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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Brillenglas für ein fehlsichtiges Auge einer Person, welches einen nicht-orthogonalen Hornhautastigmatismus aufweist sowie Verfahren zur Berechnung und Herstellung des Brillenglases.
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Ein fehlsichtiges Auge kann refraktive Fehler aufweisen, die üblicherweise in Form von Sphäre, Zylinder und Achse beschrieben werden.
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Eine Hornhautverkrümmung, bei der eine Oberfläche der Hornhaut von einer sphärischen Form abweicht, trägt zu einem Gesamtastigmatismus bei, der wiederum einen Brechungsfehler des Auges darstellt und mittels eines in Stärke und Achsenlage angepassten Zylinders eines Brillenglases korrigiert wird.
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Wenn das Auge einen (Gesamt-)Astigmatismus aufweist, werden die von einem betrachteten Objekt ausgehenden Lichtstrahlen nicht in einem Punkt auf einer Netzhaut des Auges gebündelt, sondern als Brennlinien abgebildet, was zu der weiterhin gebräuchlichen Bezeichnung Stabsichtigkeit geführt hat, und die vor, auf, oder hinter der Netzhaut liegen können. Dabei wird ein Lichtstrahl, der parallel zur optischen Achse in das Auge einfällt, in Abhängigkeit von seiner mit der optischen Achse gebildeten Einfallsebene unterschiedlich stark gebrochen.
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Des Weiteren kann der meist schwächere Linsenastigmatismus, der entweder durch eine nicht sphärische Oberfläche der Linse ausgelöst wird, oder akkomodativ bedingt ist, d. h. dass die Kontraktion des Ziliarmuskels bei einer Fokussierung der Linse auf einen Gegenstand fehlerhaft erfolgt, zu dem Gesamtastigmatismus beitragen. Ferner können unterschiedliche optische Dichten innerhalb der einzelnen Schichten der Linse auftreten, welche zu einem refraktiven Linsenastigmatismus führen. Ein weiterer seltener Astigmatismus ist der Astigmatismus des Augenhintergrunds, der etwa bei hoher Myopie bzw. Kurzsichtigkeit auftritt. Den größten Einfluss auf den sich ergebenden Gesamtastigmatismus eines Auges hat jedoch die Beschaffenheit der äußeren Oberfläche der Hornhaut auf Grund des vergleichsweise hohen Brechungsindexes der Hornhaut im Vergleich zu Luft sowie der starken Wölbung der Hornhaut.
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In Abhängigkeit von der Lage der Brennlinien bezüglich der Netzhaut des Auges werden unterschiedliche Arten des Astigmatismus unterschieden, wobei die theoretisch höchste Sehleistung erzielt wird, wenn sich die Brennlinien im Auge mittig im Kreuz auf der fovea centralis der Netzhaut schneiden. Es gibt den orthogonalen Astigmatismus, bei dem die maximal und minimal brechenden Einfallsebenen, welche auch Hauptschnitte genannt werden, senkrecht aufeinander stehen, und den nicht-orthogonalen Astigmatismus, bei dem die maximal und die minimal brechenden Einfallsebenen einen Winkel einschließen, der von der Rechtwinkeligkeit abweicht.
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Als axiale Refraktion wird in der Augenoptik der Brechwert der optischen Korrektur bezeichnet, mit dem zusammen ein fehlsichtiges Auge ohne Akkomodation ein scharfes Bild eines in unendlicher Entfernung befindlichen Objekts erzeugt.
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Die Bestimmung der erforderlichen Korrektur eines fehlsichtigen Auges kann durch eine objektive Refraktion, d. h. ohne Mitwirkung der zu untersuchenden Person, beispielsweise im Falle eines Kleinkindes oder im Falle einer Person, die sich nicht äußern kann, durch eine subjektive Refraktion, oder durch eine Kombination der aus der objektiven und der subjektiven Refraktion gewonnenen Ergebnisse erfolgen. Bei der subjektiven Refraktion bzw. bei einem (Brillen-)Abgleich werden dem Auge einer zu untersuchenden Person nacheinander in systematischer Reihenfolge Linsen unterschiedlicher Brechkraft vorgehalten und nach einer Verbesserung oder einer Verschlechterung des Seheindrucks gefragt. Dabei werden beispielsweise die Sehzeichen, die auch zur Bestimmung der Sehschärfe verwendet werden, als zu betrachtende Objekte eingesetzt. Zum Vorhalten kann entweder eine Refraktionsbrille, in die die einzelnen Linsen eingesetzt werden können, oder ein Phoropter verwendet werden, in dem die einzelnen Linsen integriert sind und zwischen diesen einzelnen Linsen umgeschaltet werden kann.
