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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Bremsen eines Kraftfahrzeugs mit einer Feststellbremsanordnung und einer Betriebsbremsanordnung sowie ein Kraftfahrzeug und ein Computerprogrammprodukt, das zur Durchführung eines solchen Verfahrens eingerichtet ist.
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Nach der
DE 100 06 656 C1 sind zusätzlich zu fußpedalbetätigten Betriebsbremsen Feststellbremsen – häufig auch als Handbremse oder Parkbremse bezeichnet – bekannt, wobei die Feststellbremse weitgehend unabhängig von der Betriebsbremse des Kraftfahrzeuges ausgebildet ist und einerseits zum Feststellen des Kraftfahrzeugs im Stillstand dient und andererseits auch zum Abbremsen des Kraftfahrzeugs während der Fahrt herangezogen werden kann, was als dynamische Betätigung bezeichnet wird und beispielsweise bei Ausfall der Betriebsbremsanordnung notwendig sein kann.
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Insbesondere manuelle Feststellbremsen wirken mechanisch üblicherweise nur auf eine Achse des Kraftfahrzeugs, was bei einer dynamischen Betätigung insbesondere die aufbringbare Bremskraft limitiert.
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Eine Aufgabe einer Ausführung der vorliegenden Erfindung ist es, das Bremsen eines Kraftfahrzeugs zu verbessern.
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Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 bzw. ein Kraftfahrzeug mit den Merkmalen des Anspruchs 8 gelöst. Anspruch 15 stellt ein Computerprogrammprodukt mit einem Programmcode zur Durchführung eines solchen Verfahrens unter Schutz. Vorteilhafte Ausführungsformen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Nach einem Aspekt der vorliegenden Erfindung weist ein Kraftfahrzeug, insbesondere ein Personenkraftwagen, eine Vorder- und eine Hinterachse mit je einem linken und einem rechten Rad auf. Wenigstens ein, insbesondere beide, Räder der Vorder- und/oder der Hinterachse weisen eine Feststellbremse einer Feststellbremsanordnung auf. Eine Feststellbremse ist insbesondere zum dauerhaften Festlegen des stehenden Kraftfahrzeugs ohne dauerhafte aktive Betätigung durch den Fahrer vorgesehen. Eine Feststellbremse kann in einer Ausführung eine mechanische Feststellbremse, insbesondere eine Trommelbremse oder eine Scheibenbremse sein.
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Das Kraftfahrzeug weist ein Feststell-Bedienelement auf, welches mechanisch mit der Feststellbremsanordnung verbunden ist. Das Feststell-Bedienelement kann insbesondere ein, vorzugsweise drehbeweglich gelagerter, Handbremshebel, ein, vorzugsweise drehbeweglich gelagertes, Fußpedal und/oder ein, vorzugsweise verschieblich gelagerter, Handgriff sein. In einer Ausführung ist das Feststell-Bedienelement mit der Feststellbremsanordnung durch einen oder mehrere Seilzüge und/oder Gestänge mechanisch verbunden, die an dem Feststell-Bedienelement befestigt sind und eine manuelle Betätigung des Feststell-Bedienelements, insbesondere eine Bewegung bzw. einen Betätigungsweg des Feststell-Bedienelements und/oder eine auf das Feststell-Bedienelement wirkende Betätigungskraft, mechanisch auf ein Stellglied der Feststellbremse(n) übertragen. In einer Ausführung wird eine Betätigung des Feststell-Bedienelements mechanisch direkt bzw. proportional auf die Feststellbremse(n) übertragen. Entsprechend sind in einer Ausführung die Feststellbremsanordnung und das damit mechanisch verbundene Feststell-Bedienelement manuell bzw. aktuator- bzw. energielos, d. h. ohne aktive Aktuatoren, insbesondere Motoren, Elektromagnete oder dergleichen, ausgebildet.
