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Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Ermittlung wenigstens eines physischen Parameters zumindest eines Fahrzeuginsassen vor und/oder während einer erfassten Kollision.
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Die
DE 196 04 483 C1 beschreibt eine Sicherheitseinrichtung für Kraftfahrzeuge, mit einem mit Messgebern verbundenen Regelgerät zur gesteuerten Beeinflussung der Rückhaltecharakteristik der einen Sicherheitsgurt aufweisenden Sicherheitseinrichtung für den im Fahrzeug befindlichen Insassen im Rahmen des menschlichen Erträglichkeitsbereiches, die im Hinblick auf eine bestmögliche Rückhaltecharakteristik eingerichtet sein soll. Hierzu ist vorgesehen, dass das Regelgerät mit einer eine einen begrenzten Gurtbandauszug zulassenden Kraftbegrenzungseinrichtung aufweisenden Blockiereinrichtung für das Gurtband derart gekoppelt ist, dass in Abhängigkeit von den vom Regelgerät detektierten Körperdaten des Insassen, den auf die Fahrgastzelle bezogenen Sitzpositionsdaten und/oder den Unfallbedingungsdaten der von der Kraftbegrenzungseinrichtung ausgehende Kraftverlauf und/oder das Maß des zulässigen Gurtbandauszuges bis zur vollständigen Blockierung des Gurtbandauszuges kontrolliert gesteuert und begrenzt wird.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein gegenüber dem Stand der Technik verbessertes Verfahren und eine verbesserte Vorrichtung zur Ermittlung wenigstens eines physischen Parameters zumindest eines Fahrzeuginsassen anzugeben.
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Die Aufgabe wird erfindungsgemäß hinsichtlich des Verfahrens durch die in Anspruch 1 und hinsichtlich der Vorrichtung durch die in Anspruch 10 angegebenen Merkmale gelöst.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Ein Verfahren zur Ermittlung wenigstens eines physischen Parameters zumindest eines Fahrzeuginsassen vor und/oder während einer erfassten Kollision umfasst, dass eine Gurtlosereduzierung eines Sicherheitsgurtes des Fahrzeuginsassen durchgeführt wird. Dadurch ist es möglich, den Fahrzeuginsassen bereits vor der erfassten Kollision in einer optimalen Sitzposition zu fixieren. Erfindungsgemäß ist dabei vorgesehen, dass nach Überwinden der Gurtlosereduzierung der Fahrzeuginsasse in Richtung einer Fahrzeugsitzlehne beschleunigt wird, so dass eine erste Kraft auf den Fahrzeuginsassen wirkt, wobei der physische Parameter anhand der ersten Kraft oder anhand einer von dem Fahrzeuginsassen ausgehenden und mit der ersten Kraft in Wechselwirkung stehenden zweiten Kraft ermittelt wird.
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Die Ableitung des wenigstens einen physischen Parameters, wie beispielsweise Größe, Gewicht und/oder Sitzposition des Fahrzeuginsassen, anhand der ersten oder zweiten Kraft ist eine kostengünstige und bauraumoptimale Möglichkeit, da zur Ermittlung des beziehungsweise der physischen Parameter auf eine kostenintensive, fahrzeuginsassenspezifische Sensorik verzichtet werden kann.
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Die Ermittlung bedient sich dabei vorzugsweise dem dritten Newtonschen Gesetz (auch Wechselwirkungsgesetz genannt), welches besagt, dass die erste und zweite Kraft gleichgroß und entgegengesetzt gerichtet sind. Die Kräfte sind dabei abhängig von physischen Parametern des Fahrzeuginsassen, wodurch die Ableitung mit einer einfachen Berechnung erfolgen kann.
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Mittels des beziehungsweise der ermittelten physischen Parameter ist es möglich, den Einsatz von Insassenschutzmittel im Fahrzeug, z. B. Airbag, Kraftbegrenzer, adaptive Rückhaltesysteme, zu optimieren, um den Fahrzeuginsassen während und nach der Kollision einen optimalen Schutz zu bieten.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung werden im Folgenden anhand einer Zeichnung näher erläutert.
