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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Bilden eines den Schweregrad eines Übersteuerungsvorgangs in einem Fahrmanöver angebenden Schweregrad-Index sowie ein Verfahren zum Stabilisieren eines Fahrzeugs im Falle einer Übersteuerung.
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Die Fahrwerkstabilität von Fahrzeugen unter dynamischen Fahrbedingungen stellt oft sehr hohe Anforderungen an den Fahrzeugführer. Extreme Geschwindigkeiten, Witterungseinflusse durch Nässe und gefrierende Nässe und die Notwendigkeit, in Gefahrensituation schnell einzugreifen überfordern einen durchschnittlichen oder auch einen übermüdeten Fahrer. Deswegen sind zusätzlich zu Antiblockierbremssystemen Fahrwerkdynamiksteuerungssysteme entwickelt worden, die beim Untersteuern oder Übersteuern eines Fahrzeuges mit einer gezielten selektiven Abbremsung einzelner Räder entgegensteuern. Noch einen Schritt weiter gehen Systeme, die einen aktiven Eingriff in die Lenkung des Fahrzeuges ausführen, d. h. den Lenkbewegungen des Fahrers eine zusätzliche Korrekturlenkbewegung überlagern. Hierzu verfügt das Fahrzeug meistens über eine elektrisch angetriebene Servolenkung, weil eine hydraulische oder pneumatische Servolenkung einen höheren technischen Aufwand erforderlich macht. Zusätzlich kann es auch eine sogenannte Aktivlenkung besitzen. Dieses System ist in der Lage, zum Fahrerwinkel einen zusätzlichen Winkel zu überlagern.
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Eine Übersteuerung ist die Tendenz eines Fahrzeugs, in eine schärfere Kurve zu lenken, als der Fahrer es beabsichtigt, wodurch ein Schub des Fahrzeughecks nach außen aus der Kurve auftreten kann, der das Heck des Fahrzeugs zum Schleudern veranlaßt, wenn die Hinterreifen ihre Seitentraktion verlieren.
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DE 198 32 484 A1 betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Erfassen einer Übersteuerungsseitenführung sowie ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Stabilisieren eines Fahrzeugs im Verlauf eines übersteuerten Kurvenfahrmanövers.
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Das Verfahren umfaßt die Bestimmung der Radgeschwindigkeiten mehrerer Räder basierend auf Radgeschwindigkeitssignalwerten und Bestimmen von Schlupfwerten dieser Räder, und Detektieren von Kurvenfahren unter Bezugnahme auf mehrere der bestimmten Schlupfwerte, wobei mindestens einer der Radgeschwindigkeitssignalwerte und der Schlupfwerte über eine Minimalzeitspanne zwischen 250 und 500 ms gemittelt oder integriert wird. Somit wird ein Übersteuerungszustand unter Bezugnahme auf Radschlupfwerte und/oder Querbeschleunigungswerte erfaßt. Die Stabilisierung wird mittels eines geeigneten Eingriffs in das Bremssystem durchgeführt.
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DE 41 23 235 C1 offenbart ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Verhindern von Instabilitäten bei Fahrzeughandhabung durch Bilden eines gewünschten Wertes der Fahrzeuggierwinkelrate aus gemessenen Werten, nämlich, der Fahrzeuggeschwindigkeit, dem Lenkradwinkel, und Bilden des tatsächlichen Wertes der Fahrzeuggierwinkelrate paßt von mindestens einem Sensorsignal. In dem Fall von Übersteuerungshandhabung wird der Bremsdruck für das Fahrzeugvorderrad auf der Außenseite der Kurve erhöht; im Fall von Untersteuerungshandhabung wird der Bremsdruck für das Fahrzeughinterrad auf der Innenseite der Kurve erhöht.