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Wenigstens ein, insbesondere beide, Räder der Vorder- und/oder der Hinterachse weisen eine Betriebsbremse einer Betriebsbremsanordnung auf. Eine Betriebsbremse ist insbesondere zum Abbremsen des fahrenden Kraftfahrzeugs nur während einer aktiven Betätigung durch den Fahrer vorgesehen. Eine Betriebsbremse kann in einer Ausführung eine hydraulisch, elektrisch und/oder pneumatisch aktuierte Betriebsbremse und/oder als Trommelbremse oder Scheibenbremse ausgebildet sein.
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In einer Ausführung der vorliegenden Erfindung wirken Feststellbremsen der Feststellbremsanordnung auf ein oder mehrere Räder nur einer Achse des Kraftfahrzeugs und Betriebsbremsen der Betriebsbremsanordnung wenigstens auf ein oder mehrere Räder einer weiteren Achse des Kraftfahrzeugs. Insbesondere kann die Feststellbremsanordnung auf eine Vorderachse des Kraftfahrzeugs und die Betriebsbremsanordnung auf die Hinterachse wirken, in einer Weiterbildung auch auf die Vorderachse. Gleichermaßen kann die Feststellbremsanordnung auf eine Hinterachse des Kraftfahrzeugs und die Betriebsbremsanordnung auf die Vorderachse wirken, in einer Weiterbildung auch auf die Hinterachse.
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In einer Ausführung können eine Feststell- und eine Betriebsbremse integral miteinander ausgebildet sein. Hierunter wird insbesondere verstanden, dass Feststell- und Betriebsbremse dasselbe aktive Bremsglied, insbesondere denselben lüftbaren Bremsbelag aktuieren. Gleichermaßen können eine Feststell- und eine Betriebsbremse auch unterschiedliche aktive Bremsglieder aktuieren, beispielsweise je ein auf dieselbe oder verschiedene Bremsscheiben wirkende Belagpaare. In einer Weiterbildung kann eine Betriebsbremse als Scheibenbremse, eine Feststellbremse als Trommelbremse desselben Fahrzeugrades ausgebildet sein.
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Das Kraftfahrzeug weist ein Steuermittel zum Betätigen der Betriebsbremsanordnung auf.
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Ein Mittel im Sinne der vorliegenden Erfindung kann hard- und/oder softwaretechnisch ausgebildet sein, insbesondere eine, vorzugsweise mit einem Speicher- und/oder Bussystem daten- bzw. signalverbundene, insbesondere digitale, Verarbeitungs-, insbesondere Mikroprozessoreinheit (CPU) und/oder ein oder mehrere Programme oder Programmmodule aufweisen. Die CPU kann dazu ausgebildet sein, Befehle, die als ein in einem Speichersystem abgelegtes Programm implementiert sind, abzuarbeiten, Eingangssignale von einem Datenbus zu erfassen und/oder Ausgangssignale an einen Datenbus abzugeben. Ein Speichersystem kann ein oder mehrere, insbesondere verschiedene, Speichermedien, insbesondere optische, magnetische, Festkörper- und/oder andere nicht-flüchtige Medien aufweisen. Das Programm kann derart beschaffen sein, dass es die hier beschriebenen Verfahren verkörpert bzw. auszuführen imstande ist, sodass die CPU die Schritte solcher Verfahren ausführen kann und damit insbesondere die Betriebsbremsanordnung betätigen kann.
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Das Steuermittel kann in einer Ausführung eine Ventilanordnung mit einem oder mehreren Stell-, insbesondere Regelventilen zum gesteuerten, insbesondere geregelten Beaufschlagen der Betriebsbremsen mit Hydraulik- und/oder Pneumatikfluid bzw. -druck aufweisen.
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In einer Ausführung ist das Steuermittel dazu eingerichtet, insbesondere unabhängig von einer Betriebsbremsanforderung durch den Fahrer, eine oder mehrere Betriebsbremsen zu betätigen, insbesondere, um einen Fahrzustand zu stabilisieren, einen Antriebsschlupf und/oder ein Blockierbremsen zu reduzieren. Das Steuermittel kann insbesondere dazu eingerichtet sein, ein elektrisches Stabilitätsprogramm (ESP), eine Antriebsschlupfregelung (ASR), eine elektrische Differentialsperre (EDS) und/oder eine Antiblockierregelung (ABS) durchzuführen.
