der HCD-Zelle 30 angebracht und wird durch eine zusätzliche Turbopumpe evakuiert, um das Hintergrundvakuum innerhalb der Plasmakammer zu verbessern. Der in unmittelbarer Nähe der Kanone gemessene Druck beträgt etwa 9 × 10-6 mbar (9 × 10-4 Pa), wenn das Gasleckventil ganz geschlossen ist. Das Zuführgas wird bei einer Flussrate von etwa 1 bis 5 sccm zugeführt, was zu einer Druckerhöhung bis zu 5 × 10-5 mbar (5 × 10-3 Pa) bis 5 × 10-4 mbar (5 × 10-2 Pa) führt. Der durch die Kanone erzeugte Ionenstrahl tritt über ein Öffnungsloch mit einem Innendurchmesser von 2,5 mm in der hinteren Linse in das Innere der HCD-Zelle ein. Der Abstand vom Ende der Kanone zur HCD-Zelle beträgt etwa 2 cm. Eine zusätzliche Ionenlinse (bei einer Spannung von -2000 V) ist zwischen der Kathode und der hinteren HCD-Linse installiert, um die Ionenstrahlextraktion zu erleichtern.
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Das Ziel der nun beschriebenen Experimente besteht darin, das komplexe Netzwerk der in der experimentellen Einrichtung verfügbaren Reaktionswege unter Verwendung im Handel verfügbarer Instrumente zu testen. Die beobachteten Fragmentationsmuster werden mit Referenz-CAD- und ETD-MS/MS-Analysen verglichen, und die Relevanz des Verfahrens für bioanalytische Untersuchungen wird erörtert.
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In spezifischen Tests werden Angiotensin I (DRVYIHPFHL) und Ubiquitin ohne weitere Reinigung verwendet. Polypeptidmoleküle werden bei einer Konzentration von 10-5 M in einem Elektrospraylösungsmittel (Wasser - Methanol - Essigsäure 49:49:2 v:v:v) gelöst, und sie werden unter Verwendung der Standard-MaxSpray-Einrichtung und einer Spritzenpumpe Elektrospray-ionisiert.
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Es wurden Experimente im MS/MS-Modus des Q-Exactive-(TM)-Instrumentenbetriebs ausgeführt, wobei die Plasmaquelle ständig eingeschaltet war. Die Quelleninstallation und der Betrieb erforderten das Entfernen des für die Ionenstromsteuerung bei routinemäßigen MS-Experimenten verwendeten Ladungsdetektors. Daher ist eine automatische Verstärkungssteuerung in den beschriebenen spezifischen Experimenten nicht verfügbar. Vorläuferionen werden mit einer kinetischen Energie von nahezu null in die HDC-Zelle injiziert, um eine Fragmentation durch Kollisionen mit Puffergas zu verhindern. Der Ioneninjektion folgt eine Zeitverzögerung von 3 ms, woraufhin der axiale Gleichspannungsgradient entlang der HCD-Zelle invertiert wird (von +20 V auf -20 V). Diese Spannungsinversion ermöglicht eine Fokussierung von Vorläuferionen näher am Kanonenausgang, wo die Plasmastrahldichte höher ist. Eingefangene Ionen werden nicht länger als 5 Sekunden bestrahlt, woraufhin der Gleichspannungsgradient wieder auf normal gewechselt wird, und die Produktionen werden zur C-Falle 40 übertragen. Die MS-Detektion erfolgt unter Verwendung standardmäßiger Instrumenteneinstellungen im Analysator 60.
