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Die Erfindung betrifft eine flexible Brandschutzmasse, enthaltend anorganische Gelbildner.
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Aus der
WO 98/51739 A1 ist ein Nanokomposit für thermische Isolierzwecke, insbesondere Brandschutzzwecke, bekannt, der erhältlich ist durch Vereinigen von (A) mindestens 35 Masse-% nanoskaliger, gegebenenfalls oberflächenmodifizierter Teilchen aus anorganischer Verbindung; (B) 10 bis 60 Masse-% Verbindung mit mindestens zwei funktionellen Gruppen, die mit Oberflächengruppen der nanoskaligen Teilchen (A) reagieren oder wechselwirken können; (C) 1 bis 40 Masse-% Wasser und/oder organische Lösungsmittel, das keine oder nur eine der unter (B) definierten funktionellen Gruppen aufweist; wobei sich die obigen Prozentangaben auf die Summe der Komponenten (A), (B) und (C) beziehen; sowie (D) 0 bis 10 Masse-%, bezogen auf den Nanokomposit, an Zusatzstoffen. Ein derartiges Nanokomposit kann in seiner flüssigen Form zwischen zwei Glasplatten eingefüllt werden. Dieses Verfahren ist zum einen sehr zeit-, arbeits- und kostenintensiv, da insbesondere die Glasscheiben flüssigkeitsdicht und über eine große Fläche mit demselben Abstand zueinander für die Aufnahme des temporär flüssigen Materials vorbereitet werden müssen. Zudem birgt das Einfüllen des Gels in den Scheibenzwischenraum die Gefahr, daß Luftblasen in den Scheibenzwischenraum eingebracht werden. Auf diese Weise hergestellte Scheiben sind konsequenterweise schwer und verursachen deshalb enorme Transportkosten.
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Die Aufgabe der Erfindung besteht darin, eine Brandschutzmasse zu schaffen, die formstabil ist und die ggf. aufgewickelt über Strecken transportiert werden kann, um vor Ort konfektioniert und im Rahmen eines einfachen Prozesses auf das jeweilige Substrat aufgebracht werden kann.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß die Brandschutzmasse hydrogelbildende Biomakromoleküle enthält.
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Der Erfindung liegt die Erkenntnis zugrunde, daß die hydrogelbildenden Biomakromoleküle eine organische Gerüststruktur ausbilden, die mit den anorganischen Gelbildnern wechselwirken und diese stabilisieren.
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Eine bevorzugte Ausgestaltung der Erfindung besteht darin, daß die hydrogelbildenden Biomakromoleküle Polysaccharide, vorzugsweise chemisch modifizierte Polysaccharide, sind.
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Polysaccaride, insbesondere chemisch modifizierte Polysaccharide, die als Hydrokolloide selbst ein großes Wasserbindevermögen aufweisen, stellen das komplementäre, naturstoffbasierte Gegenstück zu den anorganischen Gelbildnern oder Nanokompositen dar. Als Vollacetale sind Polysaccharide basenstabil und können daher mit alkalischen Gelbildnern, wie Alkalisilikaten, alkalischen Nanokompositen, Wassergläsern, etc. zu einem interpenetrierenden, bioorganisch-anorganischen Hybridgel kombiniert werden. Die Vorteile liegen auf der Hand. Die Polysaccharidketten bilden eine organische Gerüststruktur, die mit den anorganischen Alkalisilikatstrukturen wechselwirken und diese stabilisieren. Infolge der Superabsorbereigenschaften von chemisch modifizierten Polysacchariden zeigen die Gele ein für anorganische Gele völlig untypisches Wasserrückhaltevermögen.
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Eine Weiterbildung der Erfindung besteht darin, daß die chemisch modifizierten Polysaccharide Galaktomannanderivate sind.
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Insbesondere bei Galaktomannanderivaten wird das hohe Wasserrückhaltevermögen durch eine zusätzliche Scherfestigkeit der Gele ergänzt.
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Es liegt im Rahmen der Erfindung, daß die Brandschutzmasse Vernetzungsmittel, insbesondere Borsäure, enthält.
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Durch die Verwendung von Vernetzungsmitteln wie Borsäure können die Polysaccharide quervernetzt werden und die resultierende Gelstruktur kann hinsichtlich ihrer mechanischen Eigenschaften so angepaßt werden, daß die Viskosität des ungehärteten oder teilgehärteten Geles nach Bedarf eingestellt werden kann.
