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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Steuerung eines hydraulischen Systems einer mobilen Arbeitsmaschine sowie eine mobile Arbeitsmaschine.
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Unter mobilen Arbeitsmaschinen werden im Rahmen der vorliegenden Erfindung motorangetriebene oder von Hand gezogene oder geschobene Maschinen verstanden, die mittels hydraulischer Kraftübertragung Arbeit verrichten. Beispiele hierzu sind Flurförderzeuge wie Gabelstapler oder die handbetriebenen deichselgeführten Flurförderzeuge, die sogenannten „Junioren“, die die gleiche Hebefunktion haben.
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Je nachdem, wie viel Last ein Gabelstapler gehoben hat, variiert beim Senken bei gleicher Konfiguration des hydraulischen Systems, insbesondere der Ventilstellung, wegen verschiedener auf den Hubzylinder wirkender Lasten und damit unterschiedlicher im hydraulischen System auftretender Drücke die Geschwindigkeit, die dabei einen bestimmten Grenzwert nicht überschreiten darf. Andererseits ist es wünschenswert, aktuelle Bewegungsparameter wie Ort, Geschwindigkeit und Beschleunigung möglichst genau bestimmen zu können, um beispielsweise eine Palette möglichst exakt in ein Regal einlagern zu können.
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Bei hydraulischen Systemen lässt sich aus dem Hydraulikdruck und der Stellung eines steuerbaren Ventils theoretisch ausreichend genau die Senkbewegung der Last ermitteln, allerdings ist das Systemverhalten von vielen Details abhängig, die oftmals nicht ausreichend bekannt sind. Herkömmliche Regler, wie PI-Regler oder PID-Regler, schaffen es daher nicht zuverlässig, vorbestimmte Grenzwerte einzuhalten oder die Geschwindigkeit und den Ort, beispielsweise einer Palette, exakt zu steuern. Hinzu kommt, dass die (Senk-)geschwindigkeit der Last und die Stellung des entsprechenden Steuerhebels nicht direkt verknüpft, sondern von der Größe der aufgenommenen Last abhängig sind. Dies reduziert den Bedienkomfort für den Benutzer, da die Senkgeschwindigkeit für große Lasten schwer einstellbar sein kann.
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Im Stand der Technik werden hydraulisch betätigte Aktoren häufig ohne Istwertrückgabe gesteuert, beispielsweise das Heben und Senken in Flurförderzeugen, oder mit herkömmlichen Reglern wie PI-Reglern oder PID-Reglern oder auch prädiktiven Reglern, die auf PI-Reglern und PID-Reglern aufbauen, geregelt. Zur Auslegung des Reglers, bspw. als prädiktives Element, muss ein Modell des elektromechanischen hydraulischen Systems zugrunde gelegt werden, welches mehr oder weniger genau die Realität abbildet. Die Herleitung des Modells ist allerdings aufwendig oder gar nicht möglich und oft nur auf einen kleinen Wertebereich bezogen und nur dort ausreichend genau. Die Vielfalt an Rahmenbedingungen und, gerade bei mobilen Arbeitsmaschinen, unterschiedlichen Parametern macht allerdings die Parametrisierung und Verwendung solcher Modelle schwierig.
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Ein Ansatz, dieses Problem zu überwinden, besteht darin, verschiedene Reglerparametrisierungen für verschiedene Arbeitsbereiche bereitzustellen. So ist es aus
EP 3 093 400 B1 bekannt, verschiedene Drehmomentsteuerungsmodi für die Steuerung der Motorausgangsleistung eines Radladers auf der Grundlage von Ausgabewerten einzustellen, welche repräsentieren, ob man sich innerhalb der jeweiligen von mehreren individuellen Lastbereichen befindet oder nicht. Das Berechnen der Ausgabewerte umfasst das Ausführen von Vorhersagealgorithmen, die durch Training an einem ausgewählten Signal erhalten werden, wobei dieser Vorhersagealgorithmus Neuronale Netzwerkalgorithmen umfasst. Hier wird also ein Künstliches Neuronales Netzwerk an die Schaltstelle der Umschaltung zwischen verschiedenen Drehmomentsteuerungsmodi eingesetzt, so dass in Abhängigkeit von den Umgebungsbedingungen und den Lastbedingungen ein geeigneter Drehmomentsteuerungsmodus eingestellt wird. Diese Art der lastbereichsdifferenzierten Steuerung betrifft allerdings nicht das hydraulische System des Radladers, sondern die Motorausgangsleistung. In jedem dieser Lastbereiche ist der Drehmomentsteuerungsmodus allerdings den gleichen Einschränkungen und Nachteilen unterworfen wie zuvor beschrieben.
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Aus
EP 1 342 015 B1 ist ein Verfahren zum Betrieb einer Regelanordnung für ein hydraulisches System bekannt, bei dem Istwerte im hydraulischen System durch Sensoren erfasst werden und der Druck der Hydraulikflüssigkeit im hydraulischen System geregelt wird, wobei das wirksame Systemvolumen der Hydraulikflüssigkeit im abgeschlossenen Volumen der Druckregelstrecke aus den gemessenen Werten berechnet wird und aus dem berechneten Systemvolumen Systemparameter zur Parametrisierung der Regelanordnung hergeleitet werden. Dabei wird das identifizierte Systemvolumen der hydraulischen Druckregelstrecke während des Betriebs in einer Ausführungsform mit Künstlichen Neuronalen Netzen ausgewertet und klassifiziert, so dass aufgrund dieser Klassifizierung die Systemparameter der ansonsten herkömmlichen Regelanordnung bestimmbar sind. Diese Systemparameter zur Parametrisierung der Regelanordnung dienen zur Ermittlung eines Umschaltzeitpunkt für die Umschaltung von beispielsweise einer Geschwindigkeitsregelung oder Steuerung zu einer Druck- oder Kraftregelung in der Regelanordnung.
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Demgegenüber liegt der vorliegenden Erfindung die Aufgabe zugrunde, die Genauigkeit der Regelung eines hydraulischen Systems weiter zu verbessern.
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Diese der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe wird gelöst durch ein Verfahren zur Steuerung eines hydraulischen Systems einer mobilen Arbeitsmaschine mit einem Regelkreis, welcher einen elektronischen Regler, eine hydraulische Regelstrecke mit einem Vorrat an Hydraulikfluid, einer Druckerzeugungsvorrichtung, die eingerichtet ist, einen Druck im hydraulischen System aufzubauen, und wenigstens einem hydraulischen Verbraucher, der ein Arbeitsendgerät der Arbeitsmaschine bewegt, und ein Stellglied, insbesondere in Form eines Druckventils im hydraulischen System, umfasst, welches dadurch weitergebildet ist, dass das hydraulische System einen Drucksensor umfasst, dessen Messdaten zu einem im hydraulischen System herrschenden Druck dem elektronischen Regler zugeführt werden, wobei der elektronische Regler ein Neuronales Netz umfasst, welches in Bezug auf das Antwortverhalten des hydraulischen Systems trainiert ist oder wird.
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Im Rahmen der vorliegenden Patentanmeldung wird unter Begriff „Neuronales Netz“ immer ein Künstliches Neuronales Netz verstanden.
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Die Erfindung beruht auf dem Grundgedanken, nunmehr dem elektronischen Regler selbst ein Künstliches Neuronales Netz zugrunde zu legen, welches direkt oder indirekt auf das Antwortverhalten des hydraulischen Systems trainiert ist oder wird und somit in einem wesentlich größeren Bereich als bisher möglich die Realität der Antwort des hydraulischen Systems vorhersagt und abbildet. Damit kann auch die Vielfalt an Rahmenbedingungen und unterschiedlichen Parametern, die gerade bei mobilen Arbeitsmaschinen auftreten, abgebildet werden. Ermöglicht wird dies durch die zunehmende Miniaturisierung der zugrundeliegenden Regelelektronik, welche inzwischen auch in mobilen Kleincomputern in der Größe von Fahrradcomputern untergebracht werden kann.
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Neuronale Netze in unterschiedlichen Ausformungen sind allgemein bekannt, beispielsweise aus der Muster- und Bilderkennung. Ihre Anwendung zur Modellierung oder Regelung der Systemantwort hydraulischer Systeme im Bereich von mobilen Arbeitsmaschinen, beispielsweise Flurförderzeugen, ist jedoch nicht bekannt, zumal diese Fahrzeuge häufig durch eine Bedienperson betrieben wird, welche die Handhabung dieser Arbeitsmaschinen erlernt und somit eine weitergehende Regelung, wie sie mit der vorliegenden Erfindung ermöglicht wird, nicht notwendig erscheinen ließ.
