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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Kantenversiegelung eines faserverstärkten Bauteils, insbesondere eines Anbindungswinkels, wobei das Bauteil mit einem kohlefaserverstärkten thermoplastischen oder mit einem duroplastischen Kunststoffmaterial gebildet ist, insbesondere zum Schutz vor Kontaktkorrosion in einem Interfacebereich mit metallischen Komponenten.
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Darüber hinaus betrifft die Erfindung eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens sowie ein verfahrensgemäß behandeltes faserverstärktes Bauteil.
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Im modernen Flugzeugbau werden metallische Werkstoffe, insbesondere aus Gewichtsgründen, durch Bauteile aus kohlefaserverstärkten Kunststoffen (CFK) ersetzt. Im Interfacebereich zwischen CFK-Bauteilen und metallischen, insbesondere mit Aluminiumlegierungen gebildeten Komponenten, besteht die Gefahr des Auftretens von Kontaktkorrosion aufgrund elektrischer Spannungsdifferenzen zwischen den unterschiedlichen Werkstoffen. Beispielsweise werden zunehmend Anbindungswinkel (so genannte ”Clips”) zur Anbindung der Außenhaut an die Spanten einer Primärstruktur eines Flugzeugrumpfes mit kohlefaserverstärkten thermoplastischen Werkstoffen hergestellt. Die Herstellung erfolgt im so genannten thermoplastischen ”Stempelumformverfahren” aus plattenförmigen kohlefaserverstärken Halbzeugen. Überschüssige Materialbereiche werden heutzutage üblicherweise in einem Fräsprozess vom Rohling abgetrennt, um eine vorgegebene Kontur des CFK-Bauteils zu erzielen. Die so entstehenden gefrästen Bauteilkanten können zum Beispiel mit einem Kunstharzlack versiegelt werden, der zur Zeit an jedem CFK-Bauteil manuell aufgebracht wird, um die vorstehend erläuterte Korrosionsproblematik im Interfacebereich mit metallischen Komponenten zu vermeiden. Alternativ können beliebige Kunstharzsysteme auf Ein- oder Zweikomponentenbasis Verwendung finden. Der manuelle Auftrag der Kantenversiegelung ist jedoch arbeitsintensiv und daher unter fertigungstechnischen Gesichtspunkten zu aufwändig. Darüber hinaus erlaubt der händische Auftrag der Kantenversiegelung keine sichere Reproduzierbarkeit der Arbeitsergebnisse, insbesondere hinsichtlich der Materialstärke und/oder der Bedeckung.
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Aus dem Stand der Technik sind eine Vielzahl von Vorrichtungen und Verfahren zur Pulverbeschichtung von Gegenständen bekannt. So ist der
DE 60 2005 006 388 T2 ein neuartiges Pulverlackierungssystem unter Einsatz von pigmentierten und fließfähigen Pulverzusammensetzungen entnehmbar, die einen schnelleren Farbwechsel und eine erleichterte Reinigung des Pulverbeschichtungssystems ermöglichen.
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Aufgabe der Erfindung ist es, ein fertigungstechnisch weniger aufwändiges und besser automatisierbares Verfahren zur Schaffung von Kantenversiegelungen an thermoplastischen oder duroplastischen CFK-Bauteilen, insbesondere zum Schutz vor Kontaktkorrosion in einem Interfacebereich zu metallischen Komponenten, anzugeben.
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Die erfindungsgemäße Aufgabe wird zunächst durch ein Verfahren gemäß dem Patentanspruch 1 mit den folgenden Schritten gelöst:
- a) Zumindest abschnittsweises elektrostatisches Beschichten mindestens einer Bauteilkante mit einem thermoplastischen Pulver,
- b) Aufschmelzen und Vernetzen der Pulverbeschichtung in einem Ofen zur Schaffung einer glatten Kantenversiegelung.