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Der zylindrische Abgleich, d. h. die Bestimmung der Stärke und der Achsenlage des zur Korrektur erforderlichen Zylinders wird dabei meist mittels eines Kreuzzylinders vorgenommen, der aus einem (+) Zylinderglas und einem (–) Zylinderglas gleicher Stärke besteht, und deren Achsen einen Winkel von 90° einschließen, also senkrecht aufeinander stehen.
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Bei der objektiven Refraktion hingegen werden die Brechungseigenschaften des Augapfels mittels einer apparativen Anordnung bestimmt, d. h. unabhängig von dem subjektiven Seheindruck der zu untersuchenden Person. Die entsprechenden Verfahren basieren meist auf einer Infrarot-Projektion eines Objekts auf den Augenhintergrund, wobei dessen sichtbares Bild anhand vorgeschalteter Linsen scharfgestellt wird.
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Üblicherweise werden zur Korrektur der Fehlsichtigkeit eines Auges Kontaktlinsen und Brillen verwendet, die basierend auf den Ergebnissen der objektiven und/oder subjektiven Refraktion gefertigt werden. Seit einigen Jahren kommen des Weiteren operative Eingriffe zur Korrektur der Fehlsichtigkeit des Auges in Betracht.
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Im Falle einer Korrektur der Fehlsichtigkeit des Auges mit formstabilen Kontaktlinsen bildet sich zwischen der Hornhaut und der Rückfläche der Kontaktlinse ein Tränenfilm, welcher den Hornhautastigmatismus nahezu ausgleicht. Allein durch die Ausbildung des Tränenfilms kann selbst ein nicht-orthogonaler Hornhautastigmatismus bis auf einen verbleibenden Fehler von 10,6% korrigiert werden, wobei sich dieser Restfehler als Folge von unterschiedlichen Brechungsindizes von Kontaktlinse, Tränenfilm und Hornhaut ergibt. Mittels entsprechender Anpassungen der vorderen und der rückseitigen Oberflächen der Kontaktlinse kann dieser Restfehler noch weiter verringert werden.
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Die weltweit als Brillengläser verwendeten Zylindergläser weisen hingegen ausnahmslos senkrecht zueinander liegende Hauptschnitte auf. Dies führt dazu, dass wie nachfolgend mit Bezug auf 1 erläutert, ein nicht-orthogonaler Astigmatismus nicht vollständig mittels einer auf dem Markt erhältlichen Brille korrigiert werden kann.
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1 veranschaulicht schematisch eine mögliche Korrektur eines einen nicht-orthogonalen Astigmatismus aufweisenden Auges 1 mit einem herkömmlichen Brillenglas 2, das zwei senkrecht zueinander angeordnete Hauptschnitte aufweist, um das astigmatische Refraktionsdefizit des Auges zu korrigieren. Eine Vollkorrektur besteht immer dann, wenn sich die Hauptschnittlagen des Brillenglases 2 mit denen des Auges 1 exakt decken und sich auch wertmäßig neutralisieren. Wie in 1 gezeigt, schließen die Hauptschnittlagen 2A, 2B des Brillenglases 2 einen Winkel von 0° bzw. 90° mit der Horizontalen ein, während die Hauptschnittlagen 1A, 1B des Auges 1 einen Winkel von 0° bzw. 90° + ε mit der Horizontalen einschließen. Offensichtlich besteht hinsichtlich der Hauptschnittlage 1B des Auges und der Hauptschnittlage 2B des Brillenglases keine Deckungsgleichheit, mit der Folge, dass unabhängig von den gewählten Zylinderstärken der Korrekturbrille eine Vollkorrektur des nicht-orthogonalen Astigmatismus nicht möglich ist.
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Zur Erklärung dieses Umstands kann eine Analogie zu dem aus der Physik bekannten Kräfteparallelogramm herangezogen werden, wenn die Sphäre der Fehlsichtigkeit als „Kraftvektor” F1 und der Zylinder der Fehlsichtigkeit als „Kraftvektor” F2 angenommen, und Sphäre und Zylinder in einem entsprechenden „Kräfte-”Parallelogramm dargestellt werden. Ändert man in dem Kräfteparallelogramm zumindest eine der beiden Teilkräfte F1 und F2 in Stärke oder Richtung, so ergibt sich stets eine resultierend Gesamtkraft, deren Vektor in eine andere Richtung zeigt, als der Vektor der ursprünglichen Gesamtkraft. Soll sich in diesem Fall durch die Änderung eine Gesamtkraft gleich Null ergeben, so müssen die entsprechenden neutralisierenden Teilkräfte exakt in Richtung und Stärke entgegengesetzt zu den Kräften F1 und F2 wirken. Selbst wenn nur kleinste Richtungsabweichungen der neutralisierenden Kräfte auftreten, ergibt sich eine resultierende Restkraft, die sich mittels des Kosinussatzes berechnen lässt, und wodurch die gewünschte Sollvorgabe der Kräfteneutralisation nicht erfüllt wird.