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Bei den hier beschriebenen Tests werden Ionenspitzen, die der Fragmentation von Polypeptiden entsprechen, in Übereinstimmung mit der herkömmlichen Nomenklatur bezeichnet. N- und C-Endgruppenfragmente werden dementsprechend als a und x bezeichnet, falls sie durch die Spaltung der C-CO-Grundbindung erzeugt werden, für C-N als b und y bezeichnet und für die N-Cα-Spaltung als c und z bezeichnet. Durch homolytische Bindungsspaltung erzeugte Fragmente werden mit einem Punkt markiert (beispielsweise b• und y•). Falls während der Dissoziation eine intramolekulare Übertragung eines Wasserstoffatoms (H•) aufgetreten ist, wird ein Wasserstoff akzeptierendes Fragment (+H•) mit einem Prime-Zeichen (beispielsweise y') bezeichnet, und ein Wasserstoff spendendes Fragment (-H•) bleibt unbezeichnet (beispielsweise b). Die Spitzenzuweisung erfolgt unter Verwendung des MS-Product-Dienstprogramms des Online-ProteinProspector-Proteomikwerkzeugs (http://prospector.ucsf.edu/prospector/cgibin/msform.cgi?form=msproduct). Das in-siliko induzierte MS/MS-Muster wies sowohl innere Typen als auch Endgruppentypen der Fragmentation (a, b, c, d, v, w, x, y, z) sowie neutrale NH3- und H2O-Verluste mit einer Massentoleranz von 20 ppm auf.
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Als nächstes sei bemerkt, dass die 2A und 2B eine Tandem-MS-Analyse von mit einem hochenergetischen Plasmastrahl aktivierten Angiotensinkationen zeigen. Diese Zeichnungen fassen die Ergebnisse von Tandem-MS-Analysen für mit einem hochenergetischen Plasmastrahl aktivierte ESIerzeugte Angiotensin-I-Kationen zusammen. In beiden Zeichnungen zeigt der obere Teil ein MS isolierter Vorläuferspezies ohne Aktivierung, zeigt der Mittelteil ein Tandem-MS eines durch Ionenplasma für 5 Sekunden aktivierten isolierten Ladungszustands und zeigt der untere Teil einen vergrößerten Abschnitt des Tandem-MS-Spektrums (9fache Vergrößerung) .
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Zweifach geladene (2A) und dreifache geladene (2B) Vorläuferspezies werden durch das Quadrupolmassenfilter 50 ausgewählt und über das Zeitintervall von 5 Sekunden einer Plasmabestrahlung ausgesetzt. Wenngleich die Effizienz der Ionentransformation in Fragmente und andere Produkte unter den verwendeten experimentellen Bedingungen verhältnismäßig niedrig ist (≤ 10 %), kann beim Einzoomen der erzeugten Massenspektren noch ein reiches MS/MS-Muster offenbart werden. Einige Signale werden infolge des Vorhandenseins homologer Spezies, die sich nur durch die Anzahl der Wasserstoffatome unterscheiden, als Dupletts oder Tripletts beobachtet. Dieser Unterschied ergibt sich aus gleichzeitigen Reaktionen, welche eine H•-Übertragung (-H• oder +H•) beinhalten, und jene, bei denen keine H•- Übertragung auftritt. Falls ein bestimmter Isotropencluster innerhalb eines Multipletts erheblich reicher als die anderen ist, wird er im Spektrum mit einem größeren Font oder einem Fettdruck hervorgehoben (beispielsweise c4•+ oder c4•+).
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Die Interaktion von Angiotensinkationen durch den Plasmastrahl fragmentiert alle drei Bindungstypen der Polypeptidgrundbindung: C-CO, C-N und N-Cα. Die Spaltung von C-N-Bindungen verläuft ausschließlich durch intramolekulare H•-Übertragung von der N- zur C-Endgruppe, was zu y'- und b-Fragmenten führt. Dieses Fragmentationsszenario ist bei Tandem-MS-Analysen üblich, die auf einer Vibrationserwärmung beruhen, wie CAD/CID, die Infrarot-Mehrfachphotondissoziation (IRMPD) und die Schwarzkörperbestrahlung (BIRD). Folglich verläuft die Dissoziation von N-Cα-Bindungen über hämolytische sowie heterolytische Kanäle, was sich durch c•/c'/c"- und z/z•/z'-Fragmentionenreihen zeigt. Die Dissoziation über die Spaltung von N-Cα-Bindungen ist für die Ionenaktivierung durch Elektronenübertragung sehr charakteristisch, beispielsweise bei ECD- und ETD-Analysen. Die Spaltung der C-CO-Bindung wird nur durch eine Reihe von a/a•-Ionen reflektiert, während due komplementären x-Ionen nicht offenbart werden. Abgesehen von Grundbindungsspaltungen werden erhebliche Mengen nicht dissoziierter Vorläuferangiotensinspezies mit einer verringerten Ladung beobachtet, welche durch Elektronen- oder Protonenübertragung zwischen den kollidierenden Partnern ohne Dissoziation oder mit einer Wasserstoffatomdesorption gebildet werden. Die dissoziationsfreie Elektronenanheftung scheint der dominante Ladungsreduktionsmechanismus auf der Grundlage der viel höheren Häufigkeit der reduzierten Spezies mit der gleichen Masse wie die Vorläuferionen zu sein (in den 2A und 2B durch Fettdruck hervorgehoben). Schließlich wurde ein Isotopenmuster detektiert, das Vorläuferangiotensinionen im von 2+ auf 3+ erhöhten Ladungszustand entspricht. Auf der Grundlage der nahezu unveränderten Masse geschieht die Ladungszustandserhöhung vorherrschend durch Elektronenablösung, welche der Elektronenanheftung entgegengesetzt ist.