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Hierdurch ist eine bevorzugt örtlich begrenzte Beschichtung der Bauteilkanten unter Einhaltung einer exakt vorgegebenen Materialstärke erreichbar. Daneben ist die Schaffung der Kantenversiegelung mit einem thermoplastischen Pulver, das durch abschließendes Aufschmelzen in einem Ofen zu einer glatten Kantenversiegelung wird, unter Umweltschutzgesichtspunkten vorteilhaft, da keine lösungsmittelhaltigen Kunststoffmaterialien auf Ein- oder Zweikomponentenbasis, wie zum Beispiel Polyurethan- oder Epoxidharzlacke, erforderlich sind. Zudem lassen sich Pulverbeschichtungen im Vergleich zu flüssigen Kunststoff- bzw. Beschichtungsmaterialien leichter verarbeiten und einfacher automatisiert auftragen. In der Regel sind Flächen außerhalb der zu versiegelnden Kantenbereiche während des Pulverbeschichtungsvorgangs mit einer temporären Abdeckung, zum Beispiel in Form von Abklebungen, Abdeckmasken oder dergleichen zu versehen.
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Eine vorteilhafte Fortbildung des Verfahrens sieht vor, dass das Aufschmelzen und Vernetzen des Pulvers bei einer Temperatur zwischen 120°C und 320°C erfolgen.
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Hierdurch lassen sich nahezu alle bekannten pulverförmigen thermoplastischen Beschichtungsmaterialien in eine glatte und zudem mechanisch hochbeanspruchbare und festhaftende Kantenversiegelung umwandeln.
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Eine weitere Ausgestaltung des Verfahrens sieht vor, dass das thermoplastische Pulver zunächst in Bezug zum Bauteil elektrostatisch aufgeladen und anschließend mit Druckluft zerstäubt wird.
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In Folge dieser Weiterentwicklung können übliche Pulverbeschichtungsprozesse für das erfindungsgemäße Verfahren Anwendung finden.
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Eine weitere Ausgestaltung des Verfahrens sieht vor, dass von dem Bauteil vor der Pulverbeschichtung überschüssiges Material zur Schaffung definierter Bauteilkanten entfernt wird.
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Hierdurch wird das CFK-Bauteil zunächst auf eine vorgegebene geometrische Sollkontur gebracht. Daneben wird eine hinreichend raue Oberfläche der Bauteilkanten erreicht, um einerseits eine ausreichende Haftung der aufzubringenden Kantenversiegelung zu gewährleisten. Andererseits werden im Zuge dieses Bearbeitungsschrittes etwaige Verstärkungsfaserüberstände so weit verringert, dass etwaig im Kantenbereich heraus stehende Verstärkungsfasern die aufzubringende Kantenversiegelung nicht durchstoßen.
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Eine Weiterbildung des Verfahrens sieht vor, dass das Entfernen des überschüssigen Materials durch Fräsen, Schleifen, Schneiden, Sägen, Wasserstrahlschneiden, Laserstrahlschneiden und/oder eine beliebige Kombination von mindestens zwei der genannten Verfahren erfolgt.
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Insbesondere das Wasserstrahlschneiden bzw. das Laserstrahlschneiden erlauben eine hohe Schnittpräzision bei einer zugleich hohen Schnittgeschwindigkeit und geringstmöglichem Werkzeugverschleiß, der lange Werkzeugstandzeiten erlaubt. Die genannten Schnittverfahren erlauben darüber hinaus einen staub- und spänefreien Schnittprozess, so dass keine Absaugvorrichtungen vorgehalten werden müssen. Zur Konturierung der Bauteilkanten hat sich das Fräsen als besonders geeignet erwiesen, da die hierdurch erzeugte Aufrauung der Bauteilkanten die Haftung der thermoplastischen Kantenversiegelung erheblich verbessert. Für den Fall, dass das CFK-Bauteil mit einer thermoplastischen Matrix aufgebaut ist, sind jedoch stark wärmeerzeugende Trennverfahren, wie zum Beispiel das Laserstrahlschneiden, nur bedingt geeignet.
