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Die Erfindung betrifft ein Insassenrückhaltesystem sowie ein Verfahren zum Steuern eines solchen Insassenrückhaltesystems.
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Aus der
DE 101 23 921 C1 ist ein Insassenrückhaltesystem in einem Kraftfahrzeug bekannt, mit einem Sicherheitsgurt und einer Gurtkraftbegrenzungsvorrichtung, bei welcher das Rückhaltekraftniveau durch ein Steuersignal veränderbar ist, wobei die Gurtkraftbegrenzungsvorrichtung durch ein Steuersignal von einem niedrigen Rückhaltekraftniveau auf ein höheres Rückhaltekraftniveau geschaltet wird, wenn von einer Gefährdungsermittlungsstufe ermittelt wird, dass eine Gefährdung des Insassen in Gestalt eines möglichen Aufpralls des Insassen auf ein vor ihm befindliches Fahrzeuginnenraumbauteil vorliegt, wobei der Auslösezustand eines Airbags zur Ermittlung der Gefährdung herangezogen wird. Dabei wird zur Ermittlung einer Gefährdung zusätzlich eine Crashintensität und/oder eine Insassenvorverlagerung und/oder ein Insassengewicht herangezogen. Dabei wird vorgeschlagen, dass eine Sitzbelegungserkennung zusätzlich das Insassengewicht ermittelt und an die Gefährdungsermittlungsstufe übermittelt.
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Aus der
DE 103 45 726 A1 ist ein Rückhaltesystem zum Zurückhalten eines Insassen in einem Kraftfahrzeug unter Berücksichtigung der Fahrzeug-Situation sowie von Insassen-Parametern bekannt. Hierbei erschließt eine Situations-Erfassungseinrichtung nicht nur die Fahrzeug-Situation, sondern auch die Umfeld-Situation. Hierdurch soll es möglich sein, die den Sicherheitsgurt beaufschlagende Kraft des Gurtstraffers situationsangepasst dynamisch zu steuern. In einer Ausgestaltung dieses bekannten Rückhaltesystems berechnet das Steuergerät in einer Unfall-Phase aus den erfassten Daten der Fahrzeugsituations-Erfassungseinrichtung und/oder der Insassen-Parameter-Erfassungseinrichtung den Überlebensraum zwischen dem Insassen und einem etwaigen Objekt, auf das der Insasse auftreffen kann, beispielsweise einen Airbag, und steuert die Kraft des Gurtstraffers entsprechend der berechneten Daten dynamisch, wobei der gesamte Überlebensraum zum Abbau der Bewegungsenergie des Insassen ausgenutzt werden soll.
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Gemäß der genannten Schrift sind folglich die Rückhaltung des Insassen durch das Gurtband und die Rückhaltung des Insassen durch den Airbag aufeinander abgestimmt, wobei hier die Abstimmung in Abhängigkeit von Insassen- und/oder Situationsparametern erfolgt. Dies erfordert einen hohen messtechnischen Aufwand.
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Aus der
DE 10 2006 006 807 B4 ist ein Verfahren zur gesteuerten Ausgabe eines Gurtbandes eines Sicherheitsgurtsystems für ein Fahrzeug in einem Crashfall bekannt, in dem ein durch das Sicherheitsgurtsystem gesicherter Fahrzeuginsasse zusätzlich von einem Airbag zurückgehalten wird, dass der Insasse unabhängig vom Personentyp über einen vorgegebenen konstanten Zeitraum derart abgebremst wird, dass über die Hauptzeit der Abbremsung in dem vorgegebenen Zeitraum eine nahezu konstante Beschleunigung auf den Insassen wirkt und der Insasse am Ende dieses Zeitraums auf einen ideal entfalteten Airbag trifft. Dabei wird weiter eine anfängliche Insassenposition vor dem Crashfall und/oder eine Insassenverlagerung oder die jeweilige Insassenposition im Crashfall bestimmt.