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Die auf Neuronalen Netzen basierende erfindungsgemäße Regelung ermöglicht weiterhin die weitere Automatisierung des Betriebs von mobilen Arbeitsmaschinen, wie beispielsweise selbstfahrenden Flurförderzeugen in automatisierten Lagern, aber auch die Unterstützung des Anfahrens von Paletten bei von Menschen gesteuerten Flurförderzeugen.
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In einer Ausführungsform wird das Neuronale Netz als direkte Steuerungsinstanz eingesetzt, deren Ausgangssignal als Stellgröße an das Stellglied weitergegeben wird. Auf diese Weise wird das Neuronale Netz als eigenständiger Regler eingesetzt, was möglich ist, wenn der Sollwert des Stellsignals als Eingang und das Stellsignal selbst bzw. eine ihm entsprechende eindeutig umrechenbare Größe als Ausgangsgröße des Neuronalen Netzes definiert ist.
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In einer alternativen Ausführungsform ist zusätzlich zu einer Hauptreglerinstanz, deren Ausgangssignal als Stellgröße an das Stellglied weitergegeben wird, im elektronischen Regler eine prädiktive Instanz vorhanden, welche das Neuronale Netz umfasst, wobei das Ausgangssignal der Hauptreglerinstanz als Eingangssignal an die prädiktive Instanz eingegeben wird, in welchem das Neuronale Netz so trainiert ist oder wird, dass dessen Reaktion eine Antwort der Regelstrecke schneller vorhersagt, als die Regelstrecke reagiert, wobei die vorhergesagte Antwort zur Korrektur der Regelung an die Hauptreglerinstanz zurückgeführt wird. In diesem Fall dient das Neuronale Netz als Grundlage einer prädiktiven Instanz, also als vorhersagendes Berechnungstool, welches die Systemantwort der hydraulischen Regelstrecke bzw. des hydraulischen Systems vorhersagt, bevor das trägere hydraulische System diese als seine Systemantwort auf hydraulische Steuerimpulse selbst gibt. Dies ermöglicht es vorherzusehen, wenn die Systemantwort beispielsweise von einem erlaubten Bereich in einen nicht erlaubten Bereich jenseits von vordefinierten Grenzwerten auszubrechen droht, so dass aufgrund dieser Erkenntnis die Ansteuerung noch entsprechend angepasst werden kann, um dieses Ausbrechen zu verhindern. Insofern dient die prädiktive Instanz sowohl der Nachbildung des Systems als auch der Korrektur von Steuersignalen des eigentlichen Hauptreglers, der ein PI-Regler oder PID-Regler oder Ähnliches sein kann. Somit wird die Steuerantwort durch die Überwachung und Rückkopplung mit der prädiktiven Instanz unter Nutzung des Neuronalen Netzes in der prädiktiven Instanz des elektronischen Reglers modifiziert.
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Sowohl beim Einsatz des Neuronalen Netzes als direkte Steuerungsinstanz als auch als prädiktive Instanz an der Seite einer Hauptreglerinstanz ist das Ausgangssignals des elektronischen Reglers dergestalt, dass eine sehr genaue Steuerung und das Einhalten von Grenzwerten über einen weiten Anwendungsbereich gewährleistet werden.
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Vorzugsweise erfolgt eine zyklische Messung einer oder mehrerer regelungsrelevanter Zustandsgrößen. Diese werden dem jeweiligen Neuronalen Netz als Eingangsgröße zur Verfügung gestellt. Die typischen Messzyklen liegen im ein- oder zweistelligen Mikrosekundenbereich, können aber auch, je nach Anwendungsfall, kürzer oder länger sein.
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In Ausführungsformen wird oder werden für die Regelung als Zustandsgrößen eine Position, Lage, Geschwindigkeit und/oder Beschleunigung eines vom hydraulischen System bewegten Arbeitsendgeräts der mobilen Arbeitsmaschine und/oder ein Druck oder eine erste oder höhere zeitliche Ableitung des Drucks im hydraulischen System als Zielgröße oder Zielgrößen verwendet und an den elektronischen Regler zurückgeführt. Bei einem Flurförderzeug ist ein Arbeitsendgerät beispielsweise das Aufnahmeelement für Paletten oder andere Lasten. Die Regelung der Beschleunigung als Zielgröße dient unter anderem zur Gewährleistung der Stabilität der mobilen Arbeitsmaschine.
