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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Simulation eines Blutflusses in einem Gefäßsegment eines Patienten bei angiographischen Untersuchungen, vorzugsweise mittels einer Röntgendiagnostikeinrichtung mit einem Röntgenstrahler und einem Röntgenbilddetektor, einem Patientenlagerungstisch und einer Systemsteuerungseinheit, wobei eine Bildaufnahme eines das Gefäßsegment umfassenden Untersuchungsbereichs gewonnen wird, aus der Bildaufnahme ein 3-D-Gefäßmodell ermittelt wird, eine Anzahl von Blutflussparametern eingelesen wird, unter Einbeziehung dieser Blutflussparameter der Blutfluss in dem 3-D-Gefäßmodell simuliert wird.
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„Computational Fluid Dynamics“, kurz auch CFD genannt, ist ein Verfahren, um den Blutfluss in einem Gefäßabschnitt oder Gefäßsegment eines Blutgefäßes zu simulieren, welcher eine pathologische, also eine krankhafte Veränderung beinhaltet. Eine derartige pathologische Veränderung des Gefäßabschnitts liegt beispielsweise in Form eines Aneurysmas, also einer krankhaften, örtlich begrenzten, häufig sackartigen Erweiterung vor. Ein Aneurysma kann insbesondere in einem Blutgefäß im Bereich des Gehirns oder des Herzens auftreten; jedoch ist das Auftreten eines Aneurysmas im Allgemeinen nicht auf eine spezielle Körperregion begrenzt. Die klinische Bedeutsamkeit eines Aneurysmas, welches beispielsweise im Gehirn lokalisiert ist, besteht insbesondere aufgrund der Gefahr einer Ruptur, also einer Riss- oder Bruchbildung, die beispielsweise zu Einblutungen und Thrombosen führen kann. Die Dynamik des Blutflusses in einem Aneurysma wird in der heutigen Medizin häufig als ein wichtiger Faktor für die Pathogenese des Aneurysmas, also für dessen Entstehung und Entwicklung, erachtet.
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Diese Simulation des Blutflusses durch CFD-Verfahren vermittelt eine dreidimensionale Verteilung der Flussparameter, wie beispielsweise WSS (Wall Shear Stress, Wandschubspannung), entlang der Oberfläche des Gefäßlumens.
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In der
DE 10 2008 014 792 B3 ist ein derartiges Verfahren zur Simulation eines Blutflusses in einem Gefäßabschnitt beschrieben, wobei eine Bildaufnahme eines den Gefäßabschnitt umfassenden Gefäßbereichs gewonnen wird, aus der Bildaufnahme ein 3-D-Gefäßabschnittsmodell ermittelt wird, eine Anzahl von Blutflussparametern eingelesen wird, unter Einbeziehung des oder jeden Blutflussparameters der Blutfluss in dem Gefäßabschnittsmodell simuliert wird und eine Anzahl von hämodynamischen Parametern ausgegeben wird. Dabei ist vorgesehen, dass die Bildaufnahme mit einem in dem Gefäßabschnitt eingesetzten Implantat derart gewonnen wird, dass Bilddaten des Implantats umfasst sind, und dass das 3-D-Gefäßabschnittsmodell unter Berücksichtigung der Bilddaten des eingesetzten Implantats ermittelt wird. Weiter wird eine entsprechende Vorrichtung zur Simulation eines Blutflusses in einem Gefäßabschnitt angegeben.
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Wie aus dem Artikel „Image-Based Computational Simulation of Flow Dynamics in a Giant Intracranial Aneurysm“ von D. A. Steinmann et al. [1] bekannt ist, wird eine Anzahl von sogenannten hämodynamischen Parametern in Zusammenhang mit einem Wachstum und einem Bruch des Aneurysmas gebracht. Unter einem hämodynamischen Parameter wird insbesondere ein Parameter verstanden, der eine Hämodynamik, also eine Strömungsmechanik des Blutes, betrifft. In dem genannten Artikel werden als hämodynamische Parameter unter anderem ein Druck, eine die Gefäßwand betreffende Spannung und Scherspannung, sowie eine Flussrate genannt. Um auf derartige hämodynamische Parameter zu schließen, wird beispielsweise der Blutfluss in einem Gefäßabschnitt, welcher beispielsweise das Aneurysma umfasst, simuliert.
