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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Erkennen von Rattern bei einem Zerspanprozess mittels einer Werkzeugmaschine, eine Werkzeugmaschinen-Überwachungsvorrichtung und eine Werkzeugmaschine.
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Der Hintergrund der Erfindung ist das Rattern, das auch als regeneratives Rattern bezeichnet werden kann. Beim regenerativen Rattern kommt es zu einer Rückkopplung zwischen einer ungleichförmigen Bearbeitung des Werkstücks und einer Schwingung der Werkzeugmaschine. Aufgrund der Schwingung der Werkzeugmaschine wird das Werkstück ungleichförmig bearbeitet und aufgrund der ungleichförmigen Bearbeitung ändern sich die Prozesskräfte, die wiederum zu einer Anregung der Werkzeugmaschine führen. Regeneratives Rattern führt zu Bauteilen minderer Qualität und kann Werkzeugbrüche und Maschinenschäden hervorrufen.
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Aus dem Stand der Technik ist bekannt, die elektrische Größe, beispielsweise den Ankerstrom der Antriebsspindel oder ein elektrisches Signal, das mit einem Lautsprecher vom Ort der Bearbeitung aufgenommen wurde, mit einer hohen Abtast-Frequenz abzutasten und anschließend eine Fourier-Transformation durchzuführen. Da die Ratterschwingung in der Nähe der Eigenfrequenz der Werkzeugmaschine liegt, kann dann aus einem Auftreten eines Frequenzanteils in der Nähe der bekannten Eigenfrequenz auf ein Rattern geschlossen werden. Hieran ist nachteilig, dass mit einer hohen Abtast-Frequenz abgetastet werden muss, was eine große Prozessorleistung sowie hochfrequente Signale erforderlich macht. Nachteilig ist zudem, dass bestehende Werkzeugmaschinen damit nicht nachgerüstet werden können.
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Aus der
EP 1 017 535 B1 ist bekannt, den Schall zu messen, der von einem Bearbeitungsprozess ausgeht und das erhaltene Signal in einem Stufenverstärker und mittels eines Tiefpassfilters zu verarbeiten, um verbesserte Signal-Rausch-Verhältnisse zu erhalten. Bei einer verrauschten elektrischen Größe, die beispielsweise aus Schallmessungen gewonnen wird, kann mit derartigen Verfahren das Rattern nur sehr schlecht detektiert werden. Notwendig ist daher ein Einlernen, was insbesondere bei kleinen und mittleren Serien zu einem hohen Aufwand führt.
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Aus der
DE 35 37 214 C2 ist eine Werkzeugmaschinen-Überwachungseinrichtung bekannt, bei der mit Hilfe eines Breitbandschwingensensors eines Hochpassfilters zum Dämpfen von Maschinengeräuschen niedriger Frequenz, eines Signalpegeldetektors zum Gleichrichten und Tiefpassfiltern des Signals, einer Einrichtung zur Ermittlung eines laufenden mittleren Signalpegels und einer Einrichtung zum Vergleichen des aktuellen Signalpegels mit dem laufenden mittleren Signalpegel eine Erkennung des Ratterns erreicht werden soll. Auch hier ist nachteilig, dass Rattern beim Vorliegen einer stark verrauschten elektrischen Größe nur schlecht erkannt werden kann.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, Nachteile im Stand der Technik zu vermindern.
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Die Erfindung löst das Problem durch ein Verfahren zum Erkennen von Rattern bei einem Zerspanprozess mittels einer Werkzeugmaschine, mit den Schritten: (i) Ermitteln einer Drehzahl der Werkzeugmaschine, (ii) Erfassen einer elektrischen Größe, die mit einer Prozesskraft des Zerspanprozesses korreliert, (iii) Digitalisieren der elektrischen Größe mit einer Abtast-Frequenz, so dass ein zeitabhängiges digitales Gesamt-Signal erhalten wird, (iv) stochastisches Schätzen eines drehzahlkorrelierten, beispielsweise schneideneingriffskorrelierten, Anteils im digitalen Signal, (v) Abziehen des drehzahlkorrelierten Anteils vom Gesamt-Signal, so dass ein Prozess-Signal erhalten wird, (vi) Ermitteln eines Instabilitätsparameters, der eine Signalstärke des Prozess-Signals kodiert, aus dem Prozesssignal und (vii) Ausgeben eines Warn-Signals, wenn der Instabilitätsparameter einen voreingestellten Stellenwert überschreitet.