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Es ist bekannt, dass bei der Augenglasbestimmung im Falle einer Änderung des sphärischen oder des zylindrischen Wert immer ein erneuter Achsenabgleich erfolgen muss, bevor die ermittelten Refraktionswerte in die Bestellung eingehen können. Dies ist selbst dann erforderlich, wenn der zylindrische Anteil nur geringfügig, beispielsweise um 0,25 Dioptrien, erhöht oder erniedrigt wird. Analog zu obigem Fall des Kräfteparallelogramms muss hierzu auch das Refraktionsdefizit eines Auges durch das Korrekturbrillenglas zu Null neutralisiert werden. Die „Teilkräfte” F1, F2 des korrigierenden Brillenglases müssen daher in Richtung und Stärke exakt entgegengesetzt zu dem Augenrefraktionsdefizit wirken. Wenn dies jedoch für den Fall eines nicht-orthogonalen Astigmatismus aufgrund der Beschaffenheit der herkömmlichen Brille mit senkrecht aufeinander stehenden Hauptschnitten nicht möglich ist, versucht das Auge mittels Sehkorrekturarbeiten diese Restfehler auszugleichen, was zu einer schnelleren Ermüdung des Auges führt, als es bei einer Vollkorrektur der Fall wäre.
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Die Krümmungen entlang der Einfallsebenen der Hornhaut können auch von der idealen Kreisform abweichen, d. h. dass für eine Einfallsebene die Krümmung in Abhängigkeit von der Entfernung zur optischen Achse variieren kann. Daher kann sich die von einer Person wahrgenommene Stärke des Astigmatismus in Abhängigkeit von der Pupillengröße ändern. So kann insbesondere nachts, wenn die Pupille im Unterschied zu ihrem Zustand bei Tageslicht weit geöffnet ist, der mittels einer gewöhnlichen Brille nicht korrigierbare nicht-orthogonale Astigmatismus zu Sichtproblemen beim Autofahren („Nachtblindheit”) führen, die gegebenenfalls einen Unfall zur Folge haben.
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In diesem Zusammenhang sei ferner erwähnt, dass sich ein leichter Fehler in Achsengenauigkeiten deutlich negativer auf den Seherfolg auswirkt, als ein vergleichbar leicht zu schwaches oder zu starkes Brillenglas, bei dem eine Achsenüberdeckung der Hauptschnitte vorliegt. Insbesondere bei Gleitsichtgläsern wirken sich Fehler in der Achsenüberdeckung der Hauptschnitte besonders nachteilig auf das Sehvermögen aus, da die Möglichkeiten des Auges hinsichtlich einer selbsttätigen Korrektur durch Zusammenkneifen, etc. aufgrund des Glasaufbaus der Gleitsichtgläser weiter eingeschränkt sind.
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Verfahren zur Berechnung eines Brillenglases für ein fehlsichtiges Auge mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Patentanspruchs 1 sind aus der
GB 1 367 889 A und der
GB 1 369 380 A bekannt.
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Weiterer relevanter Stand der Technik ist in der
WO 2008/088571 A2 offenbart.
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Es ist eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren zur Berechnung eines Brillenglases bereitzustellen, mit dem eine Korrektur der Fehlsichtigkeit eines Auges einer Person, welches einen nicht-orthogonalen Hornhautastigmatismus aufweist, weiter verbessert werden kann. Eine weitere Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht darin, ein Verfahren zur Herstellung des Brillenglases anzugeben.
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Die Aufgabe bezüglich des Verfahrens zur Berechnung des Brillenglases wird gelöst durch das Verfahren gemäß Patentanspruch 1 und die Aufgabe bezüglich der Herstellung wird gelöst durch das Verfahren gemäß Patentanspruch 8.