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Dabei zeigt
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1 schematisch einen angegurteten Fahrzeuginsassen auf einem Fahrzeugsitz.
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In 1 ist ein auf einem Fahrzeugsitz 1 sitzender Fahrzeuginsasse 2, welcher einen Sicherheitsgurt 3 angelegt hat, dargestellt.
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Im vorliegenden Ausführungsbeispiel handelt es sich bei dem Sicherheitsgurt 3 um einen so genannten Drei-Punkt-Sicherheitsgurt, welcher den Fahrzeuginsassen 2 an drei Punkten P1 bis P3 an eine Fahrzeugkarosserie anbindet.
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Ein erster Punkt P1 befindet sich im unteren Bereich neben dem Fahrzeugsitz 1, insbesondere an einer B-Säule des Fahrzeuges. An diesem ersten Punkt P1 ist der Sicherheitsgurt 3 an der Fahrzeugkarosserie befestigt. Alternativ kann der erste Punkt P1 auch direkt am Fahrzeugsitz 1 angeordnet sein.
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Von diesem ersten Punkt P1 aus ist der Sicherheitsgurt 3 über einen Beckenbereich des Fahrzeuginsassen 2 zu einem zweiten Punkt P2 geführt, welcher durch ein an der Fahrzeugkarosserie befestigtes Gurtschloss 3.1 gebildet ist. In das Gurtschloss 3.1 greift eine so genannte Schlosszunge 3.2 ein bzw. ist an dieses angebunden.
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Der Sicherheitsgurt 3 ist durch eine nicht dargestellte Aussparung in der Schlosszunge 3.2 geführt und umgelenkt. Dabei bildet die Schlosszunge 3.2 einen unteren Umlenkpunkt U1.
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Vom unteren Umlenkpunkt U1 aus ist der Sicherheitsgurt 3 über einen Oberkörperbereich des Fahrzeuginsassen 2 zu einem oberen Umlenkpunkt U2 geführt, welcher den dritten Punkt P3 bildet.
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Um eine Länge eines Beckengurtbereiches und eines Schultergurtbereiches des Sicherheitsgurtes 3 individuell an die Körpergröße des Fahrzeuginsassen 2 anzupassen, ist der Sicherheitsgurt 3 in der Schlosszunge 3.2 verschiebbar angeordnet.
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Der obere Umlenkpunkt U2 ist beispielsweise höhenverstellbar an der B-Säule des Fahrzeuges oder integriert im Fahrzeugsitz 1 angeordnet, so dass die Höhe des Sicherheitsgurtes 3 in Abhängigkeit von der Körpergröße des Fahrzeuginsassen 2 individuell einstellbar ist.
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Vom oberen Umlenkpunkt U2 ist der Sicherheitsgurt 3 zu einer Aufrollvorrichtung 3.3 geführt, weiche vorzugsweise in einem Endbeschlag, d. h. im unteren Bereich der B-Säule des Fahrzeuges, befestigt ist. Die Aufrollvorrichtung 3.3 ist zum Aufrollen des Sicherheitsgurtes 3 bei Nichtbenutzung und Zur Straffung des Sicherheitsgurtes 3 am Körper des Fahrzeuginsassen 2 bei angelegtem Sicherheitsgurt 3 vorgesehen.
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Die Aufrollvorrichtung 3.3 ist mit einem Gurtstraffer 4 gekoppelt, welcher im unteren Bereich der B-Säule des Fahrzeugs angeordnet ist, wie es beispielhaft im vorliegenden Ausführungsbeispiel dargestellt ist. Alternativ ist der Gurtstraffer 4 im Gurtschloss 3.1 angeordnet. Der Gurtstraffer 4 kann dabei als ein irreversibler Gurtstraffer, welcher vorzugsweise pyrotechnisch auslösbar ist, oder als ein reversibler Gurtstraffer mit einem Elektroantrieb (Elektrostraffer) ausgebildet sein. In einer besonders bevorzugten Ausführungsform ist der Gurtstraffer 4 als eine Kombination aus einem irreversiblen und reversiblen Gurtstraffer ausgebildet, wobei beispielsweise der irreversible Gurtstraffer 4 in oder an dem Gurtschloss 3.1 und der reversible Gurtstraffer 4 am Endbeschlag angeordnet ist.
