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Die Erfindung betrifft ein angiographisches Bildauswerteverfahren zur Bestimmung von Blutflussparametern mittels Blutflussmessung aus 2-D-Angiogrammen. Ein derartiges Bildauswerteverfahren lässt sich beispielsweise nach der Durchführung einer digitalen Subtraktionsangiographie (DSA) einsetzen, mittels derer man die 2-D-Angiogramme akquiriert, und ist aus der
US 7,500,784 B2 bekannt, das nachfolgend anhand der
1 erläutert ist.
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Die 1 zeigt ein als Beispiel dargestelltes monoplanes Röntgensystem mit einem von einem Ständer 1 in Form eines sechsachsigen Industrie- oder Knickarmroboters gehaltenen C-Bogen 2, an dessen Enden eine Röntgenstrahlungsquelle, beispielsweise ein Röntgenstrahler 3 mit Röntgenröhre und Kollimator, und ein Röntgenbilddetektor 4 als Bildaufnahmeeinheit angebracht sind.
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Mittels des beispielsweise aus der
US 7,500,784 B2 bekannten Knickarmroboters, welcher bevorzugt sechs Drehachsen und damit sechs Freiheitsgrade aufweist, kann der C-Bogen
2 beliebig räumlich verstellt werden, zum Beispiel indem er um ein Drehzentrum zwischen dem Röntgenstrahler
3 und dem Röntgenbilddetektor
4 gedreht wird. Das erfindungsgemäße angiographische Röntgensystem
1 bis
4 ist insbesondere um Drehzentren und Drehachsen in der C-Bogen-Ebene des Röntgenbilddetektors
4 drehbar, bevorzugt um den Mittelpunkt des Röntgenbilddetektors
4 und um den Mittelpunkt des Röntgenbilddetektors
4 schneidende Drehachsen.
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Der bekannte Knickarmroboter weist ein Grundgestell auf, welches beispielsweise auf einem Boden fest montiert ist. Daran ist drehbar um eine erste Drehachse ein Karussell befestigt. Am Karussell ist schwenkbar um eine zweite Drehachse eine Roboterschwinge angebracht, an der drehbar um eine dritte Drehachse ein Roboterarm befestigt ist. Am Ende des Roboterarms ist drehbar um eine vierte Drehachse eine Roboterhand angebracht. Die Roboterhand weist ein Befestigungselement für den C-Bogen 2 auf, welches um eine fünfte Drehachse schwenkbar und um eine senkrecht dazu verlaufende sechste Rotationsachse rotierbar ist.
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Die Realisierung der Röntgendiagnostikeinrichtung ist nicht auf den Industrieroboter angewiesen. Es können auch übliche C-Bogen-Geräte Verwendung finden.
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Der Röntgenbilddetektor 4 kann ein rechteckiger oder quadratischer, flacher Halbleiterdetektor sein, der vorzugsweise aus amorphem Silizium (a-Si) erstellt ist. Es können aber auch integrierende und eventuell zählende CMOS-Detektoren Anwendung finden.
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Im Strahlengang des Röntgenstrahlers 3 befindet sich auf einer Tischplatte 5 eines Patientenlagerungstisches ein zu untersuchender Patient 6 als Untersuchungsobjekt. An der Röntgendiagnostikeinrichtung ist eine Systemsteuerungseinheit 7 mit einem Bildsystem 8 angeschlossen, das die Bildsignale des Röntgenbilddetektors 4 empfängt und verarbeitet (Bedienelemente sind beispielsweise nicht dargestellt). Die Röntgenbilder können dann auf Displays einer Monitorampel 9 betrachtet werden. In einem Rechner bzw. einer Recheneinheit 10 wird die erforderliche Bildverarbeitung, wie beispielsweise die digitale Subtraktionsangiographie (DSA) sowie die Bildauswerteverfahren zur Bestimmung von Blutflussparametern, durchgeführt, wie dies noch nachfolgend beschrieben wird.
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Anstelle des in 1 beispielsweise dargestellten Röntgensystems mit dem Ständer 1 in Form des sechsachsigen Industrie- oder Knickarmroboters kann, wie in 2 vereinfacht dargestellt, das angiographische Röntgensystem auch eine normale decken- oder bodenmontierte Halterung für den C-Bogen 2 aufweisen.