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Darüber hinaus wird die erfindungsgemäße Aufgabe durch eine Vorrichtung nach Maßgabe des Patentanspruchs 6 gelöst, die mindestens eine Handhabungsvorrichtung, insbesondere einen Knickarmroboter, mindestens eine elektrostatische Sprühpistole, mindestens eine Halterung zur Aufnahme des mindestens einen Bauteils und mindestens einen Ofen aufweist.
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Infolge dieser Ausgestaltung ist die vollständige Automatisierbarkeit des Verfahrens zur Schaffung einer Kantenversiegelung einer Bauteilkante mittels einer thermoplastischen Pulverbeschichtung an einem CFK-Bauteil mit vertretbarem Aufwand möglich. Hierbei kann die elektrostatische Sprühpistole mittels der Handhabungsvorrichtung weitgehend frei im Raum positioniert werden und/oder die Sprühpistole ist innerhalb der Vorrichtung statisch angeordnet und das im Kantenbereich zu versiegelnde Bauteil wird mittels einer im Raum positionierbaren Halterung ausgerichtet.
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Ferner wird die erfindungsgemäße Aufgabe durch ein CFK-Bauteil, insbesondere einen verfahrensgemäß pulverbeschichteten Anbindungswinkel zur Aussteifung einer Primärstruktur eines Flugzeugs, gelöst, wonach mindestens eine Bauteilkante eine zumindest bereichsweise Pulverbeschichtung, insbesondere zum Schutz vor Kontaktkorrosion in einem Interfacebereich mit metallischen Komponenten, aufweist.
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Hierdurch können im Interfacebereich zwischen dem CFK-Bauteil und einem metallischen Bauteil keine Kontaktkorrosionsprozesse oder anders geartete Korrosionseffekte auftreten.
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Eine weitere vorteilhafte Ausgestaltung des Bauteils sieht vor, dass die Pulverbeschichtung mit mindestens einem thermoplastischen Kunststoffmaterial, insbesondere mit einem Polyamid, gebildet ist.
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Hierdurch ist zum einen die Aufschmelzbarkeit der Pulverbeschichtung zur Schaffung einer glatten Kantenversiegelung des CFK-Bauteils in einer Heizeinrichtung, zum Beispiel in einem Ofen, gegeben. Zum anderen ergibt sich eine gute Haftung der Kantenversiegelung auf den Bauteilkanten, weitgehend unabhängig vom Vorhandensein einer mit einem thermoplastischen oder einer mit einem duroplastischen Kunststoffmaterial gebildeten Matrix des CFK-Bauteils.
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Das thermoplastische Kunststoffmaterial zur Schaffung der Kantenversiegelung kann mit Nanopartikeln, insbesondere mit elektrisch zumindest geringfügig leitfähigen Nanopartikeln versetzt sein. Hierdurch kann das Kunststoffmaterial in einem Ofen induktiv beheizt und lokal begrenzt aufgeschmolzen werden. Dieses verhindert eine temperaturbedingte Verformung des restlichen CFK-Bauteils. Darüber hinaus kann das pulverförmige thermoplastische Kunststoffmaterial auch ein mit mindestens zwei thermoplastischen Kunststoffen gebildetes Gemisch (so genanntes ”Blend”) sein.
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Gemäß einer Weiterentwicklung des Bauteils ist vorgesehen, dass die Kantenversiegelung die Bauteilkanten zumindest bereichsweise umgreift.
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Infolge der bevorzugt geringfügigen Ausdehnung der Kantenversiegelung über die Bauteilkanten hinweg, bis auf die Bauteiloberseite bzw. die Bauteilunterseite, wird vor allem eine Rissbildung im Bereich der kleinsten Krümmungsradien der Bauteilkanten vermieden und hierdurch die Entstehung von unerwünschten Kontaktkorrosionsprozessen infolge eindringender Feuchtigkeit unterbunden.
