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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur plastischen Umformung eines rohrförmigen Werkstückes sowie eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens.
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Bei dem gattungsgemäßen Verfahren wird ein rohrförmiges Werkstück durch Krafteinwirkung gestaucht und/oder geweitet. In den meisten Anmeldungsfällen besteht das Werkstück aus einem metallischen Werkstoff, häufig Stahl. Das Verfahren kann jedoch auch für andere Metalle, wie z. B. Aluminium, angewendet werden.
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Um an einem Werkstück eine Stauch- und/oder Aufweitungsoperation vornehmen zu können, muss zwischen dem Werkstück und der verarbeitenden Maschine eine Kraftübertragung stattfinden. Hierzu wird das Werkstück üblicherweise in zumindest einem Teilwerkzeug eingeklemmt oder festgespannt. Das hat den Nachteil, dass es an dem Werkstück durch das Einspannen oder während der Kraftübertragung zu Verformungen und/oder Beschädigungen kommen kann. Ein bearbeitetes Werkstück, welches durch das Einspannwerkzeug mit Kerben oder Riefen versehen wurde, weicht von der idealen rotationssymmetrischen Form ab. Infolge dessen kann das Produkt eine verminderte mechanische Belastungsfähigkeit aufweisen, aufgrund der fehlenden Rotationssymmetrie für weitere Anwendungen weniger bzw. gar nicht geeignet sein oder aufgrund seines Erscheinungsbildes als minderwertig betrachtet werden.
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Ein weiteres Problem besteht darin, dass die Positionierung des umgeformten Bereiches entlang des rohrförmigen Werkstückes maßgeblich von der korrekten Positionierung des Werkstückes innerhalb der Spannvorrichtung abhängt. Eine präzise Positionierung kann sehr aufwendig sein, insbesondere, wenn die Positionierung des Umformbereiches verstellbar sein soll.
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Vor diesem Hintergrund liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur plastischen Umformung eines rohrförmigen Werkstückes anzugeben, bei dem das Werkstück nicht durch Spannvorrichtungen beschädigt wird und sich die Positionierung des umzuformenden Bereiches entlang des Werkstückes einfach und präzise einstellen lässt. Ferner ist eine zur Durchführung des Verfahrens geeignete Vorrichtung anzugeben.
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Lösung dieser Aufgabe und Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren nach Anspruch 1 sowie eine Vorrichtung nach Anspruch 10.
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Erfindungsgemäß wird das Werkstück lokal, induktiv in einem Umformungsbereich erwärmt und in einen Block mit einer Außenform und einem rohrförmigen Führungsabschnitt eingelegt. Die beiden Teiloperationen können dabei in einer beliebigen Reihenfolge ausgeführt werden. Erfindungswesentlich ist, dass das Werkstück in dem rohrförmigen Führungsabschnitt axial verschiebbar ist. Anschließend wird das partial erwärmte Werkstück mittels eines Stauchdorns durch den Führungsabschnitt gegen einen Anschlag verschoben. Danach wird das Werkstück zumindest in dem erwärmten Umformungsbereich durch Krafteinwirkung zwischen dem Stauchdorn und dem Anschlag plastisch umgeformt. Dabei ist auch die an dem Block angeordnete Außenform an der Formgebung beteiligt. Anschließend wird das Werkstück aus dem Block entnommen. Durch das erfindungsgemäße Verfahren weist das Werkstück nach der Stauchoperation keine äußeren Spuren aufgrund eines Einspannwerkzeuges auf. Das Werkstück verbleibt außerhalb des Umformungsbereiches in seiner ursprünglichen rohrförmigen Gestalt. Weiterhin ist die axiale Ausrichtung beim Einlegen in den Block von untergeordneter Bedeutung, da die Positionierung des umgeformten Bereiches entlang des Werkstückes durch die relative Lage von Anschlag und Block festgelegt ist.
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Die Erwärmung erfolgt durch elektromagnetische Induktion, d. h. durch das von einem Elektromagneten erzeugte Wechselfeld werden elektrische Wirbelströme im Innern des Werkstücks erzeugt, die dort zu einer Erwärmung führen. In den meisten Anwendungsfällen ist das Material des Werkstückes ein Stahl. Dieser wird zur plastischen Verformung in einem Umformungsbereich über eine bestimmte Übergangstemperatur, in der er plastisch verformbar wird, erhitzt. In den vorliegenden Ausführungsbeispielen wird das Werkstück in der Umformungszone auf eine Temperatur von etwa 1200°C erhitzt. Das Werkstück bleibt im Übrigen kalt, wobei sich ein Temperaturgradient zwischen der erwärmten Zone und dem übrigen Werkstück einstellt. Die Lage und Größe des durch Erwärmung verformbaren Bereiches lässt sich axial mit einer Genauigkeit von etwa 1 mm einstellen. Die Festigkeit außerhalb dieses erwärmten Bereiches ist deutlich größer, so dass eine Verformung vorzugsweise im erwärmten Bereich stattfindet.
