-
Die Anmeldung beschreibt die Erzeugung von Elektronensekundärstrahlen in einem Elektronenlinearbeschleuniger.
-
Standes der Technik
-
Ein Elektronenlinearbeschleuniger wird zur Erzeugung von Sekundärstrahlen im Nutzerbetrieb eingesetzt. Neben den Elektronen werden auf der Basis unterschiedlicher physikalischer Prozesse auch Infrarot- und Terahertz-Photonen, Bremsstrahlungs-Photonen, Röntgenstrahlen, Positronen oder Neutronen erzeugt. Da alle Prozesse mit einer Verschlechterung der Strahleigenschaften des primären Elektronenstrahles einhergehen, ist eine nacheinander geschaltete Sekundärstrahlungserzeugung und damit ein Parallel- oder Parasitärbetrieb mehrere Sekundärstrahlungsquellen in fast allen Fällen ausgeschlossen.
-
Damit ist auch eine gleichzeitige Versorgung mehrerer unabhängiger Nutzer, wie es typischerweise bei Synchrotrons realisiert ist, nicht durchführbar. Diese Tatsache limitiert die Anzahl von Experimenten und damit zwangsläufig die Zahl der wissenschaftlichen Ergebnisse bezogen auf die aufgewendete Strahlzeit an einer auf einen Linearbeschleuniger basierten Strahlungsquelle.
-
Aufgabe der Erfindung
-
Die hier beschriebene Erfindung beschreibt die notwendige Anordnung als auch das Verfahren zur Abteilung eines nahezu monoenergetischen Elektronenstrahles mit extrem geringem mittlerem Strahlstrom von einem Strahl mit hohem mittlerem Strahlstrom.
-
Vorteile der Erfindung
-
Typischerweise werden die Sekundärstrahlungsquellen an einem Hochstrombeschleuniger mit maximal möglichem Strahlstrom betrieben. Durch die Abteilung eines Strahls mit geringem mittlerem Strahlstrom wird der gleichzeitige Betrieb beiden Elektronenstrahlen, also ein Parallelbetrieb, ermöglicht.
-
Lösungsweg der Erfindung
-
Da die Sekundärstrahlungsquellen an einem Hochstrombeschleuniger mit maximalen Strahlstrom betrieben werden, wird dies ausgenutzt, um einen Teil des Hochstromprimärstrahles, im Weiteren auch als Hochstrom- oder Primärstrahl bezeichnet, an einem Wolframdraht zu streuen und den verbleibenden „Hochstromprimärstrahl“ seiner ursprünglichen Nutzung zu zuführen. Dazu wird vorgeschlagen, einen in einer geeigneten Halterung vorgespannten Draht an einer geeigneten Stelle der Elektronenstrahlführung in den Strahlengang des Hochstromstrahls zu fahren.
-
Durch eine geeignete Fokussierung des Elektronenstrahles am Ort des Wolframdrahtes im Primärstrahl, kann nach ersten Berechnungen etwa 1% der Elektronen des Primärstrahles gestreut werden. Die verbleibenden 99% des Primärstrahles durchqueren den Draht nicht und setzen ihren Weg zur vorgesehenen Anwendung des Primärstrahls fort. Die Hochstromanwendung bleibt damit nahezu unbeeinflusst.
-
Erfindungsgemäß ist der Durchmesser des Wolframdrahts kleiner als 1 % des Durchmessers des Primärstrahls, bevorzugt kleiner als 0,7 % des Durchmessers des Primärstrahls.
-
Erfindungsgemäß wird vorgeschlagen, den Wolframdraht beispielsweise in einer Federgabel oder etwas ähnlichem zu verspannen. Idealerweise hat die Federgabel einen Durchmesser, der größer als der Durchmesser des Primärstrahls ist.