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In der Zeichnung zeigt:
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1 Eine perspektivische Ansicht eines Anbindungswinkels als CFK-Bauteil, und
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2 eine schematische Darstellung einer Vorrichtung.
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In den Figuren weisen dieselben konstruktiven Elemente jeweils dieselbe Bezugsziffer auf.
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Die 1 zeigt in einer perspektivischen Ansicht einen mit einem faserverstärkten Kunststoffmaterial gebildeten Anbindungswinkel.
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Ein Anbindungs- bzw. Stützwinkel 2 als ein exemplarisches CFK-Bauteil verfügt über zwei, unter einem Winkel von 90° aneinander anschließende, Anlageflächen 4, 6. In die Anlagefläche 4 sind vier nicht bezeichnete Durchgangsbohrungen eingebracht. Darüber hinaus kann ein CFK-Bauteil mit einer komplexeren geometrischen Gestalt beispielsweise aus mindestens zwei Einzelteilen mit einer jeweils einfacheren Teilgeometrie aufgebaut sein, wobei etwaige – im Verklebungsbereich befindliche Bauteilkanten und Fügeflächen – bereits durch das Klebematerial verschlossen bzw. versiegelt sind. Der Anbindungswinkel 2 ist vorzugsweise mit einem kohlefaserverstärkten thermoplastischen Kunststoffmaterial hergestellt, so dass dieser in der Verlaufsrichtung der eingebetteten Verstärkungsfasern bzw. der Kohlefasern über eine, wenn auch geringfügige elektrische Leitfähigkeit verfügt. Geeignete Kunststoffmaterialien sind beispielsweise Polyetherimide (PEI), Polyetheretherketone (PEEK), Polyethylenterephthalate (PET) oder andere mechanisch und thermisch hochbeanspruchbare Thermoplaste. Alternativ kann der Anbindungswinkel 2 auch mit einem duroplastischen Kunststoffmaterial, wie zum Beispiel mit einem Epoxidharz, gebildet sein. Wie in der 1 durch die Schraffur angedeutet, sind beide Bauteilkanten 8, 10 mit einer durchgehenden Kantenversiegelung 12 versehen, um insbesondere unerwünschte elektrochemische bzw. galvanische Kontaktkorrosionsprozesse durch in diesem Bereich anliegende, in der Zeichnung nicht dargestellte, metallische Komponenten zu verhindern. Die Kantenversiegelung 12 ist mit einem geeigneten, aufgesprühten thermoplastischen Pulver gebildet, das nach dem Besprühen in einem Ofen oder einer anderen Heizeinrichtung zur Bildung einer glatten und fest auf den Bauteilkanten 8, 10 haftenden Kantenversiegelung 12 aufgeschmolzen und kompaktiert bzw. vernetzt wurde. Die Kantenversiegelung 12 kann die Bauteilkanten 8, 10 zumindest abschnittsweise umgreifen, das heißt sie reicht bis in schmale, an die Bauteilkanten angrenzende und hierzu parallel verlaufende Randbereiche 14, 16 hinein, die durch die gestrichelten Linien angedeutet sind. Eine nicht bezeichnete Breite der Randbereiche 14, 16, gerechnet von den Bauteilkanten 8, 10, kann bis zu 10 mm betragen. Hierdurch können zum Beispiel Korrosionsprozesse infolge einer Rissbildung innerhalb der Kantenversiegelung 12 in einem nicht bezeichneten Übergangsbereich zwischen den Bauteilkanten 8, 10 und den Randbereichen der Bauteilober- bzw. Bauteilunterseiten, das heißt insbesondere im Bereich der kleinsten Krümmungsradien des Anbindungswinkels 2 vermieden werden.