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Es ist vorteilhaft, daß die Brandschutzmasse weitere refraktäre Komponenten, insbesondere Aluminiumsalze, enthält.
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Die Polysaccharide erlauben den Einbau von refraktären Komponenten wie Aluminiumsalzen, die über die Bildung von Al(OH)4 – in das resultierende Gel einkondensiert werden, ohne daß die Transparenz des endgehärteten Gels beeinträchtigt wird. Auf diese Weise sind selbsttragende, transparente Foliensysteme erhältlich, die sich im Gegensatz zu den Gelen aus rein anorganischen Komponenten durch flexible, syneresefreie Eigenschaften mit zusätzlich ausgezeichneten adhäsiven und kohäsiven Charakteristika sowie mehrjähriger Lagerfähigkeit auszeichnen. Die Gele selbst sind selbst nach mehrjähriger Lagerung nach Wunsch konfektionierbar. Das Gel kann je nach Zusammensetzung gegossen, gewalzt oder kalandriert werden. Die resultierenden Gelfolien können im Anschluß unmittelbar als Zwischenschicht in gewünschter Dicke mittels eines Laminierprozesses zwischen zwei oder mehreren Glasscheiben zum Aufbau von gläsernen, transparenten Brandschutzelementen verwendet werden. Im Brandfall kommen die besonderen Eigenschaften des anorganischen Gelbildners zum Tragen. Dieser bildet einen feinporigen, temperaturfesten Isolationsschaum. Aber auch hier trägt das Biomakromolekül zur Feinporigkeit bei, da das sonst als Gefrierschutz in Anteilen von bis zu 20 Mol.-%eingesetzte Polyol deutlich reduziert werden kann. Polyol ist in hohen prozentualen Anteilen für eine großvolumige, inhomogene Schaumbildung verantwortlich, da insbesondere bei großen Verglasungseinheiten zu frühzeitigen Abrissen des Isolationsschaumes führt und dadurch ein vorzeitiges Versagen des Brandschutzaufbaus bedingt. Das Eigenschaftsprofil der Brandschutzmasse kann durch Kombination verschiedener Polysaccharide, die sich in ihrem Profil ergänzen, in ihren Eigenschaften unterschiedlichen Anforderungsprofilen angepaßt werden.
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Ein Verfahren zur Herstellung einer Brandschutzmasse besteht darin, daß eine erfindungsgemäße Brandschutzmasse hergestellt wird und die Brandschutzmasse gegossen, gewalzt oder kalandriert wird.
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Auch die Verwendung der Brandschutzmasse als Zwischenschicht zwischen zwei oder mehreren Glasscheiben ist Gegenstand der Erfindung.
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Nachfolgend wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert.
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Beispiel 1 einer interpenetrierenden Hybridgelfolie: Molarer Modul SiO2:K2O = 2,35:1
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0,53 g borvernetztes, carboxymethyliertes Guar-Galaktomannan (ZP-GAD-M der Fa. Ranie-Chemie) wird in einer Lösung aus 25 g Wasser und 0,75 g KOH-Schuppen (85%) durch Rühren über Nacht gelöst. Separat wird eine Dispergierflüssigkeit aus 52,548 g Wasser, 38,323 g Glycerin und 74,303 g KOH-Schuppen (85%) präpariert. In dieser Dispergierflüssigkeit werden 81,423 g Aerosil Ox 50 eindispergiert. Abschließend werden dem Ansatz noch 2,123 g Al(NO3)3 zugesetzt. Nach Fertigstellung der Dispersion wird dieser die zuvor präparierte Guar-Galaktomannanlösung zugesetzt und intensiv vermischt. Die zunächst milchig-trübe Suspension klart nach mehrtägigem Stehen bei RT auf und bildet eine transparente, hochviskose Lösung des Brandschutzkomposits, welches im geschlossenen Gefäß für mindestens 12 Monate seine flüssige Konsistenz unverändert beibehält. Der Reifungsvorgang des frisch präparierten Hybridgels kann durch einen moderaten Temperaturschritt bei 40°C beschleunigt werden. In Abhängigkeit von diesen Konditionierbedingungen kann das Gel in eine flexible, auf- und abrollbare Gelfolie überführt werden.