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3A zeigt als nächstes ein Isotopenmuster durch Plasmabestrahlung von doppelt geladenen Vorläufern [M+2H]2+ gebildeter dreifach geladener Angiotensinspezies. Überdies zeigt 3B ein entfaltetes Isotopenmuster der Produktionen, welches den bemerkenswerten Beitrag von [M+H]3+- und [M+2H]3+-Spezies zeigt. Die Entfaltung erfolgt auf der Grundlage der natürlichen Isotopenhäufigkeit von Angiotensin I. Nach einem Isotopencluster, der etwas breiter als normal ist, zu urteilen, scheint auch ein Mechanismus auf der Grundlage der H•-Übertragung beteiligt zu sein. Für dreifach geladene Vorläuferionen werden keine Spezies mit erhöhter Ladung beobachtet, was wahrscheinlich auf die höhere Elektronenaffinität des 3+-Ladungszustands verglichen mit dem 2+-Ladungszustand und die niedrigere erwartete Stabilität der gebildeten 4+-Ionen zurückzuführen ist.
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4 zeigt nun eine Tandem-MS-Analyse zweifach geladener Angiotensinkationen unter Verwendung verschiedener Aktivierungsverfahren: Luftplasma, ETD und HCD. Die gleichzeitige Beobachtung von b/y- und c/z-Ionenreihen in den Tandem-MS-Analysen legt einen erheblichen Beitrag sowohl einer Schwingungsanregung als auch einer elektronischen Anregung nahe. Um die Rolle dieser Mechanismen zu bewerten und die erhaltenen Ergebnisse mit herkömmlichen MS/MS-Spektren zu vergleichen, werden Referenz-HCD- und -ETD-Experimente an 2+-Angiotensinkationen mit den in 4 zusammengefassten Ergebnissen ausgeführt.
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Das ETD-Spektrum von Angiotensinkationen wird durch c/z-Fragmente bei einem nur geringen Beitrag von a-Fragmenten und ohne eine merkliche b/y-Fragmentation beherrscht. Im Allgemeinen sind b/y-Ionen bei der ETD infolge der niedrigeren Rekombinationsenergie viel seltener als bei der ECD. Ferner ist infolge des verhältnismäßig hohen Drucks in der HCD-Zelle dort die Ionenthermalisierung schnell, und die innere Ionentemperatur kehrt nach der Elektronenübertragung schnell auf die Umgebungstemperatur zurück. Dies ist ein zusätzlicher Faktor, der den Überschuss an innerer Energie nach der Elektronenübertragung minimiert und die Schwingungserwärmung verringert. Ein anderes kennzeichnendes Merkmal von ETD ist das Vorhandensein eines „parasitären“ Kanals, der eine Protonenübertragung vom Peptidkation auf das Anion beinhaltet und zu einer nicht dissoziativen Ladungsneutralisation führt ([M+H]+-Signal in 4). Für nicht tryptische Polypeptide ist auch das Vorherrschen von c- gegenüber z-Ionen mit einem Intensitätsverhältnis nahe bei 3:2 typisch, was mit diesen Beobachtungen konsistent ist.