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Gemäß einem zweiten Aspekt löst die Erfindung das Problem durch eine Prozessüberwachungsvorrichtung mit einem Dateneingang zum Einlesen von Daten einer Maschinensteuerung einer Werkzeugmaschine und einem Mikroprozessor, der eingerichtet ist zum Durchführen eines solchen Verfahrens.
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Gemäß einem dritten Aspekt löst die Erfindung das Problem durch eine Werkzeugmaschine mit einer Spindel, einer mittels der Spindel antreibbaren Werkzeugaufnahme und einer elektrischen Steuerung zum Ansteuern der Spindel, wobei die Steuerung eingerichtet ist zum automatischen Durchführen eines solchen Verfahrens.
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Im Rahmen der vorliegenden Beschreibung wird unter der Werkzeugmaschine insbesondere eine spanende Werkzeugmaschine verstanden. Beispielsweise handelt es sich um eine Werkzeugmaschine zur geometrisch bestimmten Zerspanung. Es kann sich aber auch um eine Werkzeugmaschine zur geometrischen unbestimmten Zerspanung handeln. Besonders vorteilhaft ist die Erfindung bei Schleifmaschinen und Fräsmaschinen einsetzbar.
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Unter dem Ermitteln einer Drehzahl der Werkzeugmaschine wird insbesondere auch ein Auslesen einer Maschinensteuerung der Werkzeugmaschine verstanden. In der Regel ist in Werkzeugmaschinen zudem der Sollwert für die Drehzahl in einen digitalen Speicher abgelegt.
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Auch das Auslesen eines derartigen Speichers ist ein Ermitteln der Drehzahl. Unter der elektrischen Größe, die mit einer Prozesskraft des Zerspanprozesses korreliert, wird insbesondere der Motorstrom der Spindel und/oder einer der Vorschubachsen der Spindel verstanden. Alternativ und additiv können auch elektrische Größen von Sensoren erfasst werden, wie beispielsweise Beschleunigungssensoren, Dehnungssensoren, die an der Werkzeugmaschine bzw. dem Werkzeug angebracht sind, sowie Mikrofone, die eine akustische Emission des Bearbeitungsprozesses aufzeichnen. Unter der Prozesskraft wird insbesondere eine Schnittkraft, eine Passivkraft und/oder eine Vorschubkraft verstanden.
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Unter dem stochastischen Schätzen des drehzahlkorrelierten Anteils im digitalen Signal wird das Schätzen im mathematischen Sinne verstanden.
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Unter dem Instabilitätsparameter wird insbesondere jede Größe verstanden, die dann groß ist, wenn ein Rattern vorliegt, und die dann sehr klein oder Null ist, wenn der Zerspanprozess vollkommen ratterfrei abläuft. Bei dem Instabilitätsparameter kann es sich beispielsweise um die Summe oder das Integral über das Quadrat des Prozess-Signals handeln. Es ist auch möglich, dass die Summe bzw. das Integral über ein festes Intervall berechnet wird. Günstig ist es aber, wenn dieses Intervall ein gleitendes Intervall ist.
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Es ist auch möglich, den Instabilitätsparameter als Wurzel über die Quadratsumme, als gleitenden Mittelwert über den Betrag, aus einer statistischen Höhekurve, als einen durch gleitende Filterung gewonnenen Wert oder einen von einem neuronalen Netz erzeugten Parameter darzustellen.