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Bei dem thermoplastischen Pulver kann es sich um dasselbe Material handeln, das auch zur Herstellung des Anbindungswinkels 2 Verwendung findet. Alternativ kann auch ein anderes, bei geringeren Temperaturen schmelzendes thermoplastisches Pulver mit geringeren mechanischen Festigkeitswerten oder ein Gemisch von mindestens zwei Thermoplasten zum Einsatz kommen. Die Kantenversiegelung 12 ist vorzugsweise mit einem Polyamid (PA), mit Polypropylen (PP), mit Polyethylen (PE), mit einem Polyetherimid (PEI), einem Polyetheretherketon (PEEK), Polyphenylensulfit (PPS) oder mit einem Polyethylenterephthalat (PET) gebildet, um eine ausreichende mechanische Stabilität (z. B. Abriebfestigkeit, Schlagzähigkeit, Kerbfestigkeit) und Haftung der Kantenversiegelung 12 auf den Bauteilkanten 8, 10 über einen vollständigen Lebensdauerzyklus eines modernen Passagierflugzeugs hinweg zu gewährleisten. Hierdurch ist das Auftreten von unerwünschten Kontaktkorrosionsprozessen, die zu einer sicherheitsrelevanten Reduzierung der Lasttragfähigkeit der Rumpfzellenstruktur des Flugzeugs führen können, weitgehend auszuschließen.
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Für den Fall, dass die Kantenversiegelung 12 mit demselben thermoplastischen Material wie die Matrix des Anbindungswinkels 2 gebildet ist, ergibt sich eine besonders innige und mechanisch hochbelastbare Verbindung zwischen der Kantenversiegelung 12 und dem Anbindungswinkel 2, doch sollte in diesem Fall die Verweildauer im Ofen nicht zu hoch gewählt werden, um eine temperaturbedingte Verformung des Anbindungswinkels 2 zu verhindern. Abhilfe kann erforderlichenfalls durch eine Unterstützungskonstruktion zur Aufrechterhaltung der vorgegebenen Sollgeometrie des Anbindungswinkels 2, zum Beispiel in der Gestalt eines temperaturbeständigen Auflagers für den Anbindungswinkel 2 im Ofen geschaffen werden.
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Finden für die Kantenversiegelung 12 und die Matrix des Anbindungswinkels 2 unterschiedliche Thermoplaste Verwendung, sollte der Schmelzpunkt des zur Ausbildung der Kantenversiegelung 12 eingesetzten thermoplastischen Kunststoffes bevorzugt niedriger liegen als der Schmelzpunkt der thermoplastischen Matrix des Anbindungswinkels 2, um eine undefinierte Deformation des Anbindungswinkels 2 beim Aufschmelzen der pulverförmigen Kantenversiegelung 12 in einer Heizeinrichtung, zum Beispiel einem Ofen, von vornherein zu verhindern. Darüber hinaus kann das thermoplastische Pulver auch ein Gemisch (so genanntes ”Blend”) aus mindestens zwei der vorstehend genannten thermoplastischen Kunststoffmaterialien sein.
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Verfügt der Anbindungswinkel 2 über eine duroplastische Matrix, zum Beispiel eine Epoxidharzmatrix, treten in der Regel beim Aufschmelzen und Vernetzen des thermoplastischen Pulvers in einem Ofen keine relevanten Verformungen des Anbindungswinkels 2 auf.
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Die 2 zeigt in einer stark schematischen Darstellung eine zur bevorzugt vollautomatischen Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens geeignete Vorrichtung.
