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Die Erfindung betrifft einen plastifizierbaren Kunststoff-Werkstoff, welcher einen Anteil an wenigstens einem natürlichen Polymer aus der Gruppe Polylactid, Polyhydroxyalkanoate, Celluloseester, Lignin und Stärke einschließlich deren Mischungen und/oder Derivaten enthält, ein Polymer-Formteil aus einem solchen Kunststoff-Werkstoff sowie ein Verfahren zu seiner Herstellung.
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Im Zuge der Verknappung von fossilen Rohstoffen, wie sie zur Herstellung von synthetischen Polymeren vornehmlich eingesetzt werden, besteht ein zunehmender Bedarf an einer Substitution von synthetischen Polymeren durch natürliche Polymere auf der Basis nachwachsender Rohstoffe. Letztere weisen zudem eine neutrale oder zumindest deutlich günstigere Kohlendioxidbilanz auf und sind in der Regel in erheblich kürzeren Zeiten biologisch abbaubar bzw. kompostierbar.
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Den größten Anteil innerhalb der synthetischen Kunststoffe haben die Thermoplaste. Diese werden auf thermoplastischen Verarbeitungsmaschinen, wie insbesondere Extrudern, Spritzgießmaschinen oder Warmformpressen, unter Energieeinwirkung in Form von Wärme und/oder Friktion in einen plastischen Zustand überführt und in Matrizen oder Werkzeugen zum gewünschten Formteil geformt. Gelänge es nun, einen Werkstoff zu generieren, der ausschließlich aus schnell nachwachsenden Rohstoffen gewonnen und außerdem auf herkömmlichen thermoplastischen Verarbeitungsmaschinen zu verarbeiten ist, ergäbe sich eine in ökologischer und ökonomischer Hinsicht wesentlich günstigere Bilanz.
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Aus der Natur sind eine Reihe von Werkstoffen bekannt, welche für solche Anwendungen geeignet wären. Hierzu gehören beispielsweise die Lignine bzw. deren Derivate, welche sich jedoch in reiner Form nur verhältnismäßig schlecht durch Extrudieren und praktisch gar nicht durch Spritzgießen verarbeiten lassen und zu diesem Zweck den Zusatz von Verarbeitungshilfsmitteln erfordern. Zudem sind Lignine und dessen Derivate insbesondere relativ spröde und besitzen folglich eine im Vergleich mit herkömmlichen synthetischen Polymeren nur geringe Schlagzähigkeit. Andererseits zeichnen sich Lignine bzw. dessen Derivate durch eine vergleichsweise hohe Festigkeit und Steifigkeit sowie eine hohe Beständigkeit gegenüber UV-Strahlung aus. Weiterhin sind Ligninwerkstoffe geeignete Dämmittel zur Wärme- und Schallisolierung. Lignin ist ein hochmolekulares polyphenolisches Makromolekül, welches in verholzenden Pflanzen die Räume zwischen den Zellmembranen ausfüllt und zu Holz werden lässt, wobei ein Mischkörper aus druckfestem Lignin und zugfester Cellulose entsteht. Lignin fällt in großen Mengen als Nebenprodukt bei der Zellstoffgewinnung an und ist somit in großen Mengen verfügbar. Hierbei entstehen beim Aufschluss von Holz Ligninsulfonsäuren als Bestandteil der Sulfitablaugen, in denen die Ligninsulfonsäuren als Phenolate (”Alkalilignin”) gelöst sind. Durch Behandlung mit Schwefelsäure und Kohlendioxid kann die Ligninsäure ausgefällt werden.
