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Die Erfindung betrifft eine Dichtungsanordnung, die einen ersten Raum gegen einen zweiten Raum abdichtet, mit der eine Dichtfunktion zwischen einem um eine Drehachse rotierenden ersten Bauteil und einem zweiten Bauteil hergestellt wird, wobei die Dichtungsanordnung mindestens einen Labyrinthspalt zwischen den beiden Bauteilen umfasst.
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In den verschiedensten maschinenbautechnischen Anwendungen werden Dichtungsanordnungen dieser Art benötigt. Dabei ist es auf der einen Seite nötig, eine zuverlässige und hinreichende Dichtwirkung zu erzielen. Auf der anderen Seite muss sichergestellt sein, dass das Reibmoment der Dichtung möglichst gering ist.
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Demgemäß muss häufig ein Spalt zwischen einem ruhenden und einem rotierenden Bauteil zwischen zwei Räumen mit unterschiedlichen Medien (meist die. Umgebung bzw. eine Atmosphäre und einem fettgefüllten Bereich) mit einem möglichst kleinen Verlustdrehmoment abgedichtet werden. Dabei soll der Mediendurchfluss durch den Spalt in Richtung Umgebung minimiert werden; es soll aber auch sicher gestellt sein, dass kein Fluid bzw. keine Partikel aus der Umgebung (z. B. Wasser oder Sand) den Spalt in Richtung des fettgefüllten Bereichs durchlaufen.
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Der abzudichtende Innenraum ist meist mit einem höherviskosen Medium, nämlich Fett, gefüllt, das erst ab einer gewissen Mindestschubspannung zu fließen beginnt (sog. Bingham-Fluid).
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Demgemäß ist es bekannt, Labyrinthdichtungen einzusetzen, bei denen über eine konstruktiv vorgegebene Länge ein Dichtspalt erzeugt bzw. zur Verfügung gestellt wird, wodurch das Passieren des Spaltes für das Medium erheblich erschwert ist.
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Ausgehend von vorbekannten Labyrinthdichtungen liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, eine Dichtungsanordnung der eingangs genannten Art so fortzubilden, dass eine verbesserte Dichtwirkung erzielt werden kann, wobei gleichzeitig das Reibmoment zwischen den abzudichtenden Bauteilen möglichst gering gehalten werden soll.
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Die Lösung dieser Aufgabe durch die Erfindung ist dadurch gekennzeichnet, dass an mindestens einem der beiden Bauteile mindestens ein aus elastomerem Material oder Gummimaterial bestehender Vorsprung angeordnet ist, der in den Bereich des Labyrinthspalts hineinreicht.
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Vorzugsweise ist an dem Bauteil, an dem der mindestens eine Vorsprung nicht angeordnet ist, mindestens eine sich in Richtung der Drehachse erstreckende Ausnehmung angeordnet ist, die vorzugsweise ringförmig umläuft und im Radialschnitt eine rechteckige Form aufweist, in die der Vorsprung zumindest teilweise hineinreicht.
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Der Vorsprung kann kontaktfrei mit der Ausnehmung sein, er kann aber auch an einer radial innenliegenden und/oder radial außenliegenden Begrenzungsfläche der Ausnehmung anliegen.
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Der Vorsprung weist nach einer Ausgestaltung der Erfindung im Radialschnitt eine rechteckige Kontur auf.
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Er kann alternativ auch im Radialschnitt eine V-förmige Kontur mit großem Öffnungswinkel zwischen den Schenkeln des V aufweisen, vorzugsweise mit einem Öffnungswinkel zwischen 140° und 175°.
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Eine weitere Alternative sieht vor, dass der Vorsprung im Radialschnitt eine Y-förmige Kontur aufweist.
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Der mindestens eine Vorsprung ist bevorzugt, aber nicht zwingend, an dem rotierenden ersten Bauteil angeordnet. Hierdurch unterliegt er den Zentrifugalkräften im Betrieb, was genutzt werden kann.
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Der Labyrinthspalt hat bevorzugt im Radialschnitt eine L-förmige Kontur mit einem radial verlaufender Teil und einem axial verlaufenden Teil.