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DE 602 13 215 T2 offenbart ein Fahrzeuglenksystem, umfassend: ein Übersteuerungsschätzmittel zum Bestimmen, ob das Fahrzeug einen Übersteuerungszustand erfährt; ein Lenksteuermittel zum Bestimmten eines Ausgleichsdrehmomentes, um so den Fahrer beim Senken der Fahrzeuggiergeschwindigkeit auf null und dadurch beim Beseitigen des Übersteuerungszustands zu unterstützen; und Aktivierungsmittel, die freigegeben werden, wenn der Übersteuerungszustand ermittelt wird, um Fade-in und Fade-out des Ausgleichsdrehmoments auszuführen, um so einen stoßfreien Übergang von zusätzlicher Drehmomentanforderung zu erreichen, die auf die Lenkanforderung des Fahrers angewendet wird. Ein Algorithmus ist vorgesehen, der Messungen des Fahrzeugdynamikzustands verwendet, um eine zum Stabilisieren eines Fahrzeugs bei Übersteuerung geeignete Lenkkorrektur zu bestimmen, wobei diese Lenkkorrektur an das Fahrzeug über das normale Servolenksystem angewendet wird. Das Übersteuerungsschätzmittel ist angepaßt, eine Schätzung der Tendenz des Fahrzeugs zu Übersteuerung basierend auf Messungen der gemessenen oder abgeleiteten Fahrzeuggiergeschwindigkeit und/oder Lenkradwinkel und/oder Seitenbeschleunigung und/oder Schlupfwinkel abzuleiten. Die Erfassung des Lenkradwinkels oder der Position des Lenkrades erfolgt lediglich zum Zwecke der Ausführung der Steuerung, die als Ausgangsgrößen fahrzeugbezogene dynamische Parameter wie Querbeschleunigung oder Fahrzeuggiergeschwindigkeit heranzieht.
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DE 100 54 647 A1 beschreibt ein Verfahren zur Regelung der Fahrstabilität eines Fahrzeugs, in dem anhand eines hochdynamischen Auslenkens ermittelt wird, ob eine Tendenz zu einem nachfolgenden instabilen Fahrverhalten vorliegt. Das Vorliegen eines hochdynamischen Auslenkens kann dabei aus der Lenkwinkelgeschwindigkeit, der Zeitdauer zwischen dem Verlassen des Ruhebandes und dem Auftreten des Maximums der Lenkwinkelgeschwindigkeit sowie der Zeitdauer zwischen dem Auftreten des Maximums der Lenkwinkelgeschwindigkeit und des Eintritts in das Ruheband erkannt werden. Das Ruheband gibt dabei ein stationäres, stabiles Fahrverhalten wieder.
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Es ist jedoch oft bereits zu spät, die Störungen der Stabilität durch Übersteuerung oder Untersteuerung an den fahrzeugbezogenen dynamischen Parametern festzustellen und darauf zu reagieren. Hierdurch werden die Ausschläge der Störparameter und der eingeleiteten Gegenmaßnahmen relativ groß, eine Überschreitung nicht immer vermeidbar, so dass das Fahrzeug bereits ausbrechen kann, bevor die Gegenmaßnahmen greifen können, woraufhin die dynamische Fahrsituation bereits wesentlich verändert wird und es muß auf diese neue Veränderung entsprechend reagiert werden. Deswegen ist es wünschenswert, eine Übersteuerung möglichst frühzeitig zu erkennen.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, Mittel bereit zu stellen, die eine frühzeitige Erfassung und Bewertung einer Übersteuerung eines Fahrzeuges zu ermöglichen. Es ist eine weitere Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein vorteilhaftes Verfahren zum Stabilisieren eines Fahrzeugs im Falle einer Übersteuerung zur Verfügung zu stellen.
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Die erste Aufgabe wird durch ein Verfahren zum Bilden eines den Schweregrad eines Übersteuerungsvorgangs in einem Fahrmanöver angebenden Schweregrad-Index, wie es in Anspruch 1 definiert ist, gelöst, die zweite Aufgabe durch ein Verfahren zum Stabilisieren eines Fahrzeugs im Falle einer Übersteuerung, wie es in Anspruch 6 definiert ist. Die abhängigen Ansprüche enthalten vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zum Bilden eines den Schweregrad eines Übersteuerungsvorgangs in einem Fahrmanöver angebenden Schweregrad-Index (S) umfaßt die Schritte:
- – Erfassen wenigstens der Lenkwinkelgeschwindigkeit;
- – Bilden der Differenz zwischen der erfaßten Lenkwinkelgeschwindigkeit und einer Konstante; und
- – Bilden des Schweregrad-Index durch Integrieren der Differenz über die Zeit.