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Ein weiteres Beispiel für ein natürliches Polymer, welches zur Substitution von synthetischen Polymeren bereits verbreiteten Einsatz findet, stellt Polylactid (Polymilchsäure, PLA) dar. Polylactid wird gegenwärtig vornehmlich zur Herstellung von Folien, z. B. für die Landwirtschaft oder zur Verpackung von Lebensmitteln und Hygieneartikeln, von Textilfasern sowie von mehr oder minder formstabilen Formteilen, z. B. in Form von Schalen oder Bechern zu Verpackungszwecken eingesetzt. Polylactid weist thermoplastische Eigenschaften auf und besitzt eine Glasübergangstemperatur von etwa 50°C bis 55°C sowie einen Schmelzpunkt im Bereich von etwa 150°C. Polylactide sind insbesondere durch ionische Polymerisation von Lactid, einem ringförmigen Zusammenschluss von zwei Milchsäuremolekülen, erhältlich, wobei bei Temperaturen zwischen etwa 140°C und etwa 180°C in Gegenwart eines Katalysators, beispielsweise Zinnoxid, eine Ringöffnungspolymerisation gemäß der nachfolgenden Reaktionsgleichung stattfindet:
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Ein Nachteil von Polyamid besteht indes darin, dass es zwar eine vergleichsweise hohe Steifigkeit mit einem Elastizitätsmodul von größer 3000 N/mm2 aufweist, jedoch ebenso wie Lignin eine nur geringe Schlagzähigkeit besitzt, so dass es aufgrund seiner hiermit verbundenen Sprödigkeit nur beschränkt einsetzbar ist. Um dem zu begegnen, werden gegenwärtig einerseits Polyesterwerkstoffe eingesetzt, welche jedoch relativ teuer und insbesondere nicht biologischen Ursprungs sind, so dass der Anteil an synthetischen Bestandteilen mit zunehmendem Zusatz ansteigt. Andererseits finden herkömmlich Weichmacher Verwendung, wie beispielsweise Alkylphthalate, Bisphenol-A, Alklylphosphate oder Triphenylphosphinoxid, welche jedoch ebenfalls synthetischen Ursprungs sind und insbesondere aus dem Polylactid heraus diffundieren können, was ein gesundheitliches Gefährdungspotenzial darstellt. Darüber hinaus weist Polylactid eine nur relativ geringe Wärmeformbeständigkeit (ermittelt nach HDT/B gemäß der Norm DIN EN ISO 75-1, -2) von etwa 50°C auf.
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Weitere thermoplastisch verarbeitbare Naturpolymere stellen die Polyhydroxyalkanoate dar, bei deren häufigsten Vertretern es sich insbesondere um Polyhydroxybutyrate (PHB) und Polyhydroxyvalerate (PHV) bzw. Copolymeren aus Polyhydroxybutyraten und -valeraten handelt, welche insbesondere auch von der vorliegenden Erfindung umfasst sind. Sie gehören zur Stoffgruppe der thermoplastischen Polyester und weisen einen Schmelzpunkt von etwa 175°C auf.
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Weitere thermoplastisch verarbeitbare Naturpolymer sind die Celluloseester, bei deren häufigsten Vertreter es sich um Celluloseacetate, Cellulosepropionate und Celluloseacetobutyrate handelt, welche insbesondere auch von der vorliegenden Erfindung umfasst sind. Sie werden vornehmlich aus der Reaktion von Cellulose mit der entsprechenden Carbonsäure, wie insbesondere Essig-, Propion- und Buttersäure gewonnen. Derartige Celluloseester werden hauptsächlich zur Herstellung von Textilfasern eingesetzt und sind bei Temperaturen von unterhalb 200°C thermoplastisch verarbeitbar.
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Bei einem weiteren thermoplastisch verarbeitbaren Polymer handelt es sich um Stärke, welches ein natürliches Polysaccharid aus α-D-Glucoseeinheiten ist. Es wird verbreitet aus Kartoffeln oder Getreide (Weizen), aber auch Reis, Mais oder Maniok gewonnen, wobei die Stärke mittels einer Kochsalzlösung aus der Pflanze ausgewaschen werden kann. Thermoplastische Stärke wird gegenwärtig beispielsweise für kompostierbares Einweggeschirr oder -besteck sowie für Verpackungsmaterialien verwendet.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, einen Kunststoff-Werkstoff sowie ein hieraus erzeugtes Polymer-Formteil der eingangs genannten Art auf einfache und kostengünstige Weise dahingehend weiterzubilden, dass ihm unter zumindest weitestgehender Vermeidung der vorgenannten Nachteile verbesserte Werkstoffeigenschaften, wie insbesondere eine erhöhte Schlagzähigkeit, verliehen werden können. Sie ist ferner auf ein Verfahren zur Herstellung eines solchen Kunststoff-Werkstoffes gerichtet.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß bei einem Kunststoff-Werkstoff sowie bei einem hieraus gefertigten Polymer-Formteil der eingangs genannten Art dadurch gelöst, dass der Kunststoff-Werkstoff ferner einen Anteil an wenigstens einem Polyamid auf der Basis von Dimerfettsäure enthält.