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Aus der
DE 10 2004 035 486 A1 ist ein Insassenrückhaltesystem für Fahrzeuge bekannt, mit wenigstens einem einen Gurtauszug zulassenden Sicherheitsgurt, einer Blockiereinrichtung zum Blockieren des Gurtauszuges und einer auf die Blockiereinrichtung zur definierten Freigabe des Gurtauszuges einwirkenden Freigabeeinrichtung. Weiter weist das System eine Beschleunigungserfassungseinheit auf, die in Abhängigkeit von der erfassten Fahrzeugbeschleunigung auf die Freigabeeinrichtung zur Definition der definierten Freigabe des Gurtauszuges einwirkt.
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Aus der
DE 10 2005 042 000 B4 ist eine Insassenrückhaltevorrichtung für ein Fahrzeug bekannt, mit einer Sicherheitsgurtvorrichtung, die einen Sicherheitsgurt zum Zurückhalten eines Insassen und einen Gurtstraffersensor zum Ermitteln einer Belastung, die auf den Sicherheitsgurt ausgeübt wird, aufweist. Weiter weist die Insassenrückhaltevorrichtung eine Airbagvorrichtung mit variabler Aufblasung auf, mittels derer ein Airbag im Wesentlichen unmittelbar zu dem Zeitpunkt, zu dem auf den Sicherheitsgurt eine maximale Belastung ausgeübt wird, vollständig entfaltet wird. Des Weiteren ist ein Steuergerät vorgesehen, das die Airbagvorrichtung auslöst, wobei das Steuergerät die Aufblasgeschwindigkeit und eine Gurtstraffungsrate bestimmt und die Aufblasgeschwindigkeit basierend auf der Gurtstraffungsrate anpasst. Die Insassenrückhaltevorrichtung weist einen Gewichtssensor zur Messung des Gewichts des Insassen auf, wobei das Steuergerät die Aufblasgeschwindigkeit des Airbags basierend auf dem gemessenen Gewicht bestimmt.
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Weiter sind beispielsweise aus der
DE 10 2005 009 763 A1 oder
DE 101 07 273 A1 solche Airbag-Sicherheitseinrichtungen bekannt, bei denen im aktivierten Airbag der Füllgrad und Innendruck dadurch variabel steuerbar ist, dass ein steuerbares Gasauslassventil als sogenanntes Vent vorgesehen ist, mit dem insbesondere während des Aufblasvorgangs gezielt eine Gasauslassöffnung zur Umgebung geschaffen wird. Dabei ist es bekannt, ein Vent unmittelbar am Airbag und/oder integriert in einem Airbag anzubringen.
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Weiter ist aus der
US 2006/0170202 A1 eine Sicherheitseinrichtung bekannt, bei der ein Airbag zur Anpassung an die Größe eines zu schützenden Fahrzeuginsassen zu unterschiedlichen Volumengrößen befüllbar ist. Diese Volumenvariabilität des Airbags wird über Fangbänder realisiert, die einerseits an der Innenseite einer sich entfaltenden Airbagwand befestigt und die andererseits durch die Airbagentfaltung jeweils aus einer ortsfesten Führungsöffnung ausziehbar und dort mit entsprechend variabler, das Airbagvolumen bestimmender Fangbandlänge festklemmbar sind. Zudem ist ein damit mechanisch gekoppeltes Vent vorgesehen, welches in einer Doppelfunktion die Fangbandklemmung und zugleich die Freigabe der Ventöffnung durchführt.
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Schließlich ist aus der
DE 10 2008 005 272 A1 bekannt, dass die Volumenvariabilität des Airbags über eingeschlagene Faltungen mit Reißnähten und/oder Reißnahtfeldern realisiert wird.
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Die bekannten Insassenrückhaltesysteme sind komplex, wenn diese wie beispielsweise in der
DE 103 45 726 A1 vollständig adaptiv ausgebildet sind. Diese bieten theoretisch einen optimalen Schutz, sind jedoch aufwendig in der Umsetzung, was die Gefahr von Systemfehlern in sich birgt. Andere Insassenrückhaltesysteme, wie beispielsweise die
DE 101 23 921 C1 , sind hingegen nicht adaptiv genug, sodass die Schutzwirkung nicht optimal ist.
