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Hintergrund der Erfindung
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Die Erfindung betrifft ein Feinbearbeitungswerkzeug zur Nachbearbeitung von Bohrungen, nämlich eine Reibahle. Aus der
WO 2009/030455 A1 ist eine Reibahle bekannt, welche sich zur Präzisionsfertigung von Bohrungen mit hoher Maß- und Oberflächengenauigkeit eignet. Diese Reibahle weist ein zylinderförmiges Schneidenteil auf mit einem Schneideinsatz und mit drei über den Umfang des Zylindermantels verteilten Führungsleisten. Aufgrund des nur einen Schneideinsatzes ist mit dieser bekannten Reibahle nur eine Bearbeitung mit geringer Vorschubgeschwindigkeit möglich.
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Zur Realisierung höherer Vorschubgeschwindigkeiten ist aus der
WO 2009/0570087 A1 eine Reibahle mit mehreren über den Umfang des ebenfalls zylinderförmigen Schneidenteils verteilten Schneiden bekannt. Diese Reibahle eignet sich zwar für die Bearbeitung mit hohen Vorschubgeschwindigkeiten. Die Reibahle weist aber bei der Feinbearbeitung nicht die erwünschte Bearbeitungsgenauigkeit auf.
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Aufgabe der Erfindung
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Der Erfindung liegt deshalb die Aufgabe zugrunde, eine Reibahle so zu gestalten, dass einerseits eine hohe Bearbeitungsgenauigkeit erzielbar ist und andererseits beim Nachbearbeitungsvorgang hohe Vorschubgeschwindigkeiten mit dem Werkzeug gefahren werden können.
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Lösung der Aufgabe
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Diese Aufgabe ist durch die Merkmalskombination des Anspruchs 1 in erfinderischer Weise gelöst. Die abhängigen Ansprüche beinhalten teilweise vorteilhafte und teilweise für sich selbst erfinderische Weiterbildungen dieser Erfindung.
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Die erfindungsmäßige Reibahle weist ein zylinderförmiges Schneidenteil auf. Der Zylindermantel des Schneidenteils trägt mehrere über den Zylindermantel verteilt angeordnete Schneidkörper. Die Erfindung basiert auf der Grundüberlegung, den Schneidkörpern eine kombinierte Funktion zuzuweisen. Zunächst bestehen die Schneidkörper nämlich aus einem als Schneidleiste ausgebildeten Schneidenbereich. Darüber hinaus weisen die Schneidkörper einen sich in Vorschubrichtung kontinuierlich an den Schneidenbereich anschließenden Führungsbereich auf. Die Schneidkörper erfüllen also nicht nur eine Schneidfunktion während des Zerspanungsvorgangs, sondern führen auch zugleich das Werkzeug in der Bohrung. Infolge der Anordnung von Führungselementen im Führungsbereich werden die Rundlaufeigenschaften des mehrschneidigen Werkzeugs signifikant verbessert.
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In vorteilhafter Ausgestaltung weist das Schneidenteil mehrere vorzugsweise in Gleichteilung in das Schneidenteil eingeformte Spannuten auf. In den Spannuten sind die Schneidkörper randseitig angeordnet. Die Schneidkörper können dabei entweder nach Art einer Geradverzahnung parallel zur Mittellängsachse verlaufen, oder nach Art einer Schrägverzahnung schräg zur Mittellängsachse des Schneidenteils verlaufen.
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Zur Kombination von Arbeitsschritten in einem Werkzeug, beispielsweise Semifinish und Finishbearbeitung ist es möglich, zwei oder mehr der erfindungsmäßigen Schneidkörper auch in Serie zu schalten. Hierfür sind zwei oder mehr Schneidkörper in einer Reihe linienflüchtig zueinander und hintereinander in einer Spannut angeordnet.
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Es sei ausdrücklich erwähnt, dass die Anordnung der Spannuten und der in den Spannuten angeordneten Schneidkörper sowohl nach Art einer Gleichteilung gleichmäßig über den Umfang des zylinderförmigen Schneidenteils verteilt sein kann, als auch nach Art einer Ungleichteilung in unterschiedlichen Abständen zueinander über den Zylindermantel des Schneidenteils verteilt sein kann.
