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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Positionsregelung eines Aktors, der durch mindestens ein Formgedächtniselement aus einer Formgedächtnislegierung betätigt wird sowie einen Aktor und ein Computerprogramm-Speichermedium.
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Bei der Verwendung eines Formgedächtniselements zur Betätigung eines Aktors ist vorausgesetzt, dass durch eine elektrische Ansteuerung des Formgedächtniselements eine definierte Position des Aktors erreicht werden kann. Zur Positionsverfolgung wird ein Regelkreis ausgelegt, bei dem die Regelgröße (Istwert x) zurückgeführt und mit der Führungsgröße (Sollwert xSoll) durch Differenzbildung verglichen wird.
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Das Ziel der Positionsregelung des Aktors besteht darin, für den Idealfall ein sehr gutes Folgeverhalten zu erhalten (d. h. der Istwert (z. B. Aktorhub) soll dem vorgegebenen Sollwert genau folgen). Hierbei ist jedoch zu bemerken, dass das zur Betätigung des Aktorsystems verwendete Formgedächtniselement aus einer Formgedächtnislegierung besteht, die ein stark nichtlineares, hysteresebehaftetes Verhalten aufweist, was die Regelungsaufgabe erheblich erschwert.
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Eine wesentliche Zustandsgröße von Formgedächtnislegierungen ist der (Phasen-)Umwandlungsgrad zwischen Martensit und Austenit, der durch den Martensitanteil ξ beschrieben wird. Der Martensitanteil ξ ist eine nichtlineare, hysteresebehaftete Funktion der Temperatur T (vgl. 1a).
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Die Steigung dieser Temperaturhysterese beeinflusst das dynamische Verhalten des Aktorsystems. Durch den nichtlinearen ξ–T – Kurvenlauf kommt es dazu, dass bei Sollwert-Sprüngen im Bereich des großen Kurvenanstiegs und bei konstant eingestellten Regelparametern ein Überschwingen auftritt.
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Die stückweise linearisierte Übertragungsfunktion des Regelkreises kann hinsichtlich ihrer dynamischen Eigenschaften untersucht werden. Dies geschieht auf analytischem Wege über die Ermittlung ihrer Polstellen. Um ein Überschwingen zu vermeiden, muss dafür gesorgt werden, dass nur reelle Pole auftreten.
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Die zur jeweiligen Messzeit vorliegenden Steigungswerte der Martensitanteil-Temperatur-Kennlinie und die Reglerparameter des Regelkreises haben dabei entscheidenden Einfluss auf die Lage und die Art der Polstellen. Für große Steigungswerte und ungünstige Reglerparameter können daher komplexe Pole entstehen, sodass Überschwingen auftritt.
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Um mit Formgedächtniselementen das dynamische Verhalten eines Aktorsystems optimal beeinflussen zu können, sind aus dem Stand der Technik verschiedene Regelungsstrategien bekannt geworden.
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In „Ikuta, K. et al.: Shape memory alloy servo actuator system with electric resistance feedback and application for active endoscope, IEEE International Conference an Robotics and Automation, Bd. 1, 1988” wird eine widerstandsbasierte Regelung von zwei antagonistisch wirkenden Formgedächtnisdrähten entworfen. Dazu wird ein linearer Zusammenhang zwischen Dehnung und Widerstand angenommen.
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In „Schiedeck, F.: Entwicklung eines Modells für Formgedächtnisaktoren im geregelten dynamischen Betrieb, Leibniz Universität Hannover, 2009” werden für einen Formgedächtnis-Positionierantrieb Positionsregelungen mit widerstandsbasierter und sensorbasierter Rückführgröße unter Verwendung eines PI-Reglers vorgestellt.
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In beiden vorgenannten Lösungsvarianten werden jedoch die Reglerparameter des Regelkreises jeweils konstant gehalten, d. h. es erfolgt keine Adaptation der Reglerparameter auf Basis der nichtlinearen Eigenschaften des Formgedächtniselements.