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Ein Verfahren zur Berechnung eines Brillenglases für ein fehlsichtiges Auge einer Person, welches einen nicht-orthogonalen Hornhautastigmatismus aufweist, umfasst ein Erfassen von Daten über das Auge und dessen Fehlsichtigkeit, einschließlich des Erfassens von Daten über den nicht-orthogonalen Hornhautastigmatismus, und ein Berechnen und Bestimmen von Brechungseigenschaften für eine Vielzahl von Segmenten des zu berechnenden Brillenglases basierend auf den erfassten Daten, wobei zumindest eines der Vielzahl von Segmenten als ein astigmatisches Segment bestimmt wird, welches einen ersten und einen zweiten Hauptschnitt aufweist, die einen von 90° abweichenden Winkel miteinander einschließen, um die Fehlsichtigkeit zu korrigieren.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren werden vorteilhaft zur Berechnung des Brillenglases insbesondere die Daten über den nicht-orthogonalen Hornhautastigmatismus des Auges verwendet, wobei mindestens ein Segment des Brillenglases derart berechnet und bestimmt wird, dass es einen nicht-orthogonalen Astigmatismus aufweist, um die Fehlsichtigkeit zu korrigieren. Daher kann, im Falle dass als Fehlsichtigkeit des Auges lediglich ein nicht-orthogonaler Hornhautastigmatismus vorliegt, dieser mit einem gemäß der vorliegenden Erfindung berechneten Brillenglas vollständig korrigiert werden, während dies mit den bisher verfügbaren Brillengläsern nicht möglich ist, da unabhängig von der Achsenlage des herkömmlichen Zylinders wie eingangs erwähnt aufgrund der sich nicht deckenden Achsenlagen in einer Richtung in jedem Fall ein Restfehler verbleibt.
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Des Weiteren kann, wenn zusätzlich noch eine andere Form des Astigmatismus des Auges vorliegt, der resultierende Gesamtastigmatismus, dessen Hauptschnitte gegebenenfalls nicht aufeinander senkrecht stehen, und im Vergleich zu den Hauptschnitten des nicht-orthogonalen Hornhautastigmatismus unterschiedliche Achsenlagen aufweisen können, durch die Berechnung und Herstellung eines Brillenglases mit mindestens einem Segment, das einen nicht-orthogonalen Astigmatismus aufweist, besser korrigiert werden.
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Gemäß einer Ausführungsform kann das Erfassen von Daten über den nicht-orthogonalen Hornhautastigmatismus ein Erfassen einer ersten Achsenlage und einer ersten Brechkraft eines ersten Hauptschnitts sowie einer zweiten Achsenlage und einer zweiten Brechkraft eines zweiten Hauptschnitts des nicht-orthogonalen Hornhautastigmatismus umfassen.
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Dabei können jeweilige Krümmungsradien und die ersten und die zweiten Achsenlagen des ersten und des zweiten Hauptschnitts des nicht-orthogonalen Hornhautastigmatismus mittels eines Ophthalmometers bestimmt werden, und die erste Brechkraft des ersten Hauptschnitts und die zweite Brechkraft des zweiten Hauptschnitts des nicht-orthogonalen Astigmatismus basierend auf den entsprechenden Krümmungsradien berechnet werden.
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Bevorzugt umfasst das Erfassen von Daten über die Fehlsichtigkeit des Auges ein Bereitstellen eines astigmatischen Vorschaltglases, welches den nicht-orthogonalen Hornhautastigmatismus ausgleicht, ein Vorschalten des Vorschaltglases vor das Auge, ein Durchführen einer subjektiven Refraktion mit vorgeschaltetem Vorschaltglas, und ein Auswählen mindestens einer Linse, die bei der subjektiven Refraktion vorgehalten wird.
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Ein Ausgleichen bzw. Korrigieren des nicht-orthogonalen Hornhautastigmatismus mittels des Vorschaltglases beschreibt hierbei die Eigenschaften des Vorschaltglases derart, dass es Hauptschnitte aufweist, deren Achsenlagen denen der Hauptschnitte des nicht-orthogonalen Hornhautastigmatismus entsprechen, und die Brechkräfte des Systems bestehend aus der äußeren Hornhautoberfläche und dem Vorschaltglas entlang der Richtungen des ersten und des zweiten Hauptschnitts gleich sind.
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Beim dem erfindungsgemäßen Verfahren wird vorteilhaft mittels des Vorschaltglases der Hornhautastigmatismus korrigiert bzw. ausgeglichen, welcher wie oben beschrieben mit herkömmlichen Gläsern nicht auskorrigiert werden kann, während gleichzeitig die subjektive Refraktion durchgeführt wird. Somit hat der Kunde bei der Durchführung der subjektiven Refraktion ein besseres Sehvermögen, und kann daher besser beurteilen, mit welcher der bei der subjektiven Refraktion vorgehaltenen Linsen die beste Sehleistung erzielt wird. Insgesamt kann durch das erfindungsgemäße Verfahren somit ein Brillenglas berechnet werden, durch welches die Sehleistung des Auges im Vergleich zu einem mittels eines herkömmlichen Verfahrens berechneten Brillenglas erhöht werden kann.
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Dadurch beginnen bei Verwendung eines gemäß der Berechnung gefertigten Brillenglases subjektiv vom Auge wahrgenommene übliche Bildfehler erst viel später, als bei einem Brillenglas, das schon in seinem Bezugspunkt nicht optimal auf das Auge eingestellt ist.