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Fast ganz entgegengesetzt zur ETD führt die HCD-Aktivierung zu einer dominanten b/y-Reihe von Produktionen in Begleitung von a-Ionen. Für 2+-Angiotensinkationen wurden keine c/z-Fragmente beobachtet, selbst wenn die Gesamteffizienz von HCD für Zielspezies in niedrigen Ladungszuständen jene sowohl bei ECD als auch bei ETD gewöhnlich stark überschreitet. Das Fehlen der N-Cα-Bindungsspaltung ist bei CAD/CID-Verfahren bei Kollisionsenergien im eV-Bereich üblich, weil die durch einzelne Kollisionen hervorgerufenen „Hotspots“ schnell durch innere Vibrationsenergieumverteilung (IVR) wieder ins Gleichgewicht gebracht werden. Daher geschieht die Dissoziation der Polypeptidgrundbindung vorzugsweise über schwächere C-N- und C-CO-Grundbindungen.
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Die Gesamtschlussfolgerung kann darin bestehen, dass das MS/MS-Spektrum von durch Luftplasmaaktivierung erzeugten Angiotensinkationen Merkmalsmuster sowohl von HCD als auch von ETD kombiniert. Die Beobachtung von b/y-Reihen gibt eine „langsame“ Schwingungserwärmung an, die sich auch aus der Relaxation der elektronischen Anregung ergeben kann. Dieser Mechanismus ist bei diesen Experimenten angesichts der hohen kinetischen Energie von Reagenzkationen (1 - 2 keV) recht wahrscheinlich. Bei MS/MS-Ansätzen auf der Grundlage der Elektronenübertragung werden Sekundärfragmentationsprozesse bei kinetischen Reagenzenergien von lediglich etwa 10 eV merklich, wie bei der heißen ECD (HECD). Alternativ könnte die Schwingungserwärmung von Angiotensinkationen durch neutrale Spezies im Plasmastrahl induziert werden, welche ihre Ladung in Kollisionen mit den Hintergrundgasmolekülen verloren haben. Diese Spezies können als eine effiziente Quelle der Kollisionsaktivierung für Angiotensinionen dienen, weil sie die während der Plasmaextraktion akkumulierte hohe kinetische Energie (1 - 2 keV) bewahren. Das reiche Vorhandensein von c/z-Fragmenten zusammen mit nicht dissoziierten ladungsreduzierten Spezies legt in hohem Maße das Auftreten der Elektronenübertragung von Plasmaspezies auf Angiotensinkationen nahe.
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Es ist bemerkenswert, dass der Kollisionsquerschnitt von Polypeptidkationen mit Luftkationen erheblich niedriger sein sollte als mit langsamen Elektronen, was der Grund dafür ist, dass viel höhere Strahlströme als bei der ECD erforderlich sind, um eine merkliche Fragmentation zu erreichen. Der Ionenstrom des extrahierten Strahls in den Experimenten beträgt etwa 100 - 200 µA, was die typischen Elektronenströme bei der ECD um mehr als sechs Größenordnungen überschreitet. Es ist auch bemerkenswert, dass, weil Luftplasmakationen geringer Masse (beispielsweise jene von Sauerstoff und Stickstoff) nicht durch die auf die HCD-Zelle angewendete HF eingefangen wurden, der Ionenstrahl erheblich abgeschwächt wurde, als er die eingefangenen Vorläuferionen erreicht hat. Diese Divergenz könnte durch die Verwendung eines Magnetfelds und eine stärkere Fokussierung von HF- und Gleichspannungsfeldern verringert werden. Es ist auch bevorzugt, dass die niedrige Massenabschneidegrenze in der Kollisionszelle niedriger als der m/z-Wert der Plasmaionen ist.
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Unterschiedliche Intensitätsverhältnisse zwischen den c- und z-Ionen in den durch Plasmaaktivierung und ETD erzeugten MS/MS-Spektren können auf eine erhebliche Rolle von Sekundärfragmentationsprozessen infolge der durch Plasmakationen zugeführten hohen zusätzlichen Energie hinweisen. Beispielsweise ist die in ECD-Experimenten beobachtete relative Häufigkeit von c/z-Ionen drastisch verschieden vom Anteil der durch Schwingungsheizung von ladungsreduzierten Vorläuferspezies erhaltenen c/z-Ionen. Anders als bei ETD-Experimenten, bei denen die Ladungsreduktion von Angiotensin mit einem H•-Verlust einhergeht, läuft die Ladungsreduktion durch Luftplasma hauptsächlich ohne H•-Übertragung ab. Die unterdrückte Effizienz des Ladungsreduktionskanals mit einer H•-Übertragung kann durch die sehr niedrige Protonenaffinität von Plasmakationen erklärt werden.