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Anstelle des beispielsweise dargestellten C-Bogens 2 kann das angiographische Röntgensystem auch getrennte decken- und/oder bodenmontierte Halterungen für den Röntgenstrahler 3 und den Röntgenbilddetektor 4 aufweisen, die beispielsweise elektronisch starr gekoppelt sind.
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Bei einem beispielsweise in 2 dargestellten bekannten DSA-Verfahren, das sich mit dem in 1 dargestellten Röntgensystem durchführen lässt, werden ein reines Nativbild 11 (nur Anatomie mit beispielsweise einem Schädel 12) als sogenanntes Maskenbild und eine Bildserie 13 von Nativbildern unter Fluoroskopie aus der gesamten Füllungsphase, in der ein Gefäßsystem 14 mit Kontrastmittel gefüllt wird, erzeugt. Die Bildserie 13 von Fluoroskopiebildern, in der der Schädel 12 und das kontrastmittelgefüllte Gefäßsystem 14 zu sehen sind, und das Nativbild 11 oder Maskenbild werden in einer Subtraktionsstufe 15 abgezogen. Weitere Bildverarbeitungsschritte wie Kontrasteinstellung, Kantenanhebung (Edge Enhancement), etc. können folgen, bis man eine aktuelle Bildsequenz 16 von Subtraktionsbildern erhält, in denen nur noch das Gefäßsystem 14 gut zu erkennen ist, wobei die Darstellung üblicherweise derart erfolgt, dass das Gefäßsystem 14 hell gegenüber dem dunklen Hintergrund erscheint.
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Es existieren zahlreiche diagnostische und therapeutische Anwendungen, bei denen Informationen über den Blutfluss innerhalb eines Gefäßes relevant sind. Als Beispiel sei hier der endovaskuläre Eingriff zur Behandlung einer Stenose, einer Verengung eines Blutgefäßes, genannt.
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Es existieren bereits technische Verfahren, um mit Hilfe einer Kontrastmittelinjektion und 2-D-Angiogrammen verschiedene Blutflussparameter zu bestimmen. Hierzu sind beispielhaft der Artikel
"Parametric Color Coding of Digital Subtraction Angiography" von Charles M. Strother et al. [1] sowie die Software syngo iFlow genannt, die in der Broschüre
"syngo iFlow / Dynamic Flow Evaluation / Answers for life", Order No. A91AX-20902-11C1-7600, Druckzeichen CC AX WS 12081.5, 12.2008, der Siemens AG, Medical Solutions, Angiography, Fluoroscopic and Radiographic Systems beschrieben ist. Jedoch kann man mit diesen Verfahren nur relative Blutflussparameter berechnen, die z.B. von den gewählten Injektionsparametern abhängen. So können beispielsweise zwei aufeinanderfolgende Messungen mit unterschiedlichen Injektionsparametern (z.B. Injektionsdauer) zu unterschiedlichen Blutflussparametern (z.B. Zeit des Maximums, time-to-peak) führen. Eine Anwendung, bei der absolute, d. h. Injektionsparameter-unabhängige, Messwerte erforderlich sind, ist beispielsweise der Vorher/ Nachher-Vergleich während einer therapeutischen Behandlung.
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Ein besonderer physiologischer Parameter, der den Blutfluss durch ein Gefäß charakterisiert, ist die Kontrastmittel-Dispersion, wie sie in
"Theory of the Measurement of the Dispersion of an Indicator in Indicator-Dilution Studies" von Jose M. Gonzalez-Fernandez [2] beschrieben ist. Unter der Annahme, dass nicht alle Blutteilchen mit der gleichen, konstanten Geschwindigkeit durch ein Gefäß fließen, gibt die Kontrastmittel-Dispersion Auskunft über die Breite der Verteilung der Transitzeiten durch das Gefäß.
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Ein weiterer relevanter Blutflussparameter ist der absolute Blutvolumenfluss. Der Blutvolumenfluss lässt sich aus der mittleren Blutflussgeschwindigkeit berechnen, wenn die Querschnittsfläche des Gefäßes bekannt ist.
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In 2-D-Angiogrammen kann man aus dem Gefäßdurchmesser näherungsweise auf den Gefäßquerschnitt schließen. Jedoch lässt sich die mittlere Blutflussgeschwindigkeit nicht unmittelbar aus den Bilddaten abmessen.
