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Die Erfindung betrifft die Methode und Zusammensetzung topisch analgetisch wirksamer Wundpflaster, insbesondere zur Senkung der Schmerzen von Wunden und oberflächlichen geschlossenen Verletzungen.
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Es ist bekannt, daß medizinische Wundpflaster Vorrichtungen sind, die aus aus einer Wundauflage bestehen, die auf die Hautoberfläche anklebbar gestaltet ist und die überwiegend topischer (lokalen) Versorgung offener Verletzungen dient. Dabei befindet sich das mit Hautkleber beschichtete Klebeareal auf einem Gewebe oder flexiblen Kunststoff in der Regel beidseitig längs aussen oder zirkulär um eine mittig liegende Wundauflage.
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Offene Verletzungen sind Schäden des Gewebes, im Alltag oft der Haut, oder von Gewebeschichten, die durch mechanische, thermische oder chemische Einwirkung verursacht sind und oft mit Gewebeverlust einhergehen. Sie können auch Folge einer Krankheit sein, beispielsweise Geschwüre (Ulcera), bei einer Stoffwechsel- oder Durchblutungs-Störung. Charakteristisch ist, dass sie eine direkte Verbindung zur Körperoberfläche haben und daher nach aussen bluten oder Sekrete abgeben. Geschlossene oberflächliche Verletzungen sind demgegenüber meist sogenannte muskuloskeletäre Änderungen, die als Folge physikalischer Einwirkungen oder auch biochemischer Einflüsse auftreten. Sie betreffen als Gewebe u. a. Muskeln, Sehnen Bänder und Gelenke. Da sie keine offene Verbindung zur Körperoberfläche haben geben sie auch keinen Sekrete nach aussen ab. Im Folgenden soll unter dem Begriff ”Wunde” eine offene Verletzung gemeint sein.
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In der Regel dienen die Pflaster Wunden abzudecken, Eindringen von Fremdkörpern zu verringern und Blut oder Sekrete aufzunehmen. Bei geschlossenen Verletzungen dienen sie auch der Abpolsterung des verletzten Areals gegen mechanische Reizung. Vorgefertigte und in unterschiedlichen Abmessungen und Geometrien ausgestaltete Pflaster werden auch als Wundschnellverbände bezeichnet, z. B. als Heftpflaster.
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In diesem Zusammenhang sei noch der Begriff ”topische Anwendung” als Gegensatz zur systemischen Anwendung von Arzneimitteln dargestellt. Mit topischer Anwendung ist nachfolgend gemeint die lokale Verabreichung von Arzneistoffen. Im Bereich einer Schmerz-Therapie ist dies daher deren Verabreichung direkt an oder in eine schmerzhafte Region, beispielweise an oder über einer schmerzhaften Hautstelle. Der Wirkort ist somit weitgehend identisch mit dem Verabreichungsort und Verteilung des Wirkstoffes im Körper ist nicht vorgesehen. Dies steht im Gegensatz zu einer systemischen Verabreichung, bei der ein Arzneistoff mit beispielsweise einer Tablette, oder auch einem sogenannten Transdermalen Therapiesystem, erst in die die Blutbahn geschleust wird und sich über diese im gesamten Körper verteilt. Hierbei gelangt auch nur ein Teil an den Ort der schmerzhaften Ursache gelangt. Somit sind bei systemischer Anwendung Verabreichungsort und Wirkort nicht identisch. Hier eingesetzte Begriffe wie ”topische Zusammensetzung” meinen daher technische Ausgestaltungen, die nur für den Zweck einer topischen Wirkung erstellt sind.
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Mit dem Vorgang einer Gewebe-Verletzung, beispielsweise durch chirurgischen Eingriff oder auch stumpfer Gewalteinwirkung auf Gewebe, ist auch stets Schmerz verbunden. Er ist durch die Irritiation terminaler Nerven-Fasern bedingt, die im verletzten Gebiet oft als Folge lokaler Entzündung und freigesetzter Entzündungsmediatoren auftreten. Der mit der Wunde oder Verletzung verbundene Schmerz hält meist über längere Zeit oder bis zur endgültigen Geweberegeneration an und beeinträchtigt die Lebensqualität der Betroffenen oft stärker als die Verletzung selbst. Mit derzeitigen Wundpflastern kann der Schmerz selbst nicht angegangen werden.