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Das eigenartigste Merkmal des durch Plasmabestrahlung erzeugten MS/MS-Spektrums ist möglicherweise das Vorhandensein ladungserhöhter Vorläuferkationen, die sowohl in ETDals auch in HCD-Spektren völlig abwesend sind. Wie vorstehend erörtert wurde, läuft die Ladungserhöhung ähnlich der Ladungsreduktion hauptsächlich durch direkte Elektronenübertragung (beispielsweise von O2•+ oder N2•+) ab. Eine ähnliche Beobachtung der b/y- und der c/z-Fragmentation zusammen mit den ladungserhöhten Vorläuferionen unterscheidet das beschriebene Verfahren von anderen Fragmentationsansätzen, wie beispielsweise CAD, ETD, MIDI und ähnlichen.
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Im Allgemeinen werden weniger reiche Fragmentationsmuster beobachtet, wenn die Polarität der vor der HCD-Zelle 30 installierten Ionenextraktionsliste von -2 kV auf +2 kV umgekehrt wurde. Diese Beobachtung legt die dominierende Rolle von Plasmaionen gegenüber neutralen Teilchen beim Aktivieren von Vorläuferspezies in den Experimenten nahe. Die Umkehrung der Polarität der Extraktionslinse führte auch zu einem schwächeren MS-Signal von Hintergrundmetallionen, welche von den Elektrodenoberflächen desorbiert wurden und starke Spitzen im Bereich niedriger m/z-Werte erzeugten.
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Die Möglichkeit des Integrierens der Merkmale von ETD und HCD zu einer einzigen Technik kann für die Polypeptidsequenzierung vorteilhaft sein. Der Zugang zu zusätzlichen Dissoziationskanälen ermöglicht eine erhöhte Grundbindungsspaltung. Wenngleich die Fragmentation in Bezug auf den Typ der fragmentierten Bindungen weniger spezifisch wird, kann ein solches Fragmentationsmuster eine höhere Sequenzspezifizität zeigen. Um diesen Vorschlag zu testen, wurden die 55 intensivsten Spitzen, die in den drei in den 3A und 3B präsentierten Tandem-MS-Analysen von Angiotensin I vorhanden sind, einer Online-Mascot-Suche anhand der SwissProt-Proteom-Datenbank unterzogen. Der mitgeteilte Ionenbewertungswert der Zielverbindung ist für die Ionenplasmaaktivierung 23, während er für die HCD 20 ist und für die ETD nur 12 ist. Der höhere Bewertungswert des Plasmadatensatzes reflektiert die erhöhte Bindungsspaltung, was beim Unterscheiden von Spezies mit geringeren strukturellen Differenzen, beispielsweise Isoformen von Peptiden mit verschiedenen PTM, sowie bei der De-novo-Sequenzierung besonders wichtig ist.
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Die Fähigkeit zur Erhöhung des Ladungszustands von Analytspezies vor der Dissoziation wird als ein erheblicher möglicher Vorteil angesehen. Das „Superladen“ von Analyten kann als ein Vorschritt bei ECD- und ETD-Analysen verwendet werden, welche gewöhnlich an der geringen Effizienz niedriger Ladungszustände von Vorläuferionen leiden. Gleichzeitig ist infolge der höheren Protonenaffinität der niedrigeren Ladungszustände die Empfänglichkeit der Vorläuferspezies für eine Ladungserhöhung umso höher, je niedriger ihr Ladungszustand ist. Dieser Trend wird in den Experimenten für 2+- und 3+-Angiotensin-I-Vorläuferspezies beobachtet (2A und 2B). Falls demgemäß der Ladungserhöhungsprozess steuerbar und effizient gemacht werden kann, könnte ein zweistufiger Fragmentationsprozess entwickelt werden, der bei der Schrotflinten-Bottom-up-Proteomik besonders nützlich ist, wobei Analytpeptide hauptsächlich zweifach geladen sind.