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Nach einem Aspekt ist das Steuermittel mit einem Erfassungsmittel zum Erfassen einer Betätigung des Feststell-Bedienelements signalverbunden. Das Erfassungsmittel kann in einer Ausführung ein Wegerfassungsmittel zum Erfassen eines Betätigungs- bzw. Stellweges des Feststell-Bedienelements und/oder ein Krafterfassungsmittel zum Erfassen einer auf das Feststell-Bedienelement wirkenden Betätigungskraft aufweisen, insbesondere sein. In einer Weiterbildung weist das Erfassungsmittel wenigstens einen Weg- und/oder wenigstens einen Kraftsensor auf, der ein Erfassungssignal an das Steuermittel überträgt. Unter einem Wegsensor wird insbesondere auch ein Winkelsensor, insbesondere ein Winkelencoder, zur Erfassung eines Stell- bzw. Betätigungswinkels eines drehbeweglichen Handhebels verstanden, unter einem Kraftsensor insbesondere auch ein Drehmomentsensor. In einer Ausführung ist das Erfassungssignal proportional zu einer Betätigung, insbesondere einem Betätigungsweg bzw. einer Betätigungskraft. Eine Signalverbindung kann insbesondere drahtlos oder draht- bzw. leitungsgebunden, insbesondere durch ein Bussystem, ausgebildet sein.
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In einer Ausführung dieses Aspekts kann so vorteilhaft zusätzlich zu einer mechanischen Betätigung der Feststellbremsanordnung das Steuermittel auch die Betriebsbremsanordnung auf Basis einer erfassten Betätigung des Feststell-Bedienelements betätigen. Hierdurch kann in einer Ausführung die aufbringbare Bremskraft bei einer dynamischen Betätigung der Feststellbremsanordnung erhöht werden. Zusätzlich oder alternativ kann eine Fahrstabilität des Kraftfahrzeugs während einer dynamischen Betätigung der Feststellbremsanordnung erhöht werden.
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Nach einem Aspekt wird durch das Erfassungsmittel eine Betätigung des Feststell-Bedienelements erfasst und, insbesondere durch ein Betätigungsmittel des Steuermittels, die Betriebsbremsanordnung auf Basis dieser durch das Erfassungsmittel erfassten Betätigung des Feststell-Bedienelements betätigt. Insbesondere können in einer Ausführung ein oder mehrere Betriebsbremsen der weiteren Achse des Kraftfahrzeugs betätigt werden, wenn eine Betätigung des Feststell-Bedienelements erfasst wird, die ihrerseits eine Betätigung oder mehrere mit diesem mechanisch verbundene Feststellbremsen bewirkt. Auf diese Weise kann durch das Bremsen der weiteren Achse durch die Betriebsbremsanordnung die aufbringbare Bremskraft und/oder die Fahrstabilität erhöht werden. Wirkt beispielsweise die Feststellbremsanordnung auf die Hinterachse, kann infolge des Lastwechsels durch zusätzliches Bremsen der Vorderachse durch die Betriebsbremsanordnung die aufbringbare Bremskraft erhöht werden. Wirkt beispielsweise die Feststellbremsanordnung auf die Vorderachse, kann durch zusätzliches Bremsen der Hinterachse durch die Betriebsbremsanordnung insbesondere die Fahrstabilität erhöht werden.