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Die Schmerz-Symptomatiken werden daher pharmakologisch mit systemisch wirkenden Analgetika behandelt. Dies sind, derzeit weit überwiegend, sogenannte nichtsteroidale Antiphlogistika, in der medizinisch-pharmazeutischen Fachwelt international als NSAID (non-steroidal anti-inflammatory drugs) bezeichnet. Chemisch zur Gruppe der NSAID gehören Stoffe wie u. a. Acetylsalicylsäure, Diclofenac und Ibuprofen. NSAID zeigen aber signifikante Nebenwirkungen, insbesondere Magenstörungen, Ulcera, Störungen der Leber- und Nierenfunktion und des Herz-Kreislauf. Sie sind zudem regenerationshemmend (antiproliferativ) und bewirken daher Verzögerung der Wundheilung. Zudem fördern sie die Blutungsneigung was sowohl bei Wunden wie auch geschlossenen Verletzungen nachteilhaft ist. Zudem zeigen NSAID keine direkten Effekte auf die für eine Schmerz-Wahrnehmung bedeutsamen Folgeprozesse der neuronalen Weiterleitung von Schmerz-Information zum Zentralnervensystem.
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In der Schmerz-Therapie, inbesondere der Chirurgie, sind lokale Injektionen mit Lokalanästhetika klinisch bewährt. Ihnen liegt als Prinzip die lokale Ausschaltung von Nervenbahnen durch Betäubung zugrunde, auch 'regionale Anästhesie' genannt. Injektionstechniken sind aber invasiv und beinhalten vor allem die Gefahr systemischer Toxizität. Als ein nicht-invasives Prinzip bietet sich eine transcutane Anwendung an. Hierzu geeignete Stoffe sind Amid- und Ester-Lokalanästhetika, z. B. das Lidocain vom Amid-Typ. Ihr pharmakologischer Wirkungsmechanismus ist eine Hemmung des schnellen Natrium-Ionen-Influx in Nervenfasern, d. h. sie wirken als sogenannte Natrium-Kanal Blocker. Über diesen Effekt blockieren sie die elektrische Impulsleitung in Nervenfasern. Dies betrifft prinzipiell alle regionalen Nervenfasern. Da jedoch sensorische schmerzleitende Fasern (C- und A-Delta Fasern) anatomisch dünner sind als motorische Fasern (u. a Strichartz, G. R. (Edit.): Local Anesthetics, Handbook of Experimental Pharmacology, Vol 81. Springer, Berlin-New York 1987), lassen über die topisch verabreichte Dosis unterschiedliche Wirkeffekte erreichen. Ein für solchen dosissparenden Ansatz wesentlicher Aspekt ist, dass Schmerzsignale als irreguläre neurale Informationsmuster ansehbar sind. Diese können schon über sehr viel geringere Dosen an Lokalanästhetika wieder normalisiert werden. Solche Beeinflussung 'ektopischer' Impulse durch Lidocain wurde auch experimentell verifiziert (Khodorova A., Meissner K., Leeson S., Strichartz G. R.: Muscle Nerve. 24; 634 (2001); Persaud N., Strichartz G. R. Pain. 99, 333 (2002)). Eine peripher topische Schmerzsenkung über die Haut erfordert somit deutlich geringere Dosen, als solche mit der vollständige Inaktivierung, d. h Anästhesie, der Nervenfunktion erzeugt wird. Hieraus unterscheidet sich auch die topisch über die Haut bewirkte Analgesie durch Selektivität auf Schmerz-Rezeptoren. Topisch analgetische Effekte von Natrium-Kanal Blockern vom lokalanästhetischen Typus erstrecken sich daher nur auf den Ausschnitt der Ebene der Irritation schmerzleitender Nerven, die als Folge von Verletzungen und der dortigen biochemischen Prozesse auftritt. Ihre spezifischen Wirkungen liegen in Unterdrückung der von der Verletzungstelle wegführenden Signal-Transmission terminaler Nervenfasern. So werden auch Folgeprozesse zentraler Schmerz-Wahrnehmung gehemmt.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, die Schmerzen von Wunden und oberflächlichen geschlossenenen Verletzungen über topisch analgetisch wirksame Wundpflaster zu senken.
