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Ausführungsbeispiele der vorliegenden Erfindung befassen sich mit flexibel verwendbaren Radialwellendichtungen und insbesondere mit Radialwellendichtungen, deren dichtende Eigenschaften veränderlich sind sowie mit einem Verfahren zum Herstellen derselben.
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Radialwellendichtungen bzw. Radialwellendichtringe werden in einer Vielzahl von Anwendungen verwendet, um eine rotierende Welle bezüglich eines feststehenden Gehäuses abzudichten, wobei oft im Inneren des Gehäuses ein Ölkreislauf vorhanden ist, sodass teilweise unter einem Überdruck stehendes Öl daran gehindert werden soll, entlang der rotierenden Welle das Gehäuse zu verlassen. Ein Beispiel für die Anwendung eines solchen auch als Wellendichtring bezeichneten Radialwellendichtrings ist die Abdichtung eines Kurbelgehäuses eines Verbrennungsmotors.
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Um die erforderliche hohe Dichtwirkung zu erzielen, ist bei vielen Radialwellendichtringen die Dichtlippe, die an der rotierenden Welle anliegt, mittels einer azimutal vollständig umlaufenden Schlauchfeder stabilisiert, die eine hohe Formhaltigkeit sicherstellt.
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Für industrielle Anwendungen sind Radialwellendichtringe genormt, insbesondere sind in der DIN-Norm DIN 3760 Standardmaße für Radialwellendichtringe festgelegt, was diese für viele Anwendungen tauglich macht. Solche standardkonformen Radialwellendichtringe werden als Massenprodukte mit Hilfe von speziellen Werkzeugen in großer Stückzahl hergestellt.
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Bei vielen Anwendungen reicht jedoch eine allein bezüglich des Innenvolumens wirksame Abdichtung nicht aus, beispielsweise wenn die nach innen weisende Dichtlippe zum Abdichten bezüglich der Welle zusätzlich vor Verschmutzungen, Feuchtigkeit oder anderen Umwelteinflüssen geschützt werden soll, die zu einem Zerstören oder Beschädigen dieser Dichtlippe führen könnten. Ein Beispiel für solche erhöhten Anforderungen sind Gabeldichtringe bei Motorrädern, bei denen äußere Einflüsse wie Staub, Wasser, Schmutz, Dampf aus Dampfstrahlgeräten oder andere zusätzliche externe Einflussfaktoren besondere Schutzmaßnahmen erfordern. Ein weiteres Beispiel für ein spezialisiertes Anforderungsprofil sind Landmaschinen bzw. Maschinen für den landwirtschaftlichen Bereich, die ebenfalls einer erhöhten Verschmutzung unterliegen.
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Zum Schutz vor solchen Faktoren werden bislang an die Radialwellendichtringe zusätzliche Dichtelemente oder Dichtlippen anvulkanisiert, um die erhöhten Anforderungen an eine solche Radialwellendichtungen zu befriedigen. Das heißt, das Werkzeug zum Vulkanisieren des Dichtungsmaterials bzw. des Elastomers an dem typischerweise im Inneren des Radialwellendichtrings angeordneten Verstärkungsring muss geändert werden. Die Kosten für die hierfür erforderlichen neuen Werkzeugsätze sind insbesondere bei kleinen Stückzahlen oder Sonderentwicklungen nicht tragbar, sodass spezialisierte Dichtungstypen oft nicht umgesetzt werden können bzw. deren Umsetzung außerordentlich teuer ist.
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Es besteht somit der Bedarf, flexibler einsetzbare Radialwellendichtungen bereitzustellen.
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Einige Ausführungsbeispiele ermöglichen dies mittels einer Dichtungsanordnung, die einen Radialwellendichtring, der sich in einer radialen Richtung von einem inneren Ende bis zu einem äußeren Ende erstreckt sowie ein zusätzliches Ergänzungselement aufweist, das sich in oder entgegen einer auf der radialen Richtung senkrecht stehenden axialen Richtung an den Radialwellendichtring anschließt und mit diesem verbunden ist.
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Durch Verwenden eines Ergänzungselementes in Verbindung mit einem z.B. genormten und in großer Stückzahl produzierten Radialwellendichtring können nahezu beiliebige Dichtungskonzepte auch in kleinen Stückzahlen zu vertretbaren Preisen produziert werden. Als Ergänzungselemente werden bei einigen Ausführungsbeispielen weitere Dichtelemente bzw. ein weiteres Dichtelement verwendet, das beispielsweise dazu dient, Umwelteinflüsse von der Dichtlippe des Radialwellendichtrings fernzuhalten.