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Aus diesem Grund lassen sich bei Gleitsichtgläsern astigmatische Randunschärfen nach außen hin verschieben, wodurch die nutzbaren Blickfelder im Gleitsichtglas sichtbar größer werden und bekannte Schwimmeffekte beim Sehen deutlich verringert werden.
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In Abhängigkeit von der Stärke des nicht-orthogonalen Hornhautastigmatismus und der Abweichung von der Rechtwinkeligkeit der Hauptschnittlagen, können sich die Sehbereiche bei einem Gleitsichtglas um bis zu 40% größer darstellen lassen, als es herkömmliche Brillengläser erlauben.
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Gemäß Ausführungsformen kann das Vorschalten des Vorschaltglases vor das Auge das Vorschalten vor eine Refraktionsbrille oder vor einen Phoropter umfassen.
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Weiterhin kann das Bereitstellen des Vorschaltglases ein Bilden einer Differenz zwischen der ersten Brechkraft des ersten Hauptschnitts und der zweiten Brechkraft des zweiten Hauptschnitts des nicht-orthogonalen Hornhautastigmatismus, und ein Ausbilden eines Vorschaltglases umfassen, das einen ersten Hauptschnitt aufweist, dessen Achsenlage gleich der des ersten Hauptschnitts des Auges ist, und dessen Brechkraft gleich Null ist, und einen zweiten Hauptschnitt aufweist, dessen Achsenlage gleich der des zweiten Hauptschnitts des Auges ist, und dessen Brechkraft gleich dem negativen Wert der Differenz ist.
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Gemäß einer Ausführungsform kann das Ausbilden des Vorschaltglases ein Ausbilden eines Vorschaltglases umfassen, bei dem die Beträge von Brechkräften von Schnitten mit Achsenlagen, die unterschiedlich von dem ersten und dem zweiten Hauptschnitt des Zylinderglases sind, jeweils kleiner als der Betrag der Differenz sind.
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Das Durchführen der subjektiven Refraktion umfasst bevorzugt ein Vorhalten von unterschiedlichen Linsen in einer systematischen Reihenfolge, wobei die mindestens eine ausgewählte Linse basierend auf einem subjektiven Seheindruck der zu untersuchenden Person ausgewählt wird.
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Im Folgenden wird anhand der zugehörigen Zeichnungen ein Ausführungsbeispiel eines Verfahrens näher beschrieben.
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Es zeigen:
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1 eine schematische Darstellung einer Korrektur eines fehlsichtigen Auges mit einer herkömmlichen Brille, und
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2 ein Flussdiagramm, welches ein erfindungsgemäßes Verfahren zur Berechnung und Herstellung eines Brillenglases für ein fehlsichtiges Auges veranschaulicht.
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Anhand des Flussdiagramms der 2 wird ein Verfahren zur Berechnung und Herstellung eines Brillenglases für ein fehlsichtiges Auges erläutert. In Schritt S1 wird beispielsweise mittels eines konventionellen Ophthalmometer oder eines Keratographen die äußere Oberfläche der Hornhaut eines Auges im Hinblick auf unterschiedliche Krümmungsradien sowie auf die Achsenlagen der entsprechenden Einfallsebenen bezüglich der Horizontalen untersucht. Bei der Verwendung des Ophthalmometers werden hierzu zwei Leuchtfiguren auf die Hornhaut des zu untersuchenden Auges projiziert und zur Deckung gebracht, wobei die jeweiligen Krümmungsradien der Hornhaut aus der Messentfernung zum Auge und dem Abstand der beiden Figuren am Ophthalmometer bestimmt werden. In diesem Zusammenhang sei angemerkt, dass die Verwendung von Ausgabedaten eines Autoophthalmometers oder eines Abberrometers nicht möglich ist, weil diese Geräte basierend auf Messdaten nur Korrekturergebnisse hinsichtlich einer optimierten rechtwinkeligen Achsenlage der Hauptschnitte liefern. Aus den mit dem Ophthalmometer gemessenen Daten werden dann die maximalen und minimalen Krümmungsradien der Hornhaut sowie die Achsenlagen der entsprechenden Hauptschnitte des fehlsichtigen Auges ermittelt.
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In Schritt S2 wird bestimmt, ob die Hauptschnitte senkrecht auf einander stehen, oder nicht. Wird in Schritt S2 festgestellt, dass die Hauptschnitte senkrecht aufeinander stehen, so wird das Verfahren mit Schritt S5 fortgeführt.