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Vorzugsweise wird das Werkstück während der Erwärmung gedreht. Hierdurch lassen sich Abweichungen von der Zylindersymmetrie des von der Induktionsspule erzeugten Erregungsfeldes während des Erwärmungsprozesses ausgleichen. Die Erwärmung erfolgt dadurch im Wesentlichen gleichmäßig entlang der Wandung des rohrförmigen Werkstückes.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren bestimmen vorzugsweise die Außenform und der Stauchdorn die Geometrie der Umformung. Die Ausgestaltung der beiden formgebenden Elemente bestimmt, zu welchem Zeitpunkt während des Stauchprozesses und an welcher Stelle formende Kräfte auf das Werkstück ausgeübt werden. Mit einer Stauchoperation kann allgemein eine Zunahme der Wandungsdicke des rohrförmigen Werkstückes erreicht werden. In Abhängigkeit von der Ausgestaltung der formgebenden Werkzeuge (Stauchdorn und Außenform) kann eine solche Dickenzunahme im Wesentlichen nur nach innen, im Wesentlichen nur nach außen oder in beide Richtungen erfolgen. Dabei lässt es sich nicht oder nur mit großem technischen zusätzlichen Aufwand verhindern, dass auch eine Aufweitung in der anderen als der beabsichtigten Richtung erfolgt.
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Die formgebenden Werkzeuge werden zweckmäßig auf einen Wert zwischen 100°C und 200°C temperiert. Ihre Außenflächen werden für den Stauchprozess mit einem Wasser-Graphit-Gemisch geschmiert.
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Aufgrund von Hinterschneidungen oder aus produktionstechnischen Überlegungen kann es zweckmäßig sein, den Block mehrteilig auszuführen. Während des Stauchprozesses wird der Block in einer geschlossenen Position gehalten und zum Einlegen und/oder zu Entnahme des Werkstückes in eine geöffnete Stellung gebracht. So kann bei besonders langen Werkstücken auf ein aufwendiges Einschieben verzichtet werden. Auch können Werkstücke, die sich nach der Bearbeitung aufgrund ihrer Werkstückgeometrie nicht mehr axial aus dem Block entnehmen lassen, bei geöffnetem Block aus der Form herausgehoben werden.
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In einer bevorzugten Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird die Position des umgeformten Bereiches entlang des Werkstückes durch Verschieben des Anschlages in Längsrichtung bestimmt. Hierdurch erhält der Stauchprozess eine besonders große Flexibilität bei gleichzeitiger Präzision. Das Verfahren lässt sich auf Werkstücke unterschiedlicher Länge anpassen oder auch ähnliche Stauchoperationen an einem Werkstück an verschiedenen Stellen ausführen. Auch eine Nachjustierung des umzuformenden Bereiches während der Produktion ist möglich.
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Gemäß einer besonders bevorzugten Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird der Stauchprozess mehrstufig ausgeführt. Hierdurch lassen sich auch komplexere Umformoperationen als realisieren. Zweckmäßig wird das Werkstück zumindest zwischen zwei Stauchprozessen erneut erwärmt. Diese Erwärmung kann auch mit anderen Parametern wie Lage, Ausdehnung, Zieltemperatur und dergleichen ausgeführt werden.
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Für einige Werkstücke und Werkstückanwendungen kann es notwendig sein, das Werkstück vor dem ersten Erwärmen kalt umzuformen. Hierzu zählt beispielsweise ein kalter Aufweitungsprozess. Bei diesem nimmt die Wandstärke des Werkstückes ab.
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Gemäß einer weiteren Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird das Werkstück nach dem Stauchen einem weiteren Umformprozess beispielsweise durch Schmieden oder Rollieren, unterzogen. ”Rollieren” bezeichnet eine Umformbearbeitung, bei der das Werkstück durch umlaufende, rotierende und mit Kraft beaufschlagte Wälzköper plastisch umgeformt wird. Das Rollieren eignet sich insbesondere zur rotationssymmetrischen Nachbearbeitung von Endstücken und/oder Querschnittsübergängen am Werkstück. So lassen sich beispielsweise die Enden des rohrförmigen Werkstückes nach innen oder außen umstülpen oder zu einer geschlossenen Stirnfläche verbinden. Auch lassen sich bei Querschnittsänderungen präzise Kanten und Winkel herstellen. Voraussetzung für derartige Umformungen ohne Beschädigung oder Schwächung des Materials ist ein passendes Profil des rohrförmigen Werkstückes mit einer entsprechenden Wandstärke- bzw. Masseverteilung.