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Der als reversibel ausgebildete Gurtstraffer 4 ist zumindest zeitweise bevorzugt mit einem Elektromotor gekoppelt, mittels welchem die Aufrollvorrichtung 3.3 angetrieben wird.
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Nach einem Anlegen des Sicherheitsgurtes 3 wird der Elektromotor mit der Aufrollvorrichtung 3.3 gekoppelt, wodurch der Sicherheitsgurt 3 mit einer vorgebbaren Kraft gespannt wird, um eine Gurtlose des Sicherheitsgurtes 3 zu beseitigen, so dass der Sicherheitsgurt 3 vergleichsweise eng an dem Fahrzeuginsassen 2 anliegt, Weiterhin ist der Gurtstraffer 4 mit einer Steuereinheit 5 gekoppelt, welche diesen ansteuert.
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Mittels der Steuereinheit 5 wird beispielsweise ein Drehmoment des Elektromotors des als reversibel ausgebildeten Gurtstraffers 4 vorgegeben, welches beispielsweise auf eine nicht gezeigte Antriebswelle übertragen wird, wobei das Drehmoment des Elektromotors vorzugsweise stufenlos einstellbar ist, so dass eine Gurtlose gleichbleibend reduziert werden kann.
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Es ist vorgesehen, dass die Gurtlose bei einem Anschnallvorgang oder unmittelbar nach einem Anlegen des Sicherheitsgurtes 3 reduziert wird.
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Weiterhin ist vorgesehen, dass die Gurtlose vor einer erfassten und bevorstehenden Kollision vorzugsweise auf Null reduziert wird. Der Fahrzeuginsasse 2 wird damit in einer optimalen Sitzposition fixiert, so dass die Ankopplung des Sicherheitsgurts 3 am Fahrzeuginsassen 2 zu Beginn der Kollision verbessert ist.
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Insbesondere ist der Fahrzeuginsasse 2 durch eine Straffung des Sicherheitsgurts 3 mittels des als reversibel und irreversibel kombinierten Gurstraffers 4 optimal in seiner Sitzposition fixiert, so dass bei Bewegungsumkehr aufgrund der Trägheitskraft des Fahrzeuginsassen 2 nach der Kollision in entgegengesetzte Richtung eine Rückhaltewirkung des Sicherheitsgurtes 3 optimiert ist.
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Um für die bevorstehende Kollision Rückschlüsse auf fahrzeuginsassenspezifische Parameter, insbesondere physische Parameter eines Fahrzeuginsassen 2, zu ziehen, wird dieser nach Überwinden der Gurtlosereduzierung und noch vor der bevorstehenden Kollision in Richtung einer Fahrzeugsitzlehne beschleunigt. Die physischen Parameter beschreiben dabei insbesondere eine Größe und/oder ein Gewicht und/oder eine Sitzposition des Fahrzeuginsassen 2. Alternativ oder zusätzlich ist es auch möglich, dass die physischen Parameter eine entsprechende Gewichts- und/oder Größenkategorie beschreiben, in welcher der Fahrzeuginsasse 2 eingeordnet wird. Damit können die physischen Parameter auf einen bestimmten Bereich eingegrenzt werden, so dass beispielsweise zur genauen Bestimmung der physischen Parameter weniger Rechenaufwand benötigt wird und die Ermittlung der physischen Parameter zeiteffizient durchführbar ist.
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Beispielsweise erzeugt der Elektromotor des als reversibel ausgebildeten Gurtstraffers 4 ein dynamisches Drehmoment und überträgt dieses auf die Antriebswelle.
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Durch die Beschleunigung des Fahrzeuginsassen 2 wirkt eine erste Kraft auf diesen ausgehend von dem Sicherheitsgurt 3. Gemäß dem dritten Newtonschen Gesetz (auch Wechselwirkungsgesetz genannt) wirkt eine gleichgroße und der ersten Kraft entgegengesetzt gerichtete zweite Kraft auf den Sicherheitsgurt 3 ausgehend von dem Fahrzeuginsassen 2.