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Wird hingegen in Schritt S2 festgestellt, dass die Hauptschnitte nicht senkrecht aufeinander stehen, wird das Verfahren mit Schritt S3 fortgeführt, in dem ein spezielles astigmatisches Vorschaltglas berechnet, gefertigt und bereitgestellt wird, dessen Hauptschnitte sich mit denen des nicht-orthogonalen Hornhautastigmatismus des Auges decken, und bei dem die Brechkräfte der Hauptschnitte derart gewählt sind, dass sie die Differenz der Brechkräfte der Hauptschnitte des Hornhautastigmatismus ausgleichen. Mit anderen Worten wird ein Vorschaltglas mit zwei Hauptschnitten bereitgestellt, deren Achsenlagen denen des festgestellten nicht-orthogonalen Hornhautastigmatismus entsprechen, wobei die Stärke des Astigmatismus des Vorschaltglases gleich der negativen Stärke des Hornhautastigmatismus ist.
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Wird beispielsweise ein erster Hauptschnitt mit einem maximalen Hornhautradius von 8,57 mm und mit einer Achsenlage von 1° gegenüber der Horizontalen, und ein zweiter Hauptschnitt mit einem minimalen Hornhautradius von 7,76 mm und mit einer Achsenlage von 97° gegenüber der Horizontalen ermittelt, so lassen sich unter der Annahme eines Brechungsindexes der Hornhaut von n = 1,3375 mittels bekannter Formeln die Brechkräfte des ersten Hauptschnitts und des zweiten Hauptschnitts der Hornhaut in Dioptrien als 39,38 1/m bzw. 43,49 1/m darstellen. Das zur Korrektur erforderliche Vorschaltglas kann daher in der ersten Hauptschnittlage, d. h. bei 1° gegenüber der Horizontalen, plan sein bzw. eine Brechkraft von 0 Dioptrien aufweisen und in der zweiten Hauptschnittlage, d. h. bei 97° gegenüber der Horizontalen, eine Brechkraft von –4,11 Dioptrien aufweisen. Im Bereich zwischen den beiden Hauptschnitten kann das Vorschaltglas so gefertigt werden, dass die Brechkraft ausgehend von dem zweiten Hauptschnitt von –4,11 Dioptrien bis zum ersten Hauptschnitt auf 0 Dioptrien abnimmt. In Abhängigkeit von der mittels dem Ophtalmometer oder dem Keratographen ermittelten Hornhautbeschaffenheit können aber auch andere Werte der Brechkraft für die Einfallsebenen in dem Winkelbereich zwischen dem ersten und dem zweiten Hauptschnitt gewählt werden, um entsprechende durch die Beschaffenheit der Hornhaut verursachte Refraktionsdefizite auszugleichen.
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In der Anfangsphase bei der Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens müssen die entsprechenden Vorschaltgläser zunächst einzeln bestellt und gefertigt werden, so dass das Erfassen von Daten über die Fehlsichtigkeit des Auges erst in einer zweiten Sitzung, wenn das Vorschaltglas von einem Brillenglashersteller geliefert worden ist, vervollständigt werden kann. Da es jedoch allein in Deutschland mehr als 40 Millionen Brillenträger, rund 12000 Optikergeschäfte und etwa ebenso viele Augenärzte gibt, wären Vorschaltgläser bzw. Sondergläser in einer Eingradabstufung ab einem Unterschied zwischen den Brechkräften des ersten und des zweiten Hauptschnitts von –0.75 in einer Serienanfertigung kostengünstiger herzustellen, als wenn für jeden Einzelfall ein spezielles Vorschaltglas hergestellt werden würde. Etwa 240 unterschiedliche und wiederverwendbare Vorschaltgläser pro Auge wären erforderlich, um nicht-orthogonale Hornhautastigmatismen im Bereich von –0.75 bis –4.5 Dioptrien und 1° bis 15° Abweichung von der Rechtwinkeligkeit der beiden Hauptschnitte bestimmen zu können. Möglicherweise wird deshalb die Glasindustrie in Zukunft einen Grundmessgläsersatz anbieten, der diese gebräuchlichsten 240 Vorschaltgläser enthält, wodurch in den meisten Fällen die Augenglasbestimmungen an einem Tag erfolgen könnten.
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In Schritt S4 wird das Vorschaltglas dem Auge entweder in der Refraktionsbrille oder dem Phoropter vorgesetzt. Durch die Korrektureigenschaften des Vorschaltglases liegen die Brennlinien der nicht-orthogonalen Hornhautverkrümmung in einer Ebene, und schneiden sich in einem Punkt auf der optischen Achse des Auges, welcher vor der Netzhaut, hinter der Netzhaut, oder auf der Netzhaut liegen kann, je nachdem ob zusätzlich zu dem nicht-orthogonalen Hornhautastigmatismus noch eine Weit- bzw. Kurzsichtigkeit vorliegt, oder nicht. Somit kann in diesem Zustand das fehlsichtige Auge vollkommen ohne einen Einfluss des nicht-orthogonalen Hornhautastigmatismus behandelt werden.