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Bei weiteren Ausführungsbeispielen ist das Ergänzungselement ein flexibler oder starrer Körper, der eine oder mehrere Befestigungsstrukturen aufweist, um den Radialwellendichtring über das Ergänzungselement mit einem oder mehreren weiteren Bauteilen zu verbinden. Weitere Bauteile in diesem Sinne können beispielsweise weitere dichtende Elemente sein oder auch ein den Radialwellendichtring aufnehmendes Gehäuse, um den Radialwellendichtring über das Ergänzungselement zusätzlich bezüglich des Gehäuses zu fixieren und/oder bezüglich desselben abzudichten. Um dies zu erreichen ist bei einigen Ausführungsbeispielen die Verbindung zwischen dem Radialwellendichtring und dem Ergänzungselement zumindest entlang eines Umfanges zwischen dem inneren Ende und dem äußeren Ende luft- oder flüssigkeitsdicht.
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Gemäß einigen Ausführungsbeispielen wird das Ergänzungselement untrennbar mit dem Radialwellendichtring verbunden, sodass eine zerstörungsfrei nicht mehr demontierbare Dichtungsvariante bzw. Dichtungsanordnung entsteht. Der Radialwellendichtring kann mit dem Dichtelement dafür stoffschlüssig verbunden, insbesondere verklebt oder verschweißt sein. Stoffschlüssig bedeutet in diesem Zusammenhang, dass eine Verbindung, die eine Relativbewegung der miteinander verbundenen Komponenten in zumindest einer Richtung verhindert, über atomare oder molekulare Kräfte vermittelt wird. Dabei kann zumindest teilweise eine Vermischung der Materialen der verbundenen Komponenten an einer Grenzfläche erfolgen. Diese muss nicht ausschließlich zwischen den Materialen der verbundenen Komponenten erfolgen. Vielmehr kann zusätzlich eine die Vermischung bewirkende oder unterstützende Materialkomponente, beispielsweise in Form eines Klebstoffes oder eines Materials eines Schweißdrahtes vorhanden sein, sodass an der Grenzfläche eine Mehrzahl von Materialen im mikroskopischen Maßstab miteinander vermischt sind.
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Gemäß alternativen Ausführungsbeispielen ist die Verbindung zerstörungsfrei lösbar, um einen verschleißbedingten Wechsel des Ergänzungselements oder des Radialwellendichtrings zu ermöglichen. Dazu kann der der Radialwellendichtring mit dem Dichtelement formschlüssig verbunden, insbesondere vernietet oder verschraubt oder in Form eines Bajonettverschlusses verbunden sein. Formschlüssig bedeutet in diesem Zusammenhang, dass eine Verbindung, die eine Relativbewegung der miteinander verbundenen Komponenten in zumindest einer Verbindungsrichtung verhindert, dadurch bewirkt wird, dass die Geometrie der zur Verbindung verwendeten Komponenten derart gewählt wird, dass diese sich in einer Richtung senkrecht zur Verbindungsrichtung überschneiden um so die Bewegung in der Verbindungsrichtung zu verhindern.
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Gemäß alternativen Ausführungsbeispielen von Dichtungsanordnungen kann der Radialwellendichtring mit dem Dichtelement kraftschlüssig verbunden sein. Kraftschlüssig bedeutet in diesem Zusammenhang, dass eine Verbindung, die eine Relativbewegung der miteinander verbundenen Komponenten in zumindest einer Richtung verhindert durch eine relativ zwischen den Komponenten wirkende Kraft, die beispielsweise zu erhöhten Kohäsions- oder Adhäsionskräften führt, verhindert wird. Ein Kraftschluss liegt somit so lange vor, wie eine durch die Haftreibung bewirkt Kraft zwischen den Komponenten nicht überschritten wird
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Ausführungsbeispiele der Erfindung verbinden somit die Kostenvorteile eines Massenprodukts mit der nahezu unendlichen Varianz eines Spezialprodukts, dessen Herstellung in kleinen Stückzahlen erfolgen kann. Dabei können die Ergänzungselemente sogar werkzeuglos, beispielsweise spanabhebend hergestellt werden. Bei alternativen Ausführungsbeispielen kann das Ergänzungselement selbstverständlich auch eine weiteres Massenprodukt, beispielsweise eine weiterer Radialwellendichtring sein.