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In der
DE 60 2004 005 578 T2 wird jedoch eine adaptive Methode zur Regelung thermischer Formgedächtnislegierungen vorgestellt. Dabei wird die Intensität des Stromes zum Beheizen der Aktoren anhand der Umgebungs- und Drahttemperatur abgeleitet. Die Ermittlung dieser Größen erfolgt über die Auswertung des elektrischen Widerstands.
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Ein ebenfalls adaptiver Ansatz zur Kompensation unbekannter Umgebungseinflüsse ist in „Feng, Y. et al.: Robust Control for Shape Memory Alloy Micro-Actuators based flap positioning System, American Control Conference, 2010” beschrieben und illustriert. Hier erfolgt die Einstellung der Regelkreisparameter anhand der Messung von Position und elektrischem Widerstand.
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Nachteilhaft an diesen vorgenannten adaptiven Lösungsansätzen zur Regelung von auf Formgedächtnislegierungen basierenden Aktoren ist jedoch, dass all diese Methoden an einen bestimmten Lastfall gekoppelt sind. Die Größe der Last beeinflusst jedoch maßgeblich den Verlauf der Hysterese, so dass die entsprechenden Steigungen der Martensitanteil-Temperatur-Kennlinie variieren können. Ferner sind die vorgeschlagenen Regelungsentwürfe zum Teil sehr komplex und sehr stark von hinterlegten Materialmodellen abhängig.
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Es ist demzufolge die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren zur Positionsregelung eines durch mindestens ein Formgedächtniselement betätigten Aktors bereitzustellen, bei dem mittels einer einfachen und wenig rechenintensiven adaptiven Reglerparametrierung sichergestellt werden kann, dass der Istwert dynamisch möglichst genau, schnell und schwingungsfrei dem Sollwert folgt.
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Der Erfindung liegt ferner die Aufgabe zugrunde, einen Aktor und ein computerlesbares Computerprogramm-Speichermedium anzugeben, die verbesserte Regelungscharakteristika eines solchen Aktors garantieren.
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Zur Lösung dieser Aufgabe sieht das erfindungsgemäße Verfahren zur Positionsregelung eines Aktors durch Sollwert-Istwert-Vergleich in einem Regelkreis vor, dass die Steigung der Martensitanteil-Temperatur-Kennlinie des Formgedächtniselements modellbasiert berechnet wird und zumindest ein Reglerparameter des Regelkreises in Abhängigkeit von dieser Steigung eingestellt wird.
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Im Übrigen werden die oben genannten Aufgaben durch die Merkmale der Ansprüche 11 und 12 gelöst.
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Indem die Steigung der Martensitanteil-Temperatur-Kennlinie bei der Parametrierung des Regelkreises Berücksichtigung findet, wird eine „robuste” Positionsregelung des Aktors ermöglicht, d. h. das dynamische Verhalten des Aktors ist weitgehend unempfindlich gegenüber Schwankungen von Parametern der Regelstrecke (wie z. B. Temperaturänderung, Laständerung, Phasenumwandlung).
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Um diesen vorteilhaften Effekt zu erreichen, wird die Martensitanteil-Temperatur-Kennlinie durch ein Berechnungsmodell approximiert, um die Steigung der Kennlinie auf einfache Weise bestimmen zu können. Die so ermittelte Steigung wird ohne größere Rechenarbeit zum Einstellen optimaler Reglerparameter des Regelkreises verwendet.
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Die Berechnung der Steigung und entsprechende Anpassung der Reglerparameter erfolgt über den gesamten Umwandlungstemperaturbereich. Hierdurch kann auf die ungenaue Beschreibung der Hysterese durch Erreichen bestimmter charakteristischer Temperatur- oder Positionsmesspunkte im Laufe des Umwandlungsprozesses verzichtet werden und das Überschwingen ist somit im gesamten nichtlinearen Steigungsbereich der Martensitanteil-Temperatur-Kennlinie auf ein Minimum reduzierbar.
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Vorzugsweise wird die Steigung der Martensitanteil-Temperatur-Kennlinie durch das Verhältnis
dargestellt, worin ξ . die zeitliche Ableitung des Martensitanteils ξ des Formgedächtniselements und T . die zeitliche Ableitung der Temperatur T des Formgedächtniselements bezeichnet.