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In verfahrenstechnischer Hinsicht wird diese Aufgabe bei einem Verfahren zu Herstellung eines solchen Kunststoff-Werkstoffes dadurch gelöst, dass das wenigstens eine natürliche Polymer aus der Gruppe Polylactid, Polyhydroxyalkanoate, Celluloseester, Lignin und Stärke einschließlich deren Mischungen und/oder Derivaten und das wenigstens eine Polyamid auf der Basis von Dimerfettsäure, gegebenenfalls unter Zusetzen eines feinpartikulären Feststoffes aus der Gruppe der Schichtsilikate und Lignin und/oder insbesondere natürlicher Verstärkungsfasern, einem Extruder aufgegeben, in dem Extruder plastifiziert und homogenisiert und anschließend aus dem Extruder ausgetragen und abgekühlt wird, wobei es insbesondere granuliert wird.
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Überraschenderweise wurde gefunden, dass der dem/den natürlichen Polymer(en) erfindungsgemäß zugesetzte Anteil an wenigstens einem Polyamid auf der Basis von Dimerfettsäure die Schlagzähigkeit des natürlichen Polymers in erheblichem Maße zu erhöhen vermag, wobei sich die Schlagzähigkeit sowie auch die Steifigkeit bzw. der Elastizitätsmodul des Kunststoff-Werkstoffes durch entsprechende Mischungsverhältnisse des natürlichen Polymers mit dem Polyamid auf der Basis von Dimerfettsäure in weiten Bereichen einstellen lässt. Es wird vermutet, dass die Erhöhung der Schlagzähigkeit unter anderem durch die relativ komplexe und überwiegend amorphe Struktur der Polyamide auf der Basis von Dimerfettsäuren verursacht wird, deren amidisierten Dimerfettsäureeinheiten verzweigt (siehe hierzu weiter unten) und folglich weniger kristallin und kompakt sind als übliche synthetische Polyamide, wie beispielsweise Polyamid-6.
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Derartige Polyamide auf der Basis von Dimerfettsäure sind als solche bekannt und finden gegenwärtig vornehmlich als Schmelzkleber Verwendung. Wie weiter unten im Einzelnen erläutert, lassen sie sich weitgehend aus natürlichen Rohstoffen gewinnen, so dass der erfindungsgemäße Kunststoff-Werkstoff im Wesentlichen gänzlich oder zumindest größtenteils aus nachwachsenden Rohstoffen erhalten werden kann. Dabei ist der erfindungsgemäße Kunststoff-Werkstoff ebenso biologisch abbaubar wie das verwendete Naturpolymer bzw. dessen Derivate und/oder Mischungen bzw. Blends selbst.
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Darüber hinaus wurden weitere Synergien gefunden, welche Polyamide auf der Basis von Dimerfettsäuren als hervorragenden Zusatz zu den genannten natürlichen Polymeren, wie insbesondere auch Polylactid und Lignine, erscheinen lassen. So sind die genannten Polyamide insbesondere plastifizierbar und folglich thermoplastisch verarbeitbar, was ihnen die Herstellung des erfindungsgemäßen Kunststoff-Werkstoffes mittels gemeinsamen Extrudierens mit dem Naturpolymer ermöglicht. Die meisten Vertreter derartiger Polyamide besitzen überdies einen Schmelzbereich, welcher unterhalb der Zersetzungstemperatur der natürlichen Polymere liegt, wobei ihre relativ geringe Viskosität im geschmolzenen Zustand für einer sehr gute Dispergierbarkeit in die Schmelze der natürlichen Polymere sorgt und die Viskosität entsprechender Polymermischungen aus den natürlichen Polymeren und derartigen Polyamiden insgesamt abgesenkt werden kann. Gleichwohl werden die Werkstoffeigenschaften der natürlichen Polymere durch den Zusatz der Polyamide nicht negativ beeinträchtigt. So geht beispielsweise die verminderte Viskosität einer Schmelze aus den recht zähflüssigen Naturpolymeren Polylactid oder Lignin mit den Polyamiden auf der Basis von Dimerfettsäure mit einer Verbesserung der Fließfähigkeit bzw. mit einer Erhöhung des Melt-Flow-Index' (MFI) einher, was die Fertigung von auch sehr dünnwandigen Bauteilen (beispielsweise durch Spritzgießen oder Extrudieren) ermöglicht. Die Polarität der Polyamide auf der Basis von Dimerfettsäuren machen sie ferner einwandfrei mit den natürlichen Polymeren verträglich und in praktisch beliebigen Massenverhältnissen mischbar.