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Diese Aufgabe wird dadurch gelöst, daß, selektiv in das peripher um die Wundauflage liegende Hautkleber-Areal des Wundpflasters eine topisch geeignete Konzentration eines Natriumkanal-Blockers aus der Gruppe der Lokalanästhetika vom Ester- oder Amid-Typ eingebracht ist, und wobei das Hautkleber-Areal entweder flächig perforiert ist oder aus nicht okklusivem Material besteht.
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Um die Anwendung zu verbreitern, bestehen, in einer weiteren Ausbildung der Erfindung die Wundpflaster ganz oder in Teilen aus natürlichen oder synthetischen Materialien, die fest, flexibel, elastisch, transparent oder opak sind, und können unterschiedliche Flächengeometrie und Dimensionen haben.
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Um die Anwendung zu verbreitern, besteht, in einer weiteren Ausbildung der Erfindung der im Klebeareal befindliche Hautkleber ganz oder in Teilen aus natürlichen oder synthetischen Stoffen.
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Um die Anwendung zu verbreitern ist das topisch analgetische Wundpflaster als ein zusammenhängendes Band ausgebildet, das in bestimmten Abständen zwecks Trennbarkeit vorperforiert ist.
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Um eine Therapie zu spezifizieren ist der in den Hautkleber eingebrachte Wirkstoff Lidocain, und kann in einer Konzentration von 0,5%–40% und als Salz oder Base vorliegen
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Um Wirksamkeit und Verträglichkeit zu verbessern ist in den Hautkleber als weiterer Natrium-Kanal Blocker aus der Klasse der Lokalanästhetika vom Amid- oder Ester-Typ eingesetzt, Tetracain, Prilocain, Bupivacain, Mepivacain, Etidocain, Procain, Benzocain, Propoxycain, Hydroxyprocain, Chloroprocain, Ambucain, Metabutoxycain, Proparacain, Paraethoxycain, Butacain, Isobucain, Hexylcain, Piridocain, Piperocain, Cyclomethycain, Procainamid, Dibucain, Pyrrocain oder Tolycain, dies als Einzelstoff oder Kombination, als Salz oder Base wobei der jeweilige Stoff in einer Konzentration von 0,5%–40% vorliegen kann.
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Um die Anwendung zu verbreitern wird das topisch analgetische Wundpflaster eingesetzt zur Schmerzbehandlung offener akzidentieller oder chirugischer Wunden.
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Um die medizinische Anwendung zu verbreitern wird das topisch analgetische Wundpflaster eingesetzt zur oberflächlichen Schmerzbehandlung geschlossener muskuloskeletärer und neuromuskulärer Verletzungen oder neurovegetativer und vasomotorischer Störungen.
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Um die Anwendung zu verbreitern wird das topisch analgetische Wundpflaster medizinisch sowohl im Humanbereich wie auch im Veterinärbereich eingesetzt.
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Als medizinischer Vorteil der Erfindung ergibt sich, daß mit dem Wundpflaster nun auch eine Senkung von verletzungsbedingtem Schmerz über topisch selektive Hemmung der neuralen Schmerzkomponente möglich wird. Durch technisch funktionelle Kombination wird der bisherige Anwendungbereich des Wundpflasters damit um eine wesentliche therapeutische Komponente erweitert, die für die Lebensqualität der Patienten von besonderer Bedeutung ist. Gleichzeitig wird damit der systemische Verbrauch von Schmerzmitteln, inbesondere von NSAID, verringert, damit deren zur Heilung nachteilhafte Nebeneffekte wie u. a. Verzögerung von Geweberegeneration und Wundheilung, sowie gesteigerte Blutung. Insbesondere zeigen die topisch selektiv applizierten Lokalanästhetika auch keine Stoffwechsel-Effekte, wie beispielsweise die NSAID Analgetika, die den Heilungsverlauf verzögern oder behindern.
