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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum stofflichen und energetischen Recycling von Abfall- und Reststoffen aus der Aluminiumherstellung und einen dafür einsetzbaren, mit koks- und/oder graphithaltigen und/oder kohlenstoffhaltigen festen Materialien und/oder SPL (Spent Pot Lining) beheizten und mit Luft und/oder Sauerstoff betriebenen Schachtofen.
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Nach dem Stand der Technik wird zur Aluminiumherstellung die Hall-Hércult-Elektrolyse angewendet, bei der Aluminium aus in geschmolzenem Kryolith gelöstem Aluminiumoxid bei etwa 950°C erzeugt wird. Die porösen Graphitelektroden sowie das kohlenstoff-/graphithaltige Feuerfestmaterial des Elektrolyseofens, nachfolgend als SPL (Spent Pot Lining) bezeichnet, verschleißt. Während des Prozesses wird es mit Verbindungen wie Na3AlF6, NaF, CaF2, β-Al2O3, AlF3, NaAlO2, AlN, Al4C3 und NaCN infiltriert. SPL enthält etwa 25% Fluoride, 1–2% AlN und Al4C3 sowie 0,005–1% NaCN. Da Cyanide und die meisten Fluoride wasserlöslich sind ist SPL umweltschädlich. Derzeit wird das Aufkommen weltweit auf etwa 850 kt geschätzt.
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SPL wurde bisher kontrolliert deponiert. Das ist eine teure und ökologisch nicht akzeptable Lösung, die darüber hinaus den Grundsätzen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) widerspricht. Andere Entsorgungswege beruhen auf dem Einsatz als Schlackezusatz in der Eisen- und Stahlindustrie und als Brennstoff- oder Mineralzusatz bei der Zement- oder Keramikherstellung. Obwohl durch Nutzung des Heizwertes und der Fluoride als Flussmittel als günstig eingestuft, stehen dem umfassenden Einsatz die zu gewährleistenden hohen Qualitätsanforderungen der Aluminiumindustrie und der hohe Natriumgehalt bei Zumischung als Brennstoff- und/oder Mineralzusatz bei der Zementherstellung dieser Verwertungen entgegen.
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DE19504141 A1 beansprucht ein Verfahren zum Recycling von Feuerfestmaterial, insbesondere von stark kontaminiertem Ofenausbruch aus Elektrolysezellen der Aluminiumindustrie mit einem Gehalt an Cyaniden von ca. 0,002–0,6% und Fluor von ca. 5–20%. Das Material wird auf eine Körnung < 10 mm zerkleinert, bei 350 bis 850°C kalziniert, anschließend feingemahlen und zu 0,1–12 Gew.-% als Rohstoff bei der Herstellung von feuerfesten Schamotte- und Ziegelsteinen zur Erhöhung der Kryolithbeständigkeit und Senkung der Steinbrandtemperaturen genutzt. Nachteilig ist, dass nur geringe Einsatzmengen des recycelten Materials realisierbar sind.
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Ebenfalls als effektiv wird die Verbrennung z. B. in der zirkulierenden Wirbelschicht mit nachfolgender Stromerzeugung dargestellt. Vorteilhafterweise werden größer 99,99% der Cyanide bei Betttemperaturen von 760°C zerstört. Nachteilig ist, dass bedingt durch Schmelztemperaturen der Fluoride nahe den Betttemperaturen das Material zum Sintern neigt.
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Bereits seit etwa 1970 wird Autoclavendampf zur Zerstörung der Zyanide, Carbide und Nitride, d. h. für die Regenerierung- und Recyclingprozesse eingesetzt. Speziell Cyanide werden bei etwa 400–500°C durch Zugabe von Wasserdampf zu NH3 oder N2 umgewandelt; Fluoride können durch die Reaktion mit Kalk oder Kalkstein zu CaF2 immobilisiert werden. Thermodynamisch wird die Pyrohydrolyse als eher ungünstig eingeordnet, da die Hydrolysierung nur mit Dampfüberschuss bei hohen Temperaturen und bei Abkühlung mit rückläufiger HF- und NaOH-Bildung erfolgt. Die optimale Prozesstemperatur liegt bei 1175°C (Kaiser/Lurgi/VAW-Prozess&ELKEM Prozess bei 1100––200°C). Dagegen ist die Pyrosulfolyse günstiger zu bewerten, da durch die Injektion von S-Quellen wie SO2, SO3 und H2SO4 verfahrenstechnisch Na2SO4 erzeugt und HF effektiv bei niedrigeren Temperaturen gebildet wird. Durch Zugabe von SiO2 wird die Silicopyrohydrolyse initiiert. Die optimale Temperatur liegt im Bereich von 1200–1400°C. Bei gleichzeitiger HF-Bildung wird das Na als Silicat gebunden [CAER – University of Kentucky, Centre for Applied Energy Research, Vol. 5, No. 1, 1994, ENEREIA, Treatment of Spent Potlining in Aluminium Electrolysis, a Major Engineering and Environmental Challenge", Harald A. Øye, Institute of Inorganic Chemistry, The Norwegian Institute of Technology, Trondheim, Norway, S. 1 bis 4].