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Ein weiterer Vorteil der Polyamide auf der Basis von Dimerfettsäuren als Mischungspartner der natürlichen Polymeren besteht darin, dass erstere im Vergleich zu anderen Polyamiden ein nur geringes Wasseraufnahmevermögen besitzen, so dass die Hydrolyseanfälligkeit der Naturpolymere, wie insbesondere der ein hohes Wasseraufnahmevermögen aufweisenden Polymere Polylactid, Lignin und Stärke bzw. deren Mischungen und/oder Derivate, herabgesetzt wird. Die sehr geringe Temperaturkriechbeständigkeit der Dimerfettsäure-basierten Polyamide wirkt sich überdies positiv auf die Wärmeformbeständigkeit von Polylactid aus, wobei diese von etwa 50°C (bei reinem Polylactid) auf Temperaturen bis oberhalb 100°C erhöht werden kann.
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Ein weiterer Vorteil der Polyamide auf der Basis von Dimerfettsäure als Mischungspartner der natürlichen Polymere besteht darin, dass die Barriereeigenschaften der Naturpolymere, wie insbesondere von reinem Polylactid, welches nur sehr geringe Barriereeigenschaften insbesondere gegenüber Wasserdampf oder Sauerstoff aufweist, in einem solchen Maße erhöht werden können, dass aus dem erfindungsgemäßen Kunststoff-Werkstoff gefertigte Verpackungsmaterialien zur im Wesentlichen gasdichten Verpackung von Lebensmitteln oder anderen Gütern verwendet werden können, welchen hohen Anforderungen an die Hygiene genügen müssen.
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Wie bereits angedeutet, kann gemäß einer vorteilhaften Ausführungsform des erfindungsgemäßen Kunststoff-Werkstoffes vorgesehen sein, dass er in Form eines Polymer-Blends vorliegt, d. h. das bzw. die natürlichen Polymere bzw. deren Blends und/oder Derivate und das Polyamid auf der Basis von Dimerfettsäure bilden eine reine Polymermischung, ohne kovalent aneinander gebunden zu sein. Alternativ ist es selbstverständlich denkbar, dass insbesondere im Falle der Herstellung eines Polymer-Formteils aus dem erfindungsgemäßen Kunststoff-Werkstoff der Polyamidanteil untereinander und/oder mit dem natürlichen Polymer (teil)vernetzt wird, was beispielsweise durch vorherigen Zusatz geeigneter Vernetzungsmittel geschehen kann, welche nachträglich, z. B. mittels elektromagnetischer Strahlung, aktiviert werden können.
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Wie ebenfalls bereits erwähnt, kann das Mischungsverhältnis des bzw. der natürlichen Polymere bzw. deren Blends und/oder Derivate mit dem Polyamid auf der Basis von Dimerfettsäure in praktisch beliebigen Anteilen gewählt werden, wobei vorteilhafte Anteile an Polyamid auf der Basis von Dimerfettsäure des Kunststoff-Werkstoffes beispielsweise zwischen 5 Mass. und 80 Mass. insbesondere zwischen 10 Mass.-% und 65 Mass. vorzugsweise zwischen 20 Mass.-% und 50 Mass. betragen können, jeweils bezogen auf die gesamte Polymermatrix aus sowohl dem natürlichen Polymer als auch dem Polyamid auf der Basis von Dimerfettsäure.
