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Hintergrund der Erfindung
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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betrieb eines Reaktors zum Enthärten von Wasser, in welchem Kalkmilch und Rohwasser miteinander vermischt werden, in welchem sich ein körniger Feststoff befindet, welcher durch den Wasserdruck zu einem Wirbelbett aufgewirbelt wird, wobei sich an dem körnigen Feststoff Kalk ablagert, wodurch immer größer werdende Kalkpellets entstehen, welche bei Überschreiten einer bestimmten Größe entfernt werden, wobei kontinuierlich ein für die Größe der Kalkpellets relevanter Messwert aufgenommen und bei Überschreiten einer vorgegebenen Grenze dieses Messwerts ein Abzug der Kalkpellets über eine Abzugsvorrichtung eingeleitet wird, und wobei im Anschluss daran eine über einen Umrechnungsfaktor berechnete Menge des körnigen Feststoffs über den dafür vorgesehenen Rohranschluss dem Reaktor zugeführt wird.
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In Gebieten, in denen das Wasser viel Calcium enthält („hartes” Wasser), werden bei der kommunalen Wasseraufbereitung oftmals Reaktoren zur Enthärtung eingesetzt. Diese Reaktoren können große Mengen Wasser in kürzester Zeit enthärten, so dass Wasserleitungen und wasserführende Vorrichtungen vor übermäßiger Kalkablagerung geschützt werden. Dazu wird in den Reaktoren durch Zugabe eines Reagenz ein Ausfallen der im Wasser enthaltenen Calcium-Ionen eingeleitet.
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Ein häufig verwendetes Reagenz, das zum Enthärten von Wasser verwendet wird, ist Calciumhydroxid (Ca(OH)2). Die verdünnte Suspension von Calciumhydroxid und Wasser wird Kalkmilch genannt.
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Das Rohwasser wird dem Reaktor über eine nach unten gebogene Rohrleitung zugefügt, wobei das Wasser durch einen Konus im Reaktorboden eine Umkehr der Flussrichtung erfährt. Durch die hohe Geschwindigkeit steigt der daraus entstehende Wasserwirbel bis nach oben in den Reaktor. Die Auswirkung verschiedener körperlicher Formen des Reaktors sind in
DE 299 20 728 U1 ausführlich diskutiert.
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Die Kalkmilch-Suspension wird zunächst in einem separaten Behältnis angesetzt und wird dann entweder kurz vor oder kurz nach dem Bogen der Wassereinleitung in den Reaktor dem Rohwasser zugefügt.
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Im Reaktor befindet sich ein feiner, körniger Feststoff, wie etwa feiner Sand oder fein gemahlener Kalk. Dieser zunächst als Festbett vorliegende Feststoff wird durch das im Reaktorboden verwirbelte Wasser angehoben, wobei ein Wirbelbett entsteht.
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Durch die Zugabe der Kalkmilch lagert sich das Calcium aus dem Rohwasser als Kalk auf den Körnern des Feststoffs ab, welche als Keimungsträger dienen. Der chemische Vorgang bei der Pelletbildung beschreibt sich wie folgt: Ca2+ + 2HCO– 3 + Ca(OH)2 → 2CaCO3 + 2H2O.
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Mit der Enthärtung wird das Wasser außerdem entcarbonisiert, da die im Wasser vorhandene Kohlensäure zusammen mit dem Calcium als Calciumcarbonat (Kalk) abgeschieden wird.
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Durch die Ablagerung von Kalk auf den Körnern des Feststoffes wachsen Kalkpellets von zunehmender Größe heran. Zu große Kalkpellets wirken sich hydraulisch negativ aus. Das Material sinkt in tiefere Bereiche. Im Extremfall sinken die Kalkpellets so weit ab, dass sie sich im unteren Bereich des Reaktors festsetzen können. Zusätzlich verändert sich die Kalkabscheideleistung des Reaktors. Es ist daher erforderlich, die größeren Kalkpellets zu entfernen. Dies wurde unter anderem von W. Strasser („moderne Wasseraufbereitung in der Ingenieurspraxis, 08.11.2004, http://www.eppler.de/fileadmin/user_upload/Veroeffentlichungen/Str_wasseraufbereitung.pdf) und U. Kornhass („Wasserenthärtung durch Kalkabscheidung”, 21.12.2006, http://www.eppler.de/fileadmin/user_upload/Leitunqen/Wasserversorqung/Verfahrensbeschreibung_SEK.pdf) der Firma Eppler, Dornstetten, in Vorträgen bzw. Aufsätzen zur Wasseraufbereitung beschrieben.
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Früher erfolgte eine Entnahme meist in regelmäßigen Zeitabständen, wobei diese oft auf der in langwierigen Einfahrphasen gewonnenen Erfahrung des Bedienpersonals beruhten.
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Einen generellen Überblick über die Wasseraufbereitung gibt Stefan Wilhelm („Wasseraufbereitung”, 7. Aufl. Berlin: Springer-Verlag, 2008, S145–149, ISBN 978-3-540-25163-7).
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Mit den in
DE 299 20 728 U1 niedergelegten technischen Lösungen wurde bereits 1999 versucht, die Pelletentnahme zu optimieren und zu automatisieren.
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DE2006 055 670 A1 beschreibt einen Enthärtungsreaktor, der auf Wägezellen angeordnet ist, mit denen sich über die Gewichtsveränderung auf die Pelletgröße schließen lässt. Bei einem bestimmten Grenzwert wird dabei die Pelletentnahme eingeleitet.
