-
Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung zum Schutz eines Halbleiterschalters vor Überspannungen und ein Verfahren zum Betreiben einer solchen Vorrichtung.
-
Beim Abschalten von Schalttransistoren in leistungselektronischen Systemen wie beispielsweise Umrichtern oder DC-DC-Wandlern kommt es aufgrund von immer vorhandenen Streuinduktivitäten zu Überspannungen. Wird der Strom eines Schalttransistors in einem Umrichter abgeschaltet, so steigt dessen Kollektor-Emitter-Spannung auf einen Wert, der größer ist als die Zwischenkreisspannung. Die Höhe der so entstehenden Abschaltüberspannung wird durch die negative Stromanstiegsgeschwindigkeit und die Streuinduktivität bestimmt. Die dann vom Transistor aufzunehmende Sperrspannung kann dessen höchstzulässigen Wert überschreiten und zur Zerstörung führen.
-
Um die Zerstörung des Bauteils zu verhindern, werden als Überspannungsschutz beispielsweise so genannte Active Voltage Clamps eingesetzt. Diese bestehen aus einer oder mehreren Zenerdioden, die bei Erreichen der summierten Durchbruchsspannung durchbrechen und dadurch entweder über eine Treiberstufe oder direkt auf das Gate des Schalttransistors zurückwirken. Dadurch wird der Transistor leicht aufgesteuert und die über diesem anliegende Überspannung auf den Wert der Zenerspannung abgebaut.
-
Eine spezielle Situation ergibt sich bei der Verwendung von permanenterregten Synchronmaschinen. Diese werden zur Erhöhung ihrer Leistungsdichte bei hohen Drehzahlen mit einem feldschwächenden Strom betrieben. Kommt es dann bei hohen Drehzahlen zu einem Ausfall des Umrichters, fehlt dieser Strom. Da die Drehzahl nicht sofort geringer wird, wird durch die Magnete im Motor eine Gegenspannung induziert, die oberhalb der Zwischenkreisspannung und der Spannungsschwelle des Überspannungsschutzes liegen kann. Über die Freilaufdioden des Leistungsmoduls wird dann der Zwischenkreis auf den Scheitelwert der induzierten Spannung geladen. Ist die von den Magneten im Motor induzierte gegen Spannung größer als die Spannungsschwelle des Überspannungsschutz, so würden die Schalter des Umrichters durch den Überspannungsschutz wenigstens teilweise eingeschaltet werden. Das aber hätte eine Zerstörung des Umrichters zufolge. Eine mögliche Lösung für das sich stellende Problem besteht in der Verwendung von überdimensionierten Halbleiterschaltern oder einer generell überdimensionierten Synchronmaschine.
-
Es ist Aufgabe der vorliegenden Erfindung, eine Vorrichtung zum Schutz eines Halbleiterschalters vor Überspannung sowie ein Verfahren zum Betreiben einer solchen Vorrichtung anzugeben, mit denen das oben angegebene Problem vermindert oder ausgeräumt wird.
-
Diese Aufgabe wird durch eine Vorrichtung mit den Merkmalen von Anspruch 1 gelöst. Eine weitere Lösung besteht im Verfahren mit den Merkmalen von Anspruch 9. Die Unteransprüche betreffen vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung.
-
Die erfindungsgemäße Vorrichtung zum Schutz eines Halbleiterschalters vor Überspannungen weist Mittel auf, die ausgestaltet sind, die Vorrichtung in einen inaktiven Zustand zu versetzen, wobei im inaktiven Zustand kein Schutz des Halbleiterschalters besteht. Die Mittel sind weiterhin ausgestaltet, die Vorrichtung in einen aktiven Zustand zu versetzen, wobei im aktiven Zustand der Überspannungsschutz des Halbleiterschalters besteht.
-
Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren zum Betreiben einer Vorrichtung zum Schutz eines Halbleiterschalters vor Überspannungen wird die Vorrichtung für einen Zeitraum betrieben, der wenigstens einen Teil eines Abschaltvorgangs des Halbleiterschalters und/oder des nachfolgenden Einschwingens der Spannung über den Halbleiterschalter umfasst. Zum Ende des Zeitraums wird die Vorrichtung deaktiviert.