-
Weiterhin ist es möglich, den eingespannten Wolframdraht mittels eines Schrittmotorantriebes in den Strahlengang des Primärstrahles zu fahren. Dadurch kann eine Position des Wolframdrahtes im Primärstrahl gewählt werden, so dass der Wolframdraht an unterschiedlichen Schnittlinien getroffen werden kann, was die Einstellung des Strahlstromes des Niedrigstromstrahles unabhängig vom Strom des Hochstromstrahles ermöglicht.
-
Kurze Beschreibung der Abbildungen
-
Die Erfindung und die Ausführungsbeispiele werden mit Abbildungen beschrieben.
-
1 stellt das Prinzip der Abzweigung eines Sekundärelektronenstrahls von einem Primärstrahl dar.
-
2 zeigt die Streuung der Sekundärelektronenstrahlen.
-
3 zeigt ein Ausführungsbeispiel für die Abzweigung des Sekundärelektronenstrahls.
-
1 stellt das Prinzip der Abzweigung eines Sekundärelektronenstrahls von einem Primärstrahl dar. Dabei wird der Teil des Primärstrahls, der auf den Wolframdraht trifft gestreut und erzeugt den Sekundärstrahl (Einzel-Elektronen-Nutzerstrahl). Der überwiegende Teil des Primärstrahls verbleibt als Hochstrom-Nutzerstrahls.
-
Der den Draht durchdringende Anteil der Elektronen wechselwirkt mit den Atomen des Drahtes. Die relevanten physikalischen Prozesse dabei sind Ionisation, Vielfachstreuung und die Erzeugung von Bremsstrahlung. Prinzipiell können aufgrund der hier zugrunde liegenden Elektronenenergien auch Kernreaktionen am Drahtmaterial auftreten, die aber wegen des geringen Wirkungsquerschnittes gegenüber den genannten Prozessen eine untergeordnete Rolle spielen.
-
Durch die Ionisation verlieren die Elektronen beim Durchgang durch den Draht geringfügig an Energie (einige keV). Da hier sehr viele Atome ionisiert werden, schwankt der Energieverlust der Elektronen nur unwesentlich. Infolge unterschiedlicher Durchdringungswege einzelner Elektronen im Draht tritt eine gewisse Verschmierung der Energieverteilung der Elektronen von einigen keV auf, die mit der Energieverteilung des Primärstrahles vergleichbar ist und daher toleriert werden kann.
-
Durch Bremsstrahlung werden die Elektronen ebenfalls in ihrer Energieverteilung verschmiert. Durch Bremsstrahlungserzeugung beeinflusste Elektronen können physikalisch bedingt alle Energien zwischen der Primärstrahlenergie und Null annehmen. Betrachtet man einen bestimmten Streuwinkel, liegt die Elektronenenergie kinematisch bedingt fest. Unter großen Ablenkwinkeln ist die Elektronenenergie wegen der Härte des Stoßes wesentlich kleiner als die Primärstrahlenergie und kann wie im Spektrum gezeigt durch einen Energiefilter, beispielsweise einem Magnet, vom Nutzerstrahl separiert werden.
-
Der wesentliche Prozess, der zu einem Sekundärstrahl mit vertretbar geringer Energiebreite führt, ist Vielfachstreuung. Hierbei streut ein leichtes Elektron mit der Masse eines etwa 360mal schwereren Wolframatoms. Wegen der sehr unterschiedlichen Massen ist der Energietransfer vom Elektron zum Wolframkern mit etwa 1,5 keV pro Streuprozess gegenüber der Primärenergie klein. Wegen des sehr dünnen Drahtes treten im Mittel nur wenige (kleiner 10) Streuprozesse für ein Primärelektron auf.
-
Damit ist auch für diesen Prozess die Verbreiterung der Energieverteilung gegenüber der Primärenergieverteilung klein. Die mittlere Strahlenergie des gestreuten Niedrigstrom-Strahles ist wegen Ionisationsverlusten und Energieübertrag an die Drahtatome des Wolframdrahtes ca. 35 keV geringer als die mittlere Primärstrahlenergie. Da die ursprüngliche Primärstrahlenergie bei heutigen Geräten und in der Entwicklung befindlichen Geräten größer oder bei ca. 40 MeV liegt, kann dieser Energieversatz als geringfügig betrachtet werden.