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Der technische Vorteil der analgetisch wirksamen Wundpflaster beruht auf ihrer räumlich getrennten Segmentierung in zentrale Wund-Komponente und periphere analgetische Komponente. Diese technisch neue Ausgestaltung und Zusammensetzung ist physiologisch sinnvoll: Das Schmerz-Signal entsteht nicht im zentralen Bereich der Wunde bzw. Gewebeverletzung, sondern erst in den aus diem Gebiet zentrifugal abführenden terminalen Nervenfasern. Damit ist die technisch segmentierte Anordnung der analgetischen Komponente zum verletzten Gewebe auch pharmakologisch sinnvoll. Sie setzt, im Sinne eines das Verletzungsareal umgebenden ”Firewall”, nur dort das Lokalanästhetikum in die Haut frei wo auch Erzeugung des Schmerz-Signals erfolgt. Dies gilt für Wunden wie auch oberflächlich liegende geschlossen Verletzungen. Dieser, mit sehr geringer Dosis und vor allem lokal gezielte ”Firewall-Effekt” ist über systemische Gabe von Analgetika nicht möglich. Durch Einbringung der analgetischen Komponente nur im Areal des Hautklebers erfolgt die Freisetzung zudem nur über die intakte Haut, nicht im Wundbereich. Dies vermeidet somit auch ein systemisch-toxisches Risiko für diese wirksamen Stoffe.
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Flächige ausgestaltete Perforation im Bereich des Hautkleber-Areal beugt einer Okklusivität vor, damit auch lokaler cutaner Unverträglichkeit der analgetischen Komponente die z. B durch unter der Trägerfolie entstehende Haut-Transpiration entstehen kann.
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Ein für die Erfindung auch kommerziell wesentlicher Vorteil ist, daß die selektive Einbringung der analgetisch aktiven Komponente nur in das Hautklebareal keine Änderung in den üblichen Produktions-Technologien von Wundpflastern erfordert. Der zusätzliche Bestandteil in der Adhäsivschicht ist bereits in den separaten chemischen Prozess der Vorbereitung der Hautkleber-Lösung implementiert. Er greift daher nicht in den Prozess der maschinelen Konfektionierung der Wundpflaster ein.
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Beispiel. Ein allgemeines Anschauungsbeispiel einer Ausgestaltung, ohne es jedoch hierauf begrenzen zu wollen, kann eine dem pharmazeutischen Fachmann vertraute Formulierung sein, bei der in einen Hautkleber, beispielsweise Duro-Tak® (National Starch & Chemicals) dann 5% Lidocain (Ph. Eur., USP) als Hydrochlorid eingearbeitet wird. Zur Kleber-Lösung kann das in Teilen in abs. Äthanol gelöste Lidocain zugegeben und gemischt werden und anschliessend wird diese Lösung unter Entfernung des Äthanol auf vorgegebenen Feststoffgehalt eingestellt. Dem Fachmann vertraut ist auch die hiernach gleichmäßige und kontrollierte Aufbringung des Hautkleber-Gemisches als adhäsive Beschichtung auf die Trägerfolie des Pflasters mittels Auftragsystem und Endfertigung mit Einbringung der Wundauflage. Die auf der Trägerfolie definiert verbleibende Schicht dient dann sowohl als Haftmittel wie auch topisch selektiver Freisetzung des Inhaltsstoffes. Ein Pflaster solcher Art kann beispielsweise 24–48 Stunden so auf die Haut aufgebracht werden, daß hierbei die Wundauflage zentral auf der Wunde oder schmerzhaften Stelle liegt und das wirkstoffhaltige Klebeareal hierzu peripher auf intakter Haut. Zahlreiche weitere pharmazeutische Ausgestaltungen sind möglich.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Strichartz, G. R. (Edit.): Local Anesthetics, Handbook of Experimental Pharmacology, Vol 81. Springer, Berlin-New York 1987 [0008]
- Khodorova A., Meissner K., Leeson S., Strichartz G. R.: Muscle Nerve. 24; 634 (2001) [0008]
- Persaud N., Strichartz G. R. Pain. 99, 333 (2002) [0008]