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Dem technischen Fachmann ist aus dem Betrieb von koksgefeuerten Kupolöfen zum Erschmelzen von Gusseisen und Temperguss allgemein bekannt, dass bis Mitte des 20. Jahrhunderts neben Kalkstein (CaCO3) auch Flussspat (CaF2, Schmelzpunkt ca. 1400°C) als Schmelzzuschlagstoff und Schlackebildner eingesetzt wurde. Die praktische Erfahrungen der Hütten- und Gießereileute zeigten, dass bereits durch geringe Zugabemengen an CaF2 Kupolofen-Schlacken als auch basische Schlacken von Siemens-Martin- und Elektroöfen dünnflüssiger werden, da schon bei relativ niedrigen Temperaturen Flussspat mit Kalk flüssige Phasen bildet, d. h. den Erweichungspunkt von Kalk senkt [E. Diepschlag, H. Fliegenschmidt, „über den Eintritt des Kalkes in das bei metallurgischen Schlacken vorliegende Stoffsystem", Centralblatt der Hüten und Walzwerke, Berlin, 31(1927)Nr. 41, S. 90].
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Bei höheren Kieselsäuregehalten tritt bei Reaktionstemperatur eine Zerlegung des CaF2 unter Verflüchtigung des Fluor ein [E. Diepschlag, H. Fliegenschmidt, „über den Eintritt des Kalkes in das bei metallurgischen Schlacken vorliegende Stoffsystem", Centralblatt der Hüten und Walzwerke, Berlin, 31(1927)Nr. 39, S. 556].
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Kommt das CaF2 mit Kieselsäure (SiO2), beispielsweise aus dem sauren Kupolofenfutter in Berührung, wird nach der Reaktion 2CaF2(I) + SiO2(f, I) → 2CaO(I) + SiF4(g) gebildet. Hieraus resultiert der allgemein bekannte wesentliche höhere Futterverschleiß bei Einsatz von CaF2 in sauer zugestellten Kupolöfen, aber auch das verstärkte Auflösen von Schlackeansätzen und Schlackebrücken bei einem nicht einwandfreien Ofengang. Das mit dem Ofengas (Gichtgas) entweichende SiF4(g) reagiert mit der Luftfeuchtigkeit gemäß der Reaktion 3SiF4 + 2H2O → SiO2 + 2H2SiF6 [L. Schmid, „Der Bau und der Betrieb der Kupolöfen", Bd. II, S. 63–64, Wilhelm Knapp Verlag Halle, 1953].
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Als metallurgisches Verfahren ist der „Alcoa Portland SPL-Prozess” bekannt. SPL wird hier in einem pyrometallurgischen Ofen verbrannt und geschmolzen. Es entsteht ein mit Fluorwasserstoff (HF) beladenes Gas, welches gekühlt letztendlich Aluminiumfluorid (AlF3) enthält. Die aufgeschmolzenen mineralischen Bestandteile werden in einer Granulierung verglast und sind kommerziell verwendbar [Mansfeld, K. „SPL Treatment and Fluoride Recycling Project"; EPD Congress 2002, 1/1/02, ISBN 0-87339-516-6].