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In 5 ist eine Tandem-MS-Analyse von Ubiquitin unter Verwendung einer Aktivierung von Vorläuferionen mit Luftplasma dargestellt. Der obere Teil zeigt einen m/z-Bereich von 200 - 2000, und der untere Teil zeigt einen m/z-Bereich von 200 - 700 (mit einer 50fachen Vergrößerung). Die höchste Intensität nicht identifizierter Signale ist mit einem Stern bezeichnet.
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Wenn eine Luftplasmabestrahlung angewendet wird, um Ubiquitinionen zu aktivieren, wird die Ladungsreduktion von Vorläuferspezies zu einem dominanten Reaktionskanal, wie in 5 ersichtlich ist. Bei ESI-MS erhalten Proteinionen eine große Anzahl positiver Ladungen und besitzen daher eine viel höhere Elektronenaffinität als Luftkationen. Dies macht den Umkehrprozess der Elektronenablösung, der zur Ladungserhöhung führt, für Proteine weniger wahrscheinlich als für Peptide. Dennoch wird erwartet, dass sich das Gleichgewicht zwischen Ladungsreduktions- und Ladungserhöhungsmechanismen zu den letztgenannten verschiebt, falls das verwendete Reagenzgas eine hohe Elektronenaffinität besitzt, wie Methan. Ähnlich Angiotensin I erzeugte eine Luftplasmabestrahlung von Ubiquitinkationen sowohl CAD- als auch ECD-Fragmenttypen, wenn auch mit einer niedrigeren Intensität (5, unten).
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Das Vorherrschen von ECD-artigen Fragmenten gegenüber CAD-artigen Spaltungen kann durch eine hohe Schwelle einer wärmeinduzierten Dissoziation für Proteine infolge der großen Anzahl von Schwingungsmodi erklärt werden. Anders als bei CAD sollte die Effizienz der nicht-ergodischen ECD viel weniger von der Größe der Vorläuferionen abhängen. Eine Anzahl von Spitzen bei der MS/MS von Ubiquitin kann nicht unter Verwendung einer ProteinProspector-Suche (mit einem Stern markiert) identifiziert werden und möglicherweise auf Gasphasenaddukte mit Luftkomponenten und von den Elektroden der HCD-Zelle gesputterten Spezies zurückgeführt werden.
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Wenn die Polarität der Vorläufer auf negativ gewechselt wurde, wurde die Adduktbildung zum vorherrschendsten beobachteten Reaktionskanal. Es wurde herausgefunden, dass die einzige Produktspezies für mit Luftplasma aktivierte Angiotensin-I-Anionen die Addukte von Ausgangsionen mit einem Sauerstoffatom waren (Daten nicht dargestellt).
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Demgemäß induziert die Bestrahlung mehrfach protonierter biologischer Ionen mit hochenergetischen Kationen eine Vielzahl von Gasphasenreaktionen, einschließlich verschiedener Fragmentationstypen, einer Ladungsreduktion, einer Adduktbildung sowie einer Ladungserhöhung. Wenn sie auf Polypeptide angewendet wird, führt die Luftplasmaaktivierung zu einem Fragmentationsmuster, das die Merkmale von CAD und ECD kombiniert und Merkmale eines „Zwei-in-einem“-Tandem-MS-Werkzeugs für eine tiefere Sequenzabdeckung hat. Abgesehen davon ermöglicht der Plasmabestrahlungsansatz ein „Superladen“ biomolekularer Ionen im Vakuum ohne eine Dissoziation, was ein sehr wünschenswertes Merkmal für die Erhöhung der Effizienz der ECD- und ETD-MS/MS ist. Es wird angenommen, dass durch das spezifische Einrichten der Zusammensetzung der Reagenzgase und der Plasmaenergie verschiedene Reaktionen in gesteuerter Weise gefördert oder unterdrückt werden können. Von besonderem Interesse ist die Fähigkeit zur Manipulation des Gleichgewichts zwischen Ladungserhöhungs- und Ladungsreduktionskanälen.