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Gemäß einigen Ausführungsbeispielen weist der Radialwellendichtring ein sich in der radialen Richtung zwischen dem inneren Ende und dem äußeren Ende erstreckendes, zumindest teilweise von einem Dichtungsmaterial umschlossenes Verstärkungselement auf, um die Stabilität der Dichtungsanordnung zu verbessern.
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Gemäß einigen Ausführungsbeispielen von Dichtungsanordnung erfolgt die Verbindung zwischen dem Radialwellendichtring und dem Ergänzungselement ausschließlich über einen den Radialwellendichtring in oder entgegen der axialen Richtung begrenzenden Oberflächenbereich. Dies ermöglicht den Einsatz von Dichtungsanordnungen, ohne zusätzlichen radialen Bauraum zu benötigen. Beispielsweise können so Ersatzteile für am Markt nicht mehr erhältliche Spezialdichtungen in kleinen Stückzahlen kostengünstig aufgelegt werden.
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Gemäß einigen Ausführungsbeispielen ist der Außendurchmesser des Radialwellendichtrings zu diesem Zweck größer oder gleich dem Außendurchmesser des Ergänzungselements.
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Ein Verfahren zum Herstellen einer solchen Dichtungsanordnung umfasst somit das Bereitstellen eines Radialwellendichtrings, der sich in einer radialen Richtung von einem inneren Ende bis zu einem äußeren Ende erstreckt sowie das Bereitstellen eines zusätzlichen Ergänzungselements. Die Dichtungsanordnung wird komplettiert, indem der Radialwellendichtring mit dem Ergänzungselement derart verbunden wird, dass sich das Ergänzungselement in oder entgegen einer auf der radialen Richtung senkrecht stehenden axialen Richtung an den Radialwellendichtring anschließt.
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Bei einigen Ausführungsbeispielen wird das Dichtelement ausschließlich an einem den Radialwellendichtring in oder entgegen der axialen Richtung begrenzenden Oberflächenbereich des Radialwellendichtrings mit demselben verbunden.
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Bevorzugte Ausführungsbeispiele der vorliegenden Erfindung werden nachfolgend, Bezug nehmend auf die beigefügte Figur, näher erläutert. Es zeigt:
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1 eine Schnittansicht durch eine Hälfte einer rotationssymmetrischen Dichtungsanordnung gemäß einem Ausführungsbeispiel der vorliegenden Erfindung; und
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2 eine Flussdiagramm eines Ausführungsbeispiels eines Verfahrens zum Herstellen einer Dichtungsanordnung.
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1 zeigt eine Schnittansicht durch eine Dichtungsanordnung gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung. Die Dichtungsanordnung umfasst einen Radialwellendichtring 2, sowie, als Ergänzungselement, ein mit dem Radialwellendichtring 2 verbundenes Dichtelement 6. Dieses schließt sich in einer axialen Richtung 4 an den Radialwellendichtring 2 an und ist mit diesem verbunden.
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Der Radialwellendichtring 2 enthält vorliegend ein zumindest teilweise von einem Dichtungsmaterial 8 umschlossenes, sich in einer auf der axialen Richtung 4 senkrecht stehenden radialen Richtung 10 erstreckendes Verstärkungselement 12 aus einem Verstärkungsmaterial, das eine höhere Festigkeit, Stabilität oder Biegesteifigkeit aufweist, als das Dichtungsmaterial 8. Im vorliegenden Ausführungsbeispiel weist das Verstärkungselement 12 ferner einen sich in der axialen Richtung 4 erstreckenden Bereich auf, der dazu dient, den Radialwellendichtring stabil in einer in einem Gehäuse angebrachten Bohrung zu fixieren. Bei alternativen Ausführungsbeispielen kann das Verstärkungselement 12 jedoch ein sich lediglich im Wesentlichen in der radialen Richtung 10 erstreckendes Verstärkungselement aufweisen. Selbstverständliche sind auch Konfigurationen möglich, in der ein sich im Wesentlichen in der radialen Richtung 10 erstreckender Teil des Verstärkungselements bezüglich der radialen Richtung leicht geneigt ist, beispielsweise um 10°, um 20° oder um 45° oder weniger.