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Alle bekannten Systeme weisen allerdings erhebliche Nachteile im Betrieb auf. Zunächst hängt bei allen Reaktoren der Entnahmezeitpunkt von der Erfahrung des Bedienpersonals ab. Auch bei Reaktoren mit Wägeeinrichtungen muss erst der Grenzwert, bei dem die Entnahme eingeleitet wird durch Erfahrung bestimmt werden, bevor das System die Entnahme automatisch durchführen kann.
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Zusätzlich erfolgt die Entnahme der Kalkpellets durch das Ablassen einer großen Menge Wasser, welches dann in einem separaten Aufbereitungsschritt von der Pelletsmasse getrennt werden muss.
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US 2008/0093304 A1 offenbart eine Vorrichtung zur Enthärtung von Wasser mittels Sand und, unter anderem, Kalkmilch. Es wird beschrieben, wie der Sand durch das einströmende Rohwasser durchflossen wird und dabei ein Abscheiden des Kalks erfolgt. Die so entstandenen Kalkpellets werden systematisch durch spezielle Rohre aus dem Reaktor entfernt.
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Kurze Beschreibung der Erfindung
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Die Aufgabe der Erfindung ist es demgegenüber, ein Verfahren vorzuschlagen, durch welches sich der Start- und End-Zeitpunkt der Pelletentnahme über einen relevanten Messwert, der die tatsächlichen aktuellen Betriebszustände im Reaktor widerspiegelt, objektiver bestimmen lässt, ohne dass eine langwierige Einfahrphase notwendig ist, und durch welches der Entnahmeprozess schneller, einfacher und effektiver abläuft.
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Diese Aufgabe wird durch das vorgeschlagene Verfahren auf ebenso überraschend einfache wie wirkungsvolle Weise dadurch gelöst, dass der relevante Messwert durch eine erste Druckmessung in Höhe des Wirbelbetts im Reaktor, eine zweite Druckmessung in Höhe der Pelletsentnahmeöffnungen, sowie durch Ermittlung des Differenzdrucks ermittelt wird, und dass in Abhängigkeit des gemessenen Differenzdrucks ein Abzug der Kalkpellets eingeleitet und beendet wird, dass das Betriebswasser zum Ansetzen der Kalkmilch mit Salzsäure auf einen PH-Wert von 3 bis 4 gebracht wird, dass das nunmehr saure Wasser in einem Turm durch Belüftung decarbonisiert wird, und dass das so vorbehandelte Wasser einem Ansetzbehälter zur Kalkmilchherstellung zugeführt wird.
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Durch die Bestimmung des Differenzdrucks lässt sich der Zustand der Kalkpellets im Reaktor objektiv beurteilen. Das Absinken der größeren Kalkpellets hat negative Auswirkungen auf die hydraulischen Zustände im Reaktor, welche sich auch auf den Differenzdruck auswirken. Durch Berechnung kann herstellerseitig ein optimaler Differenzdruck bestimmt werden. Bei einer Abweichung von dem optimalen Differenzdruck, bei dem keine gute Kalkabscheidung mehr zu erwarten ist, kann der Entnahmeprozess gezielt automatisch eingeleitet werden. Sobald der optimale Differenzdruck wieder erreicht ist, wird die Entnahme beendet. Dadurch kann die Entnahme schneller und gezielter erfolgen. Da die Werte durch hydraulische Berechnungen vom Hersteller des Reaktors vorgegeben werden, entfällt eine Einfahrphase, in der das Personal den richtigen Zeitpunkt und die richtige Dauer der Entnahme ermittelt.
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Die Verwendung von derart vorbehandeltem Ansetzwasser bei der Kalkmilchherstellung hat sich in ersten Versuchen in der Verminderung der Trübung im Ablauf des Reaktors bemerkbar gemacht. Dadurch werden weniger Trübstoffe in die nachfolgenden Filter getragen, was zu erheblich höheren Filterlaufzeiten führt.
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Bevorzugte Ausführungsformen der Erfindung
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Ganz besonders vorteilhaft ist eine Variante des erfindungsgemäßen Verfahrens, bei welcher vor der Pelletsentnahme die Wasserzuführungsmenge vermindert wird, wobei turnusmäßig jeweils eine von mehreren Pelletsentnahmeöffnungen für einige Sekunden geöffnet wird, bis die Pelletentnahme durch die Steuerung beendet wird, wobei die Wasserzuführungsmenge nach erfolgter Entnahme wieder auf den ursprünglichen Wert erhöht wird, und wobei die Abführungsleitungen kurz mit Wasser nachgespült werden. Durch dieses Vorgehen wird die Automatisierung der Pelletsentnahme vereinfacht. Desweiteren kann so die mit den Kalkpellets entnommene Wassermenge reduziert werden.
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Bei einer bevorzugten Variante des erfindungsgemäßen Verfahrens wird als körniger Feststoff Sand verwendet wird. In der Praxis haben sich feinkörnige Spezialsande bewährt, die sich besonders fein verteilen und somit viele Keimungsträger bereitstellen.
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Eine weitere bevorzugte Variante des erfindungsgemäßen Verfahrens, bei welcher die Vorteile der Erfindung besonders zur Geltung kommen, zeichnet sich dadurch aus, dass das Verfahren vollautomatisch abläuft. Durch eine vollautomatische Abwicklung der Pelletsentnahme kann das System unabhängig vom Bedienpersonal immer in einem vom Hersteller vorberechneten optimalen Betriebszustand gehalten werden.
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Zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird vorzugsweise eