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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Konzept zum Regeln bzw. Steuern von Prozessparametern eines Walzprozesses mittels eines gemessenen Lagerschlupfes.
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Im Anschluss an verschiedene Urformprozesse können z. B. Bleche in unterschiedlichen Dicken und Qualitäten durch eine Vielzahl verschiedener Walzverfahren hergestellt werden. Der Vorgang des Walzens kann als rotierendes Druckumformen angesehen werden. Es kann zwischen Warm- und Kaltumformung, sowie in Längs-, Quer- und Schrägwalzen unterschieden werden. Die meisten Flach- und Profilerzeugnisse werden durch Längswalzen in entsprechenden Walzanlagen hergestellt.
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Unter einer Walzanlage bzw. einem Walzwerk versteht man eine Gesamtheit von für einen Walzprozess notwendigen mechanischen Baugruppen, sowohl für eine Umformung und einen Walzantrieb, als auch Vorrichtungen zum Ein- und Ausführen eines Walzgutes, die während eines Walzprozesses im Eingriff sind. Kernelemente von Walzanlagen sind Walzenanordnungen, die eine Mehrzahl von rotierenden, walzgelagerten Walzen aufweisen.
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Es existieren verschiedene Walzenanordnungen, die auch als so genannte Walzgerüste oder Walzstöcke bezeichnet werden können. Dabei gibt es beispielsweise Horizontal- und Vertikalgerüste. Bei Horizontalgerüsten liegen mehrere rotierende Walzen mit horizontal ausgerichteten Rotationsachsen in einem Stapel vertikal übereinander, so dass ein Walzgut, wie beispielsweise ein Aluminiumblech, von den übereinander angeordneten rotierenden Walzen in horizontaler Richtung gewalzt werden kann. Dazu wird es von zwei Arbeitswalzen bearbeitet, die zusätzlich von Stützwalzen gestützt werden können, um die beim Walzen des Walzguts auftretenden teils hohen Kräfte zu kompensieren. Bei Vertikalgerüsten sind die Rotationsachsen der Walzen entsprechend vertikal ausgerichtet.
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Das Walzen ist durch die Kraftflüsse Walzantrieb, Umformung und Nachbaraggregate gekennzeichnet, die hauptsächlich durch das Walzgut untereinander verkoppelt sind, so dass man von einem Kraftnetz sprechen kann. In modernen Walzwerken wird der Walzprozess in einem Informationsnetz durch zahlreiche, einander überlagerte und verknüpfte Prozessparameter bzw. Stellgrößen, wie zum Beispiel Walzgeschwindigkeit, Walzkraft, Antrieb, Banddicke, Bandzug, Planheit, etc., geregelt. Die unterschiedlichen Baugruppen sind also sowohl mechanisch als auch elektrisch bzw. elektronisch miteinander vernetzt, was ein kompliziertes, stark belastetes, hoch dynamisches und empfindliches mechatronisches Gesamtsystem ergibt.
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Es kommt in einem solchen Walzgesamtsystem immer wieder zu Wälzlagerschädigungen durch Unterschreiten von notwendigen Minimalbelastungen im Einsatzfall von Stützwalzenlagerungen. Das beruht auf der Schwierigkeit, reale Lastverhältnisse und Belastungsfälle im Anwendungsfall vorherzusehen. Infolge von durch Schmiermittel und Lagerkäfig verursachten Reibungswiderständen kann sich eine Rotationsgeschwindigkeit der Wälzkörper verringern oder sogar auf Null sinken, wenn die Belastung des Lagers sehr gering ist. Bei gewissen Walzen einer Walzanlage, wie beispielsweise bei Stützwalzen, kann das Lager in eine solche Nulllastsituation geraten. Durch Gleiten bzw. Schlupf der Wälzkörper kann es zu einer Verringerung der Dicke des Schmierfilms oder sogar zu einem Versagen des gesamten Schmierfilms kommen. In dem Lager kann es zu einem Metall-Metall-Kontakt kommen mit der Folge einer Oberflächenbeschädigung und eines eventuellen Lagerschadens.
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Bislang werden Wälzlagerlasten aufgrund von theoretischen Belastungsvorgaben durch Rechenmodelle in Abhängigkeit von Lagergröße und Bauart bestimmt. Hierdurch werden für Walzanlagen Walzprozessparameter definiert, um Lagerbelastungen stets oberhalb der jeweiligen Mindestlast zu halten. Aufgrund von unterschiedlichen Betriebsbedingungen werden in Parameterkennfeldern entsprechende (mehrdimensionale) Anwendungsfelder vorgeschrieben, die mit entsprechenden, teils hohen Sicherheitszuschlägen versehen sind. Diese teils hohen Sicherheitszuschläge stehen einer Tendenz zu einer immer höheren Produktivität von Walzanlagen entgegen.