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Unter dem Ausgeben eines Warnsignals wird insbesondere verstanden, dass ein von Menschen wahrnehmbares oder nicht-wahrnehmbares Signal ausgeben wird, das den Zustand kodiert, dass mit mindestens einer vorgegebenen Wahrscheinlichkeit ein Rattern vorliegt.
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Die der Erfindung zugrunde liegende Überlegung ist, dass spanende Bearbeitungsprozesse prinzipiell periodische Prozesse sind. Das Spektrum der Prozesskräfte zeigt für einen stabilen und damit angestrebten Prozess im Wesentlichen Anteile bei der Drehzahl sowie dem höherfrequenten Vielfachen der Drehzahl, den Harmonischen, exemplarisch für einen Fräsprozess ist dies insbesondere die Schneideneingriffsfrequenz, also der Anzahl der Schneiden multipliziert mit der Drehzahl.
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Zur Erkennung von Rattern kann daher die technische Eigenschaft ausgenutzt werden, dass regeneratives Rattern in der Regel bei einer Eigenfrequenz der Werkzeugmaschine bzw. des Werkzeugmaschinensystems auftritt und damit in der Regel kein Vielfaches der Drehzahl ist. Es ist zwar möglich, dass die Drehzahl oder ein Vielfaches der Drehzahl der Eigenfrequenz entspricht, der Erfindung liegt jedoch die Erkenntnis zugrunde, dass derartige Prozesse in der Regel stabil und damit in der Praxis meist unproblematisch sind. Es ist daher für praktische Belange ausreichend, wenn die Fälle überwacht werden, in denen die Drehfrequenz oder Harmonische davon nicht gleich der Drehzahl sind.
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Der drehzahlkorrelierte Anteil kann stochastisch geschätzt werden. Dadurch werden die Amplitude und die Phase des drehzahlkorrelierten Anteils in der elektrischen Größe besonders genau bestimmt. Es ist auch möglich, dass die Drehzahl selbst geschätzt wird. Ein Aspekt der Erfindung ist daher, dass die Drehzahl der Werkzeugmaschine ermittelt wird und dass die Amplitude und die Phase per stochastischer Schätzung der drehzahlkorrelierten Anteile ermittelt werden.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform ist die Abtast-Frequenz kleiner als die doppelte Drehzahl, insbesondere beträgt die Abtast-Frequenz höchstens die Drehzahl. Nach der Shannon-Therorie können Frequenzanteile in einem Signal nur dann erkannt werden, wenn die Abtast-Frequenz größer ist als das Doppelte der zu suchenden Frequenz. Da die zu suchende Frequenz die Drehzahl ist oder eine Harmonische, also ein Vielfaches der Drehzahl, wäre eigentlich zu erwarten, dass bei einer Abtastrate unterhalb der doppelten Drehzahl kein drehzahlkorrelierter Anteil ermittelbar ist. Durch die stochastische Schätzung ist aber das Ermitteln dieses drehzahlkorrelierten Anteils möglich. Das hat den Vorteil, dass auch existierende Werkzeugmaschinen mit vorgegebener Abtastrate, die in aller Regel kleiner ist als eine Drehzahl für den jeweiligen Zerspanprozess, mit dem erfindungsgemäßen Verfahren überwacht werden können.
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Unter der Drehzahl wird im Rahmen der vorliegenden Beschreibung die Anzahl der Umdrehungen pro Sekunde verstanden und kann entsprechend in Hz angegeben werden. Es ist damit ein direkter Vergleich mit der Abtast-Frequenz möglich, die ebenfalls in Hz angegeben ist.
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Vorzugsweise umfasst das stochastische Schätzen ein stochastisches Schätzen einer Amplitude eines Signalanteils mit der Drehzahl und einer Amplitude eines Signalanteils mit einer Harmonischen der Drehzahl. Unter den Harmonischen der Drehzahl werden die Oberschwingungen der Drehfrequenz bezeichnet.