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Der Erfindung liegt das technische Problem zugrunde, ein Insassenrückhaltesystem zu schaffen, das weniger komplex als ein vollständig adaptives Rückhaltesystem ist und gleichzeitig nahezu die gleiche Schutzwirkung erreicht, sowie ein Verfahren zur Ansteuerung eines solchen Insassenrückhaltesystems zur Verfügung zu stellen.
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Die Lösung des technischen Problems ergibt sich durch das Insassenrückhaltesystem mit den Merkmalen des Anspruchs 1 sowie das Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 10. Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen.
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Das Insassenrückhaltesystem umfasst hierzu
- – mindestens ein Gurtsystem,
- – mindestens ein Airbagsystem,
- – mindestens eine Auswerteeinheit,
- – mindestens eine Sensorik zur Erfassung oder Ermittlung eines Insassengewichts,
- – mindestens eine Sensorik zur Erfassung oder Ermittlung einer Insassengröße,
- – mindestens eine Sensorik zur Erfassung einer Längsposition eines Fahrzeugsitzes,
- – mindestens eine Sensorik zur Erfassung einer Sitzposition eines Nutzers,
- – mindestens eine Sensorik zur Erfassung eines Status eines Gurtschlosses,
- – mindestens eine Pre-Crash-Sensorik zur Erfassung einer Unfallschwereprognose und
- – mindestens eine In-Crash-Sensorik zur Erfassung eines Crashsignals,
wobei die Auswerteeinheit derart ausgebildet ist, dass diese in Abhängigkeit der von den Sensoriken erfassten oder ermittelten Werten Ansteuersignale für das Gurtsystem und das Airbagsystem generiert, wobei die Sensoriken und/oder die Auswerteeinheit derart ausgebildet sind, dass diese die Werte der Sensoriken vor der Auswertung durch die Auswerteeinheit klassifizieren.
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Durch die Klassifizierung der Werte vor der Auswertung wird diese erheblich vereinfacht. Vorzugsweise wird dabei auch die Anzahl der Klassen (Ausprägungen) je Wert so niedrig wie möglich angesetzt. Dabei hat sich für die Klassifizierung für das Insassengewicht und die Insassengröße eine Klassifizierung mit je vier Klassen und für die Längsposition des Fahrzeugsitzes und der Sitzposition des Nutzers (insbesondere die Vorverlagerung) eine Klassifizierung mit je drei Klassen als ausreichend erwiesen. Allgemein erfolgt vorzugsweise eine Klassifizierung für das Insassengewicht, die Insassengröße, die Stellung des Fahrzeugsitzes und der Sitzposition jeweils in 3 oder 4 Klassen. Der Status des Gurtschlosses ist hingegen einfach geschlossen oder offen, was zwei Klassen bzw. Ausprägungen entspricht. Die Unfallschwereprognose und das Crashsignal hingegen werden vorzugsweise stärker klassifiziert. Vorzugsweise sollten die Unfallschwereprognose sowie das Crashsignal mindestens fünf Klassen aufweisen, weiter vorzugsweise mindestens sieben Klassen. Allerdings gilt für die Klassifizierung der Unfallschwereprognose und das Crashsignal wie für die anderen Werte, dass eine beliebig feine Klassifizierung keinen Mehrgewinn an Sicherheit bewirkt, sodass vorzugsweise die Anzahl der Klassen kleiner elf ist. Weiter sei angemerkt, dass vorzugsweise die Aufzählung der erfassten Werte der Sensoriken abschließend ist, d.h. dass vorzugsweise keine weiteren Inputparameter berücksichtigt werden. Dabei sei angemerkt, dass mittels einzelner Sensoriken mehrere relevante Größen erfasst werden können. Des Weiteren kann eine Sensorik zur Erfassung einer Größe auch mehrere Sensoren umfassen. So kann beispielsweise eine Innenraumkamera zur Erfassung der Insassengröße auch