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Der Vorsprung kann aus mehreren Segmenten bestehen, die sich in Umfangsrichtung aneinander anschließen, wobei zwischen den Segmenten in Umfangsrichtung mindestens ein Spalt verbleibt. Mindestens zwei Vorsprünge können dabei auf unterschiedlichen Radien angeordnet sein, wobei die Segmente in Umfangsrichtung versetzt zueinander angeordnet sind.
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Eine bevorzugte Ausführungsform sieht mehrere, nämlich zwischen zwei und vier, Vorsprünge vor, die konzentrisch um die Drehachse angeordnet sind.
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Das vorgeschlagene Konzept beruht auf dem in einfacher Weise verlängerten Dichtspalt, wobei zusätzlich ein Kontakt zwischen dem ruhenden und dem rotierenden Bauteil über den mindestens einen Vorsprung möglich ist.
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Für diesen Kontakt werden einfach austauschbare elastomere Bauteile (Vorsprünge) eingesetzt, die zu einer mehrfachen Kammerung des Labyrinthraums führen. Durch die Ausgestaltung der elastomeren Vorsprünge kann gezielt auf die Dichtsituation im Labyrinthspalt Einfluss genommen werden, wie es für verschiedene Ausführungsformen nachfolgend dargestellt ist.
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Die elastomeren Vorsprünge sind so gestaltet, dass sie einfach montiert und ausgetauscht werden können. Die einfache Geometrie der Vorsprünge erlaubt eine kostengünstige Herstellung. Hierbei ist die Produktion durch Profilextrusion besonders bevorzugt. Somit kann eine sehr wirtschaftliche Realisierung der vorgeschlagenen Dichtungsanordnung erreicht werden.
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Wenn in den Eigenschaften des Labyrinths keine absolute Dichtheit gefordert ist, können die Vorsprünge auch als Segmente ausgeführt werden, die sich in Umfangsrichtung aneinander anschließen. Die Breite des in Umfangsrichtung bestehenden Spaltes zwischen den Segmenten definiert dann die Durchgängigkeit des Labyrinths.
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In vorteilhafter Weise ergibt sich eine Verringerung der Spalthöhe und somit eine verbesserte Dichtwirkung des Labyrinthspalts. Der Abdichtstelle können auch spezielle Eigenschaften verliehen werden, wie es nachfolgend in Detail beschrieben ist (z. B. Veränderung der Dichtwirkung und/oder des Reibmoments zwischen den abzudichtenden Teilen in Abhängigkeit der Drehzahl).
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Ein Kontakt zwischen dem rotierenden und ortsfesten Bauteil kann dabei im gegebenen Falle zugelassen werden.
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Vorteilhaft ist weiterhin, dass die zulässige Verformung der beteiligten metallischen Bauteile erhöht werden kann, was fertigungstechnische Vorteile bietet.
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Weiterhin ist es vorteilhaft, dass eine einfache Austauschbarkeit der Verschleißteile gegeben ist, insbesondere der elastomeren Vorsprünge.
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Bevorzugt, aber nicht ausschließlich, werden die vorgeschlagenen Dichtungsanordnungen bei Lagerabdichtungen, insbesondere bei Großlagern, d. h. im Großmaschinenbau, eingesetzt. Als spezieller bevorzugter Anwendungsfall seien Windkraftanlagen genannt.
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Als Labyrinthspalt ist vorliegend eine Ausgestaltung zu verstehen, bei der ein eng tolerierter Spalt zwischen zwei Bauteilen ausgebildet wird, der eine Erschwernis für das Passieren eines Mediums darstellt. Dieser Spalt kann eine konstante Spaltbreite aufweisen, die zwischen 0,05 mm und 1 mm betragen kann.
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In der Zeichnung sind Ausführungsbeispiele der Erfindung dargestellt. Es zeigen:
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1 den Radialschnitt durch eine Dichtungsanordnung gemäß einer ersten Ausführungsform der Erfindung,
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2 den Radialschnitt durch eine Dichtungsanordnung gemäß einer zweiten Ausführungsform der Erfindung,
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3 den Radialschnitt durch eine Dichtungsanordnung gemäß einer dritten Ausführungsform der Erfindung,
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4 den Radialschnitt durch eine Dichtungsanordnung gemäß einer vierten Ausführungsform der Erfindung,
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5 den Radialschnitt durch eine Dichtungsanordnung gemäß einer fünften Ausführungsform der Erfindung und
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6 schematisch drei konzentrisch zueinander angeordnete Vorsprünge der Dichtungsanordnung, ausgebildet aus Segmenten und gesehen in Richtung der Drehachse.