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In vorteilhafter Ausgestaltung kann vorgesehen sein, dass das Polyamid cyclische und/oder acyclische Dimerfettsäureeinheiten aufweist, welche durch Dimerisierung von ungesättigten Fettsäuren zwischen 10 und 30 Kohlenstoffatomen oder deren Gemische erhalten worden sind (d. h. das Dimer weist dann die doppelte Anzahl an Kohlenstoffatomen, nämlich vorzugsweise zwischen 20 und 60 auf), insbesondere aus der Gruppe Oleinsäure (cis-9-Octadecensäure) und Erucasäure (cis-13-Docosensäure).
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Unter ”Dimerfettsäuren” sind im Zusammenhang mit der vorliegenden Erfindung oligomere Fettsäuren angesprochen, welche in als solcher bekannten Weise durch thermische und/oder katalytische Dimerisierung von ungesättigten Fettsäuren synthetisiert werden können. Im Zuge einer solchen Dimerisierung werden zwei (oder auch drei) ungesättigte Fettsäuren miteinander verknüpft, wobei solche Trimere sowie auch nicht umgesetzte Monomere abgetrennt werden können, z. B. mittels thermischer Trennverfahren, wie Destillation oder Rektifikation. Die erhaltenen Dimere sind verzweigt und können cyclisch oder acyclisch sein, wobei nachfolgend beispielhafte Strukturformeln solcher, durch Dimerisierung von (hier einfach) ungesättigten Fettsäuren erhaltenen Dimerfettsäuren dargstellt sind:
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Mit ”cyclischen und/oder acyclischen Dimerfettsäureeinheiten” des für den erfindungsgemäßen Kunststoff-Werkstoff eingesetzten Polyamides sind folglich derartige Dimerfettsäuren angesprochen, deren Carboxygruppen (COOH-) durch Reaktion mit Aminogruppen zu Amidgruppen (-CO-NH-) umgesetzt worden sind.
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Wie bereits angesprochen, besteht der erfindungsgemäße Kunststoff-Werkstoff vorzugsweise weitgehend aus nachwachsenden Rohstoffen, weshalb in bevorzugter Ausführung Dimere aus natürlichen Fettsäuren, wie beispielsweise Oleinsäure (Ölsäure, cis-9-Octadecensäure, C18H34O2, CAS-Nr. 112-80-1) und Erucasäure (Erukasäure, cis-13-Docosensäure, C22H42O2, CAS-Nr. 112-86-7), eingesetzt werden können. Selbstverständlich können indes auch andere, einfach oder auch mehrfach ungesättigten Fettsäuren, wie beispielsweise Palmitoleinsäure, Linolensäure, Arachidonsäure etc., für die Dimerfettsäuren eingesetzt werden. Solche natürlichen Fettsäuren können z. B. aus den Samen von Soja, Raps, Sonnenblumen, Meerkohl, Hanf, Leinsamen, Walnuss und dergleichen gewonnen werden.
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Was die mit den Dimerfettsäureeinheiten unter Bildung der Amidgruppen (-CO-NH-) verbundenen Amineinheiten des erfindungsgemäßen Kunststoff-Werkstoffes betrifft, so kommen grundsätzlich praktisch beliebige Amineinheiten in Betracht, wobei das Polyamid insbesondere Diamineinheiten aufweisen kann, welche vorzugsweise aus der Gruppe der Alkylendiamine mit endständigen Aminogruppen und/oder der Polyetherdiamine mit endständigen Aminogruppen gewählt sein können. Mit ”Diamineinheiten” des für den erfindungsgemäßen Kunststoff-Werkstoff eingesetzten Polyamides sind folglich Einheiten mit zwei Aminogruppen angesprochen, welche durch Reaktion mit den Carboxygruppen (COOH-) der Dimerfettsäureeinheiten zu Amidgruppen (-CO-NH-) umgesetzt worden sind.
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Beispiele solcher Diamineinheiten umfassen Ethylendiamin, 1,3-Diaminopropan, 1,4-Diaminobutan, 1,5-Diaminopentan, Hexamethylendiamin etc. oder auch Polyetherdiamine der allgemeinen Formel H2N-R1-O-(R2OX)-R3-NH2, wobei die Kohlenwasserstoffreste R1 und R3 vorzugsweise gleiche oder verschiedene aliphatische und/oder cycloaliphatische Kohlenwasserstoffgruppen mit insbesondere zwischen 2 und 8 Kohlenstoffatomen und der Kohlenwasserstoffrest R2 vorzugsweise eine – gegebenenfalls verzweigte – Kohlenwasserstoffgruppe mit insbesondere zwischen 1 und 6 Kohlenstoffatomen sein kann.