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In diesem Artikel von D. A. Steinmann et al. [1] wird dazu aus einer 3-D-Bildaufnahme, welche mittels einer Rotationsangiographie gewonnen wurde, ein 3-D-Gefäßabschnittsmodell ermittelt. Der Blutfluss in dem 3-D-Gefäßabschnittsmodell wird mittels des CFD-Verfahrens simuliert. Die Simulation wird hier unter der Annahme starrer Gefäßwände und einer konstanten Blutviskosität durchgeführt. CFD ist ein Verfahren der numerischen Strömungssimulation. Die in der numerischen Strömungsmechanik benutzten Modellgleichungen basieren meist auf einer Navier-Stokes-Gleichung, auf einer Euler- oder auf einer Potentialgleichung.
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Dieses Verfahren zur Blutflusssimulation wird heute in einer Vielzahl experimenteller Studien eingesetzt. Eine wesentliche Einschränkung besteht darin, dass in dieser speziellen Anwendung am Menschen nicht alle für die Simulation notwendigen Randbedingungen patientenindividuell ausreichend genau bekannt sind. Daher ist eine Validierung des Verfahrens schwierig und bisher nicht erfolgt.
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Dies bedeutet, dass die resultierenden Strömungsergebnisse für den individuellen Patienten falsch sein können. Wesentliche Randbedingungen sind hier die Geometrie des Gefäßabschnittes mit Aneurysma, die sich zeitlich ändernden Zufluss- und Abflusswerte des Blutes (Geschwindigkeit, Volumen, ...), die Bluteigenschaften und die lokalen elastischen Eigenschaften der Gefäßwand.
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Zur Durchführung einer derartigen Rotationsangiographie zur Erzeugung von 3-D-Bildaufnahmen, um ein 3-D-Gefäßabschnittsmodell zu erhalten, werden Röntgensysteme eingesetzt, deren typische wesentliche Merkmale beispielsweise mindestens ein C-Bogen, der robotergesteuert sein kann und an dem eine Röntgenröhre und ein Röntgenbilddetektor angebracht sind, ein Patientenlagerungstisch, ein Hochspannungsgenerator zur Erzeugung der Röhrenspannung, eine Systemsteuerungseinheit und ein Bildgebungssystem inklusive mindestens eines Monitors sein können.
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Ein derartiges in der 1 als Beispiel dargestelltes typisches Röntgensystem mit Roboter-montiertem C-Bogen weist beispielsweise einen an einem Ständer in Form eines sechsachsigen Industrie- oder Knickarmroboters 1 drehbar gelagerten C-Bogen 2 auf, an dessen Enden eine Röntgenstrahlungsquelle, beispielsweise ein Röntgenstrahler 3 mit Röntgenröhre und Kollimator, und ein Röntgenbilddetektor 4 als Bildaufnahmeeinheit angebracht sind.
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Generell sind auch CTA und MRA geeignet, um die 3-D-Modelle zu erzeugen. Der Vorteil bei C-Bogen-Systemen liegt darin, dass gegebenenfalls die 2-D-Aufnahmen intrinsisch registriert sind. Ansonsten ist dies bei allen Modalitäten zu tun.
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Mittels des beispielsweise aus der
US 7 500 784 B2 bekannten Knickarmroboters
1, welcher bevorzugt sechs Drehachsen und damit sechs Freiheitsgrade aufweist, kann der C-Bogen
2 beliebig räumlich verstellt werden, zum Beispiel indem er um ein Drehzentrum zwischen dem Röntgenstrahler
3 und dem Röntgenbilddetektor
4 gedreht wird. Das erfindungsgemäße Röntgensystem
1 bis
4 ist insbesondere um Drehzentren und Drehachsen in der C-Bogen-Ebene des Röntgenbilddetektors
4 drehbar, bevorzugt um den Mittelpunkt des Röntgenbilddetektors
4 und um den Mittelpunkt des Röntgenbilddetektors
4 schneidende Drehachsen.
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Der bekannte Knickarmroboter 1 weist ein Grundgestell auf, welches beispielsweise auf einem Boden fest montiert ist. Daran ist drehbar um eine erste Drehachse ein Karussell befestigt. Am Karussell ist schwenkbar um eine zweite Drehachse eine Roboterschwinge angebracht, an der drehbar um eine dritte Drehachse ein Roboterarm befestigt ist. Am Ende des Roboterarms ist drehbar um eine vierte Drehachse eine Roboterhand angebracht. Die Roboterhand weist ein Befestigungselement für den C-Bogen 2 auf, welches um eine fünfte Drehachse schwenkbar und um eine senkrecht dazu verlaufende sechste Rotationsachse rotierbar ist.
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Die Realisierung der Röntgendiagnostikeinrichtung ist nicht auf den Industrieroboter angewiesen. Es können auch übliche C-Bogen-Geräte Verwendung finden.
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Der Röntgenbilddetektor 4 kann ein rechteckiger oder quadratischer, flacher Halbleiterdetektor sein, der vorzugsweise aus amorphem Silizium (a-Si) erstellt ist. Es können aber auch integrierende und eventuell zählende CMOS-Detektoren Anwendung finden.
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Im Strahlengang des Röntgenstrahlers 3 befindet sich auf einem Patientenlagerungstisch 5 zur Aufnahme beispielsweise eines Herzens ein zu untersuchender Patient 6 als Untersuchungsobjekt. An der Röntgendiagnostikeinrichtung ist eine Systemsteuerungseinheit 7 mit einem Bildsystem 8 angeschlossen, das die Bildsignale des Röntgenbilddetektors 4 empfängt und verarbeitet (Bedienelemente sind beispielsweise nicht dargestellt). Die Röntgenbilder können dann auf Displays einer Monitorampel 9 betrachtet werden.
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Bei den heute eingesetzten Verfahren zur Blutflusssimulation sind in dieser speziellen Anwendung am Menschen nicht alle für die Simulation notwendigen Randbedingungen patientenindividuell ausreichend genau bekannt. Daher ist eine Validierung des Verfahrens schwierig. In der nachfolgend genannten Literatur werden verschiedene Ansätze angeführt, die es ermöglichen, CFD-Simulationen zu validieren.
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In „Blood flow in cerebral aneurysm: Comparison of phase contrast magnetic resonance and computational fluid dynamics - preliminary results“ von Karmonik et al. [2] wird das Ergebnis einer CFD-Simulation mit MR verglichen. Die MR-Messung selbst ist wegen der begrenzten Auflösung jedoch ungenau und erfordert einen beachtlichen Zeitaufwand. Zudem wird diese Untersuchung für fast keinen Patienten durchgeführt.
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In „Methodologies to assess blood flow in cerebral aneurysm: Current state of research and perspectives“ von Augsburger et al. [3] wird ein Vorgehen mittels transparenter in-vitro-Gefäßmodelle und „Particle Image Velocimetry“ (PIV) beschrieben, welches einen Vergleich von CFD-Daten und gemessenen Daten ermöglicht.
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Beide Verfahren sind jedoch nicht geeignet, die CFD-Messung für den individuellen Patienten zu validieren.
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In „Quantitative evaluation of virtual angiography for interventional X-ray acquisitions“ von Sun et al. [4] wird ein Verfahren beschrieben, welches geeignet ist, in einer bestimmten Weise CFD-Simulationen für den einzelnen Patienten zu verifizieren. Dazu wird mittels der CFD-Simulation eine virtuelle Angiographie erstellt, welche mit einer echten Angiographieaufnahme des Patienten verglichen werden kann. Damit erhält man einen qualitativen Vergleich in 2-D. Darüber hinaus wird beschrieben, eine Mittellinie (Centerlinie) zu generieren und eine Flow Map längs dieser Mittellinie in beiden Angiographieaufnahmen zu machen. Mit diesen beiden Linien ist ein quantitativer Vergleich in 1-D (längs der Linie) möglich, der in Form eines relativen mittleren quadratischen Fehlers angegeben werden kann.
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Die Druckschrift
WO 2009/109887 A1 offenbart eine bildbasierte Methode zur Analyse eines Gefäßsystems. Die Druckschrift
US 2006/0184006 A1 offenbart ferner ein intraoperatives C-Arm-Fluoroskopiesystem, wobei Echtzeit-Fluoroskopiebilder mit virtuellen Bildern fusioniert werden. In der Druckschrift
US 7191110 B1 wird ferner eine Methode zur Modellierung eines patientenspezifischen Zirkulationsmodells offenbart.
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Die Erfindung geht von der Aufgabe aus, ein Verfahren der eingangs genannten Art derart auszubilden, dass es erlaubt, die CFD-Simulationsergebnisse für den individuellen Patienten zu validieren, bzw. evtl. Abweichungen quantitativ zu bestimmen und diese iterativ für eine Verbesserung der CFD-Simulation zu nutzen.
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Die Aufgabe wird erfindungsgemäß für ein Verfahren durch die im Patentanspruch 1 angegebenen Merkmale gelöst. Vorteilhafte Ausbildungen sind in den abhängigen Patentansprüchen angegeben.
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Die Aufgabe wird erfindungsgemäß durch folgende Schritte gelöst:
- a) Aufnahme eines 3-D-Bilddatensatzes eines das Gefäßsegment (20) umfassenden Untersuchungsbereichs zur Erzeugung eines 3-D-Rekonstruktionsbildes des Untersuchungsbereichs,
- b) Generierung eines 3-D-Gefäßmodells aus dem 3-D-Bilddatensatz,
- c) Erfassung einer Kontrastmittel-Propagierung in dem Untersuchungsbereich mittels dynamischer 2-D-Angiographie-Verfahren zur Erzeugung von realen 2-D-Angiographieaufnahmen,
- d) Eingabe wenigstens eines Blutflussparameters,
- e) Start einer CFD-Simulation des Blutflusses in dem 3-D-Gefäßmodell unter Einbeziehung des wenigstens einen Blutflussparameters,
- f) Generierung von virtuellen 2-D-Angiographieaufnahmen aus den Ergebnissen der CFD-Simulation,
- g) Ermittlung eines Übereinstimmungsmaßes als zweidimensionales Feld zwischen den realen und den virtuellen 2-D-Angiographieaufnahmen aus identischer Angulation und angepasster Aufnahmegeometrie des individuellen Patienten,
- h) Vergleich des Übereinstimmungsmaßes mit vorgebbaren Toleranzwerten,
- i) iterative Optimierung der CFD-Simulation unter Veränderung des wenigstens einen Blutflussparameters in Abhängigkeit von dem Vergleich gemäß Schritt h) und
- j) Ausgabe des Übereinstimmungsmaßes (Bi,j) zur Bewertung der Übereinstimmung der virtuellen und der realen Angiographie,
wobei zur CFD-Simulation gemäß Schritt e) aus den realen 2-D-Angiographieaufnahmen (S) und den virtuellen 2-D-Angiographieaufnahmen (S*) für jedes Pixel oder für eine Kombination mehrerer Pixel die Zeit-Intensitätskurven TI-Ci,j, TIC*i,j gewonnen werden, aus denen wenigstens eine charakteristische Größe extrahiert wird.
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Dadurch lassen sich Informationen über den lokalen Blutfluss, in und aus dem betrachteten Gefäßsegment, hiermit iterativ an die real aufgenommenen 2-D-Angiographieaufnahmen anpassen.
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In vorteilhafter Weise kann die Aufnahme eines 3-D-Bilddatensatzes eines das Gefäßsegment umfassenden Untersuchungsbereichs gemäß Schritt a) mittels einer Röntgendiagnostikeinrichtung mit einem Röntgenstrahler und einem Röntgenbilddetektor, einem Patientenlagerungstisch und einer Systemsteuerungseinheit gewonnen werden.
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Erfindungsgemäß kann eine Segmentierung des betroffenen Gefäßsegmentes durchgeführt werden.
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Es hat sich als vorteilhaft erwiesen, wenn eine individuelle Wahl der Parameter zur Korrektur für jedes Segment erfolgt, wenn das Gefäßsegment mehrere abführende Gefäße aufweist, bei denen die Übereinstimmung in beiden ausfließenden Gefäßsegmenten unterschiedlich ist.
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Als charakteristische Größen lassen sich erfindungsgemäß Zeitwerte, Intensitätswerte und/oder Intensitätswerte zu definierten Zeiten extrahieren.
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In vorteilhafter Weise kann das Übereinstimmungsmaß gemäß Schritt g) folgendermaßen gebildet werden:
mit dem Übereinstimmungsmaß und den extrahierten Größen für jedes Pixel i,j aus beiden Angiographien.
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Erfindungsgemäß kann das Übereinstimmungsmaß gemäß Schritt g) ein normiertes Übereinstimmungsmaß sein.
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Es hat sich als vorteilhaft erwiesen, wenn das Übereinstimmungsmaß gemäß Schritt g) für die Bolusankunftszeiten ermittelt wird.
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Erfindungsgemäß kann das Übereinstimmungsmaß gemäß Schritt j) als Bild und/oder als zweidimensionales Feld farbkodiert dargestellt werden.
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In vorteilhafter Weise kann das 3-D-Gefäßmodell ein 3-D-Gefäßabschnittsmodell oder ein 3-D-Gefäßoberflächenmodell sein.
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Als Blutflussparameter gemäß Schritt d) ist erfindungsgemäß wenigstens eine Randbedingung aus der Gruppe:
- - Geometrie des Gefäßabschnittes mit Aneurysma,
- - sich zeitlich ändernde Zufluss- und Abflusswerte des Blutes,
- - Druck am Zufluss- und Abflussbereich,
- - Bluteigenschaften und
- - lokale elastische Eigenschaften der Gefäßwand eingebbar.
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Es hat sich als vorteilhaft erwiesen, wenn als sich zeitlich ändernde Zufluss- und Abflusswerte des Blutes die Druckdifferenz zwischen Einflussbereich und Ausflussbereichen, die Fließgeschwindigkeit und/oder das Blutvolumen als Randbedingung gewählt werden.