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Das Dichtungsmaterial 8, aus dem auch eine Dichtlippe 14 besteht, die im Betrieb an der Welle anliegt, besteht üblicherweise aus einem zumindest teilweise elastischen Material, beispielsweise einem Elastomer. Für Verstärkungselemente 12 werden beispielsweise Materialien verwendet, die eine höhere Festigkeit oder Steifigkeit oder Temperaturstabilität als das Dichtungsmaterial 8 aufweisen, beispielsweise metallische Materialien oder spezielle Kunststoffe. Im vorliegenden Ausführungsbeispiel weist der Radialwellendichtring ferner eine Schlauchfeder 16 auf, die sich azimutal vollständig um die Dichtlippe 14 legt, um eine hohe Maßhaltigkeit und Dichtwirkung sicherzustellen. Es versteht sich von selbst, dass bei alternativen Ausführungsbeispielen auch Wellendichtringe ohne Schlauchfeder verwendet werden können, so genannte Membranwellendichtringe.
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Bei dem in 1 dargestellten Ausführungsbeispiel weist das Dichtelement 6, mit dem der Radialwellendichtring 2 flexibel zur Dichtungsanordnung erweitert wird, zwei Dichtlippen 18 auf, um Staub oder eine Flüssigkeit von der Dichtlippe 14 des Radialwellendichtrings 2 fernzuhalten, und so die Langlebigkeit und Zuverlässigkeit der Abdichtung des Radialwellendichtrings 2 zu erhöhen. Es versteht sich von selbst, dass aufgrund der Flexibilität des Konzepts bei alternativen Ausführungsformen auch andere Ergänzungselemente mit einem Radialwellendichtring 2 zu einer Dichtungsanordnung verbunden werden können. Darunter beispielsweise auch solche, die kompliziertere Geometrien aufweisen oder selbst aus mehreren Komponenten bestehen. Beispielsweise kann mit dem Radialwellendichtring 2 so ein Teil eines Kunststoffkäfigs verbunden werden, der wiederum selbst diverse Zusatzdichtelemente aufnehmen kann.
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Auch kann bei weiteren Ausführungsbeispielen der Erfindung die Verbindung des Dichtelements 6 mit dem den Radialwellendichtring 2 in oder entgegen der axialen Richtung 10 begrenzenden Oberflächenbereich desselben auch von der anderen als der in 1 gezeigten Seite erfolgen, also von der Seite, an der sich die entgegen der radialen Richtung 10 nach innen weisende Dichtlippe 14 zum Abdichten bezüglich der Welle befindet.
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Allgemein gesprochen umfasst ein in 2 schematisch dargestelltes Ausführungsbeispiel eines Verfahrens zum Herstellen einer Dichtungsanordnung zunächst einen Bereitstellungsschritt 30, in dem ein Radialwellendichtring 2 bereitgestellt wird, der sich in einer radialen Richtung von einem inneren Ende bis zu einem äußeren Ende erstreckt und in dem ferner ein zusätzliches Ergänzungselement 6 bereit gestellt wird.
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In einem Verbindungsschritt 32 wird der Radialwellendichtring 2 mit dem Ergänzungselement 6 derart verbunden, dass sich das Ergänzungselement 6 in oder entgegen einer auf der radialen Richtung 10 senkrecht stehenden axialen Richtung 4 an den Radialwellendichtring 2 anschließt. Die Verbindung kann optional ausschließlich über eine den Radialwellendichtring 2 in oder entgegen der axialen Richtung 4 begrenzenden Oberflächenbereich des Radialwellendichtrings 2 hergestellt werden.
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Somit kann eine Standarddichtung durch einfaches Verbinden eines auf eine spezielle Aufgabenstellung angepassten Ergänzungselements oder einer Zusatzdichtung an spezielle Umgebungen angepasst werden, ohne die bewährte Öldichtung zu beeinflussen. Dadurch können durch eine einfache und kostengünstige sowie extrem flexible Lösung eine oder mehrere Zusatzfunktionen für den Radialwellendichtring implementiert werden. Beispielweise kann ein besonderer Schutz gegen Schmutzanfall oder Wasser realisiert werden was, bislang mit anderen Dichtungstypen erreicht werden musste, welche unter Umständen komplett neue Werkzeugsätze erforderlich machten.
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Bezugszeichenliste
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- 2
- Radialwellendichtring
- 4
- axiale Richtung
- 6
- Dichtelement
- 8
- Dichtungsmaterial
- 10
- radiale Richtung
- 12
- Verstärkungselement
- 14
- Dichtlippe
- 16
- Schlauchfeder
- 18
- Dichtlippen
- 30
- Bereitstellungsschritt
- 32
- Verbindungsschritt
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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