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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur individualisierten Haarbehandlung, das eine gezielte kosmetische Behandlung ermöglicht.
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Gepflegtes, volles Haar ist ein Verbraucherbedürfnis über alle Kulturen und Altersgrenzen hinweg. Eine schier unendliche Vielfalt haarkosmetischer Produkte will dieses Verbraucherbedürfnis befriedigen, allerdings führt diese Vielfalt auch zu einer Verunsicherung der Verbraucher, welches Produkt für sein Haar und sein gewünschtes Aussehen am besten geeignet ist.
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Es besteht daher der Bedarf, dem Verbraucher jenseits von Marketingversprechen die Auswahl eines speziell auf sein Haar abgestimmten Produktes zu ermöglichen. Bislang sind Untersuchungsmethoden am Individuum der medizinischen Forschung vorbehalten, weil sie entweder zu aufwändig und damit zu teuer sind oder zu viel Probesubstanz (= Haar) benötigen. Eine individuelle, zuverlässige und auch jenseits der Medizin anwendbare Methode, das Haar eines Konsumenten zu beurteilen und anhand der Beurteilung gezielt Produkte anzubieten, existiert im kosmetischen Massenmarkt nicht.
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Der vorliegenden Erfindung lag daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren bereitzustellen, das eine kostengünstige und individuelle Beurteilung des Haarzustands ermöglicht und in Abhängigkeit von der Beurteilung Vorschläge für Produkte unterbreiten kann. Dabei sollte das Verfahren für den Kunden schnell und ohne wesentliche Beeinträchtigungen (Schmerz, Verlust großer Haarmengen, großer Zeitaufwand) durchführbar sein und auch von medizinisch nicht gebildetem personal (Verkäuferinnen, Friseure etc.) durchgeführt werden können.
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Es wurde nun gefunden, daß eine schnelle und schmerzlose Probenentnahme, eine externe labormäßige Untersuchung und eine Kommunikation der Ergebnisse mit Produktempfehlungen nicht nur die vorstehend genannten Aufgaben löst, sondern auch geeignet ist, die Kundenbindung an das Geschäft (Drogerie, Friseur etc.) deutlich zu verbessern.
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Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist in einer ersten Ausführungsform ein Verfahren zur individualisierten Haarbehandlung, dadurch gekennzeichnet, daß man
- a) zur extrakorporalen Analyse von Haarfollikelzellen mindestens ein Haar unter Erhalt des Haarfollikels aus behaarter Haut eines Individuums durch Zupfen gewinnt und
- b) den mindestens einen Haarfollikel auf die Expression mindestens eines haarspezifischen Faktors untersucht und
- c) den Ist-Wert mindestens eines haarspezifischen Faktors mit vorgegebenen Sollwerten vergleicht und
- d) das Haar des Individuums mit kosmetischen Mitteln behandelt, die mindestens einen haarspezifischen Faktor verbessern.
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In einem ersten Schritt des erfindungsgemäßen Verfahrens wird mindestens ein Haar unter Erhalt des Haarfollikels aus behaarter Haut eines Individuums durch Zupfen gewonnen. Hierdurch wird die spätere extrakorporale Analyse von Haarfollikelzellen ermöglicht. Da nur ein oder wenige Haare ausgezupft werden, ist dieser Verfahrensschritt für den Kunden schmerzlos, schnell durchführbar und führt nicht zu einer Beeinträchtigung des äußeren Erscheinungsbildes. Dieser Schritt kann durch einen Friseur, einen Verkäufer oder auch durch den Probanden selbst durchgeführt werden.
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Das bzw. die Haare mit den Haarfollikelzellen können anschließend der Untersuchung zugeführt werden. Dies kann in einer einfachen Übergabe erfolgen, es ist aber auch möglich, die Proben in eine geeignete Verpackung zu überführen und dann zum Untersuchungsort zu bringen oder zu versenden. Auf diese Weise können Probeentnahme und -untersuchung räumlich und zeitlich entkoppelt werden, auch eine Übersendung der Proben durch den Kunden selbst kann auf diese Weise erfolgen.