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Bei einem Zerspanprozess, insbesondere beim Spanen mit geometrisch bestimmter Schneide, hängen die Prozesskräfte auf nicht-lineare Weise von der Position des Werkzeugs ab. Das führt dazu, dass beispielsweise die Schnittkraft einen zeitlichen Verlauf hat, in dem mehrere Frequenzanteile enthalten sind, die zu den Harmonischen der Anregungsfrequenz, nämlich beim Fräsen der Zahneingriffsfrequenz, gehören. Wenn neben der Amplitude des Signalteils mit der Drehanzahl die Amplituden einer Drehanzahl mit einer Harmonischen der Drehzahl erfasst werden, lässt sich der Anteil am Gesamt-Signal, der auf den ordnungsgemäßen Zerspanprozess zurückgeht, besonders genau bestimmen. Wenn es sich bei dem Zerspanprozess um einen Fräsprozess handelt, umfasst das stochastische Schätzen vorzugsweise ein stochastisches Schätzen einer Amplitude mit der Zahneingriffsfrequenz und einer Amplitude eines Signalanteils von zumindest einer Harmonischen der Zahneingriffsfrequenz.
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Besonders bevorzugt wird das stochastische Schätzen an einem ungefilterten Signal durchgeführt. Aus dem Stand der Technik sind Verfahren bekannt, bei denen das Signal vor und/oder nach dem Digitalisieren gefiltert wird. So soll erreicht werden, dass nur für das Rattern in Frage kommende Frequenzen betrachtet werden. Es hat sich aber gezeigt, dass die Ratterfrequenz nur im Rahmen eines aufwendigen Einlernprozesses hinreichend genau bestimmt werden kann, um mit derartigen Verfahren verlässliche Ergebnisse zu erzielen. Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren ist eine Vorab-Filterung nicht notwendig, was vorteilhafterweise die Genauigkeit der Ratter-Erkennung erhöht.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform wird aufgrund des Warn-Signals zumindest auch ein Prozessparameter des Zerspanprozesses verändert. Wenn der Zerspanprozess ein Fräsen, ein Drehen oder ein Schleifen ist, so wird beispielsweise der Vorschub solange verringert, bis der Instabilitätsparameter wieder unterhalb des Schwellenwerts liegt. Alternativ und additiv ist auch möglich, dass eine Drehzahl der Spindel der Werkzeugmaschine verändert wird.
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Das Zeitspanvolumen stellt einen der wichtigsten Parameter hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit eines Zerspanprozesses dar. Es ist daher wünschenswert, stets mit dem höchstmöglichen Vorschub zu arbeiten. Da gegenwärtig das Rattern nicht prozesssicher detektiert werden kann, wird mit Vorschüben gearbeitet, die unterhalb der maximal möglichen Vorschübe liegen, um einen Werkzeugbruch aufgrund von Rattern zu vermeiden. Dadurch, dass mit dem erfindungsgemäßen Verfahren das Rattern sicher erkannt werden kann, kann stets mit dem maximal möglichen Vorschub gefahren werden. Erst dann, wenn Rattern auftritt, wird der Vorschub verringert, und so ein drohender Werkzeugbruch oder eine sinkende Bauteilqualität abgewendet. Das erfindungsgemäße Verfahren gestattet damit eine Erhöhung des Zeitspanvolumens.
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Besonders vorteilhaft ist das erfindungsgemäße Verfahren ein Verfahren zum Erkennen von Rattern bei einem Fräsprozess. Vorzugsweise hat das Fräswerkzeug zumindest zwei Schneiden, wobei eine Zahneingriffsfrequenz alternativ zur Drehzahl oder zusätzlich zur Drehzahl ermittelt wird und wobei als drehzahlkorrelierter Anteil ein Signalanteil mit der Zahneingriffsfrequenz und gegebenenfalls von Harmonischen davon ermittelt wird.