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Der gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren gebildete Schweregrad-Index stellt ein geeignetes Maß zum Angeben des Schweregrades (Härtegrad) eines Übersteuerungsvorgangs dar. Da er auf der Erfassung der Lenkwinkelgeschwindigkeit basiert, die eine frühzeitige Indikation eines Übersteuerungsvorgangs gestattet, ermöglich er einem Fahrwerksteuersystem ein frühzeitiges Einleiten von Gegenmaßnahmen, welche dem festgestellten Schweregrad der Übersteuerung angemessen sind. Mit Hilfe des Schweregrad-Index kann daher der Grad einer kritischen Übersteuerung frühzeitig reduziert und die Fahrsicherheit in kritischen Fahrsituationen erhöht werden.
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Vorteilhafterweise wird der Wertebereich des Schweregrad-Index durch eine untere Grenze begrenzt, wodurch sich marginale oder gar negative Werte des Schweregrad-Index vermeiden lassen. Die untere Grenze kann insbesondere den Wert Null aufweisen, wobei dann nur negative Werte für den Schweregrad-Index unterdrückt werden. Die untere Grenze kann aber auch einen Wert größer Null aufweisen, wodurch dann zusätzlich Werte des Schweregrad-Index unterdrückt werden, die einen marginalen Schweregrad repräsentieren, der keinen Eingriff des Fahrwerksteuersystems erfordert. Die untere Grenze ermöglicht darüber hinaus ein schnelleres Ermitteln des Schweregrad-Index.
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Die Konstante kann insbesondere eine Geschwindigkeitsreduzierung pro Zeiteinheit repräsentieren (Fading-Konstante). Als solche kann sie als Tuning-Parameter zum Abstimmen der Empfindlichkeit des Schweregrad-Index verwendet werden. Ein hoher Wert der Konstante führt nur bei einem sehr scharfen Fahrzeug-Handling zu einem großen Wert des Schweregrad-Index, wohingegen ein niedriger Wert der Konstante bereits bei normalem Fahrzeug-Handling zu einem hohen Schweregrad-Index führt.
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Neben der Lenkwinkelgeschwindigkeit kann in den Schweregrad-Index auch die Fahrzeuggeschwindigkeit eingehen, da die Gefährlichkeit von Lenkmanövern auch von der Fahrzeuggeschwindigkeit abhängt.
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Erfindungsgemäß wird außerdem ein Verfahren zum Stabilisieren eines Fahrzeugs im Falle einer Übersteuerung zur Verfügung gestellt. In diesem Verfahren wird der Schweregrad-Index nach dem erfindungemäßen Verfahren zum Bilden des Schweregrad-Index ermittelt. Die Stabilisierungsmaßnahmen werden dann auf der Basis des ermittelten Schweregrad-Index durchgeführt. Insbesondere können Parameter der Stabilisierungsmaßnahmen auf der Basis des ermittelten Schweregrad-Index beeinflußt werden.
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Die Stabilisierungsmaßnahmen können ein gesteuertes Eingreifen in die Lenkung des Fahrzeugs und/oder ein gesteuertes Bremsen des Fahrzeugs umfassen. Wenn als Stabilisierungsmaßnahme entweder ein gesteuertes Eingreifen in die Lenkung des Fahrzeugs oder ein gesteuertes Bremsen des Fahrzeugs erfolgt, kann die Auswahl der Stabilisierungsmaßnahmen auf der Basis des ermittelten Schweregrad-Index erfolgen. Wenn als Stabilisierungsmaßnahme sowohl ein gesteuertes Eingreifen in die Lenkung des Fahrzeugs als auch ein gesteuertes Bremsen des Fahrzeugs erfolgt, kann die Koordination des gesteuerten Eingreifens in die Lenkung mit dem gesteuerten Bremsen auf der Basis des ermittelten Schweregrad-Index erfolgen.
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Weitere Eigenschaften und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung eines Ausführungsbeispiels unter Bezugnahme auf die beiliegenden Figuren.