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Die Erfindung betrifft auch eine Vorrichtung zur Durchführung des beschriebenen Verfahrens. Die Vorrichtung umfasst zumindest eine Induktionsspule und einen Block mit einer Außenform und einem rohrförmigen Führungsabschnitt. Der Führungsabschnitt weist gegenüber dem rohrförmigen Werkstück ein Übermaß auf, so dass das rohrförmige Werkstück durch diesen in dem Block entlang einer Achse verschiebbar gehalten werden kann. Die Vorrichtung umfasst ferner einen entlang der Längsrichtung des in dem Block gehaltenen Werkstückes verfahrbaren Stauchdorn, der in axialer Richtung gegen das Werkstück verfahren werden kann. Der Führungsabschnitt des Blocks grenzt an eine Öffnung an, aus der das dem Stauchdorn abgewandte Ende des Werkstückes herausragt. Auf der dem Stauchdorn abgewandten Seite des Blockes ist ein Widerlager in Form eines Anschlages angeordnet, gegen den das Werkstück durch Verstellung des Stauchdorns bewegbar ist.
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Um ein Ausknicken während der Stauchbelastung zu verhindern, können zwischen dem Block und dem Anschlag ein oder mehrere Stützelemente vorgesehen sein. Dabei kann es sich beispielsweise um ringförmige Aufnahmen, oder Bleche mit kreisförmigen Aussparungen handeln. Deren Öffnungen sind colinear mit dem Führungsabschnitt des Blockes angeordnet und weisen einen Innendurchmesser auf, der geringfügig größer ist als der Außendurchmesser des Werkstücks. Zusätzlich können, insbesondere bei großen Abständen zwischen Block und Anschlage, auch Rollenbahnen vorgesehen sein.
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Die Erfindung soll im Folgenden anhand von Zeichnungen erläutert werden, welche Ausführungsvarianten darstellen. Es zeigen schematisch
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1A bis 1D die Verfahrensschritte des erfindungsgemäßen Verfahrens zur Umformung eines Werkstückes, das beispielsweise in einem mittleren Werkstückabschnitt gestaucht wird,
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2A bis 2C weitere mögliche Umformungen eines Werkstückes nach dem erfindungsgemäßen Verfahren,
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3A bis 3I ein mehrstufiger Umformprozess unter Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens,
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4A das Detail A aus 3H in einer vergrößerten Darstellung,
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4B das Detail B aus 3I in einer vergrößerten Darstellung.
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Die 1A zeigt ein umzuformendes rohrförmiges Werkstück 1 im Längsschnitt. Über das Werkstück 1 gestülpt ist eine Induktionsspule 2 angedeutet, welche das Werkstück 1 in einem Umformungsbereich A auf eine Temperatur von ca. 1200°C erhitzt. Während des Erwärmungsprozesses wird das Werkstück 1 um seine Längsachse x gedreht, um eine in Umfangsrichtung gleichmäßige Erwärmung zu erreichen. Die Erwärmungszone A lässt sich in Längsrichtung des Werkstückes 1 mit einer Genauigkeit von etwa 1 mm festlegen.
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Die 1B zeigt das rohrförmige, lokal erwärmte Werkstück 1, welches bereits in ein auch als Block 3 bezeichnetes Außenwerkzeug eingelegt ist. Der Block 3 umfasst eine Außenform 4 sowie zwei rohrförmige Führungsabschnitte 5, die gegenüber dem Werkstück 1 ein leichtes Übermaß aufweisen und in denen das Werkstück 1 in seiner Längsrichtung verschiebbar ist.
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Die 1C zeigt das durch einen Stauchdorn 6 gegen einen Anschlag 7 verschobene Werkstück 1. Der Stauchdorn 6 ist entlang der Längsachse des Werkstückes 1 verschiebbar, während der Anschlag 7 relativ zum Block 3 ortsfest angeordnet ist. Der Stauchdorn 6 weist eine ringförmige Stirnfläche 8 sowie einen als Dorn ausgebildeten Abschnitt 9 auf, der in den hohlen Querschnitt des Werkstückes 1 einfährt und während des anschließenden Stauchprozesses eines Stirnfläche zur Formung des Werkstückes bildet. Die ringförmige Stirnfläche 8 wirkt auf eine zugeordnete Stirnfläche des rohrförmigen Werkstückes 1 und übt hierauf eine Kraft aus, wodurch das rohrförmige Werkstück 1 zunächst verschoben und in Zusammenwirkung mit dem Anschlag 7 verformt wird.