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In vorteilhafter Ausgestaltung weist jede Schneidleiste eine sich quer zur Mittellängsachse erstreckende Hauptschneide auf. Diese Hauptschneide wird ergänzt durch eine in Abhängigkeit von der jeweiligen Einbausituation im Schneidenteil sich entweder in Richtung der Mittellängsachse oder schräg zur Mittellängsachse verlaufende Nebenschneide. Die Nebenschneide weist in Rotationsrichtung des Schneidenteils ihrerseits in ihrem vorderen Bereich eine Schneidkante auf. Der Schneidkante nachgelagert ist eine Führungsfase, welche zur Stabilisierung der Schneidkante dient. Diese Führungsfase ist in bevorzugter Ausführungsform als Rundschlifffase ausgestaltet. Die Größe der Führungsfase kann bei bestimmten anderen Ausführungen im Schneidenbereich auch 0 werden.
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In weiterer Ausgestaltung ist es vorgesehen, die Schneidkante der Nebenschneide sich in Richtung der Mittellängsachse verjüngend auszugestalten. Von der Stirnseite des Schneidenteils verjüngt sich somit die Schneidleiste mit ihrer Schneidkante kontinuierlich, was im Ergebnis zu einem konisch ausgestalteten Werkzeug führt. Die Konizität legt sich hierbei in einem Bereich von 1/100 bis 10/100 pro 100 mm, in manchen Fällen auch über die ersten mm hinweg 0 mm pro 100 mm.
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Besonders vorteilhaft ist es, eine sich an die Nebenschneide anschließende Nebenfreifläche vorzusehen. Die Nebenschneide geht hierbei homogen in die Nebenfreifläche über. Auch die Nebenfreifläche geht ihrerseits vorzugsweise homogen und kontinuierlich in den Führungsbereich über. Vorteilhaft ist es, den Führungsbereich des Schneidkörpers als Führungsleiste zu konfigurieren. Die Führungsleiste weist vorzugsweise eine zylindrische Außenmantelfläche auf.
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In bevorzugter Ausgestaltung ist somit zwischen der Nebenschneide und der eine zylindrische Außenmantelfläche tragenden Führungsleiste die Nebenfreifläche angeordnet, wobei die Übergänge von der Nebenschneide zur Nebenfreifläche und von der Nebenfreifläche zur Führungsleiste kontinuierlich und homogen ausgestaltet sind. Hierbei ist ein sehr engerer Toleranzbereich einzuhalten. Die Abweichung zwischen Schneidleiste und Führungsleiste soll sich auf wenige μm, vorzugsweise +/– 1 μm beschränken. Der homogene Übergang zwischen Schneidleiste und Führungsleiste gewährleisten die guten Führungseigenschaften des Schneidenteils bei der Reib-Feinbearbeitung der Bohrung.
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In weiterer vorteilhafter Ausgestaltung ist es vorgesehen, im Bereich der sich in axialer Richtung erstreckenden Kanten der Führungsfläche der Führungsleiste jeweils eine Einlauffase vorzusehen. Die Einlauffase hat hierbei die Funktion eines Einführtrichters für das Kühl-Schmiermittel. Die als Einführtrichter wirksame Einlauffase sorgt für den Aufbau eines Schmierfilms zwischen der Führungsleiste, nämlich der Führungsfläche der Führungsleiste und der Bohrungsinnenwand. Dieser Schmierfilm hat neben seiner originären Kühl- und Schmiereigenschaft die Aufgabe, einen gewissen hydrostatischen Druck zwischen der Führungsleiste und der Bohrungswand aufzubauen. Dieser hydrostatische Druck bewirkt so eine zusätzliche Dämpfungseigenschaft des zwischen der Führungsleiste und der Bohrungswand gebildeten Schmierfilms. Der Schmierfilm verhindert bzw. mildert den Aufbau von Schwingungen ab und wirkt so nach Art eines Stoßdämpfers zwischen dem Schneidenteil und der Bohrungsinnenwand. Die Kühl-Schmiermittelzufuhr durch das Werkzeug kann beliebig erfolgen.