-
Ausführungsbeispiele
-
In eine Vakuumkammer mit verschiedenen Strahlführungsspots wird ein Wolframdraht an einer geeigneten Halterung in den Primärstrahl eingebracht. Dadurch teilt sich der Primärstrahl einen Sekundarniedrigenergiestrom und in einen Hochstromstrahl.
-
Der Wolframdraht muss dabei in einer geeigneten Halterung verspannt sein und wird mit der Halterung in den Primärstrahl eingeführt.
-
In 3 wird die Anordnung mit Hilfe einer Federgabel in den Strahlengang des Primärstrahles dargestellt. Dazu kann der Wolframdraht in einer Federgabel gespannt sein, wobei idealerweise der Innendurchmesser der Federgabel größer als der Durchmesser des Primärstroms ist, um weitere Streuungen zu vermeiden.
-
Die Führung der Federgabel in der Vakuumkammer kann beispielsweise durch einen der verschiedenen Strahlführungsspots erfolgen. Dies kann beispielweise mit einem Stellmotor erfolgen, womit durch die einstellbaren Fahrwege unterschiedlichen Schnittlinien im Primärstrahl durch den Wolframdrahts getroffen werden können. Dies ermöglicht die Einstellung des Strahlstromes des Niedrigstromstrahles unabhängig vom Strom des Hochstromstrahles.
-
Eine weitere Ausführung ist, dass die beiden Drahtenden elektrisch isoliert vom Potential der Strahlführung aus dem Vakuum geführt werden. Damit kann über die Messung des Widerstandes eine die durch die Kollision der Primärelektronen mit dem Draht entstehende Erwärmung des Drahtes detektiert werden und eine gezielte Positionierung des Drahtes innerhalb des Primärstrahles ermöglicht werden. Ein weiterer Vorteil ist, dass ein Drahtbruch leicht ermittelt werden kann.
-
2 stellt die Streuung der erzeugten Sekundärelektronen dar. Der gestreute Niedrigstromstrahl soll beispielsweise, wie in 3 dargestellt, in einem geeigneten Winkel von beispielsweise etwa 45° in eine Strahlführung eingeleitet werden. Durch die begrenzte Apertur dieser Strahlführung wird aus allen am Wolframdraht gestreuten Elektronen ein definierter Winkelbereich heraus geschnitten. Die durch den Austrittswinkel und die Apertur der Strahlführung festgelegten Winkelverhältnisse bedingen ein in 2 dargestelltes berechnetes Energiespektrum der gestreuten Elektronen. Die Verteilung in der unteren linken Ecke in einem Energiebereich von 0 bis 2500 MeV zeigt nur Elektronen, die in einem Raumwinkel von 10 mrad um einen Austrittswinkel von 45° auftreten. Die restliche Verteilung zeigt alle Elektronen in einem Azimutalwinkelbereich von +/–5 mrad um einen 45°-Ring. Der erste Winkelbereich entspricht der geometrischen Akzeptanz der Strahlführung für den Niedrigstrom-Strahl.
-
Eine Vakuumkammer besitzt verschiedene Strahlführungsspots. Um einen Niedrigstromstrahl in einen speziellen der Strahlführungsspots abzuleiten, ist die Schnittgerade in der sich der Wolframdraht befindet muss, definiert. Deshalb wird in einer weiteren erfindungsgemäßen Ausführung vorgeschlagen, den Wolframdraht in diesen Schnittgeraden direkt in die Vakuumkammer einzuführen oder innerhalb der Kammer abzuklappen.
-
In einer weiteren Ausführung kann der Wolframdraht über einen Filter, der den Strahl nur in gewünschten Strahlrichtung durchlässt, teilweise abgeschirmt wird.