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Die im Zähler stehende, zeitliche Ableitung des Martensitanteils ξ des Formgedächtniselements wird dabei vorzugsweise unter Anwendung der folgenden Gleichung berechnet:
worin ρ
M den spezifischen Widerstand für Martensit, ρ
A den spezifischen Widerstand für Austenit und ρ . die zeitliche Ableitung des gemessenen spezifischen Widerstands ρ des Formgedächtniselements bezeichnet.
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Der zeitliche Verlauf des Martensitanteils kann somit indirekt über Widerstandsmessungen am Formgedächtniselement ohne größeren Aufwand ermittelt werden.
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Die im Nenner des die Martensitanteil-Temperatur-Kennliniensteigung beschreibenden Verhältnisses
ξ ./T . aufgeführte, zeitliche Ableitung der Temperatur T des Formgedächtniselements wird vorzugsweise unter Anwendung der folgenden Gleichung näherungsweise berechnet:
worin s den Laplace-Operator, R
th den thermischen Übergangswiderstand zwischen Formgedächtniselement und Umgebung, C
th die thermische Kapazität des Formgedächtniselements, I den gemessenen elektrischen Strom des Formgedächtniselements und R den gemessenen elektrischen Widerstand des Formgedächtniselements bezeichnet.
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Die vorgenannte Gleichung zur Ermittlung der Temperaturänderung über die Zeit ist auf der Grundlage eines Modells hergeleitet worden, bei dem das Formgedächtniselement als thermische Kapazität mit parallelem thermischem Leitwert (thermischer Tiefpass) betrachtet wird.
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Da in dieses Modell zur Berechnung der Steigung der Martensitanteil-Temperatur-Kennlinie lediglich zwei zu messende Eingangsvariablen einfließen, nämlich der elektrische Strom I und der (spezifische) Widerstand R bzw. ρ des Formgedächtniselements ist es in einem sehr hohen Maße universell anwendbar: Es liefert realistische Ergebnisse für beliebige Lastfälle und Geometrien. Insbesondere ist nicht mehr notwendig, die Temperaturänderung des Formgedächtniselements zu messen, welche experimentell ohnehin nur sehr schwer zu bestimmen ist.
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Gemäß „Oelschläger, L.: Numerische Modellierung des Aktivierungsverhaltens von Formgedächtnisaktoren am Beispiel eines Schrittantriebes. Ruhr-Universität Bochum, Lehrstuhl für Produktionssysteme, Diss., 2004” beeinflusst die Größe der Last am Aktor als wesentlicher Störeinfluss indirekt ebenfalls die Aufheiz- und Abkühlzeiten aufgrund der Abhängigkeit der Umwandlungstemperaturen von der vorliegenden mechanischen Beanspruchung und beeinflusst somit maßgeblich den Verlauf der Hysterese, so dass die entsprechenden Steigungen der Martensitanteil-Temperatur-Kennlinie in Abhängigkeit von der einwirkenden Last erheblich variieren können.
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Das auf den vorgenannten Gleichungen beruhende Berechnungsmodell ist jedoch einzig abhängig von dem gemessenen elektrischen Strom und dem gemessenen elektrischen Widerstand des Formgedächtniselements und demzufolge, im Gegensatz zu den bereits im Stand der Technik beschriebenen, adaptiven Ansätzen zur Regelung von auf Formgedächtnislegierungen basierenden Aktoren, nicht an einen einzigen, bestimmten Lastfall gekoppelt.
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Zudem zeichnet sich die vorgeschlagene Modellierung durch eine einfache Implementierung und Parametrierung sowie einen niedrigen Speicher- und Rechenbedarf aus, da die zeitlichen Ableitungen von Martensitanteil und Temperatur jeweils durch einfache funktionale Beziehungen angenähert werden. Numerische bzw. experimentelle Modelle zur Bestimmung der Hystereseschleifen führen hingegen unweigerlich zu einem weitaus höheren Speicherbedarf, da komplexe Algorithmen mit hohem Rechenaufwand erforderlich sind.