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Entsprechend ist in einer Ausführung vorgesehen, dass nur Betriebsbremsen der weiteren bzw. anderen Achse auf Basis einer Betätigung des Feststell-Bedienelements betätigt werden, welches mechanisch mit Betriebsbremsen der einen Achse verbunden ist, bzw. das die auf Basis einer Betätigung des Feststell-Bedienelements betätigte Betriebsbremsanordnung nur auf die weitere Achse wirkt, bzw. Feststellbremsanordnung und auf Basis einer Betätigung des Feststell-Bedienelements betätigte Betriebsbremsanordnung auf unterschiedliche Achsen des Kraftfahrzeugs wirken. Auf diese Weise kann durch das Feststell-Bedienelement die eine Achse über die Feststellbremsanordnung unbeeinflusst von der Betriebsbremsanordnung beaufschlagt werden. In einer anderen Ausführung ist vorgesehen, dass zusätzlich auch Betriebsbremsen der Achse auf Basis einer Betätigung des Feststell-Bedienelements betätigt werden, welches mechanisch mit Betriebsbremsen dieser Achse verbunden ist, bzw. das die auf Basis einer Betätigung des Feststell-Bedienelements betätigte Betriebsbremsanordnung auf beide Achsen und somit auch auf die Achse wirkt, auf die die Feststellbremsanordnung wirkt. Auf diese Weise kann die Bremskraft der Feststellbremsen, die mechanisch mit dem Feststell-Bedienelement verbunden sind, durch die Betriebsbremsen derselben Achse unterstützt bzw. verstärkt werden.
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In einer Ausführung betätigt das Steuermittel die Betriebsbremsanordnung auf Basis der erfassten Betätigung des Feststell-Bedienelements nur, falls eine Fahrgeschwindigkeit des Kraftfahrzeugs einen Geschwindigkeitsgrenzwert übersteigt. Entsprechend kann das Steuermittel ein Geschwindigkeitsgrenzwertmittel aufweisen zum Betätigen der Betriebsbremsanordnung auf Basis der erfassten Betätigung des Feststell-Bedienelements nur, falls eine Fahrgeschwindigkeit des Kraftfahrzeugs einen Geschwindigkeitsgrenzwert übersteigt. Der Geschwindigkeitsgrenzwert kann in einer Ausführung wenigstens 5 km/h, insbesondere wenigstens 10 km/h, und/oder höchstens 30 km/h, insbesondere höchstens 15 km/h betragen. Auf diese Weise kann zum Feststellen bzw. Sichern des stehenden Kraftfahrzeugs die Feststellbremsanordnung in herkömmlicher Weise statisch betätigt werden, ohne die Betriebsbremsanordnung zu beaufschlagen.
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In einer Ausführung betätigt das Steuermittel die Betriebsbremsanordnung auf Basis der erfassten Betätigung des Feststell-Bedienelements nur, falls die Betätigung einen Betätigungsgrenzwert übersteigt. Entsprechend kann das Steuermittel ein Betätigungsgrenzwertmittel aufweisen zum Betätigen der Betriebsbremsanordnung auf Basis der erfassten Betätigung des Feststell-Bedienelements nur, falls die Betätigung einen Betätigungsgrenzwert übersteigt. Der Betätigungsgrenzwert kann in einer Ausführung höchstens 20%, insbesondere höchstens 10% und insbesondere höchstens 5% einer maximalen Betätigung betragen, wobei die maximale Betätigung konstruktiv, insbesondere durch Anschläge oder dergleichen, vorgegeben sein kann. Kann beispielsweise ein Handbremshebel um maximal 45° ausgelenkt werden, kann der Betätigungsgrenzwert zum Beispiel 9° bzw. 20% oder 5° bzw. etwa 10% betragen. Auf diese Weise kann die Gefahr einer ungewollten Betätigung der Betriebsbremsanordnung infolge einer unbeabsichtigten leichten Betätigung des Feststell-Bedienelements reduziert werden.