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1 zeigt ein dynamisches Fahrwerksteuersystem eines Fahrzeugs in einer stark schematisierten Darstellung.
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2 zeigt ein Floßdiagramm des erfindungsgemäßen Verfahrens.
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3A–C zeigen jeweils einen Kurvenverlauf erfaßter, ermittelter und beabsichtigter Parameter bei guter Reifenhaftung.
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4A–D zeigen jeweils einen Kurvenverlauf erfaßter, ermittelter und beabsichtigter Parameter bei schlechter Reifenhaftung.
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Das vorliegende Ausführungsbeispiel geht von einem dynamischen Fahrwerksteuersystem eines Fahrzeugs mit wenigstens einem Übersteuerungserfassungsmittel 10 und einem Lenkhilfsmittel 11, bspw. einem Kraft erzeugenden Lenkhilfsmittel oder einer Aktivlenkung, aus, wie es schematisch in 1 dargestellt ist, und in dem ein Lenkgestänge 12 auf lenkbare Räder 13 wirkt. Das Übersteuerungserfassungsmittel 10 ist wenigstens zum Erfassen der Lenkgeschwindigkeit eingerichtet ist. Die Lenkgeschwindigkeit, die ein direktes Maß dafür ist, wie scharf der Fahrzeugführer das das Fahrzeug in eine Kurve führt, wird als die Quelle einer Übersteuerungshandhabung des Fahrzeuges direkt erfaßt, ohne Umwege über die Erfassung der fahrzeugseitigen Parameter wie Querbeschleunigung oder Giergeschwindigkeit. Dadurch ist eine frühere und technisch einfachere Erfassung einer auftretenden Störung durch Übersteuerung möglich. Die Erfassung der Lenkgeschwindigkeit kann an einem der beweglichen Elemente des Lenkgestänges erfolgen. Dieses bewegliche Element des Lenkgestänges 12 kann bspw. die Lenksäule, das Lenkgetriebe, die Spurstange oder ein mit dem Lenkgestänge gekoppeltes Element oder direkt das Lenkrad sein. Da alle Lenkgestänge-Elemente miteinander gekoppelt sind, unterscheidet sich die Erfassung an verschiedenen Lenkgestänge-Elementen nur durch einen zu berücksichtigenden Faktor.
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Die Lenkgeschwindigkeit der durch den Fahrer bewirkten Lenkbewegung kann bspw. durch einen Drehwinkelsensor als eine Winkelgeschwindigkeit erfaßt werden. Alternativ oder zusätzlich kann die Lenkgeschwindigkeit der durch den Fahrer bewirkten Lenkbewegung durch einen Translationsbewegungssensor als eine Translationsgeschwindigkeit erfaßt werden. Die Kopplung des Drehwinkelsensors und/oder des Translationsbewegungssensors mit einem der Elemente des Lenkgestänges durch eine kraftschlüssige mechanische Verbindung oder eine kontaktlose Kopplung ausgeführt sein.
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Das Kraft erzeugende Lenkhilfsmittel 11 kann als ein elektrische und/oder hydraulische und/oder pneumatische Systemelemente aufweisendes System ausgeführt sein.
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Erfindungsgemäß ist ein Verfahren vorhanden, um die Übersteuerung gemäß ihrem Schweregrad (Härtegrad) zu quantifizieren. Hierzu wird in einem Fahrwerksteuersystem 14 oder einem zusätzlichen, alleine zum Ermitteln des Schweregrades vorgesehenen Modul, ein Schweregrad-Index ermittelt, der dann dazu verwendet werden kann, eine der Übersteuerung entsprechenden Gegenwirkung erzeugen zu können. Der ermittelte Schweregrad-Index der Übersteuerung kann bspw. im Fahrwerksteuersystem 14 zum Skalieren von Gradientengrößen und/oder zum Beschleunigen des Fahrzeuges herangezogen werden, oder im Lenkhilfsmittel 11 zum gesteuerten Eingriff in Lenkung.
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2 zeigt ein Flußdiagramm einer bevorzugten Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens zum Ermitteln des Schweregrad-Index.