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Zweckmäßig sind die Schneidkörper mit dem Schneidenteil verlötet oder verklebt oder verschraubt. Es ist auch jede andere gängige Art der Fixierung von Schneidkörpern an Schneidköpfen denkbar, z. B. eine Keilklemmung. In bevorzugter Ausgestaltung sind die Schneidkörper als justierbare bzw. einstellbare Schneidleisten oder Schneideinsätze ausgestaltet.
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Als Werkstoff für die Schneidkörper eignen sich sämtliche gängigen Hartmetalle oder kubisches Bohrnitrit. Auch sind keramische Werkstoffe mit Metallmatrix als Bindemittel, sogenannte cermet blanks, als Werkstoff geeignet. Als Werkstoff ist auch polykristalliner Diamant vorzugsweise in Form sogenannter PKD-Tips geeignet. Mit diesen Werkstoffen können die Hauptschneiden und/oder die Nebenschneiden ganz oder teilweise beschichtet bzw. mit entsprechenden Schneideinsätzen ganz oder teilweise versehen sein.
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Beschreibung der Figuren
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Anhand des Ausführungsbeispiels wird die Erfindung weiter beschrieben. Es zeigen:
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1 ein erfindungsgemäßes Schneidenteil zusammen mit einem Werkzeugschaft und einer Verbindungsschraube vor ihrer Montage zu einer Reibahle in einer Seitenansicht,
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2 ein erfindungsgemäßes Schneidenteil in einer vergrößerten Seitenansicht,
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3 eine Aufsicht gemäß Pfeil III in 2 entgegen der Vorschubrichtung auf ein erfindungsgemäßes Schneidenteil,
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4 den Querschnitt IV-IV in 2 eines erfindungsgemäßen Schneidenteiles im Bereich der Nebenschneide,
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5 die Detaildarstellung V gemäß 4 eines erfindungsgemäßen Schneidkörpers im Bereich der Nebenschneide,
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6 den Querschnitt VI-VI in 2 eines erfindungsgemäßen Schneidenteiles im Bereich der Führungsleiste,
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7 die Detaildarstellung VII gemäß 6 eines erfindungsgemäßen Schneidkörpers im Bereich der Führungsleiste.
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Beschreibung des Ausführungsbeispiels
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Ein aus Metall gefertigtes erfindungsgemäßes zylinderförmiges Schneidenteil 1 einer erfindungsgemäßen Reibahle ist in 1 in einer Seitenansicht dargestellt. Dieser ist mit Hilfe einer Schraube, vorzugsweise einer Differentialschraube 2, an einem Werkzeugschaft 3 befestigt.
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Auf dem in 2 vergrößert dargestellten Schneidenteils 1 sind mehrere leistenförmige Schneidkörper 4 aus Hartmetall angebracht. Jeweils zwei Schneidkörper 4 sind paarweise linienflüchtig hintereinander und darüber hinaus schräg zur Mittellängsachse 5 angeordnet.
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Zwischen den Schneidkörpern 4 des Schneidkörperpaares befindet sich eine radiale Vertiefung 6 im Schneidenteil 1, welche nach Art einer Ringnut um den Zylindermantel des Schneidenteiles 1 herum verläuft. Durch diese Vertiefung 6 sind alle Spannuten 7 so miteinander verbunden, dass sich ein zur Schmierung, Kühlung oder Dämpfung verwendetes Kühlschmiermittel gleichmäßig auf die Spannuten 7 verteilen kann. Zugeführt wird ein solches Öl über im Schneidenteil 1 verlaufende Kanäle 8, die durch entsprechende Öffnungen 9 in die Spannuten 7 münden.
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Die Spannuten 7 selbst sind im Querschnitt etwa U-förmig und sind durch einen abgerundeten Endbereich 11 abgeschlossen. An der gemäß 3 jeweils oberen Kante einer jeden Spannut 7 ist das jeweilige Schneidkörperpaar angeordnet.