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In einer Ausführung unterdrückt das Steuermittel ein Betätigen der Betriebsbremsanordnung auf Basis der erfassten Betätigung des Feststell-Bedienelements, falls eine Fehlbetätigung des Feststell-Bedienelements erfasst wird. Entsprechend kann das Steuermittel ein Unterdrückungsmittel aufweisen zum Erfassen einer Fehlbetätigung des Feststell-Bedienelements und zum Unterdrücken eines Betätigens der Betriebsbremsanordnung auf Basis der erfassten Betätigung des Feststell-Bedienelements bei Erfassen einer Fehlbetätigung des Feststell-Bedienelements. Eine Fehlbetätigung kann insbesondere erfasst werden, wenn das Feststell-Bedienelement nach einem Losfahren des Kraftfahrzeugs, sich, insbesondere nach einer vorgegebenen Zeitdauer, nicht in nicht betätigter bzw. Ruhestellung befindet bzw., insbesondere nach einer vorgegebenen Zeitdauer nach einem Losfahren, weiterhin betätigt ist. Auf diese Weise kann bei einem unbeabsichtigten Fahren mit betätigter Feststellbremsanordnung eine unerwünschte Verstärkung dieser Bremsung durch die Betriebsbremsanordnung vermieden werden.
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In einer Ausführung betätigt das Steuermittel die Betriebsbremsanordnung auf Basis der erfassten Betätigung des Feststell-Bedienelements mit einer Zeitverzögerung. Entsprechend kann das Steuermittel ein Zeitverzögerungsmittel zum Betätigen der Betriebsbremsanordnung auf Basis der erfassten Betätigung des Feststell-Bedienelements mit einer Zeitverzögerung aufweisen. Hierdurch kann zum Einen dem Bediener die Möglichkeit gegeben werden, ein Betätigen der Betriebsbremsanordnung infolge einer Betätigung des Feststell-Bedienelements zu verhindern, indem er diese Betätigung des Feststell-Bedienelements innerhalb der Zeitverzögerung bzw. Totzeit rückgängig macht. Zusätzlich oder alternativ kann es vorteilhaft sein, wenn die Verstärkung der dynamischen Feststell-Bremsung durch die Betriebsbremsanordnung zeitverzögert einsetzt, insbesondere in Hinblick auf Lastwechselreaktionen, Fahrstabilität und dergleichen.
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In einer Weiterbildung ist die Zeitverzögerung variabel bzw. verstellbar, insbesondere durch das Steuermittel. Sie kann insbesondere auf Basis einer Fahrgeschwindigkeit des Kraftfahrzeugs verstellt werden, sich insbesondere mit zunehmender Fahrgeschwindigkeit, insbesondere proportional, verringern, so dass bei höheren Geschwindigkeiten mit entsprechend höheren Bremsanforderungen die Betriebsbremsanordnung rascher eingreift. Gleichermaßen kann sich die Zeitverzögerung mit zunehmender Fahrgeschwindigkeit, insbesondere proportional, vergrößern, so dass bei höheren Geschwindigkeiten die Betriebsbremsanordnung langsamer eingreift, um eine Destabilisierung des Kraftfahrzeugs zu vermeiden.
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In einer Ausführung aktiviert das Steuermittel eine Bremsleuchte, falls eine Verzögerung des Kraftfahrzeugs infolge der erfassten Betätigung des Feststell-Bedienelements einen Verzögerungsgrenzwert übersteigt. Hierdurch kann in einer Ausführung auch bei dynamischem Feststellbremsen nachfolgender Verkehr gewarnt werden, insbesondere in Hinblick auf eine durch die Betriebsbremsanordnung verstärkte Bremswirkung.
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In einer Ausführung betätigt das Steuermittel die Betriebsbremsanordnung auf Basis der erfassten Betätigung des Feststell-Bedienelements wahlweise. Entsprechend kann das Kraftfahrzeug ein Deaktivierungsmittel zum wahlweisen Betätigen der Betriebsbremsanordnung auf Basis der erfassten Betätigung des Feststell-Bedienelements aufweisen. Auf diese Weise kann insbesondere ein unerwünschtes Betätigen der Betriebsbremsanordnung verhindert und situationsangepasst nur mit der Feststellbremsanordnung dynamisch gebremst werden, beispielsweise, um absichtlich nur eine Achse des Kraftfahrzeugs zu blockieren und so einen Drift, d. h. ein provoziertes Seitrutschen des Fahrzeugs zu steuern. Das Deaktivierungsmittel kann in einer Ausführung einen Schalter aufweisen, der in einer Weiterbildung an dem Feststell-Bedienelement angeordnet sein kann. Gleichermaßen kann das Deaktivierungsmittel durch ein Untermenü eines Bordcomputers des Kraftfahrzeugs implementiert sein.