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Auch
DE 10 2009 042 449 A1 beansprucht ein metallurgisches Verfahren, bei dem mittels induktiver Direktbeheizung in einem Reaktor SPL aufbereitet wird. Wesentliche Prozessschritte sind
- • das Brechen des mit Cyaniden, Schwefel, löslichen Fluoriden, sowie Alkali- und Buntmetallen verunreinigtem Schüttgutes, welches aus Eisen und Aluminium in metallischer Form, als Oxid, als Carbid und/oder in einer anderen chemischen Verbindung enthaltendes schüttfähiges Material aus der Gruppe gebrochener Kathoden aus einem Aluminiumschmelzgewinnungsverfahren, gebrochener Anoden, gebrochener Kohlenstoffauskleidungen aus einem Stahlschmelzofen, einem Hochofen oder einem anderen Metallschmelzofen, einem Glasschmelzofen, einem Keramikschmelzofen und andere aufzubereitende kohlenstoffhaltige Steine besteht, auf eine Körnung von über 30 mm (über 50 Gew.-%) und zwischen 50 und 150 mm (über 50 Gew.-%),
- • die direkt induktive Aufheizung einem Reaktor mit Frequenzen zwischen 1 und 50 kHz, insbesondere zwischen 1 und 10 kHz, insbesondere zwischen 2 und 5 kHz,
- • die Temperaturführung im Reaktor auf maximal bis 2500°C, insbesondere auf 1250 bis 1800°C, insbesondere auf 1300 bis 1750°C, insbesondere auf 1450 bis 1700°C und dass zumindest ein Teil der Verunreinigungen in einer vorhandenen oder sich bildenden Schlacke gelöst wird,
- • dass in den Reaktor ein Schlackebilder und/oder ein Flussmittel, calciumhaltige Verbindungen, wie etwa CaO, CaCO3 oder Dolomit, und/oder eine siliciumhaltige Verbindung, wie etwa SiO2 oder ein Silicat, und/oder eine eisenhaltige Verbindung, wie etwa ein Eisenoxid oder Eisenerz zugegeben werden,
- • dass die Schlacke in eine untere Zone des Reaktors fließt, hier entnommen wird oder hier zumindest teilweise erstarrt und von dort mittels eines Schiebers und/oder Brechers entnommen wird,
- • dass in zumindest einer Zone des Reaktors Wasser und/oder Wasserdampf, bevorzugt bei Temperaturen zwischen 1250 und 1800°C, insbesondere zwischen 1300 und 1750°C oder zwischen 1450 und 1700°C über Eindüsvorrichtungen zerstäubt oder vernebelt eingebracht wird, die Cyanide sich ab ca. 700°C zersetzen oder gecrackt werden und AlF3 ab ca. 1300°C sublimiert, sich aber kein oder zumindest kaum Siliciumcarbid bildet (thermodynamisch erst ab 1700°C),
- • dass zumindest einer der Schritte des
- – pyrohydrolytischen Zersetzens von Verbindungen, wie etwa Cyaniden,
- – Crackens von Verbindungen, wie etwa Cyaniden,
- – Sublimierens von Verbindungen, wie etwa AlF3,
- – Schmelzens und Verdampfens von Metallen und/oder Verbindungen, wie etwa reduzierten Alkali- und Buntmetallen und/oder deren Verbindungen, insbesondere Zink und Zinkverbindungen, durchgeführt wird,
- • dass der Reaktor in axialer Richtung eine obere Zone, eine mittlere Zone und eine untere Zone aufweist und in die obere Zone aufzubereitendes Schüttgut eingebracht werden kann, die mittlere Zone mit zumindest teilweise um den Reaktor verlaufenden Induktionsspulen versehen ist und in der unteren Zone Schlacke und/oder gereinigtes Schüttgut ansammelt und aus ihr entnommen werden kann, und
- • dass keine große Mengen an Verbrennungsgasen entstehen und somit kein entsprechend großvolumiger Reaktor erforderlich wird.
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Nachteilig sind die hohen verfahrens-, regelungs- und anlagentechnischen Aufwendungen für die direkte induktive Beheizung des kontaminierten, kohlenstoffhaltigen Schüttgutes im Reaktorschacht. Weiter nachteilig ist, dass durch die induktive Beheizung der Schüttung ab 700°C Na- und Al2O3 und AlF3 aus dem Kohlenstoff ausgetrieben werden soll, welches dann durch Zugabe und Verschlackung von CaO und SiO2 zumindest teilweise aufgenommen werden muss. Insbesondere der Zusatz von SiO2 ist nicht effektiv, da das für die Reaktion mit den ausgetriebenen Fluoriden benötigte reaktive Silizium aus dem SiO2 reduziert werden muss.