zur Erfassung einer Sitzposition des Nutzers verwendet werden. Darüber hinaus kann aus den Bildern der Kamera das Insassengewicht geschätzt werden. Auch ist es möglich, anhand der Bilder die Längsposition und Neigung des Fahrzeugsitzes zu bestimmen. Es können aber auch jeweils einzelne Sensoriken zur Anwendung kommen. So kann das Insassengewicht beispielsweise auch aus den Daten eines Sitzbelegungssensors ermittelt werden. Ein solcher Sitzbelegungssensor als Sensorik zur Erfassung des Insassengewichts kann auch zur Aktivierung bzw. Deaktivierung des Insassenrückhaltesystems verwendet werden, beispielsweise wenn der Sitzbelegungssensor einen unbesetzten Beifahrersitz erfasst. Dabei kann auch vorgesehen sein, dass wie bereits beschrieben das Insassengewicht anhand der Bilder einer Innenraumkamera geschätzt wird und das Sitzbelegungssignal nur zur Aktivierung bzw. Deaktivierung des Insassenrückhaltesystems verwendet wird. Allerdings kann auch die Innenraumkamera als Sitzbelegungssensor verwendet werden, die dann das System aktiviert bzw. deaktiviert (für die unbesetzten Fahrzeugsitze). Die Neigung des Fahrzeugsitzes (genauer der Rückenlehne) muss nicht separat bestimmt werden, da im einfachsten Fall die Sitzposition des Nutzers ausreichend ist. Allerdings kann die Neigung des Fahrzeugsitzes auch zusätzlich in die Auswertung eingehen, wobei diese dann auch über separate Sensorik erfasst werden kann. In dem Fall ist dann vorzugsweise die Aufzählung abschließend unter Einschluss der Neigung des Fahrzeugsitzes.
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Die Pre-Crashsensorik umfasst beispielsweise Radar- und/oder Ultraschall- und/oder Laser-, Monokamera- und/oder Stereokamera- und/oder PMD(Photonic Mixing Device)-Sensoren zur Erfassung von Objekten bzw. allgemein des Umfeldes des Fahrzeugs. Des Weiteren können auch die Daten einer Car2Car-Kommunikation berücksichtigt werden.
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Die In-Crash-Sensorik wird beispielsweise durch mindestens einen Beschleunigungssensor gebildet.
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In einer weiteren Ausführungsform ist das Gurtsystem als kinematisches Gurtsystem ausgebildet oder weist einen mindestens dreistufigen Kraftbegrenzer (z.b. 2 kN, 4 kN und 6 kN) auf. Mittels des dreistufigen Kraftbegrenzers lässt sich insbesondere bei einer drei- oder vierklassigen Unterteilung bei Insassengröße und Insassengewicht eine annehmbare Adaption an den Fahrzeuginsassen erreichen, wobei jedoch die Adaption mittels eines kinematischen Gurtsystems zu bevorzugen ist.
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In einer weiteren Ausführungsform weist das Airbagsystem einen Gasgenerator auf, wobei der Gasgenerator als einstufiger Gasgenerator ausgebildet ist. Dies vereinfacht die Ansteuerung erheblich.
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In einer weiteren Ausführungsform weist das Airbagsystem mindestens ein aktiv steuerbares Vent auf, mittels dessen der Fülldruck gezielt adaptiv an die Crash-Situation angepasst werden kann. Des Weiteren kann mittels des mindestens einen aktiven Vents auch das Airbagvolumen trotz einstufigem Gasgenerator variiert werden, was später noch erläutert wird. Dabei können in einem Zündkreis auch mehrere Vents angeordnet sein. Im einfachsten Fall werden dann alle Vents gleichzeitig gezündet. Es ist aber auch denkbar, über eine intelligente Kopplung ein druck- und/oder volumenabhängiges Delay zwischen den Vents zu erzeugen, sodass die Ausströmmenge variiert werden kann, obwohl die Vents in einem Zündkreis angeordnet sind.