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In der Literatur sind einige Verfahren bekannt, die sich mit der Blutflussmessung aus 2-D-Angiogrammen beschäftigen (siehe
"X-ray videodensitometric methods for blood flow and velocity measurement: A critical review of literature" von Simon D. Shpilfoygel et al. [3]). Eine Reihe von Verfahren verwendet die Informationen aus zwei gemessenen Zeit-Intensitäts-Kurven, die jeweils an bestimmten Pixel-Positionen bestimmt wurden, um quantitative Blutflussparameter zu berechnen. Wenn dabei die erste Zeit-Intensitäts-Kurve als Referenzkurve fest gewählt wird, und die zweite Kurve variabel ist, d. h. an unterschiedlichen Pixel-Positionen bestimmt wird, kann eine 2-D-Verteilung der Blutflussparameter bestimmt werden.
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Aus der
DE 10 2007 030 960 A1 ist ein Verfahren zur Darstellung von 3-D-Strukturen in 2-D-Projektionsbildern, bei dem die 3-D-Strukturen als einzelne volumetrische Grauwerte vorliegen, wie diese insbesondere als Ergebnis volumetrischer Scans mit mehreren Schnittebenen von medizinischen Tomographen geliefert werden, bei dem Änderungen der 3-D-Strukturen in der Richtung der Oberflächennormalen der 3-D-Strukturen bezüglich der Betrachtungsrichtung der 2-D-Projektionsbilder durch Änderungen der Eigenschaften der dargestellten 3-D-Strukturen gekennzeichnet werden. Derartige Verfahren dienen zur Darstellung von beispielsweise sogenannten Gefäßbäumen oder Gefäßstrukturen aus einem 3-D-Datensatz, wobei Tiefeninformation unter Verwendung von 3-D-Datensätzen in 2-D-Bildern visualisiert werden, um 2-D-Röntgenbildern mittels Zusatzwissen einen plastischen Eindruck zu verleihen.
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Es existiert jedoch kein Verfahren, mit dem die Kontrastmittel-Dispersion eines injizierten Kontrastmittelbolus und damit auch des Blutes – unter der Annahme, dass der Bolus und das Blut annähernd ideal vermischt sind – mittels 2-D-Angiogrammen bestimmt werden kann.
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Die Erfindung geht von der Aufgabe aus, Injektionsparameterunabhängige, quantitative Aussagen über den Blutfluss (sowohl mittlere Blutflussgeschwindigkeit und Blutvolumenfluss als auch Kontrastmittel-Dispersion) auf der Basis von 2-D-Angiogrammen durchführen zu können.
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Die Aufgabe wird erfindungsgemäß für ein angiographisches Bildauswerteverfahren der eingangs genannten Art durch die im Patentanspruch 1 angegebenen Merkmale gelöst. Vorteilhafte Ausbildungen sind in den abhängigen Patentansprüchen angegeben.
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Die Aufgabe wird für ein angiographisches Bildauswerteverfahren mit folgenden Schritten gelöst.
- S1 Aufnahme eines Datensatzes des Gefäßsystems (14) mit einem Angiographiesystem (1 bis 4),
- S2 Akquisition wenigstens einer Angiographieszene des Gefäßsystems (14) unter Zugabe eines per Röntgenbildgebung erkennbaren, Kontrast gebenden Mittels mit einer Vielzahl einzelner, zeitlich aufeinanderfolgender Angiographiebilder,
- S3 Selektion eines Abschnitts (23) eines Gefäßes (20) des Gefäßsystems (14) mit einem Startpunkt (24) und einem Endpunkt (25) als Messpunkte (a und b),
- S4 Bestimmung von Transitzeiten zwischen beiden Messpunkten (a und b) in dem Gefäßabschnitt (23),
- S5 Berechnung der Blutflussparameter aufgrund der Transitzeiten in dem Gefäßabschnitt (23) und
- S6 visuelle Darstellung der Blutflussparameter durch Wiedergabe des 2-D+t-DSA-Datensatzes.
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Dadurch wird es ermöglicht, eine Quantifizierung von Blutfluss wie zum Beispiel der Bestimmung von Transitzeitverteilungen bzw. eine Bestimmung quantitativer Flussdaten aus 2-D-Angiogrammen durchzuführen.
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Erfindungsgemäß können die zur Berechnung der Blutflussparameter gemäß Schritt S5 die Blutflussgeschwindigkeit, der daraus abgeleiteten Blutvolumenfluss und/oder die Kontrastmittel-Dispersion bestimmt werden.