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In weiterhin vorteilhafter Ausgestaltung kann vorgesehen sein, dass das Polyamid eine Erweichungstemperatur zwischen 80°C und 210°C, insbesondere zwischen 100°C und 190°, vorzugsweise zwischen 120°C und 170°C, aufweist. Die Erweichungstemperatur liegt folglich vorzugsweise im Bereich des Schmelzpunktes des jeweiligen natürlichen Polymers im Bereich von etwa 150°C, so dass ein gemeinsames Aufschmelzen und Vermischen des/der natürlichen Polymer(e) bzw. dessen Blends und/oder Derivate mit dem Polyamid auf der Basis von Dimerfettsäure, beispielsweise in einem Extruder, problemlos möglich ist. In Bezug auf das Herstellungsverfahren des erfindungsgemäßen Kunststoff-Werkstoffes, insbesondere zu einem thermoplastisch verarbeitbarem Granulat, kann folglich eine Verarbeitungstemperatur in dem Extruder von zwischen etwa 160°C und etwa 250°C, vorzugsweise zwischen etwa 170°C und etwa 240°C, z. B. zwischen etwa 180°C und etwa 230°C, eingestellt werden, wie es auch für die reinen natürlichen Polymere zweckmäßig ist. Letztere besitzen in dem genannten Temperaturbereich einerseits eine hinreichend geringe, zum Eindispergieren des feinpartikulären Feststoffes geeignete Viskosität, während andererseits thermische Schädigungen zuverlässig vermieden werden.
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Während das Polyamid auf der Basis von Dimerfettsäure eine Dichte zwischen 0,95 g/cm3 und 1,0 g/cm3, insbesondere im Bereich von 0,98 g/cm3, aufweisen kann, kann es im Hinblick auf eine einwandfreie Vermischung mit dem/den natürlichen Polymer(en) bzw. dessen Blends und/oder Derivaten im plastifizierten bzw. geschmolzenen Zustand ferner vorzugsweise eine Schmelzviskosität zwischen 2500 mPas und 30000 mPas, insbesondere zwischen 5000 mPas und 27500 mPas, bei 180°C aufweisen.
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Gemäß einer Weiterbildung kann vorgesehen sein, dass der Kunststoff-Werkstoff ferner wenigstens einen feinpartikulären Feststoff, insbesondere aus der Gruppe der Schichtsilikate, beispielsweise Talk (Magnesiumsilikathydrat, Mg
3[Si
4O
10(OH)
2]), insbesondere mit einer Partikelgröße zwischen 0,5 μm und 50 μm, vorzugsweise zwischen 0,5 μm und 10 μm, enthält. Ein solcher feinpartikulärer Feststoff, welcher zweckmäßig mit einem Anteil von wenigstens 0,5 Mass. insbesondere von wenigstens 1 Mass.-%, bezogen auf die Masse der gesamten Polymermatrix in dieser enthalten sein sollte, vermag insbesondere bei dem natürlichen Polymer Polylactid bei geeigneter Verfahrensführung während der Herstellung eines Polymer-Formteils hieraus die Wärmeformbeständigkeit (ermittelt nach HDT/B gemäß der
Norm DIN EN ISO 75-1, -2) des erzeugten Polymer-Formteils weiter zu erhöhen, sofern die Polymermatrix mit dem hierin eindispergierten Feststoff über einen Zeitraum von wenigstens etwa 2 s auf einer Temperatur zwischen 70°C und 120° gehalten wird, wonach die Polymermatrix unter Bildung des fertigen Formteils vollständig abgekühlt bzw. erstarrt werden kann. Der feinpartikuläre Feststoff aus der genannten Stoffgruppe vermag hierbei als Nukleierungsmittel zu dienen und sorgt ferner für eine hohe Kristallinität insbesondere des Polylactidanteils der Polymermatrix, welche als Ursache für die Erhöhung der Wärmeformbeständigkeit (ermittelt nach HDT/B gemäß der
Norm DIN EN ISO 75-1, -2) um etwa 40°0 bis 70°C vermutet wird. In diesem Zusammenhang sei auf die zum Prioritätsdatum der vorliegenden Erfindung noch nicht veröffentlichte deutsche Patentanmeldung
DE 10 2010 052 878.1 verwiesen.