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In einer weiteren Ausführungsform weist ein Airbagsteuergerät des Airbagsystems genau zwei Zündkreise für aktiv steuerbare Vents auf. Dabei können je Zündkreis ein oder zwei Vents angeordnet sein. Die Vents in den beiden Zündkreisen weisen dabei eine unterschiedliche Größe auf, sodass insgesamt vier Einstellungen für den Fülldruck möglich sind. Die Ausführungsform mit zwei Vents pro Zündkreis dient dabei vor allem der Symmetrie des Airbags, d.h. die beiden Vents sind an gegenüberliegenden Seiten des Airbags angeordnet und gleich groß, sodass sich der Fülldruck gleichmäßig über den Airbag verringert.
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In einer weiteren Ausführungsform weist ein Airbag des Airbagsystems über einen Zündkreis des Airbagsteuergeräts steuerbare Fangbänder und/oder Reißnähte auf. Die Reißnähte können dabei wie in der
DE 10 2008 005 272 A1 beschrieben auch durch die Ansteuerung der aktiven Vents gesteuert werden, sodass kein separater Zündkreis notwendig ist. Durch die steuerbaren Reißnähte und/oder Fangbänder kann das Airbagvolumen auch mit einem einstufigen Gasgenerator gesteuert werden. Vorzugsweise ist das Airbagvolumen auf zwei Werte steuerbar, beispielsweise 120 l und 150 l. Vorzugsweise liegt das erste Airbagvolumen zwischen 100 l bis 130 l und das zweite Airbagvolumen zwischen 140 l bis 160 l.
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In einer weiteren Ausführungsform wird das Airbagvolumen in Abhängigkeit der erfassten Insassengröße, dem erfassten Insassengewicht und der Längsposition des Fahrzeugsitzes gewählt. Dabei hat sich herausgestellt, dass eine Unterteilung des Airbagvolumens in nur zwei unterschiedliche Größen eine ausreichende Adaption erlaubt, wobei durch die aktiven Vents der Fülldruck nach dem Aufblasen des Airbags situativ schneller oder langsamer reduziert werden kann.
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In einer weiteren Ausführungsform weist das Insassenrückhaltesystem eine durch die Auswerteeinrichtung ansteuerbare Lenksäule auf.
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Hinsichtlich der Ausbildung des Verfahrens wird auf die vorangegangenen Ausführungen Bezug genommen.
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Die Erfindung wird nachfolgend anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels näher erläutert. Die Figuren zeigen:
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1 ein schematisches Blockschaltbild eines Insassenrückhaltesystems und
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2 ein schematisches Blockschaltbild eines Airbagsystems.
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In der 1 ist ein Blockschaltbild eines Insassenrückhaltesystems 1 dargestellt, das ein Gurtsystem 2, ein Airbagsystem 3 und eine steuerbare Lenksäule 4 umfasst. Des Weiteren weist das Insassenrückhaltesystem 1 eine Auswerteeinheit 5, eine Sensorik 6 zur Erfassung oder Ermittlung eines Insassengewichts G, eine Sensorik 7 zur Erfassung oder Ermittlung einer Insassengröße L, eine Sensorik 8 zur Erfassung einer Längsposition S eines Fahrzeugsitzes, eine Sensorik 9 zur Erfassung einer Neigung N eines Fahrzeugsitzes (genauer Neigung der Rückenlehne), eine Sensorik 10 zur Erfassung einer Sitzposition P eines Nutzers, eine Sensorik 11 zur Erfassung eines Status GS eines Gurtschlosses, eine Pre-Crash-Sensorik 12 zur Erfassung einer Unfallschwereprognose USP und eine In-Crash-Sensorik 13 zur Erfassung eines Crashsignals C. Die Auswerteeinheit 5 erhält die Werte der Sensoriken 6–13 und generiert Ansteuersignale S1–S3 für das Gurtsystem 2, das Airbagsystem 3 und das ansteuerbare Lenkrad 4. Dabei verwendet die Auswerteeinheit 5 zur Generierung der Ansteuersignale S1–S3 nur klassifizierte Werte. Dabei kann die Klassifizierung als Vorverarbeitungsschritt in der Auswerteeinheit 5 erfolgen oder aber mindestens einige der Sensoriken 6–13 liefern bereits klassifizierte Werte. Mittels der Klassifizierung wird erreicht, dass sich die Berechnungsvorschriften für die Generierung der Ansteuersignale S1–S3 vereinfacht, wobei die Klassifizierung derart erfolgt, dass der Informationsverlust minimal ist. Ziel ist es dabei, ein teiladaptives Insassenrückhaltesystem 1 zu schaffen, das einem volladaptiven Insassenrückhaltesystem hinsichtlich dem Schutzpotential möglichst nahe kommt.