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Der in Abhängigkeit der Steigung der Martensitanteil-Temperatur-Kennlinie eingestellte Reglerparameter kann hierbei alle möglichen Parameter eines im Regelkreis enthaltenen Reglers (P-, PI-, PID-Regler etc.) umfassen, wobei nicht unbedingt alle einzelnen Parameter der Reglers angepasst werden müssen. Erforderlich ist nur, dass zumindest ein Reglerparameter in Abhängigkeit der ermittelten Kennliniensteigung Kh eingestellt wird, wobei diese Einstellung mittels einer beliebigen Beziehung gemäß [Reglerparameter] = f (Kh) erfolgen kann.
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Nachfolgend wird die vorliegende Erfindung unter Bezugnahme auf die beiliegenden Zeichnungen näher beschrieben. Hierbei zeigen
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1 nichtlineare, hysteresebehaftete Kennlinie zur Beschreibung der Martensitanteil-Temperatur-Beziehung eines Formgedächtniselements,
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2 Approximation der Steigung Kh der Martensitanteil-Temperatur-Kennlinie des Formgedächtniselements im Punkt ξi, Ti
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3 einen Regelkreis zur Regelung eines durch das Formgedächtniselement betätigten Aktors unter Berücksichtung des gemäß 2 approximierten Hystereseanstiegs Kh.
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Die Steigung Kh der Martensitanteil-Temperatur-Kennline nach 1 zum Meßzeitpunkt Ti ist in 2 dargestellt und wird durch die Beziehung Kh = dξ / dT (1) definiert, worin dξ das Differential des Martensitanteils ξ und dT das Differential der Temperatur T bezeichnet.
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Indem man Zähler und Nenner der obigen Gleichung (1) jeweils nach der Zeit differenziert, kann die Steigung K
h der Martensitanteil-Temperatur-Kennlinie einfach durch das Verhältnis der zeitlichen Ableitungen von Martensitanteil ξ und Temperatur T gemäß
dargestellt werden, wobei das vorliegende Regelungsverfahren vorschlägt, die Martensitanteilableitung ξ . durch eine indirekte Widerstandsmessung und die Temperaturableitung T . durch eine modellbasierte Berechnung zu ermitteln.
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Da für die Erwärmung des beispielsweise als Draht geformten Formgedächtniselements durch elektrischen Strom I ohnehin entsprechende Kontakte zur Verfügung stehen, ist eine Messung des elektrischen Widerstands R ohne großen Zusatzaufwand möglich oder ist gar bei einigen Anordnungen des Standes der Technik (siehe z. B.
DE 60 2004 005 578 T2 ) bereits Grundlage der Positionsregelung.
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Formgedächtnislegierungen weisen die Eigenschaft auf, das sich der spezifische Widerstand ρ mit der Gefügestruktur ändert, so dass der gemessene spezifische Widerstand ρ indirekt als Maß für den Phasenumwandlungsgrad des Formgedächtniselements zwischen den beiden Gefügestrukturen Martensit und Austenit herangezogen werden kann. Dabei liegt für die Niedrigtemperaturphase (Martensit, ξ = 1) und für die Hochtemperaturphase (Austenit, ξ = 0) je ein fest zugeordneter Wert ρM, ρA des spezifischen Widerstands vor.
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Im in 1 dargestellten Phasenumwandlungsbereich (0 < ξ < 1) lässt sich der spezifische Widerstand ρ des Formgedächtniselements mit dem Martensitanteil ξ näherungsweise durch die folgende, einfache lineare Beziehung berechnen: ρ = ρM ξ + ρA·(1 – ξ) (3) ρM und ρA bezeichnen hierbei den spezifischen Widerstand für Martensit bzw. den spezifischen Widerstand für Austenit. Diese Referenzwerte ρM, ρA können aus Materialtabellen entnommen werden (Martensit: ρM = 1 × 10–6 Ωm; Austenit: ρA = 0,85 × 10–6 Ωm) oder können durch eine entsprechende Widerstandsmessung im Vorfeld am Formgedächtniselement selbst nochmals verifiziert werden. Der spezifische Widerstand ρ des Formgedächtniselements während der in 1 dargestellten Phasenumwandlung (0 < ξ < 1) ergibt sich aus Messungen des ohmschen Widerstands R während der Umwandlung, wobei sich der gemessene ohmsche Widerstand R unter Berücksichtigung der geometrischen Abmessungen (Länge, Querschnittsfläche) des Formgedächtniselements leicht in den spezifischen Widerstand ρ umrechnen lässt.