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Nach
WO 2012/113826 werden die bei der Verarbeitung von SPL entstehenden Reaktionsgase in einem ersten Längsschnitt des Schachtofens im Gleichstrom mit Kohlenstoff, in einem zweiten Längsschnitt im Gegenstrom zum Kohlenstoff geführt und dann aus einem vergrößerten Querschnittsbereich, dem Mittelgasabzug zwischen den beiden Längsabschnitten abgezogen. Die Alkalikreisläufe werden unterbrochen. NaF, AlF
3, HF, N
2 und gegebenenfalls weitere Alkali- und Erdalkalifluoride sowie das CO- und H
2-haltige Synthesegas können einer weiteren Aufarbeitung zugeführt werden. Das Verfahren soll wegen dem hohen C-Gehalt „an sich” autotherm ablaufen, wenn der Kohlenstoff die Zündtemperatur erreicht hat. Zum Start des Verfahrens bzw. unterstützend während des Verfahrens ist vorgesehen, den Ofen grundsätzlich nach allgemein bekannter Weise zu beheizen. Speziell wir die Energie durch elektrische Induktion am Aufgabeende des Schachtofens durch Ankopplung an das Einsatzmaterial oder alternativ dazu durch fossile Befeuerung eingebracht. Ebenfalls vorgesehen ist, bevorzugt eine Teil- oder Gesamtmenge von bereits glühenden Koks und/oder Graphit separat oder gemeinsam Brennstoff und Oxidationsgas über Lanzen im oberen Schüttungsbereich zuzugeben. Die Dimensionierung der Längsabschnitte ist nicht beschränkt, soll aber besonders bevorzugt 60–70% der Gesamtlänge des Schachtofens betragen. Zur Aufrechterhaltung der Reaktionen wird im ersten und/oder im zweiten Längsabschnitt Sauerstoff eingeblasen, der in den Bereichen mit erreichter Zündtemperatur vom Kohlenstoff über das Boudouard-Gleichgewicht zu CO führt. Damit soll lediglich eine Vergasung des Kohlenstoff zu heizwerthaltigen CO stattfinden. Das im Einsatzmaterial enthaltene Cyanid (CN-Verbindungen) wird ebenfalls zu CO und Stickstoff umgewandelt, d. h. vollständig zerstört. Die Abtrennung der Alkalimetalle, deren Verbindungen und von Fluorid erfolgt verfahrenstechnisch durch Eindüsung von Wasser bzw. Wasserdampf im ersten und/oder zweiten Längsabschnitt des Schachtofens. Fluoride und bspw. als NaF vorliegende Alkalifluorid-Verbindungen werden volatilisiert und gemeinsam mit dem gebildeten, elementaren gasförmigen Na über den Mittelgasabzug entfernt, bevor sich durch Kondensation an kälteren, den Ofen nach unten durchwandernden Besatzmaterial Kreisläufe im Schachtofen ausbilden. In der HF-haltigen Gasphase wird Natriumfluorid erneut gebildet und kann bei der nachfolgenden Gasbehandlung abgeschieden werden. Eine weitere Möglichkeit besteht in der Reaktion SiO
2 + 4NaF → SiF
4 + 2Na
2O. Um zu vermeiden, dass wie bei dem Einblasen lediglich über an der Wandung des Schachtofens mündenden Düsen nur die Randzone des Schachtofens bzw. der Kohlenstoffschüttung im Schachtofen versorgt wird, werden Sauerstoff und Wasser und/oder Wasserdampf mit Hilfe von Lanzen eingeblasen und können dadurch an die Stelle gebracht werden, die im Bereich der Induktionsheizung liegen und dort Reaktionsräume bilden, die ausreichend heiß sind. Somit läuft das Verfahren autotherm ab. Hier können auch pulver- bzw. staubförmige, verbrauchte kohlenstoffhaltige Kathodenmaterialien alternativ gemeinsam mit Additiven (elementares Ca und alle Ca-Verbindungen, elementares Mg und alle Mg-Verbindungen) eingeblasen werden. Wenn verfahrenstechnisch bevorzugt die in der Gasphase problematische aber wirtschaftlich interessante Flusssäure gewonnen werden soll, wird mit einer stark sauren, hoch Al
2O
3- oder SiO
2-haltigen Schlacke gefahren, so dass nach den Reaktionen
2NaF + SiO2 + H2O → Na2SiO3 + 2HF NaF + Al2O3 + H2O → NaAl2O4 + HF Flusssäure gebildet werden kann. Die Flusssäure reagiert dann mit Tonerde (Al
2O
3) zu Wasser und AlF
3 und dieses wiederum mit dem bei der basischen Schlackeführung gebildeten NaF zu Kryolith (Na
3AlF
6). Bei Nichtankopplung des Kohlenstoffs des eingesetzten Kathodenmaterials wegen zu hoher Gehalte an Cyaniden, Alkalimetallen und deren Fluoride wird zusätzlich zum Kathodenmaterial unverbrauchter Graphit bzw. Koks zugegeben, der bei geeigneter Frequenz induktiv sicher ankoppelt und sich erhitzt und über Kontakt den eigentlich aufzuarbeitenden Kohlenstoff auf Temperatur bringt. Das Verfahren wird bei Temperaturen von 1200–1700°C im Herd des Schachtofens realisiert, indem das Reaktionsgas bei Temperaturen zwischen 800 und 1200°C über den Mittelgasabzug abgezogen wird. Nachteilig ist der anlagentechnisch komplizierte Aufbau des Schachtofens mit Mittelgasabzug, der Einsatz und speziell die Anordnung des Induktionsteiles oberhalb des Mittelgasabzuges und die verfahrenstechnisch beanspruchte Absaugtemperatur des Reaktionsgases zwischen 800 und 1200°C. Diese anlagentechnisch teure Anlagenkonfiguration, der verfahrenstechnisch nur schwer beherrschbare Prozess erfordert zudem einen aufwendigen und nicht sicher beherrschbaren Regelungs- und Steuerungsalgorithmus zur sicheren Betriebsweise eines solchen Schachtofens. Latent besteht Gefahr, dass an den bereits von