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Die Erfindung ist nachfolgend anhand von in den Zeichnungen dargestellten Ausführungsbeispielen näher erläutert. Es zeigen:
- 1 ein bekanntes Röntgensystem mit einem Industrieroboter als Tragvorrichtung für einen C-Bogen,
- 2 Zeit-Intensitätskurven (TIC) mit eingezeichneten charakteristischen Größen zur Erläuterung der Erfindung,
- 3 ein Beispiel einer Gefäßabzweigung mit Aneurysma zur Definition von ROI und die dazugehörigen Randbedingungen von Fluss Q und Druck P,
- 4 ein Flussdiagramm eines erfindungsgemäßen Verfahrensablaufs und
- 5 einen erfindungsgemäßen Workflow.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren wird ein Übereinstimmungsmaß zwischen einer virtuellen Angiographie aus einer CFD-Simulation und einer realen Angiographieszene bestimmt und dieses Übereinstimmungsmaß verwendet, um zielgerichtet die CFD-Simulation iterativ zu optimieren.
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Dieses Übereinstimmungsmaß basiert auf dem Vergleich einer virtuellen Angiographie und einer realen Angiographie aus identischer Angulation und angepasster Aufnahmegeometrie des individuellen Patienten. Die erfindungsgemäße Bestimmung des Übereinstimmungsmaßes in 2D ist ein alternativer Ansatz zu Sun et al. [4].
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Ausgangsdaten für dieses Übereinstimmungsmaß sind dynamische Angiographieszenen, die die Kontrastmittelausbreitung bzw. -passage durch das entsprechende Gefäßsystem zeigen. Die virtuelle dynamische Angiographie S* (die mit * indizierten Werte beziehen sich im Folgenden immer auf die Daten, welche aus der virtuellen Angiographie abgeleitet wurden) wird mittels CFD-Simulation gewonnen. Aus diesen zwei Szenen S und S* werden nun für jedes Pixel (oder Kombination mehrerer Pixel) die Zeit-Intensitätskurven TICi,j und TIC *i,j gewonnen.
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Im nächsten Schritt können aus diesen Zeit-Intensitätskurven eine oder auch mehrere charakteristische Größen extrahiert werden, wie dies in „Parametric Color coding of digital subtraction angiography“ von Strother et al. [5] beschrieben ist. Dies können Zeitwerte und/oder Intensitätswerte oder Intensitätswerte zu definierten Zeiten sein.
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In der 2 ist eine beispielhafte Zeit-Intensitätskurve (TIC) mit eingezeichneten charakteristischen Größen dargestellt, bei der der Blutfluss als Intensität I über der Zeit t aufgetragen ist. Nach einem rauschartigen Verlauf der Boluskurve 10 steigt die Intensität I bis zum Intensitätsmaximum 11 (Imax) an, um dann wieder auf einen Rauschpegel abzufallen. Die Boluskurve 10 wird weiterhin durch ihre Halbwertsbreite 12 (FWHM - Full Width at Half Maximum) charakterisiert, die zwischen dem mittleren Anstieg und dem mittleren Abfall der Boluskurve liegt.
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Die Ankunftszeit 13 (Trise) ist die Zeit, die bis zum Auftreten des Kontrastmittelbolus an der untersuchten Stelle und damit bis zu dem Anstieg der Boluskurve 10 vergeht. Die mittlere Anstiegzeit 14 (Trise, FWHM) ist die Zeit, die bis zum Auftreten der Halbwertsbreite 12 der Boluskurve 10 vergeht, d. h., bis die Boluskurve 10 die Hälfte des Intensitätsmaximums 11 (Imax) erreicht hat. Die Zeit bis zum Intensitätsmaximum 11 (Imax) wird Maximum-Zeit 15 (Tmax) genannt. Die Anstiegzeit 17 oder Einwaschzeit (Twash in) kennzeichnet den steilen Anstieg der Boluskurve 10. Der Abfall der Boluskurve 10 wird durch die Abfallzeit 16 oder Auswaschzeit (twash out) gekennzeichnet. Die Dauer des Auftretens des Kontrastmittelbolus wird durch die Bolus- oder Maximalzeit 18 (tPeak) gekennzeichnet.
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Im Folgenden sei Ti,j bzw. T *i,j die extrahierte Größe für jedes Pixel i,j aus beiden Angiographien.
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Damit ergibt sich ein Übereinstimmungsmaß B
i,j beider Angiographien aus einer mathematischen Verknüpfung beider Werte T
i,j bzw. T *
i,j, wie z. B. einer einfachen Subtraktion.
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Dieses Übereinstimmungsmaß ist also ein zweidimensionales Feld, welches beispielsweise als Bild (z. B. farbkodiert) dargestellt werden kann und eine Bewertung der Übereinstimmung der virtuellen und der realen Angiographie erlaubt.