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In dem hier gezeigten Ausführungsbeispiel sind die Schneidkörperpaare, und dementsprechend auch die Spannuten 7, gleichmäßig über den Umfang des zylinderförmigen Schneidenteiles 1 verteilt. 3 zeigt eine Ansicht entgegen der Vorschubrichtung 10 auf das Schneidenteil 1 und gibt die Verteilung nach Art einer Gleichteilung wieder. Außerdem kann man hier die Spannuten 7, deren Verlauf und die darin angeordneten Schneidkörper 4 in einer perspektivischen Darstellung sehen.
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Die identischen Schneidkörper 4 weisen zwei in Funktion grundsätzlich unterschiedliche Bereiche auf, die jedoch in Bezug auf die geometrische Form der Schneidkörper 4 fließend und homogen ineinander übergehen. An einen in Vorschubrichtung 10 gesehen vorderen Schneidenbereich 12 schließt sich ein dahinterliegender Führungsbereich 13 kontinuierlich an. Dieser fließende Übergang, der mikroskopisch gesehen Abstufungen mit einer Stufenhöhe von wenigen μm aufweist, erlaubt bei der Fertigung das Schleifen der Schneidkörper 4 in nur einem Durchgang.
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Der Schneidenbereich 12 ist seinerseits aufgebaut aus einer Hauptschneide 14, der Querschneide, und einer Nebenschneide 15, die leistenförmig entlang der durch die Fluchtlinie des jeweiligen Schneidkörperpaares festgelegten Achse verläuft. An die Hauptschneide 14 und die Nebenschneide 15 schließen sich mehrere Spanfreiflächen 16 an.
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4 zeigt einen Querschnitt des erfindungsgemäßen Schneidenteiles 1 auf der Höhe der Nebenschneide 15 in der Schnittebene IV-IV in 2. Gut erkennbar sind die radial nach außen zunehmende Spreizung des U-förmigen Querschnittes einer jeden Spannut 7 und die radial aus der Zylindermantelfläche des Schneidenteiles 1 leicht herausragenden Schneidkörper 4.
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Das Profil der Nebenschneide 15, das bereits in 4 angedeutet ist, wird in 5 zusätzlich in einer vergrößerten Ansicht dargestellt. Hier ist zu sehen, dass sich an eine Schneidkante 17 der Nebenschneide 15 eine rundgeschliffene Führungsfase 18 anschließt, die ihrerseits fließend in eine Nebenfreifläche 19 übergeht. Der leistenförmige Führungsbereich 13 des erfindungsgemäßen Schneidkörpers 4, der sich homogen an den Schneidenbereich 12 anschließt, verläuft konsequenterweise ebenfalls entlang der Fluchtlinie des jeweiligen Schneidkörperpaares.
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7 zeigt einen Querschnitt des erfindungsgemäßen Schneidenteiles 1 auf der Höhe der Führungsleiste gemäß Schnittebene VI-VI in 2. Hier sind die Kanäle 8 für eine Leitung für das Kühl-Schmiermittel sichtbar, die in Vorschubrichtung gesehen vor der Schnittebene IV-IV in 2 in die Öffnungen 9 münden.
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Das Profil der Führungsleiste, das in 6 ebenfalls nur angedeutet ist, wird in 7 wieder zusätzlich in einer vergrößerten Ansicht dargestellt. Zur Anpassung an eine zu bearbeitende Zylindermantelfläche einer Bohrungswand besitzt die entsprechende Führungsfläche 20 der Führungsleiste ebenfalls die Form eines Zylindermantels mit identischer Krümmung. In Vorschubrichtung 10 geht die Führungsfläche 20 dann homogen in die Nebenfreifläche 19 über. Im Bereich der sich in axialer Richtung erstreckenden Kanten der Führungsfläche 20 befindet sich jeweils eine Einlauffase 21. Damit wird zum einen vermieden, dass sich die Führungsleiste durch sogenannte Reiblötpunkte, die üblicherweise im Außenbereich der Kontaktflächen entstehen, mit der Bohrungswand verbindet, zum anderen kann hierdurch ein verwendetes Öl nach dem Prinzip eines Einführtrichters zwischen Führungsfläche 20 und Bohrungswand gepresst werden.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- WO 2009/030455 A1 [0001]
- WO 2009/0570087 A1 [0002]