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Dabei hat es sich durch praktische Versuche bestätigt, dass für viele Werte der Sensoriken 6–13 wenige Klassen bzw. Ausprägungen ausreichen, ohne das Schutzpotential zu reduzieren.
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Die Sensorik 6 zur Erfassung des Insassengewichts G ist beispielsweise als Drucksensor im Fahrzeugsitz ausgebildet, dessen Werte beispielsweise vier Klassen bzw. Ausprägungen zugeordnet werden, beispielsweise
G1 < 50 kg, 50 kg ≤ G2 < 75 kg, 75 kg ≤ G3 < 100 kg und G4 ≥ 100 kg
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Aufgrund der Tatsache, dass die Klassifizierung recht grob ist, kann die Sensorik G auch eine Innenraumkamera sein, die aus den Bildern des Nutzers dessen Insassengewicht G schätzt und klassifiziert.
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Die Sensorik 7 zur Erfassung der Innengröße L ist beispielsweise als Innenraumkamera ausgebildet, deren Werte beispielsweise vier Klassen bzw. Ausprägungen zugeordnet werden, beispielsweise
L1 < 150 cm, 150 cm ≤ L2 < 175 cm, 175 cm ≤ G3 < 190 cm und L4 ≥ 190 cm.
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Die Werte S für die Sensorik 8 werden beispielsweise mit den Ausprägungen vorne, mittig und hinten klassifiziert und die Werte N für die Sensorik 9 werden beispielsweise mit den Ausprägungen steil, normal und flach klassifiziert.
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Die Sensorik 10 zur Erfassung einer Sitzposition P ist beispielsweise ebenfalls eine Innenraumkamera, vorzugsweise die, die auch zur Erfassung der Insassengröße verwendet wird. Die Erfassung der Sitzposition P dient vor allem dazu, die Vorverlagerung des Nutzers durch Bremseingriffe zu erfassen, um Gurtsystem 2 und Airbagsystem 3 optimal abgestimmt anzusteuern. Die Sensorik 9 kann dabei ersetzt werden, indem die Neigungen des Fahrzeugsitzes (Neigung der Rückenlehne) durch die Sensorik 10 mitbestimmt werden. In diesem Fall gehen die Werte N in die Auswertung mit ein. Es ist aber auch denkbar, auf die Werte N für die Neigung des Fahrzeugsitzes gänzlich zu verzichten und nur die Sitzposition P des Nutzers heranzuziehen.
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Die Sensorik 11 liefert ein Signal GS über den Status des Gurtschlosses, d.h. gegurtet oder ungegurtet.
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Die Pre-Crash-Sensorik 12 bzw. die In-Crash-Sensorik 13 werden vorzugsweise stärker klassifiziert, d.h. es existieren mehr Klassen bzw. Ausprägungen als für die zuvor genannten Sensoriken 6–11. Vorzugsweise existieren sieben Ausprägungen, die sich an die typischen Szenarien der Crash-Tests anlehnen. Beispielsweise ist eine erste Ausprägung "27 km/h Full Frontal (FF)" und eine zweite Ausprägung "40 km/h FF and Offset Deformable Barrier (ODB)" usw.