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Theoretisch kann dieses Übereinstimmungsmaß wie in Sun et al. [4] als mittlerer quadratischer Fehler der gesamten Kurven TICi,j und TIC*i,j ermittelt werden. Dies erlaubt im Späteren aber keine Aussage über die Art der Abweichung und ist damit nicht zu einer gezielten Steuerung der CFD-Optimierung verwendbar.
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Bislang ist jedoch keine Synchronisation zwischen beiden Angiographieszenen erfolgt. Bei dieser Anwendung gibt es verschiedene ausgezeichnete Gefäßbereiche in den Angiographiebildern. Dazu gehören die Gefäßbereiche, in die das Blut bzw. das Kontrastmittel einfließt.
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In einer verbesserten Ausführung können interessierende Bereiche (ROI - Region of Interest) dieser Gefäßbereiche in beiden Bildern definiert werden. Dabei werden eine oder mehrere ROI, bzw. entsprechende ROI* im virtuellen Bild, in der Art gewählt, dass sie den bzw. die Gefäßeinflussbereiche abdecken. In einem nächsten Schritt kann der Mittelwert der betrachteten charakteristischen Größe Ti,j, bzw. T*i,j ermittelt werden: MWTi,j, bzw. MWT*i,j. Aus einem Vergleich dieser Mittelwerte wird im Folgenden eine Normierung berechnet. Dies können eine Differenz (bei zeitlichen Werten) oder ein Faktor z. B. bei Intensitätswerten, aber auch andere Algorithmen sein.
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Besonders vorteilhaft ist es, die Kontrasteinflusskurve aus der realen Angiographieszene für die (initiale) CFD-Simulation zu verwenden.
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Wird die Simulation der virtuellen Angiographie so durchgeführt, dass der virtuelle Inflow des Kontrastmittels mit der Realität übereinstimmt, kann auf eine Normierung verzichtet werden. Es kann aber auch vorkommen, dass beide Kurven beim Inflow gegeneinander verzögert sind oder unterschiedliche Grauwerte aufweisen. Dann wird je nach Fragestellung die Normierung eine Verbesserung bringen.
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Erfindungswesentlich sind die Definition eines Übereinstimmungsmaßes und die Verwendung desselben zur Beurteilung und Optimierung der bislang in-vivo nicht möglichen patientenindividuellen CFD-Simulation. Besonders die fehlenden Informationen über den lokalen Fluss, in und aus dem betrachteten Gefäßsegment, können hiermit iterativ an die real aufgenommenen 2-D-Angiographieaufnahmen angepasst werden. Dies führt zu einer Verbesserung der CFD-Ergebnisse.
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Dabei liegt der Gedanke zugrunde, eine aus der CFD-Simulation gewonnene virtuelle Angiographie mit der realen Angiographie zu vergleichen, einen Grad der Übereinstimmung zu ermitteln, bzw. bei Differenz die CFD zu optimieren, so dass die Übereinstimmung besser wird.
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Es werden bei einem Patienten eine 3-D-Subtraktionsangiographie mit einem C-Bogen-System der zerebralen Gefäße und eine (oder mehrere) 2-D-Subtraktionsangiographieszenen aufgenommen.
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In einem ersten Schritt wird nach einer Segmentierung des betroffenen Gefäßabschnittes um ein Aneurysma ein 3-D-Oberflächenmodell im Computer erzeugt, welches im Weiteren für die CFD-Simulation als Geometrie verwendet wird. Zudem werden Einfluss- und Ausflussbereiche festgelegt.
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In der 3 ist als Beispiel zur Definition des interessierenden Bereichs ROI (Region Of Interest) und der dazugehörigen Randbedingungen Fluss Q und Druck P ein Gefäßsegment 20 mit einem zuführenden Gefäß 21 dargestellt, dass sich in ein erstes abführendes Gefäß 22 und ein zweites abführendes Gefäß 23 verzweigt. Das Gefäßsegment 20 weist weiterhin ein Aneurysma 24 auf. Der Eingang des zuführenden Gefäßes 21 wird von einem Einflussbereich 25 gebildet. Den Ausgang des ersten abführenden Gefäßes 22 bildet ein erster Ausflussbereich 26 und den Ausgang des zweiten abführenden Gefäßes 23 ein zweiter Ausflussbereich 27. In dem interessierenden Bereich ROIin des Einflussbereichs 25 herrscht ein Fluss Qin (t) und ein Druck Pin (t). In dem interessierenden Bereich ROIout1 des ersten Ausflussbereichs 26 werden ein Fluss Qout1 (t) und ein Druck Pout1 (t) und in dem interessierenden Bereich ROIout2 des zweiten Ausflussbereichs 27 ein Fluss Qout2 (t) und ein Druck Pout2 (t) gemessen.
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Das selektierte Volumen wird mit der 2-D-Angiographie abgeglichen, d. h., es wird in der 3-D-Angiographie eine der 2-D-Angiographie entsprechende Angulation und Projektionsgeometrie bestimmt. Stammen beide Aufnahmen aus einer Untersuchung ohne Patientenbewegung, kann dies einfach errechnet werden, ansonsten muss eine Registrierung durchgeführt werden. Damit sind in der 2-D-Angiographie nun auch der Einflussbereich 25 und die Ausflussbereiche 26 und 27 festgelegt.
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In der folgenden CFD-Simulation wird u. a. die Propagierung eines injizierten Kontrastmittels simuliert. Die zeitliche Dynamik des Kontrastmitteleinflusses kann an die gemittelte Zeit-Intensitätskurve aus der 2-D-Angiographie angepasst werden. Nach der Simulation wird mittels bekannter Angulation und Projektionsgeometrie durch Vorwärtsprojektion (DRR) eine virtuelle 2-D-Angiographie errechnet, wie dies beispielsweise in der
DE 10 2007 039 034 A1 beschrieben ist.
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In einem nächsten Schritt wird das normierte Übereinstimmungsmaß B'i,j z. B. für die Bolusankunftszeiten beider Angiographien (real und virtuell) berechnet.
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Betrachtet man beispielsweise das typische Gefäßsegment 20 mit dem zuführenden Gefäß 21, dem Aneurysma 24 und den zwei abführenden Gefäßen 22 und 23, kann nun eine weitere Auswertung zur Steuerung einer iterativen CFD-Simulation erfolgen. Dazu wird das normierte Übereinstimmungsmaß gemittelt in den ROI der Ausflussbereiche 26 und 27 der beiden abführenden Gefäße 22 und 23 betrachtet. Liegt es innerhalb einer vorgegebenen Toleranz, ist das Simulationsergebnis im Hinblick auf diese Parameter zufriedenstellend, andernfalls kann dies als zu schneller oder zu langsamer Fluss im gesamten Gefäßsegment 20 interpretiert werden. Dies bedeutet physikalisch, dass die Randbedingung Druckdifferenz zwischen Einflussbereich 25 und Ausflussbereiche 26 und 27 suboptimal gewählt wurde. Dies kann geschehen, da der Gefäßwiderstand distal zum betrachteten Gefäßbaumabschnitt in der Regel nicht bekannt ist.
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Die Toleranzen können beispielsweise von einem Nutzer vorgegeben werden. Dadurch wird bestimmt, wie genau beide Angiographien, die virtuelle und die reale Angiographie, übereinstimmen müssen, bevor der Nutzer zufrieden ist.
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Ist das normierte Übereinstimmungsmaß positiv, dann ist der berechnete Fluss zu niedrig und in der darauffolgenden CFD-Simulation müssen die Druckdifferenz bzw. die Druckbedingungen an den Ausflussbereichen 26 und 27 (oder dazu korrespondierende Größen wie Flussgeschwindigkeit am Einflussbereich 25) erhöht werden. Bei einem negativen Wert kann die Druckdifferenz entsprechend reduziert werden.
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Ist die Übereinstimmung in beiden ausfließenden Gefäßsegmenten ROIout1 und ROIout2 unterschiedlich, kann durch die individuelle Wahl der Parameter dies für jedes Segment individuell korrigiert werden.
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Ein weiteres Beispiel hierfür beschäftigt sich mit den Gefäßwänden. In CFD-Simulationen werden zunehmend die Gefäßwände elastisch behandelt. Eine entsprechende Analyse kann die ROI entlang der Gefäßwände orientieren. Diese werden dazu segmentiert. Es wird nun lokal für alle Pixel entlang der Gefäßwand das Übereinstimmungsmaß bestimmt und bei zu großen Werten die Elastizität für die nachfolgende CFD-Simulation angepasst. Hier ist besonders vorteilhaft, wenn reale Angiographien aus mehreren Angulationen vorliegen.