-
Anders formuliert ist der Überspannungsschutz aktiv, wenn ein Abschaltvorgang des Halbleiterschalters ansteht. Zu anderen Zeiten ist die Schutzfunktion der Vorrichtung wenigstens zeitweise unwirksam. Hierdurch wird vorteilhaft erreicht, dass eine Gegenspannung wie beispielsweise die permanent anliegende Gegenspannung einer permanenterregten Synchronmaschine nach einem Umrichterausfall nicht dazu führt, dass der Halbleiterschalter durch den Überspannungsschutz angeschaltet wird. Dadurch würde ein sehr hoher Kurzschlussstrom durch den Halbleiterschalter fließen und diesen möglicherweise zerstören. Gleichzeitig wird jedoch der Halbleiterschalter im Rahmen eines Abschaltvorgangs weiterhin vor der unter Umständen erheblichen Überspannung durch Streuinduktivitäten geschützt.
-
In einer möglichen Ausgestaltung sind die Mittel so gestaltet, dass sie auf ein empfangenes erstes Steuersignal hin die Vorrichtung in den inaktiven Zustand versetzen und/oder auf ein empfangenes zweites Steuersignal hin die Vorrichtung in den aktiven Zustand versetzen.
-
Alternativ sind in der Vorrichtung Mittel zur Erkennung eines Schaltvorgangs des Halbleiterschalters vorgesehen. Damit kann ein Schaltvorgang, insbesondere ein Abschaltvorgang, erkannt werden und darauf reagiert werden, ohne dass ein eigenes Signal an die Vorrichtung abgegeben werden muss. Ein Beispiel für ein solches Mittel ist eine Differenziererschaltung, die als Eingang die Gatespannung des Halbleiterschalters oder ein dazu vergleichbares Signal verwendet. Die Differenziererschaltung würde nur bei einem Schaltvorgang, also einer Änderung der Gatespannung einen Spannungspuls erzeugen. Dieser Spannungspuls kann beispielsweise verwendet werden, den Überspannungsschutz zu aktivieren.
-
Gemäß einer zweckmäßigen Ausgestaltung der Erfindung wird der Beginn des Zeitraums, innerhalb dessen die Vorrichtung aktiv ist, durch ein Abschalt-Steuersignal für den Halbleiterschalter festgelegt. Dabei kann die Vorrichtung direkt durch das Abschalt-Steuersignal selbst aktiviert werden oder beispielsweise über eine eigene Steuerschaltung. Je nach Vorgehensweise kann dabei der Beginn des Zeitraums, das heißt die Aktivierung der Vorrichtung, vor, nach oder gleichzeitig zur Übermittlung des Abschalt-Steuersignals an den Halbleiterschalter gelegt werden.
-
Gemäß einer Weiterbildung der Erfindung wird die Länge des Zeitraums vorab festgelegt. Dies kann beispielsweise durch eine Messung an einem konkreten Halbleiterschalter oder auch durch eine Simulation des Abschaltvorgangs geschehen. Alternativ kann die Länge des Zeitraums durch das an den Halbleiterschalter gehende Steuersignal selbst vorgegeben sein. Wird beispielsweise die Aktivierung des Überspannungsschutzes durch die Gatespannung selbst vorgenommen, so wird der Zeitraum durch die Länge der Abschaltflanke definiert.
-
Die Vorrichtung umfasst bevorzugt wenigstens eine Suppressor-Diode, insbesondere eine Zener-Diode. Zweckmäßig kommt eine Serienschaltung aus solchen Dioden zum Einsatz. Diese sind elektrisch so verschaltet, dass sie direkt oder indirekt auf den Steueranschluss des Halbleiterschalters zurückwirken. Zweckmäßig wird zur Deaktivierung der Vorrichtung diese Rückwirkung unterbunden, während für die Aktivierung die Rückwirkung erlaubt wird.
-
Vorteilhaft ist es, wenn die Suppressor-Dioden so geschaltet sind, dass eine Überspannung zu einem Stromfluss durch die Suppressor-Diode führt und der Stromfluss zu einem wenigstens kurzen Wiederanschalten des Halbleiterschalters führt. Dann können die Mittel beispielsweise ausgestaltet sein, die Vorrichtung in einen inaktiven Zustand zu versetzen, indem dieser Stromfluss so abgeleitet wird, dass eine Wirkung auf den Halbleiterschalter unterbleibt.