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Es ist daher eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, Walzprozessparameter, wie beispielsweise Walzgeschwindigkeit oder Walzkraft, von Walzanlagen näher an ihren jeweiligen tatsächlichen Produktivitätsgrenzen zu betreiben zu können, ohne jedoch Wälzlagerungen von rotierenden Walzen aufgrund von Lagerschlupf zu schädigen.
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Gemäß einem Kerngedanken der vorliegenden Erfindung kann diese Aufgabe durch eine Regelung oder Steuerung gelöst werden, gemäß der ein während des Walzprozesses gemessener Lagerschlupf einer walzgelagerten Walze des Walzwerks als Regelgröße bzw. zu steuernde Größe verwendet wird. Ein Grundprinzip besteht also darin, einen Lagerschlupf einer walzgelagerten Walze als Regelgröße oder zu steuernde Größe zu messen (Ist-Wert) und abhängig von seiner Abweichung zu einem Lagerschlupfsollwert mittels einer Beeinflussung (Steuerung) wenigstens eines Prozessparameters manuell oder automatisch (mit einem Stellglied) korrigierend einzugreifen. Durch eine evtl. Rückkopplung des gemessenen Lagerschlupfes kann gemäß Ausführungsbeispielen der vorliegenden Erfindung auch ein geschlossener Regelkreis innerhalb des Walzprozesses entstehen.
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Ausführungsbeispiele sehen dazu ein Verfahren zum Regeln einer Mehrzahl von Prozessparametern vor, die ein Zusammenwirken einer Mehrzahl von Walzen eines Walzwerks in einem Walzprozess bestimmen. Das Verfahren umfasst ein Messen, während des Walzprozesses, eines Lagerschlupfes wenigstens eines Wälzlagers, mit dem eine der Walzen gelagert ist, und ein Einstellen von wenigstem einem der Prozessparameter basierend auf dem Messwert, sodass der Lagerschlupf der Walze während des Walzprozesses in einem vordefinierten Bereich um einen Lagerschlupfsollwert liegt. Ausführungsbeispiele des Verfahrens können manuell oder automatisiert ablaufen.
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Gemäß einem weiteren Aspekt der vorliegenden Erfindung ist auch ein Walzwerk mit einer Mehrzahl von Walzen vorgesehen, deren Zusammenwirken bei einem Walzprozess durch eine Mehrzahl von Prozessparametern bestimmt wird. Das Walzwerk umfasst eine Einrichtung zum Ermitteln, während des Walzprozesses, eines Messwerts für einen Lagerschlupf eines Wälzlagers, mit dem eine der Walzen gelagert ist, und eine Einrichtung zum Einstellen von wenigstens einem der Prozessparameter basierend auf dem Messwert, sodass der Lagerschlupf der Walze während des Walzprozesses in einem vordefinierten Bereich um einen Lagerschlupfsollwert liegt.
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Wie oben bereits beschrieben wurde, umfasst ein Walzwerk neben den eigentlichen Arbeitswalzen oftmals auch Stützwalzen, um eine Durchbiegung der mit dem Walzgut in Kontakt stehenden Arbeitswalzen zu verringern. Die Einrichtung zum Ermitteln des Messwerts des Lagerschlupfs kann gemäß Ausführungsbeispielen ausgebildet sein, um den Lagerschlupf in wenigstens einem Wälzlager zu messen, mit dem eine der Arbeits- und/oder Stützwalzen gelagert ist. Dazu kann sie beispielsweise eine Drehzahl eines Wälzkörpers in dem Wälzlager messen und basierend darauf den Messwert für den Lagerschlupf ermitteln. Zur Drehzahlbestimmung existieren grundsätzlich mehrere alternative Konzepte, wie beispielsweise mechanische, optische, magnetische und/oder elektrische Konzepte. Gemäß einem Ausführungsbeispiel kann die Einrichtung zum Ermitteln des Messwerts ausgebildet sein, um den Lagerschlupf basierend auf einem Magnetfeld, welches von einem mit einer Magnetisierung versehenen Wälzkörper erzeugt wird, mittels einer in etwa konzentrisch zu einer Drehachse des Wälzlagers angeordneten Ringspule zu messen. Zusätzlich oder alternativ kann der Messwert für den Lagerschlupf auch basierend auf einem Schlupf eines Lagerkäfigs des Wälzlagers ermittelt werden. Demgemäß kann unter Lagerschlupf gemäß der vorliegenden Erfindung sowohl ein Wälzkörperschlupf als auch ein Lagerkäfigschlupf verstanden werden. Auch Kombinationen aus Wälzkörper- und Lagerkäfigschlupf können vorliegend unter den Terminus Lagerschlupf subsumiert werden.