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Anhand eines in der 4 dargestellten Flussdiagramms wird das erfindungsgemäße Verfahren näher erläutert. Zuerst erfolgt eine Akquisition 30 eines 3-D-Angiographie-Bilddatensatzes zur Modellgenerierung 31. Im weiteren Verfahrensschritt wird eine Aufnahme 32 einer Kontrastmittel-Propagierung mittels dynamischer realer 2-D-Angiographie erstellt. Anschließend wird eine CFD-Simulation 33 durchgeführt, wobei eine Eingabe 34 von Blutflussparametern als Randbedingungen möglich ist. Aus diesen Daten wird eine virtuelle 2-D-Angiographie 35 aus zu der realen Angiographie 32 identischen Angulation und angepassten Aufnahmegeometrie des individuellen Patienten errechnet. Anschließend erfolgt eine Bestimmung 36 eines Übereinstimmungsmaßes basierend auf einem Vergleich der virtuellen Angiographie 35 und der realen Angiographie 32 und nachfolgend eine Kontrolle 37, ob das Übereinstimmungsmaß ausreichend ist, d.h., ob sich das Übereinstimmungsmaß innerhalb einer vorgegebenen Toleranz befindet. Reicht das Übereinstimmungsmaß nicht aus, wird eine Änderung 38 der Randbedingungen im Sinne einer Optimierung durchgeführt. Anschließend erfolgt eine neue optimierte CFD-Simulation 38, mittels derer wieder eine Bestimmung 36 mit nachfolgender Kontrolle 37 des Übereinstimmungsmaßes erfolgt. Reicht dagegen das Übereinstimmungsmaß aus, erfolgt eine Ausgabe 40 des Übereinstimmungsmaßes beispielsweise als farbkodiertes Bild und es wird das Ende der Untersuchung eingeleitet.
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Es kann eine (Prozent-) Zahl, falls eine globale Übereinstimmung betrachtet wird, aber auch eine lokal beschriebene sein, die dann selbst als Colormap (Grad der Übereinstimmung) ausgegeben werden kann. Es ist aber auch möglich, andere Werte zu beschreiben (beispielsweise die Zeitdifferenz der maximalen Grauwerte).
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In der 5 ist der Verfahrensablauf oder Workflow des erfindungsgemäßen Verfahrens mit folgenden Schritten näher dargestellt:
- S1) 3-D-Bildgebung zur Modellgenerierung, z. B. mittels 3-D-Rotationsangiographie.
- S2) Aufnahme einer Kontrastmittel-Propagierung mittels dynamischer 2-D-Angiographie.
- S3) Initiale CFD-Simulation und Generierung einer virtuellen 2-D-Angiographie.
- S4) Ermittlung eines Übereinstimmungsmaßes zwischen realer und virtueller 2-D-Angiographie.
- S5) Falls Übereinstimmungsmaß ausreichend, weiter mit S9).
- S6) Änderung einer oder mehrerer Randbedingungen der CFD-Simulation gemäß dem Ergebnis des Übereinstimmungsmaßes.
- S7) Erneute, optimierte CFD-Simulation mit im Sinne einer Optimierung veränderten Randbedingungen.
- S8) Zurück zu S4).
- S9) Fertig - optimale CFD-Simulation wurde erreicht.
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Dadurch erhält man eine iterative Optimierung von CFD-Simulationsergebnissen basierend auf dem Vergleich mit realen und virtuellen 2-DSA-Aufnahmen aufgrund einer Bestimmung eines Übereinstimmungsmaßes beider Aufnahmen.
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Literatur
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- [1] Image-Based Computational Simulation of Flow Dynamics in a Giant Intracranial Aneurysm; David A. Steinman, Jaques S. Milner, Chris J. Norley, Stephen P. Lownie und David W. Holdsworth; American Journal of Neuroradiology (2003), Nummer 24, Seiten 559-566
- [2] Blood flow in cerebral aneurysm: Comparison of phase contrast magnetic resonance and computational fluid dynamics - preliminary results; C. Karmonik, R. Klucznik, G. Benndorf; Fortschr Röntgenstr 2008; 180:1-7
- [3] Methodologies to assess blood flow in cerebral aneurysm: Current state of research and perspectives; L. Augsburger, P. Reymond, E. Fonck, Z. Kulcsar, M. Farhat, M. Ohta, N. Stergiopulos, D. A. Rüfenacht; J. Neurorad. - 168: 2009; Seiten 1-8
- [4] Quantitative evaluation of virtual angiography for interventional X-ray acquisitions; Qi Sun, Alexandra Groth, Irina Waechter, Olivier Brina, Jürgen Weese, Til Aach; IEEE; 2009; Seiten 895-898
- [5] Parametric Color coding of digital subtraction angiography; C.M. Strother, F. Bender, Y. Deuerling-Zheng, K. Royalty, K.A. Pulfer, J. Baumgart, M. Zellerhoff, B. Aagaard-Kienitz, D.B. Niemann, M.L. Lindstrom; AJNR Am J Neuroradiol; 2010; www.ajnr.org; Seiten 1-7