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In einem ersten nach dem Start Verfahrensschritt S1 erfolgt eine Erfassung der Lenkbewegung des Fahrzeugführers beispielsweise durch einen Drehwinkelsensor als eine zeitabhängige Winkelgeschwindigkeit ωL des Lenkrades.
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Im nachfolgenden Verfahrensschritt S2 wird ein Schweregrad-Index S der Übersteuerung als eine Funktion der Lenkbewegung nach folgender mathematischer Beziehung aus der erfaßten Winkelgeschwindigkeit ωL des Lenkrades berechnet: S(t) = ∫(ωL – F)dt, wobei
- S(t)
- den Schweregrad-Index,
- ωL
- zeitabhängige Winkelgeschwindigkeit des Lenkrades,
- F
- eine Konstante
bezeichnen.
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Die Konstante F dient beispielsweise einer Justierung oder Anpassung der Empfindlichkeit des erfindungsgemäßen Schweregrad-Index S vor der Übergabe an eine Fahrwerk- oder eine Lenksteuerung im Schritt S3.
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Um negative Schweregrad-Indizes zu vermeiden ist im vorliegenden Ausführungsbeispiel zudem eine untere Grenze des Schweregrad-Index (S) vorhanden. Dies hat den Wert Null, so dass der eigentliche Schweregrad-Index durch die Formel S(t) = max(S(t), 0) gegeben ist.
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3A bis 3C zeigen jeweils einen Kurvenverlauf erfaßter, ermittelter und beabsichtigter Parameter 1, 2, 3, 4, 5 sowie des berechneten Schweregrad-Index 6 bei guter Reifenhaftung, beispielsweise auf trockenem Asphalt, d. h. bei einem hohen Reibungswert μ.
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Hierbei sind in den jeweiligen 3A bis 3C jeweils zwei aufeinander folgende Übersteuerungsereignisse I und II entlang einer als Abszissenachse ausgebildeten Zeitachse t dargestellt. Auf der Ordinate sind jeweils in relativen Größen eine gewünschte Gierrate 1 und eine gemessene Gierrate 2 in Winkelgrad pro Sekunde abgebildet, wobei die gemessene Gierrate einen größeren Ausschlag aufweist als die Gewünschte, da es das erreichte Ziel der Erfindung ist, einer festgestellten Übersteuerung entgegen zu wirken. Gleichzeitig ist eine gemessene Querbeschleunigung 3 in zeitlicher Ablaufzuordnung dargestellt, wobei die Querbeschleunigung die Einheit einer Beschleunigung m/s2 aufweist. Insofern ist ihr absoluter Ausschlag wie dargestellt nicht von Bedeutung für die beabsichtigte Betrachtung. Vielmehr werden die zeitlichen Verläufe der dargestellten Parameter betrachtet, um deren Vor- oder Nachlauf in Bezug aufeinander zu beurteilen.
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Jede der Figuren weist wegen deutlicherer Darstellbarkeit zusätzlich zum oberen einen unteren Kurvenverlauf auf, in dem in gleicher zeitlicher Zuordnung weitere Parameter dargestellt sind. Es ist vor allem die ermittelte Übersteuerung 4, die gemessene Querbeschleunigung 5 und der erfindungsgemäß ermittelte Schweregrad-Index 6 (oder S) der Übersteuerung.
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Die aufeinander folgenden zwei Übersteuerungsereignisse I und II betreffen jeweils eine der beiden Lenkrichtungen, d. h., wenn das erste Übersteuerungsereignis I einer Linkskurve zugeordnet ist, dann ist das zweite Übersteuerungsereignis II einer Rechtskurve zugeordnet.
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4A bis 4D zeigen jeweils einen Kurvenverlauf erfaßter, ermittelter und beabsichtigter Parameter 1, 2, 3, 4, 5, 6 bei schlechter Reifenhaftung, beispielsweise auf glatt gefahrenem Schnee, d. h. bei einem niedrigen Reibungswert μ.
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Für die Darstellung der jeweiligen Parameter gilt das vorher zu 3A bis 3C Beschriebene. Im Unterschied dazu jedoch ist die ermittelte Übersteuerung 4 gleich null. Prinzipiell ist es aber auch bei schlechter Reifenhaftung möglich, ein Übersteuern zu erkennen und darzustellen, so dass auch eine ermittelte Übersteuerung 4 dargestellt werden könnte.
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Was jedoch als eine wichtige Erkenntnis aus jedem dargestellten Kurvenverlauf aller Figuren entnehmbar ist, ist die Tatsache, dass der erfindungsgemäß ermittelte Schweregrad-Index 6 der Übersteuerung zu dem Schweregrad der Übersteuerung korrespondiert und dies auch unter verschiedenen Reifenhaftungsbedingungen gewährleistet bleibt.
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Im Gegensatz dazu ist die Querbeschleunigung 5 mehr oder weniger zeitlich übereinstimmend mit dem jeweiligen Kurvenmanöver. Es ist somit der Vorteil vorliegender Erfindung, dass der erfindungsgemäß ermittelte Schweregrad-Index 6 oder S der Übersteuerung zeitlich früher erfaßt wird als die Erfassung der Übersteuerung anhand fahrzeugseitiger Parameter wie Querbeschleunigung oder Gierrate. Folglich kann das erfindungsgemäß mit dem ermittelten Schweregrad-Index 6 der Übersteuerung korrelierte Signal von dem Fahrwerksteuersystem dazu verwendet werden, früher entsprechende Gegenmaßnahmen in Form von Gegenlenkkräften einzuleiten und somit mehr Fahrsicherheit in Extremsituationen zu erzeugen. Außerdem wird der erfindungsgemäße Schweregrad-Index 6 der Übersteuerung dabei quantisiert, so dass die Gegenlenkkräfte bezogen auf den Schwierigkeitsgrad des Übersteuerungsereignisses dosierbar sind.
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Der ermittelte Schweregrad-Index S ist ein adäquates Maß für den Schweregrad des aktuellen Fahrmanövers. Der Index kann für unterschiedliche Zwecke genutzt werden. Zum Beispiel kann er zum Beeinflussen von Parameter Verwendung finden, beispielsweise zum Beeinflussen von Parameter in einem Fahrwerksteuersystem 14 mit Übersteuerregler. So kann er in einem derartigen Regler etwa einen Verstärkungsfaktor skalieren. Falls zwei Übersteuerregler nebeneinander existieren, beispielsweise ein ESP (Electronic Stability Program) oder ein EPAS (Electronic Power Assisted Steering), mit denen einer Übersteuerung entgegen gewirkt werden kann, kann der Schwergrad-Index S dazu Verwendung finden, die Steuereingriffe der beiden Systeme zu koordinieren, um mit Hilfe des Eingriffs durch beide Systeme das gewünschte Stabilisierungsziel des Fahrzeugs zu erreichen. Alternativ besteht aber auch die Möglichkeit, wenn zum Stabilisieren des Fahrzeugs von dem einen Regler zum anderen übergegangen wird, beispielsweise vom EPAS-Regler zum ESP-Regler, den Übergang von dem einen Regler zum anderen Regler vom Schweregrad-Index S abhängig zu machen. Hierzu kann beispielsweise ein vorgegebener Vergleichswert für den Schweregrad-Index vorhanden sein, der als Schwellenwert dient, bei dessen Überschreiten von der einen Regelung zur anderen übergegangen wird.
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Bezugszeichenliste
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- I, II
- Übersteuerungsereignisse, links und rechts
- 1
- gewünschte Gierrate
- 2
- gemessene Gierrate
- 3
- gemessene Querbeschleunigung
- 4
- gemessene Gierbeschleunigung
- 5
- Härtegrad der Übersteuerung
- 6
- ermittelte Übersteuerung
- 14
- Übersteuerungserfassungsmittel
- 11
- Lenkhilfsmittel
- 12
- Lenkgestänge
- 13
- lenkbare Räder
- 14
- Fahrwerksteuersystem
- F
- Konstante
- μ
- Reibungswert
- S
- Schweregrad-Index
- S1...S3
- Verfahrensschritte
- t
- Zeitachse
- ωL
- Winkelgeschwindigkeit des Lenkrades