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In einem zweiten Schritt der mindestens einen Haarfollikel auf die Expression mindestens eines haarspezifischen Faktors untersucht. In erfindungsgemäß bevorzugten Verfahren führt man die Untersuchung in Schritt b) mittels einer Methode durch, die ausgewählt ist unter
- i. Ein- oder zweidimensionaler Gelelektrophorese
- ii. Affinitätschromatographie
- iii. Protein-Protein-Komplexierung in Lösung
- iv. ELISA (Enzyme-linked Immunosorbent Assay)
- v. enzymgekoppelte Stoffwechelassays
- vi. Massenspektrometrie, insbesondere Matrix Assistierter Laser Desorptions Ionisation (MALDI) und insbesondere
- vii. Einsatz von Proteinchips, Northern Blots,
- viii. Reverse Transkriptase Polymerasekettenreaktion (RT-PCR),
- ix. RNase-Schutzexperimente,
- x. Dot-Blots,
- xi. CDNA-Sequenzierung,
- xii. Klon-Hybridisierung,
- xiii. Differential Display,
- xiv. Subtraktive Hybridisierung,
- xv. cDNA-Fragment-Fingerprinting,
- xvi. Durchflusszytometrieanalysen,
- xvii. Serielle Analyse der Genexpression (SAGE) und insbesondere
- xviii. Einsatz von Nukleinsäurechips,
oder mittels geeigneter Kombinationen dieser Methoden.
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In besonders bevorzugten erfindungsgemäßen Verfahren ist der haarspezifische Faktor ein Wachstumsfaktor, vorzugsweise HGF und/oder KGF und/oder SCF und/oder C-Met.
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Dabei stehen HGF für ‚hepatocyte growth factor’ und KGF für ‚fibroblast growth factor 7 (keratinocyte growth factor)‘. Das Signaltransduktionssystem des Zytokins HGF (‚hepatocyte growth factor’) und seines Rezeptors MET (c-met, ‚hepatocyte growth factor receptor’) hat eine zentrale Wirkung auf epithelialmesenchymale Interaktionen und die Koordination beteiligter Zellen.
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Der Stem cell factor SCF ist ein Protein aus der Familie der Zytokine, das von entscheidender Bedeutung für das Überleben, die Proliferation und die Differenzierung von Stammzellen, insbesondere Hämatopoietischen Stammzellen und Vorläuferzellen ist. Der Stammzellfaktor existiert in zwei aktiven Formen, einer zellmembrangebundenen und einer freien Variante. Die freie Variante wird aus dem membrangebundenen Stammzellfaktor durch Metalloproteasen gebildet. Seine Effekte vermittelt der Stammzellfaktor durch Aktivierung der Rezeptor-Tyrosinkinase c-Kit.
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HGF und/oder KGF und/oder SCF und/oder C-Met können immunohistochemisch bestimmt werden. Ihr Gehalt in der Probe liefert Hinweise auf den Zustand des Haarfollikels und des Haares. Generell gilt dabei ein hoher Wert als erstrebenswert, d. h. niedrige Werte von HGF und/oder KGF und/oder SCF und/oder C-Met lassen auf behandlungsbedürftige Haarschädigungen schließen, so daß entsprechende haarkosmetische Produkte, die den Gehalt an HGF und/oder KGF und/oder SCF und/oder C-Met steigern können, zu empfehlen sind.
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Alternativ oder zusätzlich zu HGF und/oder KGF und/oder SCF und/oder C-Met kann in Schritt b) des erfindungsgemäßen Verfahrens als haarspezifischer Faktor der ATP-Gehalt bestimmt werden.
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Adenosintriphosphat (ATP) ist ein Nukleotid, bestehend aus dem Triphosphat des Nucleosids Adenosin (und als solches ein energiereicher Baustein der Nukleinsäure RNA). ATP ist jedoch hauptsächlich die universelle Form unmittelbar verfügbarer Energie in jeder Zelle und gleichzeitig ein wichtiger Regulator energieliefernder Prozesse. ATP wird bei Bedarf aus anderen Energiespeichern (Kreatinphosphat, Glykogen, Fettsäuren) resynthetisiert. Das ATP-Molekül besteht aus einem Adeninrest, dem Zucker Ribose und drei Phosphaten (α bis γ) in Ester-(α) bzw. Anhydridbindung (β und γ).
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Generell gilt dabei ein hoher Wert als erstrebenswert, d. h. niedrige ATP-gehalte lassen auf behandlungsbedürftige Haarschädigungen schließen, so daß entsprechende haarkosmetische Produkte, die den ATP-Gehalt steigern können, zu empfehlen sind.
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Alternativ oder zusätzlich zu HGF und/oder KGF und/oder SCF und/oder C-Met und/oder zur Bestimmung des ATP-gehaltes kann in Schritt b) des erfindungsgemäßen Verfahrens als haarspezifischer Faktor der ATP-Gehalt der Keratingehalt und/oder die durchschnittliche Molmasse der Haarkeratine bestimmt werden.