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Weitere vorteilhafte Weiterbildungen der vorliegenden Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen und der nachfolgenden Beschreibung bevorzugter Ausführungen. Hierzu zeigt, teilweise schematisiert:
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1 ein Kraftfahrzeug nach einer Ausführung der vorliegenden Erfindung mit einem Steuermittel; und
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2 ein Verfahren nach einer Ausführung der vorliegenden Erfindung, welches durch das Steuermittel der 1 ausgeführt wird.
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1 zeigt einen Personenkraftwagen mit einer Vorderachse 1 mit einem linken Vorderrad 1.1 und einem rechten Vorderrad 1.2 sowie einer Hinterachse 2 mit einem linken Hinterrad 2.1 und einem rechten Hinterrad 2.2.
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Linkes und rechtes Hinterrad 2.1, 2.2 weisen je eine Feststellbremse 3.1 bzw. 3.2 einer Feststellbremsanordnung auf, im Ausführungsbeispiel in Form einer Trommelbremse. Ein Feststell-Bedienelement, im Ausführungsbeispiel in Form eines Handbremshebels 3, ist mechanisch mit der Feststellbremsanordnung 3.1, 3.2 durch Seilzüge 3.11, 3.21 mechanisch verbunden, die an dem Handbremshebel 3 befestigt sind und eine Drehung bzw. Drehmomentbeaufschlagung des Handbremshebels 3 proportional mechanisch auf ein Stellglied (nicht dargestellt) der Feststellbremsen 3.1, 3.2 übertragen.
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Linkes und rechtes Vorder- und Hinterrad 1.1, 1.2, 2.1 bzw. 2.2 weisen je eine Betriebsbremse 4.1, 4.2, 4.3 bzw. 4.4 einer Betriebsbremsanordnung auf, im Ausführungsbeispiel in Form einer hydraulisch aktuierten Scheibenbremse.
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Die Feststellbremsen 3.1, 3.2 wirken somit nur auf die Räder 2.1, 2.2 der Hinterachse des Kraftfahrzeugs, die Betriebsbremsen 4.1–4.4 auf die Räder 2.1, 2.2 der Hinterachse und die Räder 1.1, 1.2 der Vorderachse des Kraftfahrzeugs.
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In einer nicht dargestellten Abwandlung können Feststell- und Betriebsbremse der Hinterräder 2.1, 2.2 auch jeweils integral miteinander ausgebildet sein, insbesondere als Scheibenbremsen, und dasselbe aktive Bremsglied, insbesondere Belagpaar aktuieren. In einer weiteren nicht dargestellten Abwandlung kann die Feststellbremsanordnung auch nur auf die Vorderachse 1 wirken.
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Zur Betätigung der Betriebsbremsanordnung 4.1–4.4 weist das Kraftfahrzeug in an sich bekannter Weise ein Bremspedal 5.1 auf, dessen Betätigung hydraulisch, insbesondere über einen Bremskraftverstärker 5.2, auf die Betriebsbremsen 4.1–4.4 übertragen wird.