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Günstig ist das statistische Schätzen mittels eines Kalman-Filters. Weitere Möglichkeiten sind das statistische Schätzen mittels eines Wiener-Filters einer Phasenregelschleife, eine statistische Schätzung mit dem Biermann-Thornton-Algorithmus, einem extended Kalman-Filter, einem unscented Kalman-Filter oder einer Wurzel-Implementierung.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform beträgt die Abtast-Frequenz höchstens 700 Hertz. Das führt zu einem besonders geringen Aufwand bei der Abtastung der elektrischen Größe.
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Besonders vorteilhaft ist, wenn die elektrische Größe einen Antriebsstrom der Spindel und/oder einer Vorschubachse der Werkzeugmaschine umfasst. Grundsätzlich ist es möglich, dass die elektrische Größe ein Skalar oder ein Vektor ist. So ist es möglich, den Motorstrom neben einer weiteren elektrischen Größe, wie beispielsweise einer am Werkzeug, an der Werkzeugaufnahme oder einem sonstigen Teil der Werkzeugmaschine gemessenen Beschleunigung zu verwenden.
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Bevorzugt ist ein Verfahren mit den oben genannten Schritten, bei dem eine zeitliche Entwicklung einer Amplitude einer Harmonischen der Drehfrequenz oder der Zahneingriffsfrequenz ermittelt wird, wobei bei einem Überschreiten eines Schwellenwertes ein Warnsignal ausgegeben wird. Es handelt sich dann um ein Verfahren zur Verschleißerkennung. Es ist möglich, dass dieser Schwellenwert ein zu Beginn der Durchführung des Verfahrens ermittelter Durchschnittswert ist. Je stärker ein Werkzeug verschleißt, umso größer werden die harmonischen Anteile. Zu Beginn des Zerspanprozesses, beispielsweise in der ersten Minute, ist die Schneide noch scharf. Damit kann die Stärke (beispielsweise in Form der Amplitude oder deren Quadrat) einer ausgewählten Harmonischen wie der ersten Harmonischen durch Mittelwertbildung bestimmt werden. Steigt im Verlauf des Verfahrens beispielsweise die Amplitude der gewählten Harmonischen signifikant an, so deutet dies auf einen Verschleiß des Werkzeuges hin und es kann ein Warnsignal ausgegeben werden, so dass das Werkzeug gewechselt wird. Dadurch wird erreichbar, dass stets ein hinreichend unverschlissenes Werkzeug verwendet wird und gleichzeitig das Werkzeug nicht zu früh gewechselt werden muss.
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Erfindungsgemäß ist zudem eine Werkzeugmaschinen-Überwachungsvorrichtung mit den Merkmalen von Anspruch 9. Es kann sich bei dieser Werkzeugmaschinen-Überwachungsvorrichtung um eine externe Komponente handeln, die über eine bidirektionale Schnittstelle mit einer Maschinensteuerung der Werkzeugmaschine verbindbar ist. Vorteilhaft an einer derartigen Werkzeugmaschinen-Überwachungsvorrichtung ist, dass bereits bestehende Werkzeugmaschinen nachgerüstet werden können.
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Im Folgenden wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert. Dabei zeigt
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1 eine schematische Ansicht einer erfindungsgemäßen Werkzeugmaschine,
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2 sechs Diagramme zur Erläuterung der Wirkung des erfindungsgemäßen Verfahrens bei einem Fräsverfahren mit geringem Rauschanteil und Rattern am Ende,
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3 einen stabilen Prozess mit niedrigem Rauschanteil,
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4 einen stabilen Prozess mit hohem Rauschanteil und
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5 die Diagramme gemäß 2 in einem Fräsverfahren mit hohem Rauschanteil und Instabilität am Ende,
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6 eine schematische Ansicht einer erfindungsgemäßen Werkzeugmaschine.
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1 zeigt eine erfindungsgemäße Werkzeugmaschine 10, im vorliegenden Fall eine Fräsmaschine. Die Werkzeugmaschine 10 besitzt eine Spindel 12 mit einer Werkzeugaufnahme 14 und einer elektrischen Steuerung 16 zum Ansteuern der Spindel und nicht eingezeichneter Vorschubantriebe, mittels denen die Spindel 12 zumindest in einer x-y-Ebene, insbesondere aber auch in einer z-Richtung, positionierbar ist.