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In Schritt S5 wird eine komplette subjektive Refraktion mittels des Phoropters oder der Refraktionsbrille durchgeführt, wobei sich im Falle eines vorliegenden nicht-orthogonalen Hornhautastigmatismus die letztendlich bestimmten Daten über die Fehlsichtigkeit bezüglich der Ferne aus den Werten des Phoropters bzw. der Refraktionsbrille und dem Vorschaltglas zusammensetzen. So kann sich etwa aus der subjektiven Refraktion ergeben, dass zusätzlich zur Korrektur des Hornhautastigmatismus noch eine Sphäre mit einem gewissen Wert erforderlich ist, um eine vorhandene Weit- oder Kurzsichtigkeit auszugleichen, und ein zusätzlicher Zylinder mit einem bestimmten Wert und einer bestimmten Achse erforderlich ist, um eine andere Form des Astigmatismus auszugleichen. Dabei sind natürlich auch die Hornhautscheitelabstände zu bestimmen und entsprechend zu berücksichtigen.
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Im Falle, dass der Kunde ein Gleitsichtglas bestellen will oder zusätzlich eine Lesebrille benötigt, erfolgt im Anschluss an die Ermittlung der Fernglasrefraktion die Nahglasbestimmung. Da bei Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens aufgrund der Korrektur des nicht-orthogonalen Hornhautastigmatismus die Fernsicht bestens eingestellt ist, kann die zu untersuchende Person den persönlichen Seheindruck in Abhängigkeit von den verschiedenen Testgläsern bzw. von deren Achsenlagen besser beurteilen.
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Zunächst wird bei der Nahglasbestimmung die Stärke (Nahzusatz bzw. Addition) bestimmt, die zum Lesen benötigt wird, und die die beeinträchtigte Akkomodationsfähigkeit des Auges in Folge einer Presbyopie (Alterssichtigkeit) ausgleicht. Dies kann beispielsweise erfolgen, indem zunächst in Abhängigkeit von dem Alter der zu untersuchenden Person zu dem ermittelten Wert der Sphäre für die Ferne ein Glas mit einem Additions-Anfangswert der Sphäre in dem Phoropter oder der Refraktionsbrille hinzugefügt wird, und die erforderliche Addition durch Veränderung des Werts der Addition und Befragung der zu untersuchenden Person optimiert wird.
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Neben der Presbyopie kann auch ein Nahastigmatismus vorliegen, welcher per Definition die Differenz der astigmatischen Refraktion von Ferne und Nähe bezeichnet. Als Ursachen für diesen Unterschied in der astigmatischen Refraktion sind mehrere Phänomene bekannt. Beispielsweise ändert sich die Achsenlage der Hauptschnitte bei einer Bewegung der Augen nach unten, um etwa zu lesen, da die Augen während einer horizontalen oder vertikalen Bewegung gemäß der Listingschen Regel auch einer Verdrehung (Verrollung oder Rotation) unterliegen. Des Weiteren erfolgt im Nahbereich, wenn sich die beiden Augen aufeinander zu bewegen, eine gegenseitige Verdrehung, welche ebenfalls zu einer Änderung der Achsenlage der Hauptschnitte führt, und insbesondere bei Gleitsichtgläsern berücksichtigt werden sollte.
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Die Werte des Astigmatismus in der Nähe können beispielsweise unter Akkomodation des Auges mittels der Strahlenfigur nach den Regeln der bekannten Zylindernebelmethode oder mittels der bereits eingangs erwähnten Zylinderkreuzmethode mit Wendebefragung an einem einzelnen, runden Sehzeichen bestimmt werden. Dabei kann der Kunde aufgrund der bestens eingestellten Fernsicht genauere Angaben dahingehend machen, bei welcher der beiden Wendelagen des Kreuzzylinders sein subjektiver Seheindruck besser ist. Des Weiteren kann dadurch, dass der Astigmatismus in der Ferne durch das erfindungsgemäße Verfahren genauer bestimmt wird als durch bekannte Verfahren, der Nahastigmatismus, welcher wie bereits oben erwähnt gleich der Differenz zwischen der astigmatischen Refraktion von Ferne und Nähe ist, ebenfalls genauer bestimmt werden.