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In vorteilhafter Weise kann zur Bestimmung der Kontrastmittel-Dispersion die Halbwertsbreite (full width at half maximum, FWHM) einer Transitzeit-Verteilungs-Funktion bestimmt werden.
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Es hat sich als vorteilhaft erwiesen, wenn zur Berechnung der Blutflussparameter gemäß Schritt S5 ein Modell für die Kontrastmittel-Dispersion mit einer stationären Verteilung der Transitzeiten zwischen beiden Messpunkten entlang des Gefäßes in dem Gefäßabschnitt bestimmt wird.
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Erfindungsgemäß kann Transitzeit-Verteilungs-Funktionen gemäß Schritt S4 durch eine Faltung der Zeit-Intensitäts-Kurven an beiden Messpunkt folgendermaßen ermittelt werden:
mit τ als gesamte Zeitspanne der Transitzeit-Verteilungs-Funktion.
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In vorteilhafter Weise kann zur Bestimmung von Transitzeiten gemäß Schritt S4 als Parameter für den Blutfluss Momente höherer Ordnung aus der Transitzeit-Verteilungs-Funktion berechnet werden, wobei die mittlere Transitverteilungszeit als das erste Moment der Transitzeit-Verteilungs-Funktion wie folgt berechnet werden kann:
mit τ als gesamte Zeitspanne der Transitzeit-Verteilungs-Funktion.
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Erfindungsgemäß kann die mittlere Kontrastmittel- bzw. Blutflussgeschwindigkeit folgendermaßen berechnet werden:
wobei Δs(
a,
b) der Abstand zwischen den Messpunkten entlang des Gefäßes ist.
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Erfindungsgemäß kann als Blutflussparameter gemäß Schritt S5 der Blutvolumenfluss wie folgt berechnet werden:
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Es hat sich als vorteilhaft erwiesen, wenn die Transitzeit-Verteilungs-Funktion mittels einer ein Modell-basierten iterativen Entfaltung bestimmt wird, wobei die Entfaltung eine regularisierte Entfaltung sein kann.
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Erfindungsgemäß kann die regularisierte Entfaltung die abgeschnittene Singulärwertzerlegung (truncated singular value decomposition, TSVD) oder eine Entfaltung mittels der regularisierten Fourier Transformation sein.
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In vorteilhafter Weise kann die Transitzeit-Verteilungs-Funktion eine Gamma-variate Funktion sein.
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Erfindungsgemäß erfolgt die Akquisition wenigstens einer Angiographieszene des Gefäßsystems gemäß Schritt S2 mit bestimmten Akquisitionsparametern zur Erzeugung der Angiographiedaten oder DSA-Sequenzen.
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Es hat sich als vorteilhaft erwiesen, wenn ein 2-D+t-DSA-Datensatz zur Akquisition wenigstens einer Angiographieszene gemäß Schritt S2 akquiriert wird.
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Die Erfindung ist nachfolgend anhand von in der Zeichnung dargestellten Ausführungsbeispielen näher erläutert. Es zeigen:
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1 ein bekanntes C-Bogen-Angiographiesystem mit einem Industrieroboter als Tragvorrichtung,
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2 ein bekanntes DSA-Verfahren (state-of-the-art),
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3 einen Gefäßabschnitt eines Gefäßes des Gefäßsystems gemäß 2,
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4 eine Maximum-Intensitäts-Projektion (MIP) eines 2-D+t-DSA-Datensatzes des Gefäßsystems,
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5 eine codierte Darstellung der aus dem Datensatz gemäß 4 mittels Gleichung (2) bestimmten mittleren Transitverteilungszeit und
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6 Verfahrensschritte eines erfindungsgemäßen angiographischen Bildauswerteverfahrens.
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In der
3 ist ein Gefäß
20 des Gefäßsystems
14 mit einer Gefäßwand
21 auf Basis einer Angiographieaufnahme dargestellt. In der Mitte des Gefäßes
20 ist eine Centerline
22 wiedergegeben, die sich beispielsweise mittels des von
H. Greenspan et al. in "Evaluation of Center-Line Extraction Algorithms in Quantitative Coronary Angiography" IEEE Transactions on Medical Imaging, Vol. 20, No. 9, September 2001, Seiten 928 bis 941, bekannten Verfahrens ermitteln und darstellen lässt. Der interessierende zu untersuchende Bereich des Gefäßes
20 weist einen Gefäßabschnitt
23 mit einem für die Untersuchung zu betrachtenden Startpunkt
24 und einen Endpunkt
25 als Messpunkte
a und
b auf.
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In der 4 ist eine Maximum-Intensitäts-Projektion 26 eines 2-D+t-DSA-Datensatzes eines mit Kontrastmittel gefüllten Gefäßsystems 14 als reales Röntgenbild dargestellt, wobei die übliche Darstellung derart erfolgt, dass das Gefäßsystem 14 gegenüber einem dunklen Hintergrund hell erscheint. Dieser 2-D+t-DSA-Datensatz wird gemäß dem anhand 2 beschriebenen DSA-Verfahren akquiriert, wobei er sich aus der Bildsequenz 16 ergibt.
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Das erfindungsgemäße angiographische Bildauswerteverfahren oder technische Bildanalyseverfahren zur Ermittlung von Flussverteilungen mittels entfaltungsbasierter Blutflussmessung aus 2-D-Angiogrammen basiert auf einem Modell für die Dispersion des Kontrastmittels unter Zugrundelegung eines 2-D+t-DSA-Datensatzes. Im folgenden Abschnitt werden das Modell und das Bildanalyseverfahren beschrieben. Im darauffolgenden Abschnitt wird auf einen besonderen Aspekt, die Modell-basierte, iterative Entfaltung, eingegangen.
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Modell für die Kontrastmittel-Dispersion In dem Modell für die Kontrastmittel-Dispersion wird von einer stationären Verteilung der Transitzeiten zwischen zwei Messpunkten entlang des Gefäßes ausgegangen. Die Zeit-Intensitäts-Kurve an dem Ort oder Messpunkt
a, an welchem das Kontrastmittel zuerst ankommt, wird als s(
a, t) bezeichnet. Die Zeit-Intensitäts-Kurve an dem zweiten Messpunkt
b wird als s(
b, t) bezeichnet. Die (unbekannte) Transitzeit-Verteilungs-Funktion
stellt in diesem Modell, durch eine Faltung, die Verbindung zwischen den beiden gemessenen Größen her:
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Die Funktion der Transitzeit-Verteilung
kann durch ein Entfaltungsverfahren berechnet werden, das im Abschnitt "Modell-basierte iterative Entfaltung" näher beschrieben ist. Die mittlere Kontrastmittel- bzw. Blutfluss-Transitverteilungszeit
kann dann als das erste Moment von der Transitzeit-Verteilungs-Funktion
wie folgt berechnet werden:
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Hier deckt τ die gesamte Zeitspanne der Transitzeit-Verteilungs-Funktion
ab. Eine beispielhafte Karte für diesen Parameter, berechnet aus einem realen 2-D+t-DSA-Datensatz, wie er in
4 dargestellt wurde, wird nachfolgend anhand
5 beschrieben. Es ist zu beachten, dass sich dieser Ansatz von dem Ansatz in
Ming De Lin et al. [4] wesentlich unterscheidet, der ja den Blutfluss als das Maximum der entfalteten Funktion bestimmt. Mit Hilfe des Abstandes Δs(
a,
b) zwischen den Messpunkten
a (
24) und
b (
25) entlang des Gefäßes kann dann die mittlere Kontrastmittel- bzw. Blutflussgeschwindigkeit
berechnet werden:
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Der Abstand Δs(
a,
b) ist zwar nicht unmittelbar bekannt, kann aber aus den Projektionsdaten geschätzt werden. Ebenso kann der mittlere Gefäßquerschnitt A zwischen den Messpunkten
a (
23) und
b (
24) geschätzt werden. Der Blutvolumenfluss
kann dann folgendermaßen berechnet werden:
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Die Kontrastmittel-Dispersion
kann beispielsweise als die Halbwertsbreite (full width at half maximum, FWHM) der Transitzeit-Verteilungs-Funktion
bestimmt werden. Es ist auch möglich, andere Parameter der Transitzeit-Verteilungs-Funktion
wie beispielsweise Momente höherer Ordnung, als Parameter für den Blutfluss zu berechnen, die zur Diagnostik von Pathologien verwendet werden können.