WO 2012/113826 in Betracht gezogenen nicht ausreichend heißen Schüttungsbereichen der aus dem Induktionsteil nach unten wandernden Schüttung bereits verflüssigte Komponenten des Einsatzmaterials wieder erstarren und/oder vergaste Komponenten des Einsatzmaterials kondensieren, wodurch sukzessive eine Verminderung des freien Querschnittes der Schüttung verursacht wird. Im Extremfall führt das zu einer Unterbrechung der für den Betrieb von Schachtöfen zwingend erforderlichen Reaktionsgasströmung. Der Betrieb des Schachtofens kann praktisch nicht sicher gewährleistet werden. Weiter nachteilig ist der beanspruchte Abzug von 800 und 1200°C heißen Reaktionsgasen in eine Gasnachbehandlung. Aus den Erfahrungen des Betriebs metallurgischer, koksgefeuerter Schachtöfen ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass es zu Sintererscheinungen von mit dem Gasstrom ausgetragenen Stäuben in den transportierenden Rohrleitungen, speziell an Rohrumlenkungen kommen wird. Auch diese Erscheinungen können den sicheren Betrieb so einschränken, dass der Gesamtprozess abgebrochen werden muss.
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Aufgabe der Erfindung ist es, ein betriebssicheres Verfahren zum stofflichen und energetischen Recycling von Abfall- und Reststoffen aus der Aluminiumherstellung ohne der Gefahr der Unterbrechung der für den Betrieb von Schachtöfen zwingend erforderlichen Reaktionsgasströmung beim Absinken der Schüttung und einen dafür einsetzbaren, anlagentechnisch einfach aufgebauten ausschließlich mit koks- und/oder graphithaltigen und/oder kohlenstoffhaltigen festen Materialien und/oder SPL (Spent Pot Lining), nachfolgend als festbrennstoffbeheizten und mit Luft und/oder Sauerstoff betriebenen Schachtofen ohne Mittelgasabzug und ohne oberhalb des Mittelgasabzuges angeordnetem Induktionsteil zu schaffen.
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Die Aufgabe wird verfahrenstechnisch durch eine betriebssichere Schacht-Schmelz-Vergasung im Gegenstromprinzip ohne induktive Vorwärmung der Schüttung und/oder ohne mittels festbrennstoff-, öl- und/oder gasgeführte Brenner extern beheizte Brennerebene zwischen Einwurfebene und der durch die Düsenebene zur Zuführung von Staub und/oder Wasserdampf und/oder Wassernebel und Sauerstoff und/oder Luft definierten Schmelz- und Überhitzungszone und anlagentechnisch durch einen festbrennstoffbeheizten und mit Luft und/oder Sauerstoff betriebenen Schachtofen und dadurch gelöst, dass die Ofengase ausschließlich im Gegenstromprinzip zur Schüttung strömen und oberhalb der Schüttung und/oder der Einwurfebene durch Installation einer in Ofenachse oder seitlich versetzt angeordneten feuerfest zugestellten Nachbrennkammer mit Stütz- und/oder Zündbrenner, der vorteilhafterweise bei Feuerfestmaterial- und/oder Brennraumtemperaturen > 800°C ohne das vollständige Ausbrennen der Ofengase zu stören, abgeschaltet werden kann. Nachfolgend ist eine Gasreinigung entsprechend dem bekannten Stand der Technik angeordnet, die trocken ohne Abwasserphase oder nass arbeitet und je nach den Erfordernissen der Zusammensetzung des vollständig ausgebrannten Reaktionsgases (Ofengases) aus spezifisch angeordneten und ausgelegten Behandlungsstufen besteht.
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Die Lösung wird durch die spezifische Ausgestaltung den Ansprüchen 1 bis 8 im Kontext von Verfahren und zugeordneter Anlagentechnik detailliert beschrieben.
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Verfahrenstechnisch strömt das entstehende Reaktionsgas (Ofengas) im Gegenstromprinzip zur absinkenden Schüttung durch den Schacht und wird oberhalb der Einwurfebene sicher direkt nachverbrannt. Das ausgebrannte Reaktionsgas wird zur Heißwinderzeugung genutzt, in dem es durch einen Wärmetauscher, z. B. durch einen Radiationsrekuperator geführt wird.
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Die über dem Herd des Schachtofens angeordnete Schmelz- und Überhitzungszone wird durch Winddüsen oder durch wassergekühlte Injektordüsen, nachfolgend als Injektordüsenebene bezeichnet, definiert.
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Der im Wärmetauscher erzeugte Heißwind kann zum Teil gemeinsam mit Sauerstoff durch Zugabe über diese Injektordüsenebene zur Umsetzung der Brennstoffanteile der Schüttung in der Schmelz- und Überhitzungszone unmittelbar über dem Herd des Schachtofens genutzt werden. Alternativ ist der Betrieb des Schachtofens mittels Zuführung von nicht vorgewärmter Umgebungsluft, nachfolgend als Kaltwind bezeichnet, möglich.
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Bei nass arbeitender Gasreinigung wird ein zweiter Teil des erzeugten Heißwindes zur Nacherwärmung des unmittelbar nach der vollständigen Nachverbrennung mit Wasser gequenschten und in einem Wäscher zur Grobstaubabscheidung geführten Abgases zur Verhinderung von Kondensationserscheinungen bei Eintritt in einen Gewebefilter verwendet.
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Die Temperatur der aus dem oberen Ende der Schüttung oberhalb der Schmelz- und Überhitzungszone und unterhalb der Begichtungsöffnung austretenden Prozessgase (Ofengase) wird durch die Schüttungshöhe und dem Verhältnis von eingesetztem Sauerstoff zum Kalt- oder Heißwind in der Schmelz- und Überhitzungszone eingestellt. Als ergänzendes Regulativ ist der Zusatz von Sauerstoff- und/oder Luft- und/oder Wasser- und/oder Wasserdampf oberhalb des Schüttungsendes und unterhalb der Begichtungsöffnung möglich.
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Die Verbrennungsluft trägt über die Luftfeuchte einen Wasserdampfanteil in den Schachtofen ein. Diese Luftfeuchte ist durch externe Zumischung von Wassernebel zum Heißwind steigerbar.
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Über die Injektordüsenebene ist es zusätzlich möglich, weitere Gase und/oder vernebelte Flüssigkeiten und/oder fließfähige, körnige bis staubförmige Feststoffe einzublasen und damit die Umsatzreaktionen in der chemisch aktivsten Zone des Schachtofens unmittelbar und zeitlich direkt wirkend zu beeinflussen und zu steuern. Vorteilhafterweise ist damit eine gezielte und schnelle Schlackeführung neben der allgemein bekannten Zugabe von stückigen Schlackebildnern wie z. B. Kalkstein (CaCO3), Dolomit (Ca, Mg) (CO3)2 und/oder Kiesel (SiO2) gemeinsam mit dem Koks- und/oder graphithaltigen und/oder kohlenstoffhaltigen festen Materialien über die Einwurfebene einfach möglich.
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Silizium zur SiF4-Bildung wird als reaktives Silizium, zum Beispiel als metallurgisch wirksames Ferro-Silizium gemeinsam mit Schlackebildnern und/oder Satzkoks und/oder dem kontaminierten Schüttgut chargenweise, quasikontinuierlich auf eine größer 350°C heiße Schüttgutschüttung, vorzugsweise bei größer 700°C über die Begichtung des Schachtofens aufgegeben. Unterstützend und/oder alternativ kann es in fließfähiger, staubförmiger bis feinkörniger Form auch über die wassergekühlten Injektordüsen der Injektordüsenebene zugegeben werden.
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Das über die Einwurfebene eingesetzte kontaminierte Schüttgut, z. B. der Abfall- und Reststoff aus der Aluminiumherstellung besteht beispielsweise aus mit Cyaniden, Schwefel, löslichen Fluoriden, Alkali- und Buntmetallen verunreinigtem, Eisen und Aluminium in metallischer Form, als Oxid, als Carbid und/oder in einer anderen chemischen Verbindung enthaltendem schüttfähigen Material aus der Gruppe gebrochener Kathoden aus einem Aluminiumschmelzgewinnungsverfahren, gebrochener Anoden, gebrochener Kohlenstoffauskleidungen aus einem Stahlschmelzofen, einem Hochofen oder einem anderen Metallschmelzofen, einem Glasschmelzofen, einem Keramikschmelzofen und/oder andere, aufzubereitende kohlenstoffhaltige Steine und wird als SPL bezeichnet. Es wird vorzugsweise durch ein der Einwurfebene vorgeschaltetes Band quasi kontinuierlich zugegeben, um die Gasströmung im Schachtofen beim Chargieren möglichst wenig zu beeinflussen und einen erhöhten Staubaustrag zu vermeiden.