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Die Daten USP (Unfallschwereprognose) der Pre-Crash-Sensorik werden dann mit Referenzdaten für diese sieben Ausprägungen verglichen und der aktuelle Wert der Ausprägung mit der größten Übereinstimmung zugeordnet. Wie bereits ausgeführt, kann diese Klassifizierung in der Pre-Crash-Sensorik 12 erfolgen oder in der Auswerteeinheit 5. Entsprechend werden auch die Daten des Crashsignals C der In-Crash-Sensorik 13 vorzugsweise mit Referenzdaten verglichen und der aktuelle Wert der Ausprägung mit der größten Übereinstimmung zugeordnet. Die Daten des Crashsignals C dienen primär zur Auslösung des Insassenrückhaltesystems, wobei zusätzlich ein Vergleich mit den Daten der Pre-Crash-Sensorik 12 erfolgt.
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Die Daten der In-Crash-Sensorik 13 stellen also einerseits ein Auslösesignal und eine Rückfallebene bei Ausfall bzw. Defekt der Pre-Crash-Sensorik 12 dar und dienen andererseits auch zur Verifizierung der Daten der Pre-Crash-Sensorik, um die Ansteuersignale S1–S3 anzupassen.
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Weiter sei angemerkt, dass aus den vorhandenen Daten (beispielsweise einer Innenraumkamera) auch eine Sitzbelegung abgeleitet werden kann, sodass beispielsweise das Airbagsystem 3 für einen unbelegten Fahrzeugsitz deaktiviert werden kann.
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Die zuvor genannten Ausführungen betrafen die Sensoriken 6–13 bzw. die damit vereinfachte Auswertung in der Auswerteeinheit 5 zur Generierung der Ansteuersignale S1–S3.
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Anhand der 2 soll nun der bevorzugte Aufbau des Airbagsystems 3 beschrieben werden. Das Airbagsystem 3 umfasst ein Airbagsteuergerät 14, einen Airbag 15 sowie einen einstufigen Gasgenerator 16. Der Airbag 15 ist mit einem ersten Paar aktiv gesteuerter Vents V1a und V1b und einem zweiten Paar aktiv gesteuerter Vents V2a und V2b ausgebildet. Des Weiteren ist der Airbag 15 mit aktiv gesteuerten Fangbändern 17 ausgebildet. Das Airbagsteuergerät 14 steuert dabei vier Zündkreise Z1–Z4 an. Mittels des ersten Zündkreises Z1 wird der Gasgenerator 16 gezündet, sodass dieser gasförmiges Treibmittel T (z.B. Stickstoff) in den Airbag 15 leitet und diesen aufbläst. Mittels des zweiten Zündkreises Z2 können die Fangbänder 17 gelöst werden und damit das Airbagvolumen verändert werden. Dabei existieren vorzugsweise zwei Airbagvolumen, nämlich ein kleineres Airbagvolumen mit gespannten Fangbändern 17 und ein größeres Airbagvolumen bei gelösten Fangbändern 17. Mittels der aktiv gesteuerten Vents V1a, V1b, V2a, V2b kann gezielt die Ausströmmenge des Treibmittels T aus dem Airbag 15 gesteuert werden, nachdem dieser vollständig aufgeblasen wurde. Dabei liegen die Vents V1a und V1b in dem dritten Zündkreis Z3 und die Vents V2a und V2b in dem vierten Zündkreis Z4. Dabei sind die Vents V1a und V1b vorzugsweise gleich groß, d.h. diese weisen den gleichen Durchmesser auf. Ebenso sind die Vents V2a und V2b vorzugsweise gleich groß. Die Vents 1a, 1b sind jedoch verschieden groß im Vergleich zu den Vents V2a, V2b.
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Somit lasen sich vier Ausströmmengen einstellen, nämlich
- – alle Vents V1a, V1b, V2a, V2b offen,
- – alle Vents V1a, V1b, V2a, V2b geschlossen,
- – Vents V1a, V1b offen, Vents V2a, V2b geschlossen,
- – Vents V1a, V1b geschlossen, Vents V2a, V2b offen.
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Das Airbagvolumen wird dabei vorzugsweise nur durch die Insassenmerkmale Insassengewicht G und Insassengröße L sowie der Stellung S des Fahrzeugsitzes festgelegt. So wird das größere Airbagvolumen vorzugsweise verwendet, wenn der Fahrzeugsitz in der Stellung S "hinten" detektiert wurde (unabhängig von G und L). Zusätzlich wird das größere Airbagvolumen gewählt, wenn die Stellung S "mittig" ist und das Insassengewicht G = G1 und die Insassengröße L = L1 ist. Ansonsten wird das kleinere Airbagvolumen gewählt.