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Durch Auflösen der vorgenannten Gleichung (3) nach dem Martensitanteil ξ und Bildung der zeitlichen Ableitung erhält man
worin ξ . die zeitliche Ableitung des Martensitanteils ξ, ρ . die zeitliche Ableitung des gemessenen spezifischen Widerstands ρ und ρ
M, ρ
A die spezifischen Widerstände für Martensit bzw. Austenit bezeichnen.
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Die für die Ermittlung der Kennliniensteigung Kh nach Gleichung (2) im Nenner einzusetzende zeitliche Ableitung der Temperatur T des Formgedächtniselements ist hingegen sowohl direkt als auch indirekt nur sehr schwer messbar. Für die direkte Messung bedarf es entsprechenden Messgeräten, deren Einbindung in das Regelungssystem aus Sicht des notwendigen Aufwandes nur sehr schwer zu rechtfertigen ist. Der indirekte Weg durch die Messung von Größen, die sich mit der Temperatur T ändern, ist ebenfalls extrem aufwändig und mit hohen Ungenauigkeiten verbunden. So fließen bei indirekten Messmethoden immer auch schwer erfassbare Quereinflüsse mit ein, z. B. hängt der zur indirekten Temperaturbestimmung heranziehbare Stellweg x des Formgedächtniselements nicht nur von der Temperatur T sondern auch von der auf das Element einwirkenden mechanischen Belastung ab. Zudem muss stets auch das nur sehr schwer beschreibbare stark nichtlineare, hysteresebehaftete Verhalten des Formgedächtniselements berücksichtigt werden, um zu zufriedenstellenden indirekten Messergebnissen zu gelangen.
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Die vorliegende Erfindung schlägt daher als Alternative zu direkten oder indirekten Temperaturmessverfahren vor, das Formgedächtniselement als thermische Kapazität mit parallelem thermischem Leitwert, also sozusagen als „thermischen Tiefpass”, zu charakterisieren. Durch Anwendung dieses einfachen Modells lässt sich das Temperaturverhalten des Formgedächtniselements unter Zuhilfenahme der thermischen Kapazität Cth und des thermischen Verlustwiderstands des Formgedächtniselements beschreiben.
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Die thermische Kapazität Cth berechnet sich dabei lediglich aus dem Volumen/der Masse des Formgedächtniselements und aus der spezifischen Wärmekapazität der verwendeten Formgedächtnislegierung. Der thermische Verlustwiderstand ist ein Maß für das Vermögen des Formgedächtniselements, thermische Energie in Form von Wärmeleitung und/oder Konvektion an die Umgebung abzugeben, und wird somit durch den thermischen Übergangswiderstand Rth zwischen Formgedächtniselement und Umgebung charakterisiert. Dieser thermische Übergangswiderstand Rth lässt sich mittels thermischer Simulationen ermitteln oder kann für einfache Geometrien des Formgedächtniselements auch (z. B. gemäß VDI-Wärmeatlas) berechnet werden.
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Auf Grundlage des vorbeschriebenen Modells und unter Verwendung der Laplace-Operation erhält man folgenden Gleichungszusammenhang für die Temperaturdifferenz ΔT des Formgedächtniselements:
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In dieser Gleichung stehen C
th und R
th für die vorerläuterten Kennwerte der thermischen Kapazität des Formgedächtniselements und des thermischen Übergangswiderstands zwischen dem Formgedächtniselement und seiner Umgebung. P
th bezeichnet denjenigen Anteil der elektrischen Leistung des Formgedächtniselements, der nur zur Aufheizung des Formgedächtniselements beiträgt, d. h. der Anteil der zugeführten Leistung, der als ungenutzte Abwärme verloren geht. Diese thermische Verlustleistung P
th kann vereinfacht durch die elektrische Verlustleistung P
el ersetzt werden, welche wiederum durch den elektrischen Strom I und den elektrischen Widerstand R des Formgedächtniselements über die Gleichung
Pel = I2·R (6) definiert ist. Nach Einsetzen von Gleichung (6) in Gleichung (5) und nach zeitlicher Ableitung lässt sich schreiben:
worin T . die zeitliche Ableitung der Temperatur T des Formgedächtniselements ist.