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Das mit dem SPL in den Ofen eingebrachte reaktive Silizium wird beim Absinken im Reaktor zunehmend reaktionsfreudiger. Die von unten nach oben strömenden, reaktiven Ofengasbestandteile reagieren abhängig von den sich im Schacht primär höhenabhängig einstellenden Reaktionsbedingungen mit den temperaturabhängig aus der Schüttung gebildeten Gasen, liquiden und/oder festen Phasen. Die Bildung von SiF4(g) ist neben anderen Reaktionsprodukten aus reaktivem Si und Fluor wahrscheinlich.
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Bei Erreichen der Schmelzbedingungen werden die mineralischen und metallischen Bestandteile der Schüttung aufgeschmolzen. Beim weiteren Absinken der festen und flüssigen Phasen in den Bereich der Schmelz- und Überhitzungszone erfolgt eine weitere Erwärmung über die Schmelztemperaturen hinaus. Es finden intensive Reduktionsvorgänge mit dem in diesem Bereich und unterhalb im Herd des Reaktors befindlichen reaktiven Kohlenstoff des Füll-/Satzkokses sowie mit hier existenten festen Kohlenstoffträgern des kontaminierten Schüttgutes statt. Im Herd des Reaktors sammelt sich die so überhitzte, flüssige Metallschmelze und darüber dichtebedingt eine ebenfalls überhitzte Schlackenschmelze. Diese flüssigen Phasen können diskontinuierlich im Abstichbetrieb und/oder kontinuierlich im Siphonbetrieb aus dem Herd des Reaktors abgezogen und weiterverarbeitet werden.
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Die erforderliche Schmelz- und Überhitzungszone für die zu erschmelzende Schlacke, die eine Hochtemperaturzone im Schachtofen darstellt, wird durch die Zufuhr von Sauerstoff plus Verbrennungsluft, z. B. durch Heißluft in der Primärdüsenebene realisiert. Diese Fahrweise mit Heißluft plus Sauerstoff verbessert die Wärmeübertragung von der Gasphase auf die Schüttung.
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Die Temperaturführung in der Schüttung wird durch oberhalb der Primärdüsenebene angeordneten weiteren Düsenebenen und/oder Lanzen zur Zuführung von Heißwind und/oder Sauerstoff und/oder Wassernebel und/oder Wasserdampf realisiert, wobei primär über eine partielle Heißluftzufuhr über die oberen Düsenebenen das gewünschte Temperaturprofil über die Schütthöhe eingestellt wird und dadurch die Temperatur an der Einwurfebene leicht zu regeln ist. Somit wird über die partielle Luftzufuhr sowie die absolute Schüttungshöhe die Temperatur des Ofengases beim Austritt aus der Schüttung bestimmt und kurze Schütthöhen im Schacht sind realisierbar.
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Kurze Schütthöhe bedeuten verfahrenstechnisch auf Grund der komplexen Umsatzreaktionen von Gasen und Feststoffe und/oder von den höhenabhängig oberhalb der Schmelz- und Überhitzungszone bereits schmelzflüssigen Komponenten eine geringere CO2-Reduktion und somit einen geringeren Bedarf an Zusatzbrennstoff.
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Für den im Vorfeld sicherheitstechnisch zwingend zu betrachtenden Störfall befindet sich eine nur geringe Füllmenge SPL im Ofen, das Handling wird erleichtert.
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Die für die Nachverbrennung des Ofengases in der Nachverbrennungskammer erforderliche Luft und Kühlluft wird anlagen- und verfahrenstechnisch bedingt über die Beschickungsöffnung angesaugt.
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Die Absaugung für das vollständig ausgebrannte Ofengas ist variabel einstellbar, um mit einem variablen Luftüberschuss fahren zu können. Vorzugsweise wird mit einem Luftüberschuss von ca. 1,1 gearbeitet.
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Der erforderliche Dampfanteil ist über die Feuchte der angesaugten Luft bestimmt und wird bei Bedarf über die Zugabe von Wassernebel eingestellt.
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Vorteilhafterweise ist durch die anlagentechnisch oberhalb der Schüttung und Chargierungsöffnung im Ofenschacht integrierte direkte Nachverbrennung die thermische Zerstörung von CN-Verbindungen garantiert. Fluoride werden durch die Zugabe von reaktivem Silizium und/oder durch den mit dem Heißwind eingebrachten Wasserdampf und/oder durch eine separate Wassernebel- und/oder Wasserdampfzufuhr gebunden.
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Das ausgebrannte Gichtgas wird einer Gasreinigung zugeführt. Zur Verringerung der zu behandelnden Abgasmenge wird die Brennkammer als Strahlungsrekuperator ausgeführt. Vorteilhafterweise verringert sich dadurch die erforderliche Kühlluftmenge. Alternativ zur Kühlluft können Anteile Wassernebel eingedüst werden und die erforderliche Kühlleistung kann so mit geringeren Abgasmengen erreicht werden.