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Die gewählte Ansteuerkombination für die Vents V1a, V1b, V2a, V2b ist vorzugsweise abhängig von der Stellung S und Neigung N des Fahrzeugsitzes, der Schwere des Crash-Signals C und dem Insassengewicht G und der Insassengröße L. Dabei kann beispielsweise zusätzlich vorgesehen sein, das bei einem Gurtschloss-Status GS "offen" und festgestellter Sitzbelegung alle aktiven Vents V1a, V1b, V2a, V2b geschlossen bleiben.
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Die Zündzeiten für den Gasgenerator 16 bzw. die Vents V1a, V1b, V2a, V2b können dabei kontinuierlich eingestellt werden, wobei die Vents zeitlich verzögert zum Gasgenerator 16 angesteuert werden müssen (z.B. 15–40 ms nach TTF Time to fire für den Gasgenerator).
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Durch die Ausbildung des Gasgenerators 16 als einstufigen Gasgenerator 16 sowie einen Airbag 15 mit aktiven Vents V1a, V1b, V2a, V2b und gesteuerten Fangbändern 17 ergibt sich ein relativ kostengünstiges und einfach zu steuerndes Airbagsystem, das sich ausreichend adaptiv auf die Sicherheitsbedürfnisse des Nutzers einstellen lässt. Anstelle der beschriebenen Fangbänder 17 können auch alternativ oder ergänzend Reißnähte zur Airbagvolumensteuerung zur Anwendung kommen.
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Weiter sei angemerkt, dass das Airbagsteuergerät 14 auch in die Auswerteeinheit 5 integriert sein kann.
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Das Gurtsystem
2 ist vorzugsweise als kinematisches Gurtsystem ausgebildet, wie es beispielsweise aus der
DE 10 2004 035 486 A1 bekannt ist. Ein Gurtstraffer kann dabei reversibel oder irreversibel zunächst aktiviert werden. Bei der irreversiblen Auslösung kommt beispielsweise Pyrotechnik zur Anwendung, wobei der zugehörige Zündkreis durch das Airbagsteuergerät
14 oder ein dem Gurtsystem
2 zugeordnetes Steuergerät gezündet werden kann. Anschließend erfolgt dann ein gesteuerter Gurtauszug in Abhängigkeit von der erfassten Fahrzeugbeschleunigung, die beispielsweise durch die In-Crash-Sensorik
13 erfasst wird. Vorzugsweise erfolgt eine irreversible Auslösung, da über die Pyrotechnik relativ einfach Straffkräfte von ca. 2000 N erzeugt werden können. Bei einer reversiblen Auslösung (z.B. mittels Elektromotoren) sind hierfür entsprechend große und leistungsfähige Aktoren notwendig.
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Durch den Einsatz des adaptiven Airbagsystems 3 wird das kinematische Gurtsystem 2 bestmöglich ergänzt. In der Regel wird die erste Rückhaltewirkung vom Gurtsystem 2 geleistet. Sobald die Ankopplung des Nutzers an den adaptiven Airbag 15 erfolgt, sinkt die Gurtkraft, da von nun an die Rückhaltewirkung vom Airbag 15 übernommen wird. Aufgrund der Wegsteuerung des Gurtauszuges beim kinematischen Gurtsystem 2 erfolgt eine Reduzierung der Gurtkraft automatisch.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 10123921 C1 [0002, 0007, 0012]
- DE 10345726 A1 [0003, 0007, 0012]
- DE 102006006807 B4 [0005, 0007]
- DE 102004035486 A1 [0006, 0007, 0050]
- DE 102005042000 B4 [0008]
- DE 102005009763 A1 [0009]
- DE 10107273 A1 [0009]
- US 2006/0170202 A1 [0010]
- DE 102008005272 A1 [0011, 0023]