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Der erfindungsgemäße Kunststoff-Werkstoff kann ferner Verstärkungsfasern enthalten, welche aus Gründen einer hohen Umweltverträglichkeit vorzugsweise aus der Gruppe der Naturfasern gewählt sein können. Je nach den geforderten Werkstoffeigenschaften des Kunststoff-Werkstoffes kommen hierbei im Prinzip beliebige Naturfasern in Frage, wobei die Naturfasern aufgrund ihrer verhältnismäßig hohen Festigkeit vorzugsweise aus der Gruppe Hanf, Flachs, Kenaf, Sisal, Kokos, Ramie, Miscanthus, Nessel, Baumwoll, Cellulose, Palm, Schilfgras und Holzfasern ausgewählt werden können. Indes kommen selbstverständlich grundsätzlich auf andere Naturfasern sowie synthetische oder mineralische Fasern, wie Glas-, Aramid-, Carbonfasern und dergleichen in Betracht. Insbesondere im Falle des Einsatzes von Naturfasern hat sich gezeigt, dass diese hervorragend von der plastifizierten Polymermatrix aus dem natürlichen Polymer und dem Polyamid auf der Basis von Dimerfettsäure benetzt werden, wobei vor allem das Polyamid aufgrund seiner hohen Affinität zu natürlichen Fasern infolge seines polaren Aufbaus und seiner geringen Hydrolyseanfälligkeit als Haftvermittler zu den Naturfasern zu wirken vermag, was wiederum zu einer hohen Festigkeit eines faserverstärkten Polymer-Formteils aus einem erfindungsgemäßen Kunststoff-Werkstoff beiträgt.
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An dieser Stelle sei grundsätzlich darauf hingewiesen, dass die Polymermatrix des erfindungsgemäßen Kunststoff-Werkstoffes mehr oder minder gänzlich aus den genannten natürlichen Polymeren einschließlich deren Blends und/oder Derivaten und dem Polyamid auf der Basis von Dimerfettsäuren gebildet sein kann, aber selbstverständlich auch weitere, aus den eingangs genannten Gründen vorzugsweise zumindest überwiegend aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnene Polymere, insbesondere ebenfalls in Form eines Polymer-Blends bzw. einer Polymermischung, enthalten kann, wie z. B. Bio-Polyethylen, Polyamid 6.6 oder Polyamid 6.10 (z. B. mit aus Ricinusöl gewonnener Sebacinsäure) etc. Selbstverständlich kann die Polymermatrix darüber hinaus gegebenenfalls übliche Additive oder Zusatzstoffe enthalten, wie Farbstoffe, Pigmente, Antioxidantien, Füllstoffe, Haftvermittler und dergleichen.
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Wie bereits angedeutet, kann der erfindungsgemäße Kunststoff-Werkstoff vorzugsweise in Granulatform vorliegen, wobei ein solches Granulat gegebenenfalls auch etwaige Partikel- und/oder faserförmige Füll- oder Verstärkungsstoffe sowie etwaige Additive bereits enthalten kann, so dass eine einfache Verarbeitung des Kunststoff-Werkstoffes zu Formteilen mittels herkömmlicher thermoplastischer Verarbeitungsverfahren, wie Extrudieren, Spritzgießen und dergleichen, möglich ist.
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Die aus dem erfindungsgemäßen Kunststoff-Werkstoff herstellbaren Polymer-Formteile sind folglich zumindest überwiegend, vorzugsweise gänzlich, aus natürlichen bzw. nachwachsenden Rohstoffen gebildet, gesundheitlich unbedenklich und weisen nicht nur eine hohe Steifigkeit, sondern auch eine gegenüber den reinen Naturpolymeren deutlich höhere Schlagzähigkeit und Wärmeformbeständigkeit auf, welche ihnen einen Einsatz in Form von praktisch beliebigen konstruktiven und technischen Teilen oder in Form von Gebrauchsgegenständen einschließlich Spielzeug sowie Verpackungsmaterialien und -folien erschließt. Wie bereits erwähnt, erhöht der Anteil des Polyamides auf der Basis von Dimerfettsäure die Barriereeigenschaften des Werkstoffes gegenüber Wasser(dampf) und Sauerstoff, was im Falle einer Verarbeitung zu Verpackungsmaterialien in Form von mehr oder minder formhaltigen Teilen oder auch flexiblen Folien günstig ist. Der Anteil an dem genannten Polyamid sorgt ferner für eine gegenüber dem reinen Naturpolymer weichere Haptik sowie – im Falle von Folien – für eine weitestgehende Geräuschreduktion im Falle von Verformungen, wobei übliche ”Raschelgeräusche” weitgehend vermieden werden.