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Die Steuerung 16 umfasst einen digitalen Speicher 18, in dem ein oben beschriebenes, erfindungsgemäßes Programm abgelegt ist. In dem digitalen Speicher 18 ist zudem ein Wert für eine Drehzahl n der Spindel 12 abgelegt. Die Steuerung 16 steuert die Spindel 12 automatisch so an, dass sie mit der Drehzahl n dreht.
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Es ist vorteilhaft, wenn die Werkzeugmaschine 10 wie in der vorliegenden Ausführungsform eine Motorstrom-Erfassungsvorrichtung 20 aufweist, mit der ein Motorstrom IMotor erfasst werden kann, aus dem die von einer Zeit t abhängige Leistung P(t) berechnet werden kann. Alternativ oder zusätzlich zur Motorstrom-Erfassungsvorrichtung 20 kann eine erfindungsgemäße Werkzeugmaschine 10 wie im vorliegenden Fall einen Beschleunigungssensor 22 aufweisen, der an der Werkzeugaufnahme 14 befestigt sein kann. Ebenso ist es möglich, nicht aber notwendig, dass die Werkzeugmaschine 10 wie im vorliegenden Fall ein Mikrofon 24 zum Aufnehmen von bei der Bearbeitung eines Werkstückes 26 entstehenden Schallemissionen aufweist. Das vom Mikrofon 24 erzeugte Signal stellt eine elektrische Größe G dar. Das Gleiche gilt für eine Beschleunigung a der Werkzeugaufnahme.
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In der Werkzeugaufnahme 14 ist ein Werkzeug 28 im vorliegenden Fall in Form eines Fräsers aufgenommen, das von der Spindel 12 angetrieben wird. Beim Zerspanen des Werkstücks 26 mit dem Werkzeug 28 wird die Werkzeugaufnahme 14 beschleunigt, was vom Beschleunigungssensor 22 aufgezeichnet wird. Die ermittelte Beschleunigung a wird beispielsweise über eine Funkschnittstelle 30 an einen Empfänger 32 übermittelt. Gleichzeitig wird der Motorstrom IMotor(t) von der Motorstrom-Erfassungsvorrichtung 20 erfasst und an die Steuerung 16 geleitet. Alternativ oder zusätzlich zu den oben genannten Sensoren (Motorstrom-Erfassungsvorrichtung 20, Beschleunigungssensor 22, Mikrofon 24) kann ein Kraftmesser, der beispielsweise auf der Basis eines Dehnungsmessstreifens arbeitet, vorhanden sein. Beispielsweise ist der Kraftmesser 34 an der Werkzeugaufnahme 14 oder der Spindel 12 angeordnet.
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2 zeigt im obersten linken Teilbild eine mit einer Abtast-Frequenz fAbtast = 25 kHz gemessene elektrische Größe G in Form der mit dem Kraftmesser 34 (1) gemessenen, in x-Richtung wirkenden Kraftkomponente Fx der Prozesskraft Fp, die auf das Werkzeug 28 im Eingriffspunkt mit dem Werkstück 26 wirkt. Der Kraftmesser 34 wird kalibriert indem auf das Werkzeug 28 an der Schneide eine bekannte Kraft aufgebracht und gleichzeitig das Signal des Kraftmessers 34 gemessen wird. So wird eine Kalibrierkurve erhalten, aus der im Prozess aus dem Messsignal des Kraftmessers 34 auf die wirkende Prozesskraft Fp geschlossen werden kann. Das obere linke Teilbild (a) zeigt das vom Kraftmesser 34 erhaltene Signal in beliebigen Einheiten, beispielsweise der abgegebenen Spannung, in Abhängigkeit von der Zeit t.