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Vorzugsweise beträgt der (vorbestimmte) Lagerschlupfsollwert Null. D. h., die Einrichtung zum Einstellen kann ausgebildet sein, um wenigstens einen der Prozessparameter des Walzprozesses derart einzustellen, sodass der Lagerschlupf im Wesentlichen Null ist und somit eine vordefinierte Mindestlast der Walze stets erreicht oder überschritten wird.
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Des Weiteren kann die Einrichtung zum Einstellen der Prozessparameter bevorzugt derart ausgebildet sein, um wenigstens einen der Prozessparameter basierend auf dem Lagerschlupfmesswert derart einzustellen, dass eine optimale, im günstigsten Fall sogar maximale Produktivität des Walzprozesses ohne Lagerschlupf erreicht wird. Das bedeutet, dass ein zu walzendes Walzgut, nahezu ohne Lagerschlupf, aber zugleich besonders effizient und unter Ausnutzung einer möglichst hohen Leistung des Walzwerks hergestellt werden kann.
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Bei den einstell- bzw. regelbaren Prozessparametern kann es sich beispielsweise um eine Walzgeschwindigkeit, eine Walztemperatur, eine Walzkraft, oder ein Walzenabstand des Walzwerks handeln. Selbstverständlich ist auch eine Anpassung weiterer in Walzwerken verwendeter Walzprozessparameter möglich und daher von Ausführungsbeispielen der vorliegenden Erfindung umfasst.
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Weitere vorteilhafte Weiterbildungen und Ausgestaltungen von Ausführungsbeispielen der vorliegenden Erfindung sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche.
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Befindet sich der gemessene Lagerschlupf also außerhalb eines Toleranzbereichs um den Lagerschlupfsollwert, kann gemäß der vorliegenden Erfindung einer oder eine Mehrzahl der Prozessparameter durch manuelle oder automatische Regelung oder Steuerung angepasst werden, um durch diese Anpassung den gemessenen Lagerschlupf wieder in seinen Sollbereich (vorzugsweise um Null) zu bewegen. Mit Ausführungsbeispielen der vorliegenden Erfindung kann also ein optimierter Arbeitspunkt in einem mehrdimensionalen Parameterkennlinienfeld des Walzprozesses eingestellt werden.
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Durch eine Schlupfmessung an Wälzkörpern und/oder an einem Wälzlagerkäfig, beispielsweise der Stützwalzenlager, während des Betriebes können mit Ausführungsbeispielen reale Umdrehungswerte erfasst und Gefahrenbereiche des Schlupfes erkannt werden. Daraufhin kann in den Fertigungsablauf durch Adaption von Prozessparametern regelnd oder steuernd eingegriffen werden, um Wälzlagerschädigungen zu vermeiden, Verschleiß zu reduzieren und eine Laufzeit zu erhöhen.
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Durch die vorliegende Erfindung können Schädigungen im Einsatzfall durch Messung realer Schlupfwerte vermieden werden. Dazu können die gemessenen Werte zur Kennwertermittlung einer Walzanlagensteuerung genutzt werden, wodurch nicht zuletzt auch Grenzbereiche der Produktivität gefahrlos angefahren werden können, ohne Wälzlager des Walzwerks zu schädigen.
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Ausführungsbeispiele der vorliegenden Erfindung werden nachfolgend bezugnehmend auf die beiliegenden Figuren näher erläutert. Es zeigen:
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1 eine schematische Darstellung eines gesteuerten bzw. geregelten Walzwerks gemäß einem Ausführungsbeispiel der vorliegenden Erfindung;
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2 eine detaillierte Darstellung eines Quarto-Walzgerüsts mit jeweils zwei Arbeits- und Stützwalzen gemäß einem Ausführungsbeispiel der vorliegenden Erfindung;
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3 eine Darstellung einer Abhängigkeit von Walzenkraft FW von einer Walzendrehzahl n und anderen Prozessparametern;
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4 eine vergrößerte Darstellung einer Stützwalze des Walzgerüsts gemäß 2;
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5 eine noch weiter vergrößerte Darstellung der unteren Stützwalze gemäß der 2 und 3 mit einer Einrichtung zum Ermitteln eines Messwerts für einen Lagerschlupf der Stützwalze, gemäß einem Ausführungsbeispiel der vorliegenden Erfindung; und
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6 eine schematisches Ablaufdiagramm eines Verfahrens zum Steuern bzw. Regeln eines Walzwerks basierend auf dem Lagerschlupf, gemäß einem Ausführungsbeispiel der vorliegenden Erfindung.
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1 zeigt eine schematische Darstellung eines Walzwerks 10 gemäß einem Ausführungsbeispiel der vorliegenden Erfindung.
