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Die Erfindung bezieht sich auf die Gebiete der Messtechnik und der Mikroskopie und betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Messung von Magnetfeldgradienten bei der Magnetkraftmikroskopie (MFM - Magnetic force microscopy), einem Teilgebiet der Rasterkraftmikroskopie (SFM - Scanning force microscopy oder AFM - Atomic force microscopy), wie sie beispielsweise bei der Rasterkraftmikroskopie (SFM - Scanning force microscopy oder AFM - Atomic force microscopy) oder der Magnetkraftmikroskopie (MFM - Magnetic force microscopy) zur Anwendung kommen können.
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Bekanntermaßen wird bei der Rasterkraftmikroskopie (SFM oder AFM) eine an einem Federbalken (Cantilever) befestigte feine Spitze in einem geringen Abstand über die zu untersuchende Probe bewegt (Scanning Probe Microscopy, Meyer, Hug, Bennewitz, Springer-Verlag 2004). Die zwischen der Spitze und der Probe wirkenden Kräfte beeinflussen die Durchbiegung des Federbalkens. Über die Bestimmung dieser Biegung werden entweder die Kräfte direkt gemessen, oder die Biegung wird über einen Regelmechanismus zur Anpassung des Spitze-Proben-Abstandes konstant gehalten, so dass die feine Spitze einer Kontur mit konstanter Kraft folgt. Diese Kontur kann als Topographie der Probenoberfläche gedeutet werden.
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Bei dynamischen Messmodi wird der Federbalken zu Biegeschwingungen bei oder nahe der Resonanzfrequenz angeregt. Die zwischen der Spitze und der Probe wirkenden Kraftgradienten beeinflussen das Schwingungsverhalten des Federbalkens, unter anderem die Resonanzfrequenz und die Phase der Schwingung. Damit können diese Kraftgradienten gemessen werden. Die Resonanzfrequenzverschiebung, die Schwingungsphase oder die Schwingungsamplitude kann auch als Regelsignal für eine Abstandsregelung genutzt werden.
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Weiterhin bekannt sind verschiedene Lösungen zur Kraftmikroskopie, bei denen Cantilever mit Spitzen verwendet werden, die in Biegeschwingungen erster und höherer Ordnung versetzt werden und bei denen über die Spitze eine Interaktion mit der Oberfläche der Probe aufgenommen wird (
US 6,935,167 B1 ;
R.W. Stark et al: Appl. Phys. Lett. 74 pp 3296-3298 (1999);
C. Harnagea et al: IEEE Transactions on Ultrasonics, Ferroelectrics and Frequency Control, Vol. 53, No. 12, pp. 2309-2322 (2006);
S. Amelio et al: Thin Solid Films 392, pp. 75-84 (2001);). Ein Teil dieser bekannten Lösungen beinhaltet auch Möglichkeiten, horizontale Schwingungen mit der Spitze auszuführen. Damit bietet der Stand der Technik Ansätze zur Messung von horizontalen Kraftgradienten.
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Die Anregung von Torsionsschwingungen des Federbalkens ist nach dem Stand der Technik eine Alternative, um horizontale Kraftgradienten zu messen (Huang, S., Prater, B.: Applied Scanning Probe Methods V, Torsional Resonance Microscopy and Its Applications, Springer 2007).
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Ein Nachteil des zuletzt genannten Lösungsweges ist, dass das Rastersondenmikroskop mit einem speziellen Piezoantrieb zur Anregung von Torsionsschwingungen ausgestattet werden muss. Ein weiterer Nachteil dieses Verfahrens besteht darin, dass nicht nur die horizontale Auslenkung des Federbalkens gemessen werden muss, sondern auch die Torsionsauslenkung.
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Ferner ist Reibungskraftmikroskopie eine Methode, bei der horizontale Kräfte gemessen werden.
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Ebenfalls bekannt ist für Rastermikroskope, dass zwischen den in Schwingung versetzten Cantilever mit eine Spitze eine Interaktion mit der Oberfläche der Probe bei einer ersten Resonanzfrequenz für eine Richtung und gleichzeitig auch mit einer zweiten Resonanzfrequenz für eine andere Richtung realisiert wird (
US 6,666,075 B2 ).
Die Messung vertikaler magnetischer Feldgradienten ist aus F. Wolny et al: Nanotechnology 21, pp. 435501 (2010) bekannt. Weiterhin bekannt sind Verfahren, bei denen die zweidimensional aufgezeichneten vertikalen Magnetkraftmikroskopie-Daten durch mathematische Operationen im Fourierraum nachträglich in alle anderen Komponenten der magnetische Feldgradienten umgerechnet werden können (
H. J. Hug et al.: Journal of Applied Physics 83, pp. 5609 (1998)).
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Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht in der Angabe eines Verfahrens und einer Vorrichtung zur Messung von Magnetfeldgradienten bei der Magnetkraftmikroskopie, bei dem sowohl vertikale als auch horizontale Magnetfeldkomponenten gemessen werden können.
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Die Aufgabe wird durch die in den unabhängigen Ansprüchen angegebene Erfindung gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren zur Messung von Magnetfeldgradienten bei der Magnetkraftmikroskopie wird an einem Federbalken eines Magnetkraftmikroskopie-Sensors an der Stelle eines Schwingungsknotens von Biegeschwingungen des Federbalkens zweiter oder höherer Ordnung ein Abstandselement angebracht, und im Bereich dessen Endes ein aus einem magnetischen Material bestehender Nanodraht als Interaktionselement positioniert, nachfolgend werden die Magnetfeldgradienten gemessen, wobei einzeln oder nacheinander an der selben Position der Probe der Magnetfeldgradient in horizontaler und auch vertikaler Richtung gemessen wird.
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Vorteilhafterweise wird das Abstandselement an der Position des Schwingungsknotens der Schwingung zweiter Ordnung des Federbalkens angebracht.
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Die erfindungsgemäße Vorrichtung zur Messung von Magnetfeldgradienten bei der Magnetkraftmikroskopie besteht aus einem Federbalken, einem Abstandselement und einem aus einem magnetischen Material bestehenden Nanodraht als Interaktionselement, wobei das Abstandselement an dem Federbalken mit einem Ende befestigt ist und im Bereich des anderen Endes das Interaktionselement positioniert ist, und wobei das Abstandselement an einer Position des Federbalkens befestigt ist, an der sich ein Schwingungsknoten der Biegeschwingung des Federbalkens zweiter oder höherer Ordnung befindet.
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Vorteilhafterweise ist das Abstandselement an einer Position des Federbalkens befestigt, an der sich der Schwingungsknoten der Biegeschwingung des Federbalkens zweiter Ordnung befindet.
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Ebenfalls vorteilhafterweise sind die Masse des Abstandselementes und die Masse des Interaktionselementes vernachlässigbar klein gegenüber der Masse des Federbalkens.
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Mit der erfindungsgemäßen Lösung ist es für Federbalken, neben der bisher nur bekannten Messung der vertikalen Komponente des Magnetfeldgradienten bei der Magnetkraftmikroskopie nunmehr für dieselbe Position einer Probe möglich, auch die horizontale Magnetfeldkomponente zu ermitteln.
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Dazu ist die erfindungsgemäße Vorrichtung mit einem gegenüber den bekannten Federbalkenanordnungen zusätzlichen Abstandselement ausgerüstet, welches sich an einer bestimmten Position des Federbalkens befinden muss. Dies ist einer der Schwingungsknoten der Biegeschwingung des Federbalkens zweiter oder höherer Ordnung.
Durch die erfindungsgemäße Lösung wird die lokale Torsionsschwingung des Federbalkens am Schwingungsknoten der Biegeschwingung zweiter oder höherer Ordnung mittels eines Abstandselementes in eine Translationsschwingung parallel zur Probenoberfläche und senkrecht zur Auslenkungsrichtung des Federbalkens transformiert. Eine derart gestaltete erfindungsgemäße Vorrichtung kann in der Magnetkraftmikroskopie zur Messung von Magnetfeldgradienten in der Ebene der Probenoberfläche eingesetzt werden, da das Interaktionselement der erfindungsgemäßen Vorrichtung Eigenschaften eines magnetischen Monopols aufweist.
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Mit der erfindungsgemäße Lösung ist ein Verfahren und eine Vorrichtung bekannt, mit der sowohl vertikale als auch horizontale Magnetfeldgradienten bei der Magnetkraftmikroskopie gemessen werden können, wobei die Messung des horizontalen Magnetfeldgradienten parallel zur Probenoberfläche und senkrecht zur Richtung der Biegeschwingung des Federbalkens realisiert wird. Die Messung des vertikalen Magnetfeldgradienten erfolgt gemäß den bekannten Verfahren nach dem Stand der Technik mit einer Biegeschwingungsordnung, bei der am Befestigungsort des Abstandselementes kein Schwingungsknoten auftritt. Letzteres ist beispielsweise bei der Biegeschwingung erster Ordnung gegeben.
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Die erfindungsgemäße Vorrichtung basiert auf der Verbindung eines herkömmlichen mikroskopischen oder nanoskopischen Federbalkens (Cantilever) mit einem erfindungsgemäßen Abstandselement und Interaktionselement.
Es ist bekannt, dass Federbalken zur Biegeschwingung erster oder höherer Ordnung angeregt werden können (G. Hähner, Ultramicroscopy 110, pp. 801 (2010)). Biegeschwingungen höherer Ordnung sind durch Schwingungsknoten gekennzeichnet. Am Ort des Knotens tritt keine Auslenkung des Federbalkens auf, lediglich die Ableitung der Auslenkung nach der Ortskoordinate entlang der langen Achse des Federbalkens führt eine zeitlich periodische Änderung aus. Dies entspricht einer lokalen Torsionsschwingung. Bei der erfindungsgemäßen Vorrichtung ist am Ort des Schwingungsknotens ein Abstandselement derart befestigt, dass die Torsionsschwingung in eine Translationsschwingung entlang eines Kreisbogens am freien Ende des Abstandselementes übersetzt wird. Bei kleinen Amplituden kann diese Bewegung entlang eines Kreisbogens näherungsweise als geradlinige Translationsschwingung betrachtet werden.
Vorteilhafterweise zeigt die Richtung dieser Translationsschwingung senkrecht zur Auslenkung der Biegeschwingung des Federbalkens. Am freien Ende des Abstandselementes wird das Interaktionselement befestigt. Als Interaktionselement wird ein kleines Bauelement gewählt, dessen Wechselwirkung mit der zu untersuchenden Probe Magnetfeldgradienten zur Folge hat. Diese Magnetfeldgradienten, das heißt die Ableitung der auf das Interaktionselement wirkenden Magnetfeldkomponenten in Richtung der Bewegung des Interaktionselementes nach dem Ort entlang der Bewegung des Interaktionselementes, beeinflussen das Schwingungsverhalten des Federbalkens. Sie sind somit einer Messung zugänglich.
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Für die Bestimmung des Ortes des Schwingungsknotens kann das Verhalten des reinen Federbalkens zugrunde gelegt werden, wenn die Masse des Abstandselementes mit dem Interaktionselement vernachlässigbar ist gegenüber der Masse des Federbalkens und wenn die Abmessungen des Abstandselementes diejenigen des Federbalkens nicht übersteigen. Andernfalls muss der Einfluss des Systems aus Abstandselement und Interaktionselement auf die Einhüllende der Federbalken-Biegeschwingung und damit auf den Ort des Schwingungsknotens berücksichtigt werden.
Ein homogener Querschnitt des Federbalkens ist dabei von Vorteil, da damit die Berechnung des Ortes von Schwingungskonten erleichtert wird.
Für die Auswahl des Materials und der geometrischen Form des Abstandselementes ist allein ausschlaggebend, dass das Abstandelement bei Anwendung stabil ist und die Eigenfrequenzen des Abstandselementes über der des Federbalkens liegt.
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Das Teilsystem aus Abstandselement und Interaktionselement ist erfindungsgemäß so gestaltet, dass seine Eigenfrequenzen über den Resonanzfrequenzen der verwendeten Schwingungsmodi des Federbalkens liegen.
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Die Messmodi auf der Grundlage der Schwingungen höherer Ordnung und der Grundschwingung können alternierend betrieben werden, beispielsweise indem die Vorrichtung jede Rasterzeile zunächst in seiner Grundschwingung absolviert und anschließend dieser Rasterzeile wiederholt, dieses Mal aber betrieben mit der Schwingung höherer Ordnung. Auf diese Weise können abwechselnd Magnetfeldgradienten entlang der Schwingungsrichtung des Federbalkens und entlang der Schwingungsrichtung des freien Endes des Abstandselementes gemessen werden.
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Die Messmodi auf der Grundlage der Schwingung höherer Ordnung und der Grundschwingung können aber auch gleichzeitig betrieben werden. Der Federbalken führt dann eine Schwingung aus, bei der die Grundschwingung und eine Schwingung höherer Ordnung überlagert sind. Die Veränderungen des Resonanzverhaltens der jeweiligen Schwingungsmodi durch Magnetfeldgradienten können dabei gleichzeitig gemessen werden.
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Der Vorteil der erfindungsgemäßen Lösung besteht darin, dass das Abstandselement mit dem Interaktionselement über einen definierten Abstand zur Probenoberfläche gehalten oder nachgeführt wird. Eine übliche Abstandsregelung kann auf einer Federbalken-Biegeschwingung erster Ordnung beruhen.
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Die erfindungsgemäße Lösung kann für die Magnetkraftmikroskopie eingesetzt werden, da am freien Ende des Abstandselementes ein Interaktionselement mit einem monopolartigen magnetischen Moment angeordnet ist.
Als magnetisch monopolartiges Interaktionselement wird ein magnetischer Nanodraht, insbesondere eine mit magnetischem Material gefüllte Nanoröhre eingesetzt. Eisengefüllte Kohlenstoffnanoröhren wurden bereits zur Präparation von MFM-Sonden für die Messung von Magnetfeldgradienten senkrecht zur Probenoberfläche eingesetzt (F. Wolny et al: Nanotechnology 21 pp. 535501 (2010)). Der Vorteil eines magnetisch monopolartigen Interaktionselementes besteht darin, dass ein Monopol eine Kraft direkt proportional zum Magnetfeld erfährt. Außerdem sind die Richtungen von Kraft und Magnetfeld parallel. Entsprechend ist die Ortsableitung der Kraft proportional zur Ortsableitung des Magnetfeldes. Diese einfache Relation gilt nicht für herkömmliche MFM-Sonden, deren magnetisches Moment durch eine dünne magnetische Schicht auf einer Siliziumspitze dargestellt wird.
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Mit einer MFM-Sonde, deren magnetischer Monopol erfindungsgemäß parallel zur Probenebene schwingt, kann der Magnetkraft- oder magnetische Streufeldgradient in genau dieser Richtung gemessen werden.
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Eine abwechselnde oder gleichzeitige Anregung von Federbalkenbiegeschwingungen erster und höherer Ordnung erlaubt eine abwechselnde oder gleichzeitige Messung von Magnetfeldgradienten in zwei verschiedenen Richtungen.
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Nachfolgend wird die Erfindung an einem Ausführungsbeispiel näher erläutert.
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Dabei zeigt
- 1 den schematischen Aufbau und Wirkung einer Vorrichtung mit
- (a) Federbalken nach dem Stand der Technik,
- (b) Federbalken mit Abstandselement und magnetisch monopolartigem Interaktionselement nach der erfindungsgemäßen Vorrichtung mit angeregter Biegeschwingung erster Ordnung
- (c) Federbalken mit Abstandselement und magnetisch monopolartigem Interaktionselement nach der erfindungsgemäßen Vorrichtung mit angeregter Biegeschwingung zweiter Ordnung
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Beispiel
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Das freie Ende eines Silizium-Federbalkens ohne Spitze (tipless) wird mit der Technik des fokussierten Ionenstrahles begradigt, so dass der Cantilever nun überall einen homogenen Querschnitt aufweist. Für die zweite Mode einer Biegeschwingung eines Cantilevers mit homogenem Querschnitt befindet sich der Schwingungsknoten nach der Balkentheorie von Euler und Bernoulli bei 21,7 % der Balkenlänge, vom freien Ende des Balkens aus betrachtet. An diesem Ort wird ein 10 µm langes Abstandselement aus amorphem Kohlenstoff angebracht, an dessen Ende wiederum ein eisengefülltes Kohlenstoff-Nanoröhrchen als monopolartiges magnetisches Interaktionselement befestigt wird. Die Masse des Abstandselementes mit dem Nanoröhrchen ist gegenüber der Masse des Cantilevers vernachlässigbar. Diese Vorrichtung wird in einem kommerziellen Rastersondenmikroskop eingesetzt.
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Bei Anregung der Biegeschwingung erster Ordnung ist die Änderung der Resonanzfrequenz proportional zum Magnetfeldgradienten entlang der Schwingungsrichtung des Federbalkens, dass heißt näherungsweise senkrecht zur Probenoberfläche. Die Phasenverschiebung ist proportional zu diesem Magnetfeldgradienten, wenn mit konstanter Frequenz nahe der Resonanz angeregt wird.
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Bei Anregung der Biegeschwingung zweiter Ordnung ist die Änderung der Resonanzfrequenz proportional zum Magnetfeldgradienten entlang der Schwingungsrichtung des Nanoröhrchens, dass heißt näherungsweise parallel zur Probenoberfläche. Die Phasenverschiebung ist proportional zu diesem Magnetfeldgradienten, wenn mit konstanter Frequenz nahe der Resonanzfrequenz angeregt wird.