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Um dabei einerseits gezielt Bremsdruck, der durch Betätigung des Bremspedals 5.1 aufgeprägt wird, zu regeln, um eine ABS-Funktionalität darzustellen bzw. zu implementieren, und andererseits auch unabhängig von Betätigung des Bremspedals 5.1 bzw. einer Betriebsbremsanforderung durch den Fahrer eine oder mehrere der Betriebsbremsen 4.1–4.4 zu betätigen, um eine ESP-, ASR- und/oder EDS-Funktionalität darzustellen bzw. zu implementieren, weist das Kraftfahrzeug weiter ein Steuermittel 5 zum Betätigen der Betriebsbremsanordnung auf. Das Steuermittel 5 weist ein Speichersystem, ein Bussystem, und eine CPU auf, die dazu ausgebildet ist, Befehle, die als ein in dem Speichersystem abgelegtes Programm implementiert sind, abzuarbeiten, Eingangssignale von dem Bussystem zu erfassen und Ausgangssignale an das Bussystem abzugeben. Das Steuermittel 5 weist weiter eine Ventilanordnung mit mehreren Regelventilen zum geregelten Beaufschlagen der Betriebsbremsen 4.1–4.4 mit Hydraulikfluid bzw. -druck auf, die durch die CPU angesteuert werden.
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Das Steuermittel 5 ist mit einem Erfassungsmittel, im Ausführungsbeispiel in Form eines Sensors 3.3 zum Erfassen einer Betätigung des Handbremshebels 3 signalverbunden, wie in 1 strichpunktiert angedeutet. Der Sensor 3.3 kann einen Betätigungs- bzw. Stellweg s des Handbremshebels 3 und/oder eine auf den Handbremshebel 3 wirkende Betätigungskraft F erfassen und ein hierzu proportionales Erfassungssignal an das Steuermittel 5 übertragen.
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Nachfolgend wird mit Bezug auf 2 ein Verfahren nach einer Ausführung der vorliegenden Erfindung erläutert, welches durch das Steuermittel 5 ausgeführt wird.
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In einem Schritt S10 wird durch das Erfassungsmittel 3.3 eine Betätigung des Handbremshebels 3 erfasst und ein hierzu proportionales Erfassungssignal an das Steuermittel 5 übertragen.
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In einem Schritt S20 prüft das Steuermittel 5, ob ein Deaktivierungsmittel, im Ausführungsbeispiel in Form eines an dem Handbremshebel 3 angeordneten, mit dem Steuermittel 5 signalverbundenen Schalters 3.4, betätigt ist, um ein Betätigen der Betriebsbremsanordnung 4.1–4.4 auf Basis der erfassten Betätigung des Handbremshebels 3 wahlweise zu deaktivieren. Nur, wenn der Schalter 3.4 nicht betätigt ist (S20: „N”), werden die nachfolgenden Schritte ausgeführt, andernfalls (S20: „Y”) kehrt das Verfahren zu Schritt S10 zurück.
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In einem Schritt S30 prüft ein Unterdrückungsmittel 5.10 des Steuermittels 5, ob eine Fehlbetätigung des Handbremshebels 3 vorliegt. Das Unterdrückungsmittel 5.10 erfasst eine Fehlbetätigung, wenn der Handbremshebel 3 sich nach einem Losfahren des Kraftfahrzeugs nach einer vorgegebenen Zeitdauer Ts nicht in einer nicht betätigten bzw. Ruhestellung befindet, beispielsweise wenn der Stellweg s des Handbremshebels 3 zum Zeitpunkt Ts nach dem Losfahren noch einen Grenzwert sT übersteigt. Nur, wenn das Unterdrückungsmittel 5.10 keine Fehlbetätigung erfasst (S30: „N”), werden die nachfolgenden Schritte ausgeführt, andernfalls (S30: „Y”) unterdrückt das Unterdrückungsmittel 5.10 ein Betätigen der Betriebsbremsanordnung 4.1–4.4 auf Basis der erfassten Betätigung des Handbremshebels 3 und das Verfahren kehrt zu Schritt S10 zurück.
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In einem Schritt S40 prüft ein Geschwindigkeitsgrenzwertmittel 5.11 des Steuermittels 5, ob eine Fahrgeschwindigkeit v des Kraftfahrzeugs einen Geschwindigkeitsgrenzwert v0 übersteigt. Wenn die Fahrgeschwindigkeit v den Geschwindigkeitsgrenzwert v0, der im Ausführungsbeispiel zwischen 10 km/h und 15 km/h beträgt, übersteigt (S40: „Y”), werden die nachfolgenden Schritte ausgeführt, andernfalls (S40: „N”) kehrt das Verfahren zu Schritt S10 zurück.