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Auch hier sind ein hoher Gehalt an Keratin und hohe Molmassen der Haarkeratine wünschenswert. Alternativ oder zusätzlich lassen sich in Schritt b) des erfindungsgemäßen Verfahrens als haarspezifischer Faktor die aus der Gruppe der Keratin assoziierten Proteine (KAPs) stammenden Vertreter bestimmen. Auch eine Bestimmung der haarspezifischen Faktoren aus der Gruppe der „low sulfur“ und/oder „high sulfur“ und/oder high glycine / high thyronine“ Intermediärfilaamente ist in Schritt b) des erfindungsgemäßen Verfahrens möglich. Hier wie bei allen vorstehend beschriebenen Proteinen kann auf gängige Analyseverfahren für Proteine zurückgegriffen werden.
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Parallel oder alternativ zu den bisherigen Bestimmungen können in Schritt b) des erfindungsgemäßen Verfahrens auch haarspezifische Faktoren bestimmt werden, die bei der Pigmentierung des Haarschaftes eine Rolle spielen und vorzugsweise ausgewählt sind aus c-kit, tyrosinase, trp-1, trp-2, MCR-1, alpha-MSH, ACTH, GP100).
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Auch die Bestimmung haarspezifischer Faktoren, die für die Haaralterung eine Roll spielen und vorzugsweise ausgewählt ist aus RAGE, BAX, Bcl-2, Catalse, beta-Galactosidase in Schritt b) des erfindungsgemäßen Verfahrens sind möglich und bevorzugt.
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In allen vorstehend genannten Fällen und unabhängig davon welcher und wie viele haarspezifische Faktoren bestimmt werden, wird in Schritt c) des erfindungsgemäßen Verfahrens der Ist-Wert mindestens eines haarspezifischen Faktors mit vorgegebenen Sollwerten verglichen.
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Diese Sollwerte lassen sich beispielsweise durch die Untersuchung gesunder Haare ermitteln, wobei bevorzugt Mittelwerte aus einem Kollektiv gebildet werden. Besonders bevorzugt werden die Kollektive dabei besonders einheitlich und besonders groß gebildet, d. h. der „Basiswert“ wird aus den Haaren/Haarfollikeln möglichst vieler Individuen ermittelt, die möglichst viele Eigenschaften miteinander teilen, wobei dem Alter und dem Geschlecht die größte Bedeutung zukommt. In erfindungsgemäß bevorzugten Verfahren führt man die Erhebung der Sollwerte in Schritt c) mit einer in Bezug auf das Alter und das Geschlecht ausreichend großen (vorzugsweise mindestens 10, besonders bevorzugt mindestens 50 und insbesondere mindestens 100 Personen) Kontrollgruppe durch.
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Ganz besonders bevorzugt werden noch weitere Spezifizierungen/Gruppierungen eingeführt und die Grenzen möglichst eng gesteckt. So könnte eine Kontrollgruppe „weiblich, drittes Lebensjahrzehnt“ weiter aufgeteilt werden in „weiblich, 25 Jahre“ oder „weiblich, Geburtsjahrgang xxxx“ und gegebenenfalls noch weiter in „weiblich, 25 Jahre, blond, dünnes Haar“ usw..
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Durch geeignete Wahl der Kontrollgruppe und der in dieser Kontrollgruppe ermittelten Werte für die einzelnen haarspezifischen Faktoren kann die Abweichung des Messergebnisses ermittelt werden. Wird nicht nur ein haarspezifischer Faktor bestimmt, sondern eine Mehrzahl dieser Faktoren, kann ein „Histogramm des Haarzustandes“ gezeichnet werden, in dem einzelne Faktoren mehr oder weniger verbesserungswürdig sind.
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Auf dieser Datenlage kann dann in Schritt d) des erfindungsgemäßen Verfahrens das Haar des Individuums mit kosmetischen Mitteln behandelt werden, die mindestens einen haarspezifischen Faktor verbessern. Dem Kunden kann somit eine individuelle Produktempfehlung ausgesprochen werden, die gezielt problematische Bereiche adressiert, ohne daß sich der Kunde auf allgemeine Werbeaussagen wie „fülligeres“ Haar verlassen müsste. Zudem kann der Erfolg des jeweiligen Kosmetikums durch eine weitere Analyse nach einer bestimmten Behandlungszeit aufgezeigt und dokumentiert werden. Dem individuellen Zufriedenheitsgefühl des Verbrauchers wird damit eine objektive Analyse zur Seite gestellt, die geeignet ist, dem Kunden an eine Herstellfirma und ihre Produkte zu binden.