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Modell-basierte iterative Entfaltung
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Gleichung (1) kann durch ein Entfaltungsverfahren nach der (unbekannten) Funktion der Transitzeit-Verteilungs-Funktion
gelöst werden. Hierbei ist natürlich anzunehmen, dass die Werte der Funktionen s(
a, t) und s(
b, t) an diskreten Zeitpunkten bekannt sind. Da die numerische Entfaltung generell ein inverses, schlecht-gestelltes Problem ist, ist eine Regularisierung bei der Entfaltung notwendig.
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Standardverfahren zur regularisierten Entfaltung sind die abgeschnittene Singulärwertzerlegung (truncated singular value decomposition, TSVD) (siehe Østergaard et al. [5]) und die Entfaltung mittels der regularisierten Fourier Transformation.
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Bei dem letzteren Verfahren wird, ähnlich wie bei der TSVD, der Einfluss hoher Frequenzen, die insbesondere durch Rauschanteile dominiert werden, durch einen Filter minimiert.
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Diese Standardverfahren werden auch zur Entfaltung von CT- und MR-Perfusionsdaten verwendet, wo mittels der Entfaltung die sogenannte Residuenfunktion bestimmt wird (siehe
Østergaard et al. [5]). Um die Transitzeit-Verteilungs-Funktion
zu bestimmen, kann jedoch Vorwissen über das Verhalten dieser Funktion verwendet werden, um die Entfaltung robuster und genauer zu realisieren.
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Es wird daher zum Zwecke einer genaueren und robusteren Berechnung der Transitzeit-Verteilungs-Funktion
vorgeschlagen, dieses Modellwissen in Form einer Modell-basierten, iterativen Entfaltung anzuwenden. Dabei wird angenommen, dass sich die Transitzeit-Verteilungs-Funktion
als eine Gamma-variate Funktion beschreiben lässt (siehe
Massimo Mischi et al. [6]). Das Schätzen der (unbekannten) Parameter der Gamma-variaten Funktion stellt dabei ein Optimierungsproblem dar, das mit numerischen Standardverfahren gelöst werden kann. Diese Verfahren arbeiten iterativ.
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Die Figur zeigt ein Funktionsbild
27 mit einer Transitzeit-Verteilung
28 eines mit Kontrastmittel gefüllten Gefäßbaums, die üblicherweise in Farbe dargestellt ist. Die übliche Farbdarstellung wechselt dabei von Magenta oder Rot für lange Zeiten von beispielsweise 4,5 Sek. bis zum Erreichen des Kontrastmittelmaximums über Grün und Gelb bis Blau oder Violett für kurze Zeiten von beispielsweise 0,5 Sek. bis zum Erreichen des Kontrastmittelmaximums. Ein Kodier-Farbstreifen
28 gibt dabei in bekannter Weise an, welche Farbe welcher Ankunftszeit zugeordnet ist. In der Schwarz-Weiß-Darstellung sind die blauen oder violetten Gefäße hell und die roten Gefäße dunkel wiedergegeben. Als Funktionsbild
27 wurde aus dem 2-D+t-DSA-Datensatz gemäß
4 mittels Gleichung (2) die mittlere Kontrastmittel- bzw. Blutfluss-Transitverteilungszeit
bestimmt.
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Anhand der 6 werden nun die einzelnen Verfahrensschritte des oben genannten erfindungsgemäßen Bildauswerteverfahren zur Ermittlung von Flussverteilungen zusammenfassend nochmals beschrieben.
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In einem ersten Schritt S1 erfolgt eine Aufnahme eines 2-D-Datensatzes (11) des Gefäßsystems 14 mit einem Angiographiesystem 1 bis 4.
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Anschließend wird gemäß einem zweiten Schritt S2 eine Akquisition wenigstens einer Angiographieszene (13) des Gefäßsystems 14 unter Zugabe eines Röntgen-Kontrastmittels mit einer Vielzahl einzelner, zeitlich aufeinanderfolgender 2-D-Angiographiebilder durchgeführt.
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Gemäß einem dritten Schritt S3 wird ein Abschnitt 23 eines Gefäßes 20 des Gefäßsystems 14 mit einem Startpunkt 24 und einem Endpunkt 25 als Messpunkte a und b selektiert.
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In einem vierten Schritt S4 erfolgt eine Bestimmung von Transitzeiten zwischen beiden Messpunkten a und b in dem Gefäßabschnitt 23.
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Gemäß einem fünften Schritt S5 werden Blutflussparameter aufgrund der Transitzeiten in dem Gefäßabschnitt (23) berechnet.