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Schließlich sind aus dem erfindungsgemäßen Kunststoff-Werkstoff erzeugte Polymer-Formteile einfach entformbar, ohne dass es zu einer unerwünschten Anhaftung bzw. zu einem ”Ankleben” derselben an die Wandung des jeweiligen Formwerkzeugs kommt.
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Nachstehend ist die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert: Beispiel 1:
1. Polylactid: | 55 Mass.-%, |
| Handelsname: ”PLA 3051”, |
| Hersteller: NatureWorks LLC; |
2. Polyamid auf Basis von Dimerfettsäure: | 45 Mass.-% |
| Handelsname: ”Macromelt 7001” |
| Hersteller: Henkel KGaA; |
3. Naturfasern: | 10 Mass.-% Celluloseregenerat (Fichte) (bezogen auf die gesamte Polymermatrix) |
| Handelsname: ”Tencel” |
| Hersteller: Lenzing AG. |
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Das Polylactid und das Polyamid auf der Basis von Dimerfettsäure wird gemeinsam mit den Fasern in einem Extruder bei etwa 190°C plastifiziert. Die Mischung wird in dem Extruder unter Aufrechterhaltung von etwa 190°C über einen Zeitraum von etwa 1 bis 3 min homogenisiert und anschließend extrudiert und mittels einer der Extruderdüse nachgeordneten Schneideinrichtung zu dem fertigen Kunststoff-Werkstoff granuliert.
Schlagzähigkeit: | 27,1 (Charpy, bei 23°C) |
Bruchspannung: | 13,4 MPa |
Bruchdehnung: | 13,5% |
Streckspannung: | 14,2 MPa |
Streckdehnung: | 12,2% |
Beispiel 2:
1. Polylactid: | 70 Mass.-%, |
| Handelsname: ”PLA 3251”, |
| Hersteller: NatureWorks LLC; |
2. Polyamid auf Basis von Dimerfettsäure: | 30 Mass.-% |
| Handelsname: ”Macromelt 2344” |
| Hersteller: Henkel KGaA. |
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Die Herstellung des granulierten Kunststoff-Werkstoffes erfolgt gemäß Beispiel 1.
Schlagzähigkeit: | 45,0 (Charpy, bei 23°C) |
Kerbschlagzähigkeit: | 4,2 (Charpy, bei 23°C) |
E-Modul (Zugmodul): | 1734 MPa |
Bruchspannung: | 9,3 MPa |
Bruchdehnung: | 10,3% |
Streckspannung: | 43,5 MPa |
Streckdehnung: | 3,3% |
Beispiel 3:
1. Polylactid: | 80 Mass.-%, |
| Handelsname: ”PLA 2003”, |
| Hersteller: NatureWorks LLC; |
2. Polyamid auf Basis von Dimerfettsäure: | 20 Mass.-% |
| Handelsname: ”Macromelt OM 652” |
| Hersteller: Henkel KGaA. |
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Die Herstellung des granulierten Kunststoff-Werkstoffes erfolgt gemäß Beispiel 1.
Schlagzähigkeit: | 41,4 (Charpy, bei 23°C) |
E-Modul (Zugmodul): | 1810 MPa |
Bruchspannung: | 36,4 MPa |
Bruchdehnung: | 6,7% |
Streckspannung: | 46,0 MPa |
Streckdehnung: | 3,1% |
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Norm DIN EN ISO 75-1, -2 [0006]
- Norm DIN EN ISO 75-1, -2 [0028]
- Norm DIN EN ISO 75-1, -2 [0028]