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Das obere rechte Teilbild (b) zeigt das Signal, das aufgrund einer Abtastung mit einer Abtast-Frequenz FAbtast von FAbstast = 400 Hz bei der Steuerung 16 vorliegt. Es ist zu erkennen, dass die elektrische Größe G, für die im vorliegenden Fall G = Fx gilt, in digitalisierter Form zu festgelegten Zeitpunkten tK vorliegt. Die so erhaltenen Datenpunkte bilden ein Gesamt-Signal 36. Der Name soll andeuten, dass in dem Gesamt-Signal 36 sowohl die Informationen vom normalen Prozess als auch die vom Rattern enthalten sind.
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In Teilbild (c) ist das Signal gemäß dem Teilbild (a) für einen längeren Zeitraum gezeigt. Das Teilbild (d) zeigt das Gesamt-Signal 36, wobei die einzelnen, zu den diskreten Zeiten tK vorliegenden Datenpunkte zu einer kontinuierlichen Kurve miteinander verbunden sind.
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Aus dem Teilbild (c) ist zu erkennen, dass zum Zeitpunkt t1 der Fräsprozess aufgrund von Rattern instabil wird. Das zeigt sich auch in dem Gesamt-Signal 36.
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Das Gesamt-Signal 36 wird in der Steuerung 16 (1) von einer Schätzvorrichtung in Form eines Mikroprozessors mittels eines stochastischen Schätzers, im vorliegenden Fall mittels eines Kalman-Filters, bearbeitet, was einen drehzahlkorrelierten Anteil 38 liefert. Dieser drehzahlkorrelierte Anteil 38 ist im Teilbild (e) gezeigt. Der drehzahlkorrelierte Anteil 38 gibt den Schätzwert für den Anteil an, der im Gesamt-Signal 36 einem harmonischen Oszillator entspricht, der ungefähr einer Frequenz fZahn, nämlich der Zahneingrifffrequenz, entspricht. Die Zahneingriffsfrequenz ist das Produkt aus der Drehzahl n (in Hertz und der Anzahl N der Schneiden des Werkzeugs 28).
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Der drehzahlkorrelierte Anteil 38 wird von dem Gesamt-Signal 36 (2) abgezogen und daraus ein Instabilitätsparameter Q berechnet. Das geschieht beispielsweise wie folgt:
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Die elektrische Größe wird als
G(tk) Formel 1 beschrieben. Daraus ergibt sich durch die Abtastung das Gesamt-Signal
36 zu
S(tk). Formel 2 Der stochastisch geschätzte drehzahlkorrelierte Anteil wird als
S ~(tk) Formel 3 bezeichnet. Der Instabilitätsparameter Q kann dann als
berechnet werden. k
aktuell bezeichnet den gerade aktuellen Zählparameter k, der die Zeitpunkte t
k durchzählt. Die Zeitpunkte t
k können auch als eine Maschinenzeit betrachtet werden, die die Werte k = 1, 2, ... annimmt.
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Die Summe für die Berechnung des Wurzelterms läuft also stets über Δk Zeitpunkte und zwar bis zum aktuellen Zeitpunkt
Natürlich ist es auch möglich, ein in der Vergangenheit liegendes, gleitendes Intervall zu verwenden. Es ist auch möglich, als Instabilitätsparameter Q jeden anderen Ausdruck zu verwenden, der dann groß wird, wenn das um den drehzahlkorrelierten Anteil reduzierte Gesamt-Signal sich häufig und/oder stark von Null unterscheidet.
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Das Teilbild (f) zeigt den zeitlichen Verlauf des Instabilitätsparameters Q. Es ist zu erkennen, dass zum Zeitpunkt t1, wenn das Rattern beginnt, der Instabilitätsparameter ansteigt. Eingezeichnet ist zudem in einer Strichpunktlinie die Wurzel aus der gleitenden Quadratsumme der elektrischen Größe G, wie sie im Teilbild (a) gezeigt ist. Es ist zu erkennen, dass sowohl der Instabilitätsparameter Q als auch das Rohsignal das Auftreten des Ratterns erkennbar machen. Das Signal-zu-Hintergrund-Verhältnis ist beim erfindungsgemäßen Verfahren jedoch größer.