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In einem sechsten und letzten Schritt S6 erfolgt eine visuelle Darstellung der Blutflussparameter aufgrund des 2-D+t-DSA-Datensatzes.
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Durch das erfindungsgemäße Verfahren lassen sich Injektionsparameter-unabhängige Blutflussparameter, insbesondere die mittlere Blutflussgeschwindigkeit, den daraus abgeleiteten Blutvolumenfluss und die Kontrastmittel-Dispersion, aus 2-D-Angiogrammen bestimmen. Durch ein Entfaltungsverfahren findet eine Normierung mit einer Referenz-Zeit-Intensitäts-Kurve statt. Insbesondere kann mit diesem technischen Verfahren die Kontrastmittel-Dispersion des Blutflusses bestimmt werden, was bislang mit vorhandenen Verfahren nicht möglich ist. Zudem kann die Entfaltung Vorwissen über das physiologische Modell in Form einer Modell-basierten Entfaltung integrieren, um robustere und genauere Ergebnisse zu erzielen.
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Literaturstellen
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- [1] C. M. Strother, F. Bender, Y. Deuerling-Zheng, K. Royalty, K. A. Pulfer, J. Baumgart, M. Zellerhoff, B. Aagaard-Kienitz, D. B. Niemann and M. L. Lindstrom; Parametric Color Coding of Digital Subtraction Angiography; American Journal of Neuroradiology 31. pp. 919–924, 2010.
- [2] J. M. González-Fernández; Theory of the measurement of the dispersion of an indicator in indicator-dilution studies; Circulation Research. 10, pp. 409–428, 1962.
- [3] S. D. Shpilfoygel, R. A. Close, D. J. Valentino, and G. R. Duckwiler; X-ray videodensitometric methods for blood flow and velocity measurement: A critical review of literature; Medical Physics 27(9), pp. 2008–2023, 2000.
- [4] M. Lin, C. T. Marshall, Y. Qi, S. M. Johnston, C. T. Badea, C. A. Piantadosi, and G. A. Johnson; Quantitative blood flow measurements in the small animal cardiopulmonary system using digital subtraction angiography; Medical Physics 36(11), pp. 5347–5358, 2009.
- [5] L. Østergaard, R. M Weisskoff, D. A. Chesler, C. Gyldensted and B. B. Rosen; High resolution measurement of cerebral blood flow using intravascular tracer bolus passages. Part I: Mathematical approach and statistical analysis; Magnetic Resonance in Medicine 36, pp. 715–725, 1996.
- [6] M. Mischi, J. A. den Boer, and H. H. M. Korsten; On the physical and stochastic representation of an indicator dilution curve as a gamma variate; Physiological Measurement 29, pp. 281–294, 2008.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- US 7500784 B2 [0001, 0003]
- DE 102007030960 A1 [0019]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- "Parametric Color Coding of Digital Subtraction Angiography" von Charles M. Strother et al. [0012]
- "syngo iFlow / Dynamic Flow Evaluation / Answers for life", Order No. A91AX-20902-11C1-7600, Druckzeichen CC AX WS 12081.5, 12.2008 [0012]
- "Theory of the Measurement of the Dispersion of an Indicator in Indicator-Dilution Studies" von Jose M. Gonzalez-Fernandez [0013]
- "X-ray videodensitometric methods for blood flow and velocity measurement: A critical review of literature" von Simon D. Shpilfoygel et al. [0016]
- "X-ray videodensitometric methods for blood flow and velocity measurement: A critical review of literature" von Simon D. Shpilfoygel et al. [0017]
- "Quantitative blood flow measurements in the small animal cardiopulmonary system using digital subtraction angiography" von Ming De Lin et al. [0018]
- "High resolution measurement of cerebral blood flow using intravascular tracer bolus passages, Part I: Mathematical approach and statistical analysis" von Leif Østergaard et al. [0018]
- H. Greenspan et al. in "Evaluation of Center-Line Extraction Algorithms in Quantitative Coronary Angiography" IEEE Transactions on Medical Imaging, Vol. 20, No. 9, September 2001, Seiten 928 bis 941 [0044]
- Ming De Lin et al. [0049]
- Østergaard et al. [0053]
- Østergaard et al. [0055]
- Massimo Mischi et al. [0056]
- "On the physical and stochastic representation of an indicator dilution curve as a gamma variate" von Massimo Mischi et al. [0057]