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In Ausführungsformen wird als Neuronales Netz ein Feedforward-Netz oder ein rekurrentes Netz verwendet. Ein Feedforward-Netz ist ein rein vorwärts gerichtetes Netz, in dem die einzelnen Ebenen bzw. Schichten von Neuronen jeweils nur mit der nächstfolgenden Schicht von Neuronen verbunden sind. Dabei kann das Neuronale Netz eine oder mehrere versteckte Ebenen von Neuronen zwischen der Eingangsebene und der Ausgangsebene aufweisen. Bei rekurrenten Neuronalen Netzen sind die Neuronen einer Ebene zusätzlich zu den Neuronen der nächstfolgenden Ebene auch mit Neuronen der gleichen Ebene und/oder gegebenenfalls Neuronen früherer Ebenen verschaltet. Die Neuronalen Netze können unterschiedlich viele Eingangs- und Ausgangsneuronen haben und unterschiedlich viele Zwischenschichten.
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In Ausführungsformen wird eine Zeitverzögerung von in das Neuronale Netz eingegebenen Messungen einer oder mehrerer Zustandsgrößen verwirklicht, um zeitliche Änderungen der Zustandsgröße oder Zustandsgrößen, insbesondere erste und/oder höhere zeitliche Ableitungen davon, zu berücksichtigen. Damit lassen sich beispielsweise Heb- und Senkgeschwindigkeit und Beschleunigung bestimmen und steuern. Ebenso kann die Aufnahme der Verarbeitung von Zustandsgrößen wie Ort, Geschwindigkeit und Beschleunigung zu früheren Messzeitpunkten zu einer Verbesserung der Ergebnisse führen.
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Zur Herbeiführung der Zeitverzögerung werden in Ausführungsformen Delay-Neuronen im Neuronalen Netz und/oder ein oder mehrere Schieberegister verwendet. Dies schließt andere geeignete Zeitverzögerungselemente nicht aus.
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Die Bestimmung der zeitlichen Änderung von Zustandsgrößen wird vorzugsweise ausgeführt, indem eine unregelmäßige Folge von zurückliegenden Messungen, insbesondere 2 und 5 Messzyklen zurück, verwendet wird. Die genaue Auswahl, welche zurückliegenden Messzyklen verwendet werden, ist vom Einzelfall abhängig und kann durch geeignetes Ausprobieren ermittelt werden. Hierbei wird ein Kompromiss zwischen ausreichend schneller Reaktionszeit und ausreichender Regelungsgenauigkeit angestrebt.
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Die Regelung ist vorzugsweise ausgelegt, Maximalwerte für vorbestimmte Zustandsgrößen, insbesondere eine maximale Senkgeschwindigkeit, nicht zu überschreiten.
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Die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe wird auch durch eine mobile Arbeitsmaschine mit einem Arbeitsendgerät und einem hydraulischen System, mit einem Regelkreis, welcher einen elektronischen Regler, eine hydraulische Regelstrecke mit einem Vorrat an Hydraulikfluid, einer Druckerzeugungsvorrichtung, die eingerichtet ist, einen Druck im hydraulischen System aufzubauen, und wenigstens einem hydraulischen Verbraucher, welcher das Arbeitsendgerät bewegt, und ein Stellglied, insbesondere in Form eines Druckventils im hydraulischen System, umfasst, gelöst, die dadurch weitergebildet ist, dass das hydraulische System einen Drucksensor umfasst, dessen Messdaten zu einem im hydraulischen System herrschenden Druck dem elektronischen Regler zugeführt werden, wobei der elektronische Regler ein Neuronales Netz umfasst, welches in Bezug auf das Antwortverhalten des hydraulischen Systems trainiert ist oder wird.
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Die erfindungsgemäße mobile Arbeitsmaschine hat die gleichen Merkmale und verwirklicht die gleichen Vorteile und Eigenschaften wie das zuvor beschriebene erfindungsgemäße Verfahren.
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Vorzugsweise sind das hydraulische System und die Regelkreiskomponenten ausgebildet, mittels eines zuvor beschriebenen erfindungsgemäßen Verfahrens betrieben zu werden.
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In Ausführungsformen ist die mobile Arbeitsmaschine als selbstangetriebenes Flurförderzeug ausgebildet und das Arbeitsendgerät eine Hubeinheit.
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Weitere Merkmale der Erfindung werden aus der Beschreibung erfindungsgemäßer Ausführungsformen zusammen mit den Ansprüchen und den beigefügten Zeichnungen ersichtlich. Erfindungsgemäße Ausführungsformen können einzelne Merkmale oder eine Kombination mehrerer Merkmale erfüllen.