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Durch Einsetzen der Gleichungen (4) und (7) in das die Steigung K
h der Martensitanteil-Temperatur-Kennlinie beschreibende Verhältnis nach Gleichung (2) erhält man somit für die Steigung K
h folgenden Zusammenhang:
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Durch Messung von lediglich zwei Eingangsgrößen, nämlich dem das Formgedächtniselement durchfließenden elektrischen Strom I und dem elektrischen Widerstand R des Formgedächtniselements, aus dem wiederum der spezifische Widerstand ρ leicht abgeleitet werden kann, ist somit die Steigung Kh der Martensitanteil-Temperatur-Kennlinie nach 2 auf einfache Weise berechenbar.
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Gleichung (8) ist in zeitkontinuierlicher Form dargestellt. Der Übergang von der zeitkontinuierlichen zur zeitdiskreten Darstellung ist jedoch ohne weiteres zulässig, da die mittels Mikrorechentechnik erfolgende Auswertung der gemessenen Strom- und Widerstandswerte I, R ohnehin zeitdiskret abläuft.
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Die Berechnung der Steigung K
h der hysteresebehafteten Martensitanteil-Temperatur-Kennlinie gemäß Gleichung (2) lässt sich daher auch in zeitdiskreter Form durch die folgende Gleichung darstellen:
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3 zeigt einen Regelkreis
1 für die Positionsregelung eines Aktors, der durch ein Formgedächtniselement betätigt wird. Der dargestellte Regelkreis
1 enthält einen PI-Regler
2 mit der Übertragungsfunktion
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Durch die Blöcke
3 und
4 in
3 wird das Formgedächtniselement regelungstechnisch dargestellt. Es umfasst einen Block
3 mit der Übertragungsfunktion
und einen Block
4, der als Proportionalglied die Größe K
h beinhaltet, welche die zur Messzeit vorhandene Steigung in der Martensitanteil-Temperatur-Kennline (siehe
2) repräsentiert.
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Über einen Messwandler
5 mit der Übertragungsfunktion
werden die Signale des Sensors am Messort
6 verarbeitet und an den Differenzbildner
7 zurückgeführt.
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Durch den PI-Regler 2 wird aus der Regeldifferenz e (Differenz zwischen Führungsgröße (Sollwert xSoll) und Regelgröße (Istwert x)) eine allgemeine Stellgröße in Form einer elektrischen Heizleistung Pel gebildet, die dem Formgedächtniselement (Blöcke 3 und 4 in 3) zugeführt wird. Das Formgedächtniselement nimmt die Heizleistung Pel auf und bewirkt daraus eine Längenänderung x. Hierzu wird im Block 3 zunächst aus dieser allgemeinen Stellgröße Pel wiederum eine Stellgröße in Form der Temperaturdifferenz Δϑ gebildet, welche dem Block 4 zugeführt wird. Im Block 4 wird schließlich aus der Temperaturdifferenz Δϑ eine Längenänderung x gebildet, die dem Regel- bzw. Messort 6 zugeführt wird.
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Hierzu beinhaltet der Block 4 des Formgedächtniselements als Proportionalglied die Steigung Kh der Martensitanteil-Temperatur-Kennlinie. Nach Multiplikation der Temperaturdifferenz Δϑ mit dieser Steigung Kh wird der Martensitanteil ξ ausgegeben, der bei quasistatischer Dehnung proportional zum ausgeführten Aktorhub x ist. Der Proportionalitätsfaktor ist der maximale reversible Aktorhub ΔXmax und lässt sich für den jeweiligen Anwendungsfall durch Messung der Länge des gedehnten und ungedehnten Formgedächtniselements bestimmen.