-
Ein bevorzugtes, jedoch keinesfalls einschränkendes Ausführungsbeispiel für die Erfindung wird nunmehr anhand der einzigen Figur der Zeichnung näher erläutert. Dabei sind die Merkmale schematisiert dargestellt.
-
Die Figur zeigt schematisch einen beispielhaften Schaltungsaufbau 10 mit einem Überspannungsschutz 50 für einen IGBT 20. Abchaltvorgänge des IGBT 20 führen durch Streuinduktivitäten, die als Induktivität 30 dargestellt sind, zu einer Überspannung über den IGBT 20. Zum Schutz für den IGBT 20 ist im Schaltungsaufbau 10 eine Reihe von Komponenten vorgesehen.
-
Auf der Kollektorseite des IGBT 20 ist eine Serienschaltung von Zener-Dioden 11a ... n vorgesehen. Diese sind aus Sicht des IGBT 20 sperrend angeordnet. Auf die Zener-Dioden 11a ... n folgen ein RC-Glied 12 und ein Strombegrenzungswiderstand 13. Weiterhin folgen eine in Leitungsrichtung angeordnete erste und zweite Diode 14, 15. Auf der Ausgangsseite der zweiten Diode 15 befindet sich ein erster Knotenpunkt 30, der elektrisch mit weiteren Komponenten des Schaltungsaufbaus 10 verbunden ist.
-
Der erste Knotenpunkt 30 ist über einen ersten Widerstand 16 mit dem Gateanschluss eines ersten Transistors 19 verbunden. Weiterhin ist der erste Knotenpunkt 30 über einen zweiten Widerstand 32 mit dem Gateanschluss eines zweiten Transistors 33 verbunden. Bei dem ersten Transistor 19 handelt es sich um einen NPN-Transistor. Bei dem zweiten Transistor 33 handelt es sich um einen PNP-Transistor. Der Kollektor-Eingang des ersten Transistors 19 ist mit einer positiven Versorgungsspannung 17, beispielsweise 15 V, verbunden. Der Emitter-Eingang des ersten Transistors 19 ist über einen dritten Widerstand 21 mit dem Gate-Anschluss des IGBT 20 verbunden. Der Gate-Anschluss des IGBT 20 ist weiterhin über einen vierten Widerstand 34 mit dem Emitter-Eingang des zweiten Transistors 33 verbunden. Der Kollektor-Eingang des zweiten Transistors 33 ist mit der negativen Versorgungsspannung 18 verbunden.
-
Mit den beschriebenen Komponenten ist bereits ein Überspannungsschutz 50 für den IGBT 20 realisiert. Überschreitet die Spannung über den IGBT 20 die summierte Durchbruchsspannung der Zener-Dioden 11a ... n, so brechen diese durch und ein Strom kann über die nachfolgenden Elemente, das heißt das RC-Glied 12, den Strombegrenzungswiderstand 13 sowie die erste und zweite Diode 14, 15 fließen. Dieser Strom fließt in die Gateanschlüsse des ersten und des zweiten Transistor 19, 33 und schaltet diese an. Dadurch wiederum wird der IGBT 20 selbst wieder etwas aufgeregelt. Der IGBT 20 erhält dadurch eine gewisse Leitfähigkeit zurück, wodurch die Überspannung abgebaut wird. Ist die Überspannung abgebaut, so verschwindet der Strom durch die Zener-Dioden 11a ... n und der IGBT 20 ist wieder vollständig abgeschaltet.
-
Zur Steuerung des IGBT 20 im normalen Betrieb, bei dem der IGBT 20 in diesem Ausführungsbeispiel Teil eines Umrichters sein soll, sind weitere Komponenten vorgesehen. Am ersten Knotenpunkt 30 ist über einen fünften Widerstand 39 eine Gate-Treiberschaltung 41 angeschlossen. Die Gate-Treiberschaltung 41 ist an ihrem Eingang mit einem Spannungsgeber 22 verbunden, wobei der Spannungsgeber 22 beispielsweise über einen Optokoppler mit einem steuernden Mikroprozessor verbunden ist.
-
Der Mikroprozessor, der in der Figur nicht gezeigt ist, steuert die Schaltvorgänge des IGBT 20. Dazu wird die Spannungsquelle 22 gesteuert, und deren Signale wiederum in der Treiberschaltung 41 in entsprechende Gate-Steuersignale umgesetzt. Diese werden über den ersten und zweiten Transistor 19, 33 verstärkt, um ausreichend Leistung für die Gateansteuerung des IGBT 20 zur Verfügung zu haben.
-
Mit den bis hier beschriebenen Komponenten der Schaltung ist der Überspannungsschutz 50 stets aktiv. Die im Folgenden beschriebenen Komponenten der Mittel zur Aktivierung und Deaktivierung 40 dienen dazu, den Überspannungsschutz 50 nur dann wirken zu lassen, wenn der IGBT 20 gerade abgeschaltet wird.
-
Hierzu ist der Spannungsgeber 22 über einen Differenzierer 23, bestehend aus einem Widerstand und einem in Serie geschalteten Kondensator, mit dem Gate-Anschluss eines dritten Transistors 25 verbunden. Der Emitter-Eingang des dritten Transistors 25 ist direkt mit der negativen Versorgungsspannung 18 verbunden. Der Emitter-Eingang des dritten Transistors 25 ist zur Einstellung des Arbeitspunktes über einen sechsten Widerstand 24 mit dem Gate-Anschluss rückverbunden. Der Kollektor-Eingang des dritten Transistors 25 ist mit einem zweiten Knotenpunkt 35 verbunden. Der zweite Knotenpunkt 35 ist über einen siebten Widerstand 36 mit der positiven Versorgungsspannung 17 verbunden. Der zweite Knotenpunkt 35 ist weiterhin über einen achten Widerstand 37 mit der negativen Versorgungsspannung 18 verbunden. Schließlich ist der zweite Knotenpunkt 35, also auch der Kollektor-Eingang des dritten Transistors 25, direkt mit dem Gate-Anschluss eines vierten Transistors 38 verbunden. Beim dritten und vierten Transistor 25, 38 handelt es sich um NPN-Transistoren. Der Emitter-Eingang des vierten Transistors 38 ist direkt mit der negativen Versorgungsspannung 18 verbunden. Der Kollektor-Eingang des vierten Transistors 38 ist direkt mit einem dritten Knotenpunkt 31 verbunden, der sich zwischen der ersten und der zweiten Diode 14, 15 befindet.
-
Über die zuletzt beschriebenen Komponenten wird dafür gesorgt, dass im statischen Betrieb, das heißt bei eingeschaltetem oder ausgeschaltetem IGBT 20, der dritte Knotenpunkt 31 stets auf dem Potenzial der negativen Versorgungsspannung 18 gehalten wird. Ein Strom, der durch eine Überspannung durch die Zener-Dioden 11a ... n fließt, wird dadurch stets über den vierten Transistor 38 abgeleitet, und kann somit nicht die Gate-Anschlüsse des ersten und zweiten Transistors 19, 33 und somit auch nicht das Gate des IGBT 20 beeinflussen. Im statischen Betrieb ist der Gate-Anschluss des dritten Transistors 25 auf dem Potenzial der negativen Versorgungsspannung 18 und somit abgeschaltet. Dadurch ist der vierte Transistor 38 eingeschaltet.
-
Diese Situation ändert sich nur, wenn der Spannungsgeber 22 angesteuert wird, den IGBT 20 abzuschalten. Die dabei erzeugte Spannungsflanke sorgt über den Differenzierer 23 dafür, dass der dritte Transistor 25 für den Zeitraum der Spannungsflanke eingeschaltet wird. Hierdurch wird der Gate-Anschluss des vierten Transistors 38 für kurze Zeit auf das Potenzial der negativen Versorgungsspannung 18 gezogen und der vierte Transistor 38 somit abgeschaltet. Der Kurzschluss vom dritten Knotenpunkt 31 zur negativen Versorgungsspannung 18 besteht somit für die Dauer der Spannungsflanke nicht. Daher kann der Überspannungsschutz 50 für die Dauer des Abschaltvorgangs wirken.