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Im Rahmen der Erfindung sind Merkmale, die mit „insbesondere“ oder „vorzugsweise“ gekennzeichnet sind, als fakultative Merkmale zu verstehen.
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Die Erfindung wird nachstehend ohne Beschränkung des allgemeinen Erfindungsgedankens anhand von Ausführungsbeispielen unter Bezugnahme auf die Zeichnungen beschrieben, wobei bezüglich aller im Text nicht näher erläuterten erfindungsgemäßen Einzelheiten ausdrücklich auf die Zeichnungen verwiesen wird. Es zeigen:
- 1 eine vereinfachte schematische Darstellung eines hydraulischen Systems,
- 2 eine schematische Darstellung eines Neuronalen Netzes,
- 3 eine schematische Darstellung einer Ausführungsform eines Regelkreises,
- 4 eine schematische Darstellung einer weiteren Ausführungsform eines Regelkreises,
- 5 ein Diagramm des Ausgangssignals eines Neuronalen Netzes in Antwort auf Simulationsdaten und
- 6 ein Ausgangssignal eines Neuronalen Netzes auf Messdaten eines Juniors.
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In den Zeichnungen sind jeweils gleiche oder gleichartige Elemente und/oder Teile mit denselben Bezugsziffern versehen, so dass von einer erneuten Vorstellung jeweils abgesehen wird.
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1 zeigt am Beispiel eines Hubgerüsts eines nicht dargestellten Gabelstaplers in schematischer Darstellung die für einen Senkvorgang benötigten Elemente eines hydraulischen Systems 10 einer mobilen Arbeitsmaschine. Nicht dargestellt sind einige typische Elemente eines hydraulischen Systems, wie Druckbegrenzungsventile, Filter oder Rückschlagventile, die zur Erklärung des Prinzips des Hebens und Senkens nicht unbedingt erforderlich sind.
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Ein Arbeitsendgerät 32 ist ein Lastaufnahmemittel eines Hubgerüsts des Gabelstaplers, auf welchem eine Last 34 mit Masse m angeordnet ist. Das Hubgerüst umfasst einen Hubmast, der schematisch als Teil des hydraulischen Verbrauchers 30 in Form eines hydraulischen Zylinders bzw. Hubkolbens dargestellt ist und der bei Erhöhung des Drucks ausgefahren wird und sich bei Verringerung des Drucks wieder senkt. Ein solcher Hubmast kann, wie dargestellt, als Einfachmast ausgeführt sein, es gibt jedoch auch Zweifach- oder Dreifachmasten, auf die die Erfindung ebenfalls anwendbar ist. Eine Senkung der Last 34 ist in 1 symbolisch durch einen Pfeil mit der ersten zeitlichen Ableitung des Ortes bzw. Höhe x der Last 34 dargestellt. Ebenfalls ist mit einem weiteren Pfeil dargestellt, dass die Gravitation g auf die Last wirkt, gegen die die hydraulische Kraft des Endverbrauchers 30 anarbeitet.
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Das hydraulische System 10 umfasst neben dem hydraulischen Verbraucher 30 einen Vorrat 26 an Hydraulikfluid und zwei Zweigleitungen 14, 16, von denen die Zweigleitung 14 eine Hebensektion bildet und die Zweigleitung 16 eine Senkensektion. Die die Hebensektion bildende Zweigleitung 14 umfasst eine von einem Elektromotor 29 angetriebene Druckerzeugungsvorrichtung 28, die im Betrieb Hydraulikflüssigkeit aus dem Vorrat 26 durch die schematisch dargestellte Hydraulikleitung 12 zum Endverbraucher 30 pumpt, der daraufhin die Last hebt. Diese Zweigleitung kann nach Beendigung des Hebevorgangs durch ein elektrisch schaltbares Sperrventil 38 abgesperrt werden. Diese Ausführung ist beispielhaft zu verstehen. Anstelle eines Sperrventils 38 kann auch ein Proportionalventil eingesetzt werden, verbunden mit einer Umlaufdruckwaage.
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Der Rückfluss des Hydraulikfluids durch die Zweigleitung 16 in den Vorrat 26 wird begrenzt durch ein Proportionalventil als Stellglied 36. Hierbei handelt es sich um ein elektrisch gesteuertes Proportionalventil, welches mit einem Strom beaufschlagt wird, so dass durch die Stromstärke der Öffnungsgrad des Proportionalventils eingestellt wird.