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Das Walzwerk 10 weist eine Mehrzahl von gelagerten Walzen 11a, 11b und 12a, 12b auf, deren Zusammenwirken bei einem Walzprozess typischerweise durch eine Mehrzahl von Walzprozessparametern 13-1, 13-2, ..., 13-N bestimmt wird. Obwohl in 1 die Walzen beispielhaft in einem Horizontalgerüst mit zwei innenliegenden Arbeitswalzen 11a, b und zwei äußeren Stützwalzen 12a, b angeordnet sind, ist die vorliegende Erfindung gleichermaßen auch auf andere Walzgerüste und -anordnungen, wie z. B. Vertikalgerüste, anwendbar.
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Neben den Walzen 11a, 11b und 12a, 12b umfasst das Walzwerk 10 eine Einrichtung 14 zum Ermitteln, während des Walzprozesses, eines Messwerts 15 für einen Lagerschlupf SW wenigstens eines Wälzlagers 16b, mit dem eine der Walzen 12b gelagert ist. Es ist auch eine Einrichtung 18 zum Einstellen von wenigstens einem der Prozessparameter 13-n (n = 1, 2, ..., N) basierend auf dem Messwert 15 vorgesehen, so dass der Lagerschlupf SW der Walze 12b während des Walzprozesses in einem vordefinierten Bereich um einen bestimmten Lagerschlupfsollwert liegt.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel ist die Einrichtung 14 zum Ermitteln des Messwerts 15 ausgebildet, um eine tatsächliche Drehzahl nW,g eines Wälzkörpers des Wälzlagers 16b zu messen bzw. zu ermitteln und basierend darauf den Messwert 15 für den Lagerschlupf SW zu ermitteln.
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Um den Schlupf SW von Wälzkörpern in einem (Radial-)Wälzlager zu ermitteln, sollte neben der tatsächlichen Drehzahl nW,g der Wälzkörper auch eine tatsächliche Drehzahl eines Innen- oder Außenrings des Wälzlagers bekannt sein. Liegt beispielsweise die Drehzahl nI des Lagerinnenrings entsprechend der Drehzahl einer Welle oder Walze vor, so kann eine theoretische (schlupffreie) Drehzahl nW der Wälzkörper gemäß dem Zusammenhang nW = –0.5·nI·P/DW·(1 – DW/P·cosα)·(1 – DW/P·cosα) (1) berechnet werden. Dabei bedeutet nI die Drehzahl des Innenrings, DW der Durchmesser eines Wälzkörpers, P den Teilkreisdurchmesser und α einen Kontaktwinkel der Wälzkörper. Für Zylinderrollen als Wälzkörper ergibt sich beispielsweise ein Kontaktwinkel von α = 0°.
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Der Messwert 15 für den Lagerschlupf SW ergibt sich dann mit der tatsächlich gemessenen Drehzahl nW,g der Wälzkörper zu SW = (1 – nW,g/nW)·100%. (2)
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Zur Bestimmung der tatsächlichen Wälzkörperdrehzahl nW,g können grundsätzlich beliebige alternative Konzepte, wie beispielsweise mechanische, optische, magnetische und/oder elektrische Konzepte, oder Kombinationen daraus, eingesetzt werden. Im Folgenden wird jedoch der Fokus auf ein Konzept zur Messung der Wälzkörperdrehzahl nW,g durch Messen und Auswerten eines Magnetfelds gelegt, das von wenigstens einem mit einer Magnetisierung versehenen Wälzkörper in dem Wälzlager 16b erzeugt wird.
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Eine detailliertere Darstellung einer möglichen Walzenanordnung ist in 2 dargestellt. 2 zeigt ein Walzgerüst 20, welches lediglich beispielhaft als Quarto-Walzgerüst ausgebildet ist.
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Das Quarto-Walzgerüst 20 umfasst einen Stapel vertikal übereinander liegend angeordneter Walzen, wobei sich innenliegend in dem Stapel zwei Arbeitswalzen 11a, 11b und außenliegend zwei die Arbeitswalzen abstützende Stützwalzen 12a, 12b befinden.
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Die horizontalen Arbeitswalzen 11a, 11b üben auf ein zwischen ihnen durchzuführendes Walzgut 21 eine Walz- bzw. Walzenkraft FW aus. Die Walzenkraft FW ergibt sich aus seitlich an den Arbeitswalzen 11a, 11b auf diese ausgeübten Biegekräften Fb, wobei die Biegekräfte Fb alternativ nach oben oder unten gerichtet sein können, wie es durch die entsprechenden Pfeile in 2 angedeutet ist. Um eine Durchbiegung der mit dem Walzgut 21 in Kontakt stehenden Arbeitswalzen 11a, 11b zu verringern, werden diese durch die Stützwalzen 12a, 12b, deren Lagerungen 16a, 16b Stützenwalzkräfte FSt aufnehmen müssen, gestützt. Die Lagerungen 16a, 16b der beiden Stützwalzen 12a, 12b umfassen links und rechts jeweils zwei gleichartige, nebeneinander angeordnete Radialwälzlager 22, die derart präpariert sind, dass Drehzahlen der darin befindlichen Wälzkörper, wie z. B. Zylinderrollen, zur Bestimmung des Messwerts 15 für den Lagerschlupf SW gemessen werden können. Darauf wird weiter unten noch detaillierter eingegangen.