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Durch axiale Krafteinwirkung gegen das Werkstück 1 durch den Stauchdorn 6 auf der einen Seite und den Anschlag 7 auf der anderen Seite tritt in der Umformzone A eine plastische Verformung ein, die durch die Außenform 4 und den Dorn 6 geleitet wird. Die 1D zeigt die Endposition des erfindungsgemäßen Verfahrens in einem Längsschnitt entlang des rohrförmigen Werkstückes 1. In dem umgeformten Bereich weist das rohrförmige Werkstück 1 einen vergrößerten Außendurchmesser auf. Der Innendurchmesser ist im Wesentlichen unverändert, so dass sich eine Zunahme der Wandstärke ergibt. Beidseitig schließen sich an dem umgeformten Bereich Abschnitte des rohrförmigen Werkstückes 1 an, welche keine Umformung erfahren haben. Es handelt sich folglich um eine sogenannte ”Mittenstauchung”. Im Anschluss kann das bearbeitete Werkstück 1 aus dem Außenwerkzeug 3 entnommen werden. Da es mit dem vergrößerten Außendurchmesser eine Hinterschneidung aufweist, kann es nicht in axialer Richtung aus dem Außenwerkzeug 3 herausgezogen werden. Es ist daher notwendig, das Außenwerkzeug 3 zumindest zweiteilig aufzubauen und die einzelnen Teile zur Werkstückentnahme auseinander zu fahren.
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Die 2A bis 2C zeigen weitere mögliche Umformungen, die durch das erfindungsgemäße Verfahren realisiert werden können. Bei den drei dargestellten Varianten handelt es sich jeweils um ”Endstauchungen”, bei denen der umgeformte Bereich unmittelbar an ein Ende des rohrförmigen Werkstückes 1 anschließt. Je nach Gestaltung des Stauchdorns 6 und der Außenform 4 kann die Wandstärkenzunahme jeweils im Wesentlichen nach außen (2A), nach innen und nach außen (2B) oder im Wesentlichen nur nach innen (2C) erfolgen.
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Das folgende Ausführungsbeispiel zeigt das erfindungsgemäße Verfahren in Verbindung mit einem mehrstufigen Umformprozess. Dabei wird das Werkstück 1 zunächst in einer ersten Umformzone A' mittels einer ersten Induktionsspule 2' lokal erwärmt und in einer ersten, erfindungsgemäßen Stauchoperation endseitig nach innen und außen verdickt (3A bis 3C). Anschließend wird das Werkstück 1 in einer zweiten, im Wesentlichen dem in der ersten Stauchoperation umgeformten Bereich umfassenden Umformzone A'' mittels einer zweiten Induktionsspule 2'' erneut partiell erwärmt. In der darauffolgenden Stauchoperation wird das Werkstück 1 endseitig geweitet und stellenweise einer weiteren Wandverdickung unterzogen (3D bis 3F). Abschließend wird das Werkstück 1 in dem in den vorhergehenden Operation umgeformten Bereich durch eine dritte Induktionsspule 2''' erneut erwärmt. Der so plastisch verformbar gemachte Rohling wird dann einer Rollierungsbehandlung unterzogen. Dabei wird er in einem Spannwerkzeug 10 gehalten und mit einem als Kalotte ausgebildeten Wälzkörper 11 in einer rotierenden, kraftbeaufschlagten Bewegung umgeformt. Die 3I zeigt das fertig umgeformte Werkstück 1, welches ein durch die Stauchoperationen verdicktes und nach innen umgestülptes Ende aufweist.
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Die 4A und 4B zeigen einen Ausschnitt des umgeformten Werkstückendes vor und nach dem Rollieren. Bei einer vergleichenden Betrachtung wird deutlich, dass das Material in dem umgeformten Bereich durch das Rollieren massiv belastet wird. Eine lokale Materialverstärkung durch das dem Rollieren vorgeschaltete erfindungsgemäße Verfahren ist daher notwendig.
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Gleichzeitig wird im Übergangsbereich (4A, Pos. 1) eine deutliche Wandverdickung durch die zweite Stauchoperation erreicht, welche dem Bauteil in diesem Bereich eine hohe Stabilität verleiht. Mittels eines solchen Stauchprozesses lassen sich also partielle Verstärkungen an Bauteilen in Übergangsbereichen erzeugen.