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Zur Ausführung eines Hebevorgangs wird das Hydraulikfluid auf der Seite des Vorrats 26 durch die Druckerzeugungsvorrichtung 28 unter Druck gesetzt und in die Hydraulikleitung 12 eingespeist. Das Ventil 38 wird geöffnet. Wenn anstelle eines Sperrventils 38 ein Proportionalventil in Verbindung mit einer Umlaufdruckwaage (nicht dargestellt) verwendet wird, kann die Geschwindigkeit des Hebevorgangs durch den Grad der Öffnung eingestellt werden. Dazu muss die Druckerzeugungsvorrichtung 28 einen Volumenstrom erzeugen, der zu einer höheren als der gewünschten Hubgeschwindigkeit führen würde. Dann wird ein Staudruck erzeugt, der zur Öffnung der Umlaufdruckwaage führt, über die das überschüssige Fluid in den Vorrat 26 zurückfließt. Generell kann die Hubgeschwindigkeit auch über die Drehzahl der Pumpe oder die Einstellung eines einstellbaren Verdrängungsvolumens gesteuert werden.
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Umgekehrt wird bei einer Senkbewegung das Hydraulikfluid zurück in den Vorrat 26 geleitet, wobei auch in diesem Fall die Geschwindigkeit, mit der dies geschieht, und somit die Senkgeschwindigkeit der Last 34, vom Grad der Öffnung des Proportionalventils abhängt. Der Strom I ist somit eine zentrale Stellgröße bei der Steuerung und Regelung des hydraulischen Systems 10.
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Da das hydraulische System 10 ein reales physikalisches System ist, welches in seiner Reaktion auf Steuerimpulse sehr empfindlich unter anderem davon abhängt, wie die Abmessungen der der fluidführenden Rohre und Schläuche, symbolisiert durch Hydraulikleitung 12 und Zweigleitungen 14, 16, sowie der Übergänge dimensioniert sind, welche Viskosität das Hydraulikfluid zu einem gegebenen Zeitpunkt hat, und welche von der Temperatur abhängen kann, und welche Masse die Last 34 hat, ist das entsprechende hydraulische System 10 nur sehr schwierig zu modellieren. Zusätzlich reagiert es aufgrund der Tatsache, dass die Hydraulikflüssigkeit durch das hydraulische System 10 fließen muss, mit einer zeitlichen Verzögerung, welche eine Steuerung ebenfalls erschwert.
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Aus diesem Grund wird im Rahmen der vorliegenden Erfindung zur Steuerung ein Neuronales Netz im Regler verwendet, zu dem ein Ausführungsbeispiel schematisch in 2 dargestellt ist. Es handelt sich im gezeigten Beispiel um ein sogenanntes Feedforward-Netz mit vier Schichten von Neuronen, wobei fortschreitend vom Inputlayer zum Outputlayer jedes Neuron einer Schicht mit jedem Neuron der nächstfolgenden Schicht verbunden ist. Es können aber auch rekurrente Neuronale Netze eingesetzt werden, welche eine zusätzliche Vernetzung innerhalb der Neuronenschichten sogar in der Richtung zu vorhergehenden Neuronenschichten umfassen.
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Ein solches Neuronales Netz 50 wird anhand von vorhandenen Simulationsdaten trainiert, gegebenenfalls auch anhand von Messdaten eines realen Systems, und ist nach vollendetem Training in der Lage, aus Eingabewerten, die momentane regelungstechnische und physikalische Größen abbilden, eine Antwort des hydraulischen Systems 10 auf diese Eingabewerte zu berechnen und somit eine Vorhersage zu treffen darüber, wie das hydraulische System 10 auf solche Rahmenbedingungen reagiert. Das Training kann auch im Betrieb der Arbeitsmaschine anhand der realen im Betrieb auftretenden Messdaten fortgesetzt werden.
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In dem Inputlayer sind in den einzelnen Neuronen beispielhaft, von oben nach unten, die folgenden Eingabegrößen genannt:
- Der Steuerstrom / zum aktuellen Zeitpunkt, welcher auf das Stellglied 36 beaufschlagt wird, der Steuerstrom I zu einem vorhergehenden Zeitpunkt, der Druck p zum aktuellen Zeitpunkt und zu einem vorhergehenden Zeitpunkt, die Position x des Lastaufnahmemittels, die Geschwindigkeit v und die Beschleunigung a des Lastaufnahmemittels zu vorherigen Zeitpunkten. Über entsprechend trainierte versteckte Neuronenschichten (Hiddenlayer 1, Hiddenlayer 2) werden die Signale weitergeleitet und verarbeitet. Die Ausgabeschicht enthält zwei Neuronen, welche als Antwort die Geschwindigkeit v und die Beschleunigung a zum Zeitpunkt t ausgeben. Es können auch weitere Neuronen in der Eingabeschicht und/oder der Ausgabeschicht vorhanden sein, die für weitere Ein- und Ausgabengrößen zuständig sind.
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Ein Teil der Neuronen der Inputlayer, also der Eingangsschicht, verarbeitet Eingangsdaten aus vorherigen Messzyklen. Hierfür können entweder sogenannte Delayneuronen verwendet werden, welche eine entsprechende Verzögerung hervorrufen, oder bekannte elektronische Komponenten wie Schieberegister, welche den gleichen Effekt haben.
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3 zeigt schematisch ein Ausführungsbeispiel eines Regelkreises 20, welcher einerseits einen elektronischen Regler 22 und andererseits eine hydraulische Regelstrecke 24 aufweist, die bspw. mit den Komponenten des hydraulischen Systems 10 aus 1 ausgestattet ist. Der elektronische Regler 22 umfasst ein Neuronales Netz 50, welches allerdings, anders als im Ausführungsbeispiel der 2, als Ausgabegröße u den Ansteuerstrom 1 aufweist, der auf das Stellglied 36 in der Regelstrecke 24 beaufschlagt wird. Als Eingabegrößen erhält der elektronische Regler 22 einerseits die eigene Ausgabegröße u, also den Ansteuerstrom I, die Systemantwort x, beispielsweise eine tatsächliche Senkgeschwindigkeit, sowie die Wunschgröße w, welche ein Sollwert für die Geschwindigkeit ist, sowie eine externe Messgröße Iext, welche beispielsweise die Masse der Last 34 sein kann, Drücke oder ähnliche Systeminformationen.
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In 4 ist ein alternatives Ausführungsbeispiel eines Regelkreises 40 schematisch dargestellt, in welchem der elektronische Regler 42 mehrteilig aufgebaut ist. Es ist eine Hauptreglerinstanz 44 enthalten, welcher als klassischer PI-Regler, PID-Regler oder Ähnliches ausgebildet ist, und dem als Eingangsgröße die Differenz zwischen dem Sollwert einer zu regelnden Systemantwort in Form der Wunschgröße w einerseits und dem Istwert der zu regelnden Systemantwortsgröße x andererseits zugeführt wird. Diese Differenz wird in der Hauptreglerinstanz 44 zu einem Ausgangssignal u umgewandelt, welches dem Stellglied 36 der Regelstrecke 24 zugeführt wird. Es handelt sich bei u also wiederum beispielsweise um den Ansteuerstrom I für das Proportionalventil.
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Zusätzlich wird das Ausgangssignal u allerdings auch einer prädiktiven Instanz 46, welche ein Neuronales Netz 50 umfasst, zugeleitet und welches hieraus eine Vorhersage x' der Systemantwort ausgibt. Eine weitere Eingabegröße für das Neuronale Netz 50 ist die tatsächliche Systemantwort x.
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Die vorhergesagte Systemantwort x' wird der Hauptreglerinstanz 44 zurückgemeldet. Da die vorhergesagte Systemantwort x' früher vorliegt als die tatsächliche Systemantwort x des trägen hydraulischen Systems kann diese vorhergesagte Systemantwort x' in der Hauptreglerinstanz 44 dazu verwendet werden, das Ausgangssignal u entsprechend anzupassen, um beispielsweise das Überschreiten von Grenzwerten, beispielsweise einer erlaubten Senkgeschwindigkeit oder Ähnlichem zu verhindern. Auf diese Weise ist es dem elektronischen Regler 42 insgesamt möglich, mit einer wesentlich verbesserten Abbildung der Systemantwort zu arbeiten, was die Qualität und Genauigkeit der Steuerung stark verbessert. In diesem Zusammenhang kann außerdem ein modifiziertes Steuersignal u' von der Hauptreglerinstanz 44 an die prädiktive Instanz 46 übermittelt werden, welche im Neuronalen Netz 50 ebenso verarbeitet wird und somit zu einer weiteren Verbesserung der Regelung führt.
