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Die Erfindung betrifft ein Verfahren sowie ein System zur berührungslosen magnetischen Navigation eines magnetischen Körpers in einem Arbeitsraum, der zumindest teilweise mit einer Flüssigkeit gefüllt ist. Die Erfindung betrifft weiterhin die Verwendung eines Verdickungsmittels als Zusatz für eine derartige Flüssigkeit.
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Verfahren und Systeme der vorgenannten Art werden insbesondere im medizinischen Bereich eingesetzt. Dabei ist der magnetische Körper als Endoskopiekapsel ausgeführt. Mit dieser Endoskopiekapsel wird ein Patient im Arbeitsraum des Spulensystems untersucht. In diesem Arbeitsraum, der von außen zugänglich ist, wirken die magnetischen Kräfte des Spulensystems auf den magnetischen Körper. Zur Durchführung der Untersuchung werden der magnetische Körper, der sich im Patienten befindet, sowie der zu untersuchende Teil des Patientenkörpers in den Arbeitsraum des Spulensystems eingebracht. Der magnetische Körper (Endoskopiekapsel, Kapselendoskop) stellt dabei eine Sonde dar, mit der Messungen an – insbesondere Bildaufnahmen von – inneren Organen des Patienten gemacht werden können.
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Die Endoskopiekapsel weist ein biokompatibles Gehäuse auf, in dem wenigstens ein Magnetelement zur Navigation mittels eines von einem externen Magnetsystem (Spulensystem) erzeugbaren Magnetfeldes sowie wenigstens eine Sensoreinrichtung zur Erfassung medizinisch relevanter Daten und/oder wenigstens eine Therapievorrichtung zur Verabreichung eines Therapiemittels angeordnet sind.
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Eine derartige Endoskopiekapsel, die auch als Kapselendoskop bezeichnet wird, ist beispielsweise aus der
DE 101 42 253 C1 sowie aus der korrespondierenden
US 2003/0060702 A1 bekannt. und wird dort als ”Endoroboter” bzw. ”endo-robot” bezeichnet.
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Der aus der
DE 101 42 253 C1 bekannte Endoroboter kann mittels eines Magnetfeldes, das von einem externen (d. h. außerhalb des Patienten angeordneten) Magnetsystem (Spulensystem) erzeugt wird, in einem Hohlorgan (z. B. Magen-Darm-Trakt) eines Patienten navigiert werden. Über ein integriertes System zur Lagekontrolle, das eine Positionsmessung des Endoroboters und eine automatische Regelung des Magnetfeldes bzw. der Spulenströme umfasst, können automatisch Änderungen der Lage des Endoroboters im Hohlorgan des Patienten erkannt und kompensiert werden. Weiterhin kann der Endoroboter gezielt in gewünschte Regionen des Hohlorgans navigiert werden. Diese Art der Kapselendoskopie wird deshalb auch als MGCE (Magnetically Guided Capsule Endoscopy – magnetisch geführte Kapselendoskopie) bezeichnet.
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Bei einer Gastroskopie (endoskopisch durchgeführte Untersuchung des menschlichen oder tierischen Magens) wird die Endoskopiekapsel dem Patienten oral verabreicht und gelangt über die Speiseröhre in den Magen. Die vor der oralen Verabreichung der Endoskopiekapsel vorgenommene Aufweitung des Magens erfolgt mittels einer Flüssigkeit, die die wahlweise mit einer Magensonde in den Magen des Patienten verbracht wird oder die dem Patienten zur selbstständigen Aufnahme verabreicht wird (Trinklösung).
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Während der Gastroskopie werden verschiedene Größen, Messwerte oder Proben im Inneren des Magens aufgenommen und einem Arzt oder Assistenten zur Auswertung zur Verfügung gestellt. Beispielsweise werden Inhaltsstoffe oder Konzentrationen des Mageninhalts gemessen, die chemische Zusammensetzung des Magensafts bestimmt oder Bilddaten von der Magenschleimhaut gesammelt.
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Zur Übertragung von Mess- und/oder Bilddaten aus dem Inneren des Magens steht die Endoskopiekapsel z. B. über eine Funkverbindung mit einer in der Nähe des Patienten aufgestellten Übertragungsstation in Verbindung. Zur gezielten Erfassung von Mess- und/oder Bilddaten aus bestimmten Regionen des Magens ist die Endoskopiekapsel entsprechend magnetisch navigierbar.
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Das Gehäuse der Endoskopiekapsel ist beispielsweise entweder ellipsoidförmig oder zylinderförmig ausgebildet. Ein zylinderförmig ausgebildetes Gehäuse weist in wenigstens einem seiner beiden stirnseitigen Bereiche eine halbsphärische Kappe auf. Vorzugsweise weisen beide stirnseitigen Bereiche des Gehäuses jeweils eine halbsphärische Kappe aus einem optisch transparenten Material auf. Eine derartige Endoskopiekapsel kann dann an beiden stirnseitigen Bereichen jeweils eine optische Sensoreinrichtung (z. B. CMOS-Kamera oder CCD-Chip) aufweisen.
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Schwimmt bei der MGCE eine Endoskopiekapsel in einer Flüssigkeit, dann kann die Endoskopiekapsel bereits durch ein relativ schwaches Magnetfeld im Raum ausrichtet und in der Horizontalen und Vertikalen bewegt werden. Da es sich bei der Flüssigkeit üblicherweise um normales Wasser handelt, ergeben sich eine Vielzahl von Nachteilen.
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So sind zwar vertikale Bewegungen (Tauchen) der Endoskopiekapsel in der Flüssigkeit möglich, jedoch existieren bisher keine anwendbaren Lösungen, die Endoskopiekapsel in einer beliebigen Position zwischen der Oberfläche der Flüssigkeit und dem Grund des Magens schweben zu lassen. Eine manuelle Regelung wäre zwar unter bestimmten Vorrausetzungen möglich, würde aber eine hohe Bildrate bei der Erfassung der Bilddaten voraussetzen. Dies ist aufgrund der notwendigen Online-Übertragung während der Navigation nur mit einem sehr hohen Aufwand zu realisieren.
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Weiterhin bleibt die Endoskopiekapsel aufgrund von durch die magnetischen Kräfte verursachten physikalischen Effekten an der Flüssigkeitsoberfläche nicht stabil an einer gewünschten Stelle stehen. Die Bewegungen der Endoskopiekapsel müssen deshalb durch den Benutzer manuell nachgeregelt werden, was einiger Übung bedarf. Eine mögliche Lösung für eine Stabilisierung einer Endoskopiekapsel ist eine Generierung von sogenannten Peak-Feldern, wie dies in der am 26.09.2008 eingereichten
deutschen Patentanmeldung mit dem amtlichen Aktenzeichen 10 2008 049 198.5 beschrieben ist. Die durch die Peak-Felder erzeugten starken Magnetfelder können die Endoskopiekapsel in der horizontalen Ebene stabil halten. Hierdurch steigt der Stromverbrauch jedoch signifikant und es sind nur sehr bedingt vertikale Bewegungen der Endoskopiekapsel möglich.
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Darüber hinaus kann es sein, dass für eine beabsichtigte Abwärtsbewegung der Endoskopiekapsel die auf die Endoskopiekapsel ausgeübten Kräfte hierfür nicht ausreichen, da die Spitze der Endoskopiekapsel aus der Flüssigkeit (z. B. Wasser) herausragt und somit erst die Oberflächenspannung der Flüssigkeit überwunden werden muss. Um in diesen Fällen Abhilfe zu schaffen, wird die Endoskopiekapsel mithilfe von ruckartigen Bewegungen auch an ihrer Spitze befeuchtet und geht so leichter unter. Dies führt aufgrund der hohen Geschwindigkeit, mit dem diese Maßnahme durchgeführt werden muss, jedoch für kurze Zeit zu unbrauchbaren Videobildern, wodurch der Bediener des Magnetspulensystems möglicherweise die Orientierung verliert.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein Verfahren zu schaffen, mit dem ein magnetischer Körper in einem Arbeitsraum auf einfache Weise berührungslos in eine gewünschte Position navigiert werden kann.
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Der Erfindung liegt weiterhin die Aufgabe zugrunde, ein System anzugeben, mit dem ein magnetischer Körper in einem Arbeitsraum auf einfache Weise berührungslos in eine gewünschte Position navigiert werden kann.
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Die Aufgabe wird durch ein Verfahren gemäß Anspruch 1 bzw. durch ein System gemäß Anspruch 10 gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind jeweils Gegenstand von weiteren Ansprüchen.
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Das Verfahren nach Anspruch 1 dient zur berührungslosen magnetischen Navigation eines magnetischen Körpers in einem Arbeitsraum, der zumindest teilweise mit einer Flüssigkeit gefüllt ist, wobei der Flüssigkeit erfindungsgemäß ein Verdickungsmittel zugesetzt wird.
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Das System nach Anspruch 10 dient zur berührungslosen magnetischen Navigation eines magnetischen Körpers in einem Arbeitsraum, der zumindest teilweise mit einer Flüssigkeit gefüllt ist, wobei der Flüssigkeit erfindungsgemäß ein Verdickungsmittel zugesetzt ist.
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Bei der MGCE ist der magnetische Körper als magnetisch navigierbare Endoskopiekapsel ausgebildet.
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Erfindungsgemäß wird vorgeschlagen, durch die Zugabe eines Verdickungsmittels der Flüssigkeit, in der der magnetische Körper (z. B. Endoskopiekapsel, Kapselendoskop) schwimmt, eine höhere Dichte und somit Viskosität zu verleihen.
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Durch die Verwendung eines Verdickungsmittels als Zusatz für eine Flüssigkeit, mit der ein Arbeitsraum zumindest teilweise gefüllt ist, wobei in dem Arbeitsraum ein magnetischer Körper magnetisch navigierbar ist (Anspruch 9), wird die Dichte der Flüssigkeit und damit deren Viskosität erhöht, wodurch die Bremswirkung der Flüssigkeit auf den magnetischen Körper entsprechend erhöht wird.
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Die Bremswirkung, die in der Flüssigkeit auf den magnetischen Körper ausgeübt wird, ist direkt-proportional zur Dichte bzw. Viskosität der Flüssigkeit. Die richtige Dosierung des Verdickungsmittels erlaubt es den magnetischen Körper vertikal zu bewegen und die Abbremsung jedoch so zu verstärken, dass der magnetische Körper an einer beliebigen vertikalen Position verharren kann. Auch für den Fall, dass die Dosierung des Verdickungsmittels in der Flüssigkeit nicht genau getroffen werden sollte, würden die unerwünschten vertikalen Bewegungen in ihrer Geschwindigkeit derart verlangsamt, dass die vertikalen Bewegungen der Endoskopiekapsel vom Benutzer manuell ausgeregelt werden können.
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Der magnetische Körper wird bei richtiger Dosierung des Verdickungsmittels durch die erhöhte Viskosität der Flüssigkeit lediglich geringfügig abgebremst. Diese geringe Bremswirkung reicht aus, um ungewollte Bewegungen des magnetischen Körpers zu eliminieren. Die benötigten Kräfte für Bewegungen des magnetischen Körpers steigen damit zwar leicht an. Der Stromverbrauch ist davon nur gering beeinflusst. Im Vergleich zu Peak-Feldern ist der Strommehrverbrauch beispielsweise sehr gering.
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Die höhere Dichte bzw. die höhere Viskosität der Flüssigkeit sorgt dafür, dass der magnetische Körper die Oberfläche der Flüssigkeit mithilfe der eigenen Auftriebskraft nicht mehr durchstoßen kann. Die negativen Auswirkungen der Oberflächenspannung treten somit nicht mehr auf.
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Bei der erfindungsgemäßen Lösung werden dadurch, dass der Flüssigkeit ein Verdickungsmittel zugesetzt wird, die beim Stand der Technik bekannten Nachteile vermieden bzw. stark verringert.
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Das System nach einem der Ansprüche 10 bis 16 wird bevorzugt bei einem medizinischen Gerät gemäß Anspruch 17 eingesetzt. Falls es sich um eine magnetisch geführte Kapselendoskopie handelt (MGCE), dann ist der als Sonde ausgeführte magnetische Körper als Endoskopiekapsel ausgebildet (Anspruch 18).
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Um eine Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens bzw. des erfindungsgemäßen Systems im medizinischen Bereich zu ermöglichen, ist gemäß einer bevorzugten Ausgestaltung nach Anspruch 2 (Verfahren) bzw. nach Anspruch 11 (System) das Verdickungsmittel als biokompatibles Verdickungsmittel ausgebildet.
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Als biokompatible Verdickungsmittel sind gemäß besonders vorteilhafter Ausführungsformen beispielsweise Agar-Agar, Gelatine oder Polysaccharid, z. B. Stärke oder Pektin, vorgesehen (Ansprüche 2 bis 7 bzw. Ansprüche 11 bis 16). Alle vorgenannten Verdickungsmittel weisen eine gute Verträglichkeit für die menschliche Verdauung auf, wobei Agar-Agar auch für Vegetarier geeignet ist.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 10142253 C1 [0004, 0005]
- US 2003/0060702 A1 [0004]
- DE 102008049198 [0012]