-
Eine weitere erfindungsgemäße Ausführung der Halterung des Wolframdrahtes ist, dass diese Halterung im Bereich außerhalb der Vakuumkammer abgeknickt ist, so dass auch der Strahlführungsspot durch den die Halterung geführt wird, als Ableitung eines Sekundärniedrigstrahls genutzt werden kann.
-
In einer weiteren Ausführung der Halterung des Wolframdrahtes ist diese im Bereich, in der der Wolframdraht verspannt ist, abgeknickt, so dass ebenfalls der Strahlführungsspot durch den die Halterung geführt wird, als Ableitung eines Sekundärniedrigstrahls genutzt werden kann.
-
Die beiden letzten Ausführungsvarianten ermöglichen ggf. in Kombination mit einander, dass von einem Primärstahl mehrere Niedrigenergiestrahlen abgespalten und genutzt werden können.
-
Der Wolframdraht kann in allen Ausführungen durch einen Molybdän- oder einen Kupferdraht ersetzt werden. Beispielsweise kann der Wolframdraht das Filament einer Glühlampe bilden.
-
Auf der Oberfläche des Wolframdrahts oder innerhalb des Wolframdrahtes selbst können erfindungsgemäß verschiedene Materialien, beispielsweise Oxide, Rhenium oder thoriumdotiertes Wolfram aufgebracht oder zugesetzt werden, um die Abteilung des Niedrigstromstrahls zu beeinflussen.
-
Anwendung
-
Beispielsweise wird aus einem Hochstrom-Elektronenstrahl (ca. 1 mA, ca. 40 MeV) ein monoenergetischer Elektronenstrahl mit wenigen Elektronen im Puls erzeugt. Derartige Elektronenstrahlen mit extrem geringen Strahlströmen (eins bis wenige Elektronen pro Strahlpuls) werden für Untersuchungen von Teilchendetektoren benötigt. Hierfür sind zeitlich und räumlich getrennte Teilchenspuren zu erzeugen, die im Detektor orts- und zeitaufgelöst nachgewiesen werden. Bisher sind für diese Untersuchungen an Detektoren dedizierte Strahlzeiten notwendig, wobei bei diesen Messungen nur etwa 10–8 des maximal zur Verfügung stehenden Elektronenstrahlstromes genutzt wird. Bei einer typischen Hochstromanwendung zur Strahlungserzeugung ist es wiederum unerheblich, wenn ein im Prozentbereich liegendes Fragment des Primärstrahles ausgekoppelt und für eine andere Anwendung benutzt wird.
-
Generell wichtig ist, dass die globalen Strahlparameter, wie Energie und Pulsstruktur, für beide Anwendungen nicht separat einstellbar sind. Für die Kombination von Detektorstudien mit einem Einzelelektronenstrahl (pro Puls) auf der einen Seite und einem Hochstromstrahl zur Erzeugung von Infrarot, Terahertz-Strahlen, Positronen oder Neutronen auf der anderen Seite sind diese globalen Strahlparameter sehr gut miteinander vereinbar.
-
Unter Berücksichtigung eines realen Durchmessers des Primärstrahles von etwa 3 mm und einem realisierbaren Drahtdurchmesser von 20 µm, ist ca. 1 % des Primärstrahles von einer Wechselwirkung im Draht betroffen. Damit ist der Gesamtstrahlverlust des Primärstrahles auf 1 % begrenzt. Entsprechende Simulationen ergeben, dass ca. ein Millionstel der gestreuten Elektronen von der Strahlführung des Niedrigstrom-Strahles akzeptiert werden. Damit beträgt die mittlere Anzahl der durch diese Strahlführung abgeleiteten Anzahl von Elektronen pro Puls etwa 1, wenn man voraussetzt, dass sich ungefähr 108 Elektronen pro Puls im Primärstrahl befanden. Damit ist das Ziel, einen Strahl mit einigen wenigen Elektronen pro Puls von einem Hochstromstrahl abzuleiten, ohne diesen wesentlich zu beeinflussen, erreicht.