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Zur adaptiven Regelung des Aktors schlägt die vorliegende Erfindung vor, die Steigung Kh der Martensitanteil-Temperatur-Kennlinie gemäß den vorerläuterten Gleichungszusammenhängen (1) bis (9) modellbasiert zu berechnen. Aus dieser modellbasiert berechneten Steigung Kh werden schließlich passende Reglerparameter des jeweils verwendeten Reglers 2 abgeleitet.
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Im in 3 dargestellten Regelkreis 1 bildet die berechnete Größe der Steigung Kh den Ausgangspunkt um den Verstärkungsfaktor Ki des PI-Reglers 2 mittels einer funktionellen Beziehung anzupassen. In Form einer einfachen Gleichung ausgedrückt lässt sich schreiben: Ki = f(Kh) (13)
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Der Verstärkungsfaktor Ki wird hierzu kontinuierlich an die gemäß den Gleichungen (1) bis (9) ermittelte Steigung Kh der Martensitanteil-Temperatur-Kennlinie angepasst, um so in jedem Betriebszustand ein optimales dynamisches Verhalten des Regelkreises 1 zu erreichen.
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Um ein Überschwingen zu vermeiden, muss dafür gesorgt werden, dass nur reelle Pole auftreten. Aus dieser Forderung ergibt sich ein möglicher Bereich für den Verstärkungsfaktor Ki des PI-Reglers 2 gemäß Ki < M (Kh), (14) welcher nur reelle Polstellen zulässt und somit kein Überschwingen möglich macht. M (Kh) stellt dabei eine in Abhängigkeit von der Steigung Kh der Martensitanteil-Temperatur-Kennlinie ermittelte Obergrenze dar, die verdeutlicht, dass es einen Bereich für reelle Polstellen und damit auch passende Reglerparameter gibt.
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Statt eines PI-Reglers 2, wie in 3 dargestellt, kann jedoch im Regelkreis 1 selbstverständlich auch ein anderer Reglertyp, wie beispielsweise ein P-Regler oder PID-Regler, verwendet werden.
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Durch die Ermittlung der Steigung Kh der nichtlinearen, hysteresebehafteten Martensitanteil-Temperatur-Kennlinie ist es möglich, den Verstärkungsfaktor Ki des Reglers 2 so anzupassen, dass in gewissen Grenzen eine gleichbleibende Dynamik unter verschiedenen Lastfällen gewährleistet werden kann. Gleichzeitig erlaubt diese Methode, das Überschwingen nach Sollwertsprüngen im Bereich großer Steigungen Kh der Martensitanteil-Temperatur-Kennlinie zu eliminieren. Im Gegensatz zu einigen Lösungsansätzen des Standes der Technik müssen hierzu keine komplizierten Aktormodelle in die Regelung einbezogen werden, wodurch auch etwaige Unsicherheiten minimiert werden können. Da lediglich der Strom I und der Widerstand R gemessen werden, ist die Adaptation der Reglerparameter bzw. die Einstellung der Heizleistung Pel auch für den gesteuerten Betrieb möglich.
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Es wird ein Verfahren zur Positionsregelung eines Aktors durch Sollwert-Istwert-Vergleich in einem Regelkreis bereitgestellt, wobei der Aktor durch mindestens ein Formgedächtniselement aus einer Formgedächtnislegierung betätigt wird, und wobei die Formgedächtnislegierung eine nichtlineare Martensitanteil-Temperatur-Kennlinie aufweist. Die Erfindung sieht vor, die Steigung dieser Martensitanteil-Temperatur-Kennlinie im Regelkreis zu berücksichtigen, um somit eine hohe Positionierdynamik ohne Überschwingen zu erreichen. Hierzu wird die Steigung der Martensitanteil-Temperatur-Kennlinie modellbasiert berechnet und zumindest ein Reglerparameter des Regelkreises wird in Abhängigkeit von dieser modellbasiert berechneten Steigung eingestellt.