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Obwohl es sich bei dem vorbestimmten Lagerschlupfsollwert allgemein um einen beliebigen Wert zwischen 0% und 100% handeln kann, ist ein Lagerschlupfsollwert von Null bzw. 0% zumeist von besonderem Interesse, denn es kann in einem Walzwerk immer wieder zu Wälzlagerschädigungen beispielsweise durch Unterschreiten von notwendigen Minimalbelastungen und damit zu Lagerschlupf von Walzenlagerungen, insbesondere von Stützwalzenlagerungen, kommen. Dies wird in dem in 3 dargestellten Arbeitspunkt 31 in einem Kennfeld 30 verdeutlicht. Der Arbeitspunkt 31 befindet sich in einem durch verschiedene Walzprozessparameter definierten (hell dargestellten) Arbeitsbereich, in dem es zu Lagerschlupf kommt.
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3 zeigt ein Beispiel für ein walzmaterialabhängiges Kennfeld. Dargestellt ist eine Abhängigkeit der Walzenkraft FW von einer Walzendrehzahl n bei einer vorbestimmten Stützenwalzkraft FSt und weiter abhängig von verschiedenen Einflüssen, wie z. B. einem Einfluss 33 von der Biegekraft Fb. Bei bestimmten Einstellungen der Walzparameter ergibt sich ein optimaler Arbeitsbereich bzw. -punkt 32.
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Es besteht bei Walzprozessen allerdings die Schwierigkeit, reale Lastverhältnisse und Belastungsfälle in verschiedenen Anwendungs- bzw. Walzszenarien vorherzusehen und somit den optimalen Arbeitspunkt zu treffen. Infolge von durch Schmiermittel und Lagerkäfig verursachten Reibungswiderständen kann sich eine Rotationsgeschwindigkeit der Wälzkörper in den Lager 22 verringern oder sogar auf Null sinken, wenn die Belastung der Lager 22 zu gering, d. h. unterhalb einer erforderlichen Mindestlast, ist. Bei manchen Walzen, wie beispielsweise den Stützwalzen 12a, b, kann ein entsprechendes Lager 22 in eine solche Nulllastsituation geraten, z. B. bei hohen Walzgeschwindigkeiten (Drehzahlen n) und zu niedrigen Walzenkräften FW (siehe 3). Durch Gleiten bzw. Schlupf der Wälzkörper im Lager kann es zu einer Verringerung der Dicke des Schmierfilms oder sogar zu einem Versagen des gesamten Schmierfilms und damit zu einem Metall-Metall-Kontakt kommen mit der Folge einer Oberflächenbeschädigung und eines eventuellen Lagerschadens.
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Es gilt also bei der Einstellung des Arbeitspunktes mittels verfügbarer Walzprozessparameter einen Lagerschlupf von Walzenlagerungen, insbesondere von Stützenwalzenlagerung, zu vermeiden. Demzufolge ist gemäß einem Ausführungsbeispiel die Einrichtung 14 zum Einstellen ausgebildet, um wenigstens einen der Prozessparameter 13-n (n = 1, 2, ..., N) basierend auf dem Messwert 15 für den Lagerschlupf derart einzustellen, dass eine vordefinierte Mindestlast der (Stütz-)Walze 12b stets erreicht oder (gerade so) überschritten wird.
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Es ist dabei besonders vorteilhaft mit Ausführungsbeispielen der vorliegenden Erfindung einen Lastgrenzbereich der wälzgelagerten Walzen 11a, b und 12a, b anzustreben, in dem es gerade nicht zu einem signifikanten Lagerschlupf kommt. So könnte der vorbestimmte Lagerschlupfsollwert beispielsweise zwischen 0% und 5% liegen. Die Einrichtung 18 zum Einstellen der Prozessparameter kann also gemäß Ausführungsbeispielen ausgebildet sein, um wenigstens einen der Prozessparameter 13-n (n = 1, 2, ..., N) basierend auf dem Lagerschlupfmesswert 15 derart einzustellen, so dass eine optimale oder sogar maximale Produktivität des Walzprozesses im Wesentlichen ohne Lagerschlupf erreicht werden kann. Dies könnte beispielsweise mit einer Nebenbedingung erreicht werden, derart, dass die einzelne Prozessparameter 13-n (n = 1, 2, ..., N) entsprechend ihrer maximalen Produktivität, also z. B. so groß oder so klein wie möglich, gewählt werden. In dem Beispiel von 3 könnte der Arbeitspunkt 32 dadurch entweder senkrecht nach unten in Richtung Grenze zum Schlupfbereich, oder horizontal nach rechts (in Richtung Grenze zum Schlupfbereich) verschoben werden, beispielsweise durch Veränderung der Biegekraft Fb und/oder der Drehzahl n.