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Die Kräfte sind dabei abhängig von den physischen Parametern des Fahrzeuginsassen 2. Dies ermöglicht es, dass die physischen Parameter auf einfache Art und Weise über die Kräfte abgeleitet werden können.
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Beispielsweise wird ein von der ersten beziehungsweise zweiten Kraft abhängiger Maximalwert des Drehmoments mittels einer entsprechenden Sensorik erfasst und daraus ein oder mehrere physische Parameter ermittelt. Auch ist es möglich, eine Drehmomenterhöhung zu erfassen, um daraus Rückschlüsse auf physische Parameter des Fahrzeuginsassen 2 zu schließen. Weiterhin ist eine Erfassung eines Anstiegsmusters des Drehmoments oder eine Erfassung einer Zeitdauer der Straffung möglich.
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Eine weitere Alternative stellt die Erfassung eines Energieverbrauchs des Elektromotors während dessen Aktivierung nach Überwinden der Gurtlosereduzierung vor der bevorstehenden Kollision dar. Der Energieverbrauch ist dabei abhängig von dem zu erzeugenden Drehmoment, welches wiederum abhängig von den physischen Parametern des Fahrzeuginsassen 2 ist.
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Die Höhe der ersten Kraft ist im Falle einer Kollision abhängig von physischen Parametern des Fahrzeuginsassen 2, insbesondere dessen Gewicht sowie von der Kollisionsschwere.
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Um während der Kollision auf einfache und kostengünstige Art und Weise die physischen Parameter des Fahrzeuginsassen 2 zu ermitteln, um beispielsweise Signalkorrekturen vorzunehmen, werden beispielsweise Reaktionskräfte an einem Anschraubpunkt des Elektromotors erfasst. Die Erfassung erfolgt vorzugsweise mittels einer entsprechenden Kraftmesseinrichtung.
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Für den Fall, dass der Gurtstraffer 4 als ein pyrotechnischer Gurtstraffer ausgebildet ist, können die physischen Parameter über einen erfassten Innendruck einer nicht näher dargestellten Brennkammer abgeleitet werden.
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Weiterhin ist es möglich, einen zurückgelegten Straffweg des Sicherheitsgurtes 3 zu erfassen. Dabei können auch die zeitlichen Ableitungen des Straffweges, wie Straffgeschwindigkeit und/oder Strafbeschleunigung ermittelt und der Ermittlung der physischen Parameter zu Grunde gelegt werden.
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Die Ermittlung der physischen Parameter vor und/oder während einer Kollision kann auch bereits eine entsprechend große Zeitspanne vor der prognostizierten Kollision erfolgen, beispielsweise im Rahmen einer sogenannten Pre-Safe Aktivierung bei einer Teil- oder Vollbremsung. Alternativ ist es auch möglich, dass eine Ermittlung der physischen Parameter ohne Bremsung und im Rahmen einer Aktivierung des als beispielsweise reversibel ausgebildeten Gurtstraffers 4 erfolgt.
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Die derart ermittelten physischen Parameter werden dann beispielsweise in der Steuereinheit 5 gespeichert und können zu einem späteren Zeitpunkt abgerufen werden.
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Mittels der ermittelten physischen Parameter ist es möglich, den Einsatz von Insassenschutzmittel im Fahrzeug, z. B. Airbag, Kraftbegrenzer, adaptive Rückhaltesysteme, zu optimieren, um den Fahrzeuginsassen 2 vor, während und nach der Kollision einen optimalen Schutz zu bieten.
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Mittels des Verfahrens wird somit eine Sicherheit für einen Fahrzeuginsassen 2 vor, während und nach einer Kollision insbesondere auf kostengünstige und bauraumoptimale Art und Weise optimiert, da auf fahrzeuginsassenspezifische Sensorik verzichtet werden kann.
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Alternativ ist es möglich, die Ermittlung der physischen Parameter, wie bereits oben beschrieben, mit fahrzeuginsassenspezifischer Sensorik zu kombinieren. Beispielsweise können physische Parameter mit Hilfe eines Sitzpositionsschalters und/oder einer Fahrzeuginsassen-Gewichtssensorik ermittelt werden.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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