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Eine Vorrichtung 18 umfasst unter anderem eine Handhabungsvorrichtung 20, eine elektrostatische Sprühpistole 22, eine Halterung 24 zur Aufnahme des Anbindungswinkels 2 in einer definierten Raumposition sowie einen Ofen 26. Bei der Handhabungsvorrichtung 20 kann es sich beispielsweise um einen Knickarmroboter mit einer Vielzahl von Freiheitsgraden oder einen Portalroboter handeln. Mittels der Handhabungsvorrichtung 20 kann die Sprühpistole 22 in Relation zum Anbindungswinkel 2 annähernd frei im Raum positioniert werden. Während des Sprühprozesses ruht der Anbindungswinkel 2 in einer definierten Raumposition auf der Halterung 24. Alternativ kann die Sprühpistole 22 auch stationär angeordnet sein und die Halterung 24 ist zusammen mit dem darin aufgenommenen Anbindungswinkel 2 in Relation zur Sprühpistole 22 im Raum ausrichtbar. Soll beispielsweise nur eine Bauteilkante mit einer Kantenversiegelung versehen werden, kann es ausreichend sein, die Anbindungswinkel 2 mittels eines Linearförderorgans, zum Beispiel in der Form eines Kettenförderers, an der Sprühpistole 22 mit einer definierten Geschwindigkeit vorbei zu führen.
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Vor der Aufnahme und der Lagefixierung innerhalb der Halterung 24 wird der Anbindungswinkel 2 einem vorgeschalteten Besäumungsprozess in einer nicht dargestellten Trennvorrichtung unterzogen, in dem überschüssiges, randseitiges Material zum Beispiel durch Schleifen, Fräsen, Sägen, Schneiden, Laserstrahl- oder Wasserstrahlschneiden abgetrennt wird. Hierdurch entsteht ein Bauteil mit einer Kontur, die exakt in einem vorgegebenen Toleranzbereich liegt. Dieser Schritt ist entbehrlich, wenn der zur Umformung des Anbindungswinkels 2 eingesetzte Prozess, der in der Regel von einem plattenförmigen, faserverstärkten thermoplastischen oder duroplastischen Halbzeug ausgeht, unmittelbar maßhaltige Ergebnisse liefert.
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Die Sprühpistole 22 ist mit einer Hochspannungsquelle 28 verbunden, während der Anbindungswinkel 2 und die Halterung 24 geerdet sind, das heißt auf Erdpotential 30 liegen. Die Sprühpistole 22 verfügt über einen, der besseren zeichnerischen Übersicht nicht dargestellten Druckluftanschluss. Die der Sprühpistole 22 hierüber zugeführte Druckluft dient zum Zerstäuben eines pulverförmigen, thermoplastischen Pulvers 32. Mittels der Hochspannungsquelle 28 wird das thermoplastische Pulver 32 zum Beispiel positiv elektrisch aufgeladen und dann durch die Wirkung der Druckluft ausgestoßen. Da der Anbindungswinkel 2 auf Erdpotential (≈ 0 Volt) liegt, wird das positiv geladene, thermoplastische Pulver 32 von diesem angezogen und lagert sich bevorzugt auf den in 2 nicht bezeichneten Bauteilkanten ab.
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Das thermoplastische Pulver 32 setzt sich während des Besprühens unter anderem bevorzugt auf den Bauteilkanten ab, da in diesem Bereich die elektrisch leitfähigen Kohlefasern im Wesentlichen senkrecht in Relation zu den Bauteilkanten verlaufen und im Wesentlichen bündig mit diesen abschließen bzw. aufgrund der mechanischen Kantenvorbehandlung durch zum Beispiel Fräsen, nur geringfügig um einen Betrag von weniger als 0,1 mm herausragen. Daher ergeben sich lokal erhöhte Werte der elektrischen Feldstärke, die die Ablagerung des Pulvers 32 in dieser Zone unterstützen.
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Daneben ist eine Innenfläche des zur Herstellung des Anbindungswinkels 2 zum Einsatz kommenden Formwerkzeugs prozessbedingt mit einem Trennmittel versehen, das sich nach dem Entformen zum Teil auf der in der Regel glatten Oberseite und Unterseite des Bauteils absetzt, so dass überschüssiges, im Ofen aufgeschmolzenes Pulver 32, in diesen Bereichen gar nicht oder nur geringfügig anhaftet und nach dem Abschluss der Ofenbehandlung leicht abgezogen bzw. abgeblättert werden kann. Manche thermoplastische Matrix (z. B. aus Polyphenylensulfiden (PPS) oder Polyetheretherketonen (PEEK)) kann zudem eine teilkristalline Struktur aufweisen, auf der die Pulverbeschichtung kaum anhaftet.