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Die Systemantwort x, die zur Regelung verwendet wird, kann je nach Anforderung gewählt werden, beispielsweise eine Position eines Lastaufnahmemittels eines Flurförderzeugs, eine Hebegeschwindigkeit oder Senkgeschwindigkeit oder Beschleunigung oder auch eine Kombination solcher Größen.
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In den 5 und 6 sind Beispiele von Reaktionen des Neuronalen Netzes 50 auf simulierte und gemessene Daten gezeigt.
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Als Datenbasis für das Training des Neuralen Netzes diente ein bestehendes Simulationsmodell eines Schubmaststaplers. Zur Generierung der Daten wurden der Stellstrom 1 sowie die zu senkende Last m in einem sinnvollen Wertebereich variiert und die resultierenden Ergebnisse für die Ein- und Ausgangsgrößen des Netzes aufgezeichnet. Auch die weiteren Parameter, wie z.B. die Temperatur oder die Masthöhe, können variiert werden. Das Netz wurde mittels „supervised learning“ trainiert, wobei als Lernalgorithmus der „Resilient Propagation Algorithmus“ (RPROP) verwendet wurde. Diese Methoden sind nur beispielhaft zu verstehen und schränken den Anwendungsbereich der Erfindung nicht ein.
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5 zeigt die Ausgabe des Neuronalen Netzes 50 in Bezug auf die Geschwindigkeit, verglichen mit Simulationsdaten. Es zeigt sich, dass die Sollwerte (Target) der Geschwindigkeit v, welche auf Simulationsdaten beruhen, vom Neuronalen Netz 50 sehr gut abgebildet werden. Der Vorgang beschreibt das Ausschwingen des Lastmittels nach einer kurzen Senkbewegung, bis am Ende der Messung eine weitere Senkbewegung eingeführt wird.
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6 zeigt ein Beispiel, bei dem bei einem deichselgeführten hydraulisch betätigten mobilen Hubgerät, Messdaten (Target) durch ein Neuronales Netz 50 sehr gut approximiert werden. Es handelt sich um eine Vorhersage nach einer kurzen Trainingszeit. Die Güte der Vorhersage ist derart, dass eine hochqualitative Regelung und Steuerung auf dieser Grundlage über einen weiteren Anwendungsbereich möglich ist.
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Das Systemverhalten der hydraulischen Systeme mobiler Arbeitsmaschinen, insb. Flurförderzeuge, lässt sich mit Neuronalen Netzen somit möglichst exakt nachbilden. Auf dieser Basis kann eine modellbasierte Regelung aufgebaut werden, bspw. in Bezug auf die Geschwindigkeit eines Hubmasts. Diese auf Neuronalen Netzen basierende Regelung kann auch so in eine mobile Arbeitsmaschine integriert werden, dass sie kontinuierlich weiter trainiert wird. Damit passen sich das Neuronale Netz und somit auch die Regelung an das tatsächliche Nutzungsverhalten an, welches von Einsatzort zu Einsatzort oder von Führer zu Führer unterschiedlich sein kann.
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Alle genannten Merkmale, auch die den Zeichnungen allein zu entnehmenden sowie auch einzelne Merkmale, die in Kombination mit anderen Merkmalen offenbart sind, werden allein und in Kombination als erfindungswesentlich angesehen. Erfindungsgemäße Ausführungsformen können durch einzelne Merkmale oder eine Kombination mehrerer Merkmale erfüllt sein.
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Bezugszeichenliste
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- 10
- Hydraulisches System
- 12
- Hydraulikleitung
- 14, 16
- Zweigleitung
- 20
- Regelkreis
- 22
- elektronischer Regler
- 24
- hydraulische Regelstrecke
- 26
- Vorrat an Hydraulikfluid
- 28
- Druckerzeugungsvorrichtung
- 29
- Elektromotor
- 30
- hydraulischer Verbraucher
- 32
- Arbeitsendgerät
- 34
- Last
- 36
- Stellglied
- 38
- Sperrventil
- 40
- Regelkreis
- 42
- elektronischer Regler
- 44
- Hauptreglerinstanz
- 46
- prädiktive Instanz
- 50
- Neuronales Netz
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
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Zitierte Patentliteratur
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- EP 3093400 B1 [0006]
- EP 1342015 B1 [0007]