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3 zeigt einen stabilen Fräsprozess mit niedrigem Rauschanteil. In Teilbild (f) ist zu erkennen, dass der Instabilitätsparameter Q stets dicht bei Null bleibt, wohingegen ein gemäß einem aus dem Stand der Technik bekannten Verfahren ermittelter Parameter, der als Strichpunktlinie gezeichnet ist, ein Ansteigen zeigt. Damit ein derartiges Ansteigen nicht als Rattern interpretiert wird, müsste bei dem vorliegenden Prozess nach dem Stand der Technik ein Einlernen stattfinden. Das ist mit dem erfindungsgemäßen Verfahren entbehrlich.
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4 zeigt einen stabilen Prozess mit hohem Rauschanteil. Es ist ebenfalls in Teilbild (f) erkennbar, dass der Instabilitätsparameter Q stets bei Null bleibt, wohingegen ein nach dem Stand der Technik errechneter Parameter sich stark von Null unterscheiden kann, woraus irrtümlicher Weise auf ein Rattern geschlossen werden könnte.
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5 zeigt einen instabilen Prozess mit hohem Rauschanteil, bei dem zum Zeitpunkt t1 ein Rattern einsetzt. Das Einsetzen des Ratterns ist mit dem erfindungsgemäßen Verfahren anhand des Instabilitätsparameters Q gut zu erkennen, da sich ab dem Zeitpunkt t1 der Instabilitätsparameter Q signifikant ändert. Bei einem nach dem Stand der Technik errechneten Parameter ist zwar ebenfalls ein Ansteigen zu verzeichnen, dieser ist bezogen auf die vorherigen Werte jedoch nur schwach ausgeprägt, so dass ein Erkennen des Ratterns erschwert ist.
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6 zeigt eine Werkzeugmaschinen-Überwachungsvorrichtung 40, die eine bidirektionale Schnittstelle 42 zur Werkzeugmaschine 10 besitzt. Die Werkzeugmaschinen-Überwachungsvorrichtung 40 ist eingerichtet zum Kommunizieren mit der Steuerung 16, zum Empfangen der Drehzahl n und der Größe G, beispielsweise der Beschleunigung a, der Kraft Fp, der Kraft F und/oder eines Lautsprechersignals vom Mikrofon 24. Das Mikrofon 24 kann auch Teil der Werkzeugmaschinen-Überwachungsvorrichtung 40 sein. Die Werkzeugmaschinen-Überwachungsvorrichtung 40 sendet gegebenenfalls das Warn-Signal über die Schnittstelle 42, woraufhin die Steuerung 16 einen Vorschub der Werkzeugaufnahme 14 verringert.
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Bezugszeichenliste
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- 10
- Werkzeugmaschine
- 12
- Spindel
- 14
- Werkzeugaufnahme
- 16
- Steuerung
- 18
- Speicher
- 20
- Motorstrom-Erfassungsvorrichtung
- 22
- Beschleunigungssensor
- 24
- Mikrofon,
- 26
- Werkstück
- 28
- Werkzeug
- 30
- Funkschnittstelle
- 32
- Empfänger
- 34
- Kraftmesser
- 36
- Gesamt-Signal
- 38
- drehzahlkorrelierter Anteil
- 40
- Werkzeugmaschinen-Überwachungsvorrichtung
- 42
- Schnittstelle
- n
- Drehzahl [n] = Hz
- IMotor
- Motorstrom
- fAbtast
- Abtast-Frequenz
- fZahn
- Zahneingriffsfrequenz
- G
- Größe
- Fp
- Prozesskraft
- Fx
- Anteil an der Prozesskraft in x-Richtung
- N
- Anzahl der Schneiden
- P
- Leistung
- Q
- Instabilitätsparameter
- t
- Zeit