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Darüber hinaus kann ein Öffnungsquerschnitt einer Sprühdüse der Sprühpistole 22 so klein gewählt werden, dass sich das Pulver 32 im Zusammenwirken mit der elektrostatischen Anziehung und/oder der Sprühentfernung, das heißt dem Abstand zwischen Sprühdüse und Bauteilkante, im Wesentlichen nur auf den zu beschichtenden Bauteilkanten ablagert. In diesem Fall sollte der Öffnungsquerschnitt bzw. ein Düsendurchmesser deutlich kleiner als eine Breite der mit dem Pulver 32 zu beschichtenden Bauteilkante gewählt werden.
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Um eine Ablagerung des thermoplastischen Pulvers 32 in Bereichen außerhalb der Bauteilkanten des Anbindungswinkels 2 zu verhindern, können alternativ oder ergänzend die vom Pulver 32 freizuhaltenden Bereiche auf dem Anbindungswinkel 2 während des Pulversprühvorgangs zeitweise mit Klebeband und/oder Folie bedeckt werden, die bevorzugt vor dem Einbringen in den Ofen 26 wieder entfernt wird. Ferner können auch Abdeckmasken vorgesehen sein, deren Umfangskonturen jeweils an die abzudeckende Vorder- bzw. Rückseite des Anbindungswinkels 2 angepasst sind und die während des Pulverbeschichtungsprozesses automatisiert auf den entsprechenden Zonen des Anbindungswinkels 2 (außerhalb der Bauteilkanten) positioniert werden und nach dessen Beendigung wieder abgehoben werden.
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Nach der Beendigung des elektrostatischen Besprühens der Bauteilkanten mit dem thermoplastischen Pulver 32 wird der Anbindungswinkel 2, wie mit gestrichelter Umrissdarstellung angedeutet, in den Ofen 26 verbracht, um das thermoplastische Pulver 32 zu einer glatten Kantenversiegelung aufzuschmelzen, zu vernetzen und hierdurch zu kompaktieren. Der Weitertransport des Anbindungswinkels 2 von der Halterung 24 in den Ofen 26 erfolgt bevorzugt mittels der Handhabungsvorrichtung 20, die zu diesem Zweck über nicht dargestellte Greif- bzw. Halteelemente verfügt. Entsprechend ist auch die Halterung 24 mit lösbaren Greifelementen ausgestattet, die eine automatische Freigabe des pulverbeschichteten Anbindungswinkels 2 nach dem Abschluss der Pulverbeschichtung der Bauteilkanten und die reibungslose Übernahme desselben durch die Greifer der Handhabungsvorrichtung 20 erlauben. Der Ofen 26 kann als Durchlaufofen ausgestaltet sein, um einen hohen Durchsatz, insbesondere bei einer großen Stückzahl von im Randbereich zu versiegelnden CFK-Bauteilen zu erreichen.
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Das erfindungsgemäß elektrostatisch aufgebrachte, abschließend im Ofen 26 aufgeschmolzene und vernetzte thermoplastische Pulver 32 bildet nach der Ofenbehandlung eine mechanisch strapazierfähige und langzeitbeständige Kantenversiegelung 12, insbesondere zur Verhinderung von Kontaktkorrosion im Interfacebereich zu Aluminiumbauteilen. Darüber hinaus sind bei der elektrostatischen Pulverbeschichtung keine Lösungsmittel erforderlich, so dass keine aufwändigen Absaugeinrichtungen notwendig sind, um Umwelt- und Arbeitsschutzauflagen Genüge zu tun. Zur Erhaltung einer vorgegebenen Sollgeometrie kann im Ofen 26, insbesondere bei Bauteilen mit einer thermoplastischen Matrix, ein Auflager vorgesehen sein.