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In 1 ist eine erste Ausführungsform der Erfindung zu sehen. Dargestellt ist im Radialschnitt eine Dichtungsanordnung 1, die einen ersten Raum 2 (Umgebung) gegen einen zweiten Raum 3 (Inneres beispielsweise eines Getriebes) abdichtet. Konkret wird ein um eine Drehachse 4 rotierendes erstes Bauteil 5 (Welle) gegen ein zweites Bauteil 6 (Gehäuse) abgedichtet. Hierfür ist grundsätzlich eine Labyrinthdichtung mit einem Labyrinthspalt 7 vorgesehen. Der Labyrinthspalt weist einen radial verlaufenden Teil 7' und einen sich hieran anschließenden axial verlaufenden Teil 7'' auf. Der Labyrinthspalt 7 stellt sicher, dass eine bereits günstige Abdichtung zwischen den beiden Bauteilen 5, 6 besteht.
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Um diese Dichtung weiter zu verbessern, weist das rotierende Bauteil 5 drei radial beabstandete Ringnuten auf, in denen drei Vorsprünge 8, 9 und 10 (Dichtlippen) eingebracht und befestigt (z. B. festgeklebt) sind; die Vorsprünge 8, 9, 10 bestehen aus Elastomermaterial. Sie sind ringförmig ausgebildet und erstrecken sich aus den Ringnuten axial (unter leichtem Winkel) in Richtung auf das zweite Bauteil 6. Demgemäß sind also am Bauteil 5 drei aus elastomerem Material bestehende Vorsprünge 8, 9, 10 angeordnet, die in den Bereich des Labyrinthspalts 7' hineinreichen. Die Vorsprünge 8, 9, 10 sind hier also als mitrotierende Dichtelemente ausgeführt.
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In das Bauteil 6 sind Ausnehmungen 11, 12 und 13 eingearbeitet, die als Ringnuten ausgebildet sind und – wie zu sehen – im Radialschnitt eine rechteckförmige Gestaltung aufweisen. Die Vorsprünge 8, 9, 10 erstrecken sich in den axialen Ausdehnungsbereich der Ausnehmungen 11, 12, 13 hinein.
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Der den Ausnehmungen 11, 12, 13 zugewandte Endabschnitt der Vorsprünge 8, 9, 10 ist, wie gesagt, leicht abgewinkelt und liegt an einer radial innenliegenden Begrenzungsfläche der Ausnehmungen 11, 12, 13 leicht an. Im Ruhezustand liegt also Kontakt zwischen den Vorsprüngen 8, 9, 10 und dem zweiten Bauteil 6 vor. Dreht das Bauteil 5 indes, heben die Endbereiche der Vorsprünge 8, 9, 10 von den radialen Begrenzungsflächen der Ausnehmungen 11, 12, 13 fliehkraftbedingt ab, so dass der Kontakt aufgehoben ist. Demgemäß ist also ein initialer Kontakt der Vorsprünge 8, 9, 10 am Bauteil 6 gegeben, wobei sich die Anlagekraft (infolge der Elastizität des Elastomermaterials der Vorsprünge 8, 9, 10) bei steigender Drehzahl infolge der Zentrifugalkräfte verringert.
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Es kann vorgesehen werden, dass eine gewisse Menge an Schmiermedium über das Labyrinth hinausgedrückt werden kann. Die dargestellte Form der Vorsprünge 8, 9, 10 ist daher hier so ausgelegt, dass ein Fettaustrag möglich ist, aber deutlich verlangsamt wird.
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In 2 ist eine Alternative der Lösung gemäß 1 zu sehen, bei der die Vorsprünge 8, 9, 10 mit ihren Endabschnitten an der radial außenliegenden Begrenzungsfläche der Ausnehmungen 11, 12, 13 anliegen. Durch die radial außen anliegenden Vorsprünge (Dichtlippen) 8, 9, 10 wird ein Medienaustrag aus dem Raum 3 durch Blockieren dieser Durchflussrichtung (für niederviskose Medien) verhindert.
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In 3 ist eine weitere Alternative zu sehen. Hier weisen die Vorsprünge 8, 9, 10 aus Elastomermaterial im Radialschnitt eine Y-förmige Gestalt auf. Hiermit ergibt sich eine verstärkte Abdichtwirkung durch sowohl innen- als auch außen-anliegende Vorsprünge (Dichtlippen) 8, 9, 10.
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In den 4 und 5 sind zwei weitere Alternativen der vorgeschlagenen Konzeption dargestellt. Hier sind die Vorsprünge 8, 9, 10 im Radialschnitt rechteckförmig ausgeführt, wobei die Endabschnitte der Vorsprünge 8, 9, 10 in die ebenfalls rechteckförmigen Ausnehmungen 11, 12, 13 berührungslos hineinreichen. Bei dieser Lösung kann es sich ergeben, dass ein Kontakt ermöglicht wird, der durch Deformationen der Anordnung hervorgerufen wird, was insbesondere bei Wellenschrägstellungen der Fall ist. Ansonsten sind die Eigenschaften eines klassischen Metalllabyrinths gegeben.
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Durch die Positionierung der Elemente im stillstehenden bzw. im rotierenden Teil des Labyrinths kann die bei Drehung gegebene Zentrifugalkraft zur Erzeugung, Verminderung bzw. Erhöhung eines Kontakts der Vorsprünge 8, 9, 10 bei steigender Drehzahl des sich drehenden Teils verwendet werden.
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Während dieser Effekt bei der Lösung gemäß 4 auftreten kann, weil hier die Vorsprünge 8, 9, 10 mitrotieren, gilt dies nicht für die Lösung gemäß 5. Hier sind die Vorsprünge 8, 9, 10 am ortsfesten Bauteil 6 befestigt, so dass die Rotation keine Verformung der Vorsprünge 8, 9, 10 hervorruft.
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In 6 ist noch schematisch dargestellt, wie eine Erhöhung der Spaltlänge bei am Umfang geteilten Vorsprüngen 8, 9, 10 erzielt werden kann. Zunächst ist hier zu bemerkten, dass die Vorsprünge 8, 9, 10 hier nicht als vollständige Ringe ausgebildet sind, sondern als Segmente 8', 8'', 9', 9'', 10' und 10''. Die Segmente setzen in Umfangsrichtung U aneinander an, wie in 6 zu sehen ist. Weiterhin liegen die drei Vorsprünge 8, 9, 10 – wie natürlich bei den vorstehend diskutierten Ausführungsformen auch – auf verschiedenen Radien r1, r2 bzw. r3.
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Zwischen zwei aneinander grenzenden Segmenten befindet sich ein Spalt 14, 15 bzw. 16. D. h. konkret für den dargestellten Fall, dass infolge der Aufteilung der Vorsprünge 8, 9, 10 in zwei Segmente auch jeweils zwei Spalte 14, 15 bzw. 16 vorliegen.
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Dabei sind die Segmente 8', 8'', 9', 9'', 10' und 10'' so angeordnet, dass ein Spalt radial bei radialem Fortschreiten auf ein Segment des nächsten Vorsprungs triff, nicht auf dessen Spalt. Wie mit gestrichelten Linien in 6 eingetragen, ergibt sich damit ein langer Fließweg für das Medium aus dem Raum 3 in den Raum 2.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Dichtungsanordnung
- 2
- erster Raum
- 3
- zweiter Raum
- 4
- Drehachse
- 5
- erstes Bauteil
- 6
- zweites Bauteil
- 7
- Labyrinthspalt
- 7'
- radial verlaufender Teil des Labyrinthspalts
- 7''
- axial verlaufender Teil des Labyrinthspalts
- 8
- Vorsprung
- 8'
- Segment des Vorsprungs
- 8''
- Segment des Vorsprungs
- 9
- Vorsprung
- 9'
- Segment des Vorsprungs
- 9''
- Segment des Vorsprungs
- 10
- Vorsprung
- 10'
- Segment des Vorsprungs
- 10''
- Segment des Vorsprungs
- 11
- Ausnehmung
- 12
- Ausnehmung
- 13
- Ausnehmung
- 14
- Spalt
- 15
- Spalt
- 16
- Spalt
- U
- Umfangsrichtung
- r1
- Radius
- r2
- Radius
- r3
- Radius