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Der Strahlungsrekuperator dient zu Heißwinderzeugung und soll die maximal möglichen Energiemengen auskoppeln. Überschüssiger Heißwind kann abgeblasen werden, eine externe energetische Nutzung ist möglich.
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Die für den Gesamtprozess erforderliche Wärmeübertragung auf die Schüttung erfolgt vorteilhafterweise effektiv ausschließlich durch das von unten nach oben im Gegenstrom zur Schüttung strömende Ofengases und über die mit den graphit- und/oder kohlenstoffhaltigen Bestandteilen des kontaminierten Schüttgutes sowie mit dem prozessbedingt zugegebenen Satzkoksanteilen der Chargen temperaturabhängigen chemisch-metallurgischen Umsatzreaktionen. Somit kann ebenfalls vorteilhaft die Reaktions- und Ofengastemperatur ohne induktive Erwärmung der Schüttung im Schacht des Schachtofens einfach ausschließlich durch die Schüttungshöhe, d. h. über die Wärmeübertragung von vor den Düsen des Ofens gebildeten Verbrennungsgasen in Kombination mit den sekundär zugegebenen Wasser und/oder Wasserdampf und/oder Sauerstoff und/oder Luft mit den graphit- und/oder kohlenstoffhaltigen Bestandteilen der Abfall- und Reststoffe mit der Schüttung eingestellt werden.
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Bei Realisierung einer Ofengastemperatur oberhalb der Schüttung gleich oder größer den Schmelztemperaturen der in den Abfall- und Reststoffen aus der Verhüttung von Aluminium die enthaltenen Cyanide und Fluoride werden diese sehr schnell geschmolzen, verdampft und/oder sublimiert. Diese Fluoride reagieren mit dem dort vorliegenden reaktiven Si und bilden SiF4(g), welches dann mit der Feuchte des Ofengases zu H2SiF6 reagiert, mit dem Ofengas ausgetragen und in der nachfolgenden Quenchstufe mit Wäscher einfach und nahezu vollständig gelöst werden kann.
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Vorteilhaft wird die Bildung von HF durch die bevorzugte Bildung von SiF4(g) reduziert, so dass die Belastung des Ofens durch Flusssäure minimiert wird.
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Die CN-Verbindungen werden durch die unmittelbare Integrierung der direkten Nachverbrennung oberhalb des Schüttungsendes und oberhalb der Chargierungsöffnung thermisch sicher zerstört. Die Sinterung von mit dem Ofengas aus der Schüttung ausgetragenen Stäuben in staubführenden Rohrleitungen ist durch die Kopplung mit einem Wasserquench direkt nach der Nachverbrennung ausgeschlossen.
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Durch das ausschließliche Gegenstromprinzip im Ofenschacht, die Anordnung der Nachbrennkammer in Strömungsrichtung des Ofengases und die Ansaugung der Nachverbrennungsluft aus der Umgebung wird regelungstechnische eine Entkopplung von Ofen und nachgeschalteter Abagsreinigung realisiert und eine vereinfachte Fahrweise des Prozesses und die Beherrschung von Störsituationen gewährleistet.
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Das Verfahren wir am nachfolgenden Beispiel erläutert.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 19504141 A1 [0004]
- DE 102009042449 A1 [0011]
- WO 2012/113826 [0013, 0013]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- CAER – University of Kentucky, Centre for Applied Energy Research, Vol. 5, No. 1, 1994, ENEREIA, Treatment of Spent Potlining in Aluminium Electrolysis, a Major Engineering and Environmental Challenge”, Harald A. Øye, Institute of Inorganic Chemistry, The Norwegian Institute of Technology, Trondheim, Norway, S. 1 bis 4 [0006]
- E. Diepschlag, H. Fliegenschmidt, „über den Eintritt des Kalkes in das bei metallurgischen Schlacken vorliegende Stoffsystem”, Centralblatt der Hüten und Walzwerke, Berlin, 31(1927)Nr. 41, S. 90 [0007]
- E. Diepschlag, H. Fliegenschmidt, „über den Eintritt des Kalkes in das bei metallurgischen Schlacken vorliegende Stoffsystem”, Centralblatt der Hüten und Walzwerke, Berlin, 31(1927)Nr. 39, S. 556 [0008]
- L. Schmid, „Der Bau und der Betrieb der Kupolöfen”, Bd. II, S. 63–64, Wilhelm Knapp Verlag Halle, 1953 [0009]
- Mansfeld, K. „SPL Treatment and Fluoride Recycling Project”; EPD Congress 2002, 1/1/02, ISBN 0-87339-516-6 [0010]