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Beispiel 2 einer Hybridbrandschutzmasse: Molarer Modul SiO2:K2O = 6,66:1
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8,0 g carboxymethyliertes Guar-Galaktomannan (ZP-GA-M der Fa. Ranie-Chemie) werden in 375 g flüssigen Kaliwasserglas der Grädigkeit 42,5/43 (Fa. Van Baerle) durch Rühren über Nacht gelöst. Anschließend werden dem resultierenden Gel 240 g einer SiO2-Dispersion untergemischt, welche aus 47% pyrogenem SiO2, 23% Glycerin und 30% Wasser besteht. Es resultiert zunächst eine milchig-weiße Dispersion, die nach mehrtägigem Rühren bei RT in einen transluzenten Zustand übergeht.
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Beispiel 3 einer Hybridfolie: Molarer Modul SiO2:K2O = 4:1
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8 g Guar-Galaktomannan MW 220 kDa (Sigma-Aldrich) werden in 475 g flüssigem Kaliwasserglas der Grädigkeit 42,5/43 (Fa. Van Baerle) durch Rühren über Nacht gelöst. Die Lösung wird mit 50%iger Kalilauge auf einen pH-Wert > 13 eingestellt und auf 40°C temperiert. Dann wird die Lösung mit 0,2 g Polyethylenglykoldiglycidylether (Mw = 526 g/mol) versetzt und homogen vermischt. Der Ansatz wird 15 h bei 40°C gerührt. Anschließend wird das resultierende Gel mit 345 g einer Kieselsoldispersion (Levasil 50/50 der Fa. Obermeier) homogen vermischt. Die milchig-weiße Dispersion klart nach mehrtägiger Alterung bei 40°C mehr und mehr auf und bildet eine leicht handhabbare Gelfolie.
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Anwendungsbeispiel 1: transparente Brandschutzfolie
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Die oben beschriebenen Hybridkomposite werden in eine offene Kunststoffschale gegossen und im Trockenschrank bei 40°C für mehrere Stunden erwämt, bis sich ein festes, hantierbares Gel gebildet hat. In dieser Form besitzt das Gel flexible, „selbstverheilende“ folienartige Konsistenz. Eingeschweißt in eine evakuierte Folienverpackung mit hohem Wasserdampfdiffusionswiderstand ist eine Lagerung bzw. ein Transport dieser vorgehärteten Nanokompositfolie als Halbzeug bis zu einer endgültigen Konfektionierung zu einem brandfesten Brandschutzscheibenlaminat möglich.
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Zur Herstellung einer Brandschutzscheibe wird die Nanokompositfolie blasenfrei zwischen zwei ESG- oder VSG-Scheiben laminiert, in einer Heißpresse parallel verpreßt und bei 70°C ausgehärtet. Die adhäsiven Eigenschaften der Nanokompositfolie sind derart groß, daß bei Gelstärken ≤ 3 mm auf die herkömmlichen Abstandshalter verzichtet werden kann; d. h., die Aushärtung kann ohne spezielle Abstandshalter und Versiegelungen erfolgen, ohne daß es im Randbereich durch den Trocknungsprozeß zu einer Eintrübung des Gels kommt. In dieser Form ist auch eine weitere Konfektionierung der fertigen Brandschutzverglasungseinheiten mittels Wasserstrahlschneiden in kleinere Einheiten möglich. Vor dem abschließenden Verbauen der Brandschutzscheiben in einer Rahmenkonstruktion ist jedoch ein einfaches Versiegeln des Randbereichs notwendig, um unerwünschte Langzeiteffekte auszuschließen.
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Anwendungsbeispiel 2: Intumeszierender, temperaturfester Brandschutzlack für Metalle, Holz und andere temperatursensible Komponenten
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Das oben beschriebene Gelkomposit kann entweder pur oder durch Dotierung mit weiteren temperaturfesten Komponenten wie Glimmerderivaten oder anderen schichtförmigen Komponenten wie Hydrotalcit, anderen schichtförmigen Doppelhydroxiden oder Schichtsilikaten für diese Anwendung eingesetzt werden. Zur gezielten Verbesserung der Witterungsstabilität ist ein Zusatz von 1 Gew.-% Ca(OH)2 optional. In letzterer Form kann das Gel auch als Bindemittelmatrix für naturfaserbasierte Baustoffe dienen. Durch eine abschließende Karbonatisierung erreicht die Bindemittelmatrix ihre Endfestigkeit.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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