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Bei den einstell- bzw. regelbaren Prozessparametern 13-n (n = 1, 2, ..., N) kann es sich beispielsweise um bereits erwähnte Parameter wie z. B. die Biegekraft Fb, Stützenwalzkraft FSt, Walzgeschwindigkeit bzw. Drehzahl n, Walztemperatur, Walzenkraft oder Walzenabstand der Walzen 11a, b und 12a, b eines Walzwerks handeln. Selbstverständlich ist auch eine Anpassung anderer bei Walzprozessen verwendeter und auf den Lagerschlupf SW, Einfluss nehmender Walzprozessparameter möglich und daher von Ausführungsbeispielen der vorliegenden Erfindung umfasst.
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Das Messen des Lagerschlupfs und das Einstellen des wenigstens einen Prozessparameters 13-n (n = 1, 2, ..., N), wie z. B. einer von den Arbeitswalzen 11a, b ausgeübten Walzenkraft FW auf ein zu walzendes Walzgut 21, kann gemäß Ausführungsbeispielen einmalig, beispielsweise zu Beginn eines Walzprozesses, oder periodisch innerhalb eines Walzprozesses erfolgen. Der Lagerschlupf SW der Lager 22 wird dazu als Regelgröße oder zu steuernde Größe während des Walzprozesses quasi als Ist-Wert gemessen und abhängig von seiner Abweichung zu dem vorbestimmten Lagerschlupfsollwert mittels der Einrichtung 18 als Stellglied durch Anpassung der Prozessparameter 13-n (n = 1, 2, ..., N) automatisch oder manuell korrigiert. Entspricht der Lagerschlupfmesswert 15 dem vorbestimmten Lagerschlupfsollwert, braucht keine weitere Einstellung bzw. Anpassung der Walzprozessparameter 13-n (n = 1, 2, ..., N) vorgenommen werden. Weicht er hingegen um mehr als ein Toleranzbereich, beispielsweise um mehr als 3%, von dem Lagerschlupfsollwert ab, so ist eine entsprechende automatische oder manuelle Einstellung bzw. Nachjustierung der Walzprozessparameter 13-n (n = 1, 2, ..., N) notwendig.
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Der Lagerschlupfmesswert 15 kann gemäß manchen (automatisierten) Ausführungsbeispielen als Regelgröße, ähnlich wie in 1 dargestellt, rückgekoppelt werden, wodurch dann ein geschlossener Lagerschlupfregelkreis für den Walzprozess entstehen kann. Damit kann der in dem Walzprozess prinzipiell lastabhängige und damit veränderliche Lagerschlupf trotz unterschiedlicher Lastsituationen der Arbeits- bzw. Stützwalzen 11a, 11b, 12a, 12b automatisch in gewissen Grenzen konstant (z. B. bei ca. 0%) gehalten werden. Wird beispielsweise einer der Prozessparameter 13-n (n = 1, 2, ..., N) und damit auch der Lagerschlupf verändert, so kann im Ausgleich dafür ein anderer der Prozessparameter 13-m (m ≠ n; m = 1, 2, ..., N) automatisch nachgeregelt werden, um wieder den vorgegebenen Lagerschlupfsollwert zu erhalten. Ebenso kann die Einstellung der Prozessparameter 13-n (n = 1, 2, ..., N) durch die vorliegende Erfindung an unterschiedliche Walzgüter 21 angepasst werden. So kann beispielsweise von demselben Walzwerk in einem ersten Walzprozess Blech gewalzt werden und in einem zweiten Walzprozess Stahl, wobei die jeweiligen Prozessparameter 13-n (n = 1, 2, ..., N) durch die vorliegende Erfindung automatisch an die jeweiligen Produktivitätsgrenzbereiche herangeführt werden können.
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Wie es bereits erwähnt wurde, können zur Bestimmung der tatsächlichen Wälzkörperdrehzahl nW,g grundsätzlich verschiedene Konzepte eingesetzt werden. Im Folgenden wird jedoch näher auf ein Konzept zur Messung der Wälzkörperdrehzahl durch Messen und Auswerten eines Magnetfelds eingegangen, das von einem mit einer Magnetisierung versehenen Wälzkörper erzeugt wird.