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In einem Schritt S50 prüft ein Betätigungsgrenzwertmittel 5.12 des Steuermittels 5, ob die erfasste Betätigung des Handbremshebels 3 einen Betätigungsgrenzwert übersteigt, beispielsweise der Stellweg s des Handbremshebels 3 einen Stellweggrenzwert s0 übersteigt und/oder eine auf den Handbremshebel 3 wirkende Betätigungskraft F einen Kraftgrenzwert F0 übersteigt. Im Sinne der vorliegenden Erfindung werden insbesondere auch ein antiparalleles Kräftepaar, d. h. ein Drehmoment, verallgemeinernd als Kraft bezeichnet. Wenn die erfasste Betätigung (s, F) den Betätigungsgrenzwert (s0, F0) übersteigt (S50: „Y”), werden die nachfolgenden Schritte ausgeführt, andernfalls (S50: „N”) kehrt das Verfahren zu Schritt S10 zurück.
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In einem Schritt S60 prüft ein Zeitverzögerungsmittel 5.13 des Steuermittels 5, ob eine verstellbare Zeitverzögerung T0 seit der in Schritt S10 erfassten Betätigung des Handbremshebels 3 vergangen ist und betätigt nach Verstreichen dieser Zeitverzögerung T0 (S60: „Y”) in einem Schritt S70 die auf die Vorderachse 1 wirkenden Betriebsbremsen 4.1, 4.2 der Betriebsbremsanordnung proportional zu der erfassten Betätigung des Handbremshebels 3, insbesondere proportional zu dem erfassten Stellweg s und/oder der Betätigungskraft F.
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In einem Schritt S80 aktiviert das Steuermittel 5 eine Bremsleuchte 6, falls eine Verzögerung des Kraftfahrzeugs infolge der erfassten Betätigung des Feststell-Bedienelements einen Verzögerungsgrenzwert übersteigt.
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Obwohl in der vorhergehenden Beschreibung exemplarische Ausführungen erläutert wurden, sei darauf hingewiesen, dass eine Vielzahl von Abwandlungen möglich ist. Außerdem sei darauf hingewiesen, dass es sich bei den exemplarischen Ausführungen lediglich um Beispiele handelt, die den Schutzbereich, die Anwendungen und den Aufbau in keiner Weise einschränken sollen. Vielmehr wird dem Fachmann durch die vorausgehende Beschreibung ein Leitfaden für die Umsetzung von mindestens einer exemplarischen Ausführung gegeben, wobei diverse Änderungen, insbesondere in Hinblick auf die Funktion und Anordnung der beschriebenen Bestandteile, vorgenommen werden können, ohne den Schutzbereich zu verlassen, wie er sich aus den Ansprüchen und diesen äquivalenten Merkmalskombinationen ergibt. Bezugszeichenliste
1 | Vorderachse |
1.1/1.2 | linkes/rechtes Vorderrad |
2 | Hinterachse |
2.1/2.2 | linkes/rechtes Hinterrad |
3 | Handbremshebel |
3.1/3.2 | Feststellbremse linkes/rechtes Hinterrad |
3.3 | Weg-/Kraftsensor |
3.4 | Schalter |
3.11/3.22 | Seilzug |
4.1–4.4 | Betriebsbremse linkes/rechtes Vorder-/Hinterrad |
5 | Steuermittel |
5.1 | Bremspedal |
5.2 | Bremskraftverstärker |
5.10 | Unterdrückungsmittel |
5.11 | Geschwindigkeitsgrenzwertmittel |
5.12 | Betätigungsgrenzwertmittel |
5.13 | Betätigungs- und Zeitverzögerungsmittel |
6 | Bremsleuchte |
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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