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Um die Korrektur der Fehlsichtigkeit insbesondere hinsichtlich der Achsenlagen von Hauptschnitten für jeden Durchblickspunkt bzw. für jedes Segment des anzufertigenden Brillenglases optimieren zu können, werden bevorzugt weitere Daten über das Auge erfasst, die die individuelle Verrollung des Auges in Abhängigkeit von dessen Blickrichtung betreffen. Beispielsweise können Stellungen des Auges, d. h. Blickrichtungen bzw. Blickachsen sowie eine Position der Eintrittspupille bzw. der Aperturblende des Auges und Torsionslagen des Auges, also dessen Lage in Bezug auf Drehungen um die Blickrichtung bzw. Blickachse für verschiedene Auslenkungen aus einer primären Augenstellung, wie etwa der Nullblickrichtung, in eine erste und in eine zweite sekundäre Augenstellung ermittelt werden. Bevorzugt erfolgen dabei die Augenauslenkungen in die erste bzw. die zweite sekundäre Augenstellung in einer im Wesentlichen horizontalen Ebene bzw. in einer im Wesentlichen vertikalen Ebene, wodurch eine vertikale und eine horizontale Rotationsachse des Auges bestimmt werden können.
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Insgesamt ist ein Zeitaufwand von etwa 35 Minuten anzusetzen, um die Augenglasbestimmung gemäß der vorliegenden Erfindung in allen Punkten auszuführen.
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Sobald alle Daten bzw. Messwerte ermittelt wurden, können anhand eines erweiterten Computerprogramms in Schritt S6 die endgültigen Brillenglaswerte, d. h. die Brechungseigenschaften der einzelnen Segmente, welche in ihrer Gesamtheit das Brillenglas bilden, berechnet werden. Dabei können zur Optimierung der Brechungseigenschaften für einen einzelnen Durchblickspunkt bzw. ein einzelnes Segment insbesondere die Achsenlagen der Hauptschnitte des Segments gemäß der Listingschen Regel in der Nähe bzw. in der Ferne angepasst werden. Alternativ dazu können die Brechungseigenschaften und insbesondere die Achsenlagen der Hauptschnitte eines jeweiligen Segments gegebenenfalls basierend auf einer dem jeweiligen Segment entsprechenden tertiären Augenstellung, die beispielsweise durch Interpolation der in der ersten und der zweiten sekundären Augenstellung ermittelten Daten berechnet wird, optimiert werden.
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Bei einer Ausführungsform kann die Optimierung der Brechungseigenschaften für einen Durchblickspunkt bzw. ein Segment basierend auf der dem Segment entsprechenden tertiären Augenstellung und der Listingschen Regel in der Ferne bzw. der Listingschen Regel in der Nähe erfolgen.
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Dementsprechend können für unterschiedliche der Vielzahl von Segmenten, aus denen das Brillenglas gebildet ist, unterschiedliche Brechungseigenschaften berechnet und bestimmt werden. Erfindungsgemäß wird aber zumindest eines der Segmente als astigmatisches Segment bestimmt, welches einen ersten und einen zweiten Hauptschnitt aufweist, die einen von 90° abweichenden Winkel miteinander einschießen, um die Fehlsichtigkeit des Auges zu korrigieren.
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Basierend auf der Berechnung wird dann in Schritt S7 beispielsweise von einem Brillenhersteller ein entsprechendes Brillenglas gefertigt. Zur Herstellung des Brillenglases kann insbesondere eine Maschine verwendet werden, die derart programmiert werden kann, dass sie gezielt ein Brillenglas fertigt, welches zumindest ein Segment aufweist, das als astigmatisches Segment mit einem ersten und einem zweiten Hauptschnitt ausgebildet ist, wobei der erste und der zweite Hauptschnitt einen von der Rechtwinkeligkeit abweichenden Winkel miteinander einschließen.
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Wie oben beschrieben wird gemäß der vorliegenden Erfindung eine subjektive Refraktion mit vorgesetztem Vorschaltglas, welches einen nicht-orthogonalen Hornhautastigmatismus korrigiert, ausgeführt. Besteht im einfachsten Fall ein reiner nicht-orthogonaler Hornhautastigmatismus, und ist dieser mit dem neuartigen Vorschaltglas unter Berücksichtigung des Hornhautscheitelabstands auskorrigiert, könnte theoretisch die Überrefraktion mit einem Rot-Grün-Test, bei dem die Person im Rahmen eines Tests bestimmen muss, ob sie Buchstaben auf einem grünen oder auf einem roten Hintergrund besser erkennt, einfach abgeglichen werden, d. h. es könnte auf die umfangreiche subjektive Refraktion verzichtet werden. Jedoch ist es ratsam, eine umfangreiche Überrefraktion auszuführen, um einen möglicherweise vorliegenden inneren Astigmatismus oder eine Längenametropie zu erkennen.