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Die 4 und 5 zeigen dazu vergrößerte Darstellungen der in 2 dargestellten Stützwalzenlagerung 16a mit einer Messvorrichtung für die Wälzkörper- und Lagerringdrehzahlen.
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Wie es aus der 4 hervorgeht, umfasst die Stützwalzenlagerung 16a zwei benachbarte, gleichartige Radialwälzlager 22, um eine möglichst symmetrische Belastung zu erreichen. Jedes der Radialwälzlager 22 umfasst einen Lagerinnenring 41 und einen Lageraußenring 42. Der Innenring 41 des Radialwälzlagers 22 ist auf eine Welle der Walze 12a aufgespannt und mit dieser mit einem Haltering 43 verspannt, der mit der Welle verschraubt ist. Zwischen Lagerinnen- und Lageraußenring 42 sind jeweils in zwei Reihen Zylinderrollen 44 als Wälzkörper angeordnet. In Zwischenräume zwischen den Wälzkörpern 43 kann mittels einer Schmiermittelzufuhr 45 Schmiermittel, wie zum Beispiel Öl, in die Lager 22 gegeben werden. An einer Stirnseite der Lageranordnung ist ein Lagergehäusedeckel 46 mittels verschiedener Befestigungsschrauben 47 befestigt. In dem Lagergehäusedeckel 46 ist außerdem ein Sensor 48 vorgesehen, um einen Lagerkäfigschlupf zu messen. Wie es insbesondere aus der in 5 dargestellten Vergrößerung hervorgeht, ist auch eine Magnetspule 50 und eine dieser zugeordneten Kabeldurchführung 51 vorgesehen, um eine Drehzahl ng,w und damit auch einen Schlupf der Wälzkörper 44 messen zu können. Die Magnetspule 50 ist mit einer Befestigungsschraube 52 am Gehäusedeckel 46 befestigt.
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Die Drehzahl ng,w der Wälzkörper 44 und eines Lagerkäfigs 53 braucht lediglich in dem axial außen liegenden Radialwälzlager 22 gemessen zu werden. Dazu ist das axial außen liegende Radialwälzlager 22 für die Messung speziell präpariert, wie es insbesondere aus 5 hervorgeht.
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Die in 5 dargestellte Messvorrichtung erlaubt insbesondere die Messung eines Schlupfs SW eines Wälzkörpers 44. Dazu wird wenigstens ein Wälzkörper 44 des Radialwälzlagers 22 derart magnetisiert, dass dessen Magnetisierungsrichtung senkrecht zu der Rotationsachse des Wälzkörpers 44 verläuft.
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Seitlich neben dem zu vermessenden Radialwälzlager 22 ist die ringartige Messspule 50 angeordnet, deren Radius in etwa einem Rollenteilkreisradius entspricht. Der magnetisierte Wälzkörper 44 erzeugt während einer Abrollbewegung einen oszillierenden magnetischen Fluss durch eine von der Messspule 50 eingeschlossene Fläche. Die Fläche der Spule 50 ist kreisförmig und konzentrisch zur Rotationsachse des Radialwälzlagers 22. Die Messspule 50 steht über die Kabeldurchführung 51 in Verbindung mit der in 1 schematisch dargestellten Einrichtung 14 zum Ermitteln des Lagerschlupfmesswerts 15, die eine in der Messspule 50 induzierte und durch das von dem Wälzkörper 44 erzeugte oszillierende Magnetfeld erzeugte Messspannung aufnimmt und auswertet, um den Messwert 15 für den Lagerschlupf SW zu ermitteln. Die Messspule 50 bildet daher einen Magnetfeldsensor für die Einrichtung 14 zum Ermitteln des Lagerschlupfmesswerts.
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Das von dem magnetisierten Wälzkörper 44 erzeugte Magnetfeld wird über den Innenring 41 auf die Walzenwelle und den Spannring 43, durch den schmalen Spalt auf den Befestigungsring und damit auch durch die Messspule 50 hindurch über ein Gehäuse der Messvorrichtung auf den Außenring 42 des Radialwälzlagers 22 übertragen, so dass so geschlossenen Magnetfeldlinien auch die Messspule 50 durchlaufen.