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Sämtliche Abläufe innerhalb der Vorrichtung 18 werden ständig von einer nicht dargestellten Steuer- und/oder Regeleinrichtung kontrolliert bzw. überwacht. Die Lösemittelfreiheit der Beschichtungsprozesse erleichtert darüber hinaus die Automatisierbarkeit, da keine einengenden Einhausungen notwendig sind.
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Der Ablauf des erfindungsgemäßen Verfahrens, das bevorzugt vollautomatisch unter Zuhilfenahme der vorstehend erläuterten Vorrichtung durchgeführt wird, gestaltet sich wie folgt:
In einem ersten Verfahrensschritt erfolgt ein zumindest abschnittsweises elektrostatisches Beschichten mindestens einer Bauteilkante 8, 10 des Anbindungswinkels 2 mit einem thermoplastischen Pulver 32. Der Anbindungswinkel 2 kann mit einem faserverstärkten thermoplastischen oder mit einem duroplastischen Kunststoff hergestellt sein. Das Aufsprühen des thermoplastischen Pulvers 32 erfolgt bevorzugt mit einer elektrostatisch arbeitenden Sprühpistole 22. Diese verfügt über einen Düsenquerschnitt, der an eine Materialstärke der Bauteilkanten angepasst ist, um einen möglichst selektiven Pulverauftrag zu erzielen. In einem zweiten Verfahrensschritt wird die zuvor aufgebrachte Pulverbeschichtung in einem Ofen 26 bei einer Temperatur zwischen 120°C und 320°C aufgeschmolzen, vernetzt und hierdurch kompaktiert, um eine weitgehend glatte Kantenversiegelung 12 auf den Bauteilkanten 8, 10 auszubilden.
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In einem dem ersten Verfahrensschritt erforderlichenfalls vorgelagerten Verfahrensschritt kann überschüssiges, randseitiges Material von dem bevorzugt im ”Stempelumformverfahren” mit einem kohlefaserverstärkten thermoplastischen Kunststoffmaterial hergestellten Anbindungswinkel 2 abgetragen werden, um definierte Bauteilkanten 8, 10 bzw. eine insgesamt definierte Bauteilkontur zu schaffen. Dasselbe gilt entsprechend für ein, zum Beispiel im RTM-Verfahren (s. g. ”Resin-Transfer-Molding”-Verfahren) mit einem kohlefaserverstärkten Epoxidharz hergestelltes Bauteil.
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Über die Aufbringung einer Kantenversiegelung hinaus ist es möglich, auch die Oberseiten und/oder die Unterseiten bzw. die Oberfläche eines faserverstärkten thermoplastischen CFK-Bauteils zumindest bereichsweise mit einer thermoplastischen Schicht, insbesondere zur Unterbindung von wasserinduzierten korrosiven Prozessen, mit der thermoplastischen Pulverbeschichtung zu versehen. Die Pulverbeschichtung erstreckt sich in diesem Fall über die Randbereiche 14, 16 der Bauteilkanten 8, 10 des Verbindungswinkels 2 hinaus (vgl. 1).
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Bezugszeichenliste
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- 2
- Anbindungswinkel
- 4
- Anlagefläche
- 6
- Anlagefläche
- 8
- Bauteilkante
- 10
- Bauteilkante
- 12
- Kantenversiegelung
- 14
- Randbereich (Bauteilkante)
- 16
- Randbereich (Bauteilkante)
- 18
- Vorrichtung
- 20
- Handhabungsvorrichtung
- 22
- Sprühpistole
- 24
- Halterung
- 26
- Ofen
- 28
- Hochspannungsquelle
- 30
- Erdpotential
- 32
- thermoplastisches Pulver
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 602005006388 T2 [0004]