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Der Lagerkäfig 53 kann beispielsweise aus Messing und zweiteilig ausgebildet sein. Der Lagerkäfig 53 kann gemäß Ausführungsbeispielen eine (nicht dargestellte) Bohrung umfassen, in die ein Stift eingesteckt werden kann, der als ein Positionierungsmittel dient. Der induktive Näherungssensor 48 der Messvorrichtung kann dann jedes Mal einen Strompuls erzeugen, wenn das Positionierungsmittel nach einer Drehung an dem Näherungssensor 48 vorbeigeführt wird. Dadurch kann eine Drehbewegung des Lagerkäfigs 53 unabhängig von der Drehzahl der Wälzkörper 44 und unabhängig von der Drehzahl des Lagerinnenrings 41 bestimmt werden. Da die Position des magnetisierten Wälzkörpers 44 eindeutig durch die Drehlage des Lagerkäfigs 53 bestimmt ist, kann daraus mithilfe der Einrichtung 14 die Position des Wälzkörpers 43 auf der inneren und/oder der äußeren Laufbahn berechnet werden. Die Einrichtung 14 zum Ermitteln des Messwerts 15 kann also ausgebildet sein, um den Lagerschlupf SW zusätzlich oder alternativ basierend auf einem Schlupf eines Lagerkäfigs 53 des Wälzlagers 22 zu messen.
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Nachdem im Vorhergehenden verschiedene Ausführungsbeispiele der vorliegenden Erfindung detailliert erläutert wurden, soll im Nachfolgenden anhand der 6 ein erfindungsgemäßes Verfahren 60 zum Regeln einer Mehrzahl von Prozessparametern 13-n (n = 1, 2, ..., N), die ein Zusammenwirken einer Mehrzahl von Walzen eines Walzwerks in einem Walzprozess bestimmen, erläutert werden. Ein derartiges Verfahren kann automatisch, beispielsweise durch ein erfindungsgemäßes Walzwerk mit den beschriebenen Mess- und Steuereinrichtungen, oder manuell durchgeführt werden.
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Das Verfahren umfasst dazu einen ersten Schritt 62, in dem während eines Walzprozesses der Lagerschlupf SW wenigstens eines Wälzlagers 22, mit dem eine der Walzen des Walzwerks gelagert ist, gemessen wird. Ein mögliches Messkonzept mittels einer Auswertung rotierender Magnetfelder wurde im Vorhergehenden eingehend erläutert.
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In einem weiteren Schritt 64 wird wenigstens einer der Prozessparameter 13-n (n = 1, 2, ..., N) basierend auf dem gemessenen Lagerschlupf 15 eingestellt, so dass der Lagerschlupf SW der Walze während des Walzprozesses in einem vordefinierten Bereich um den Lagerschlupfsollwert (vorzugsweise Null) liegt. Insbesondere ist dabei gleichzeitig maximale Produktivität des Walzprozesses anzustreben. Weiter oben wurde bereits beschrieben, dass die besagte Einstellung sowohl automatisch, beispielsweise in Form einer Regelschleife, als auch manuell erfolgen kann, weshalb dies hier nicht wiederholt werden soll.
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Eine Funktionsbeschreibung des Lagerschlupfes SW ist kompliziert und u. a. abhängig von verschiedenen Walzprozessparametern 13-n (n = 1, 2, ..., N), wie beispielsweise einem zu walzenden Material, einer Abzugs- bzw. Walzgeschwindigkeit (beeinflusst direkt die Walzendrehzahl n), den Biegekräften Fb und den Stützenwalzkräften FSt. Durch die Messung des Lagerschlupfes SW kann gemäß Ausführungsbeispielen beispielsweise Einfluss genommen werden auf die Abzugs- bzw. Walzgeschwindigkeit, die Biegekräfte Fb und/oder die Stützenwalzkräfte FSt, um Lagerschädigungen zu vermeiden. Die Lagerschlupfmesswerte 15 können materialabhängig ermittelt und die Stellgrößen entweder manuell gesteuert oder automatisch in die Steuerung einfließen, um eine Regelung zu erzeugen.
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Bezugszeichenliste
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- 10
- Walzwerk
- 11
- Arbeitswalze
- 12
- Stützwalze
- 13
- Prozessparameter
- 14
- Einrichtung zum Ermitteln eines Messwerts für einen Lagerschlupf
- 15
- Messwerts für Lagerschlupf
- 16
- Stützwalzenlager
- 18
- Einrichtung zum Einstellen von wenigstens einem Prozessparameter
- 20
- Walzgerüst
- 21
- Walzgut
- 22
- Radialwälzlager
- 30
- Kennfeld
- 31
- Arbeitspunkt mit Lagerschlupf
- 32
- Arbeitspunkt ohne Lagerschlupf
- 33
- Einflüsse auf Arbeitspunkt
- 41
- Lagerinnenring
- 42
- Lageraußenring
- 43
- Spannring
- 44
- Wälzkörper
- 45
- Schmiermittelzufuhr
- 46
- Gehäusedeckel
- 47
- Gehäuseschraube
- 48
- Näherungssensor für Lagerkäfigschlupf
- 50
- Messspule für Wälzkörperschlupf
- 51
- Kabeldurchführung
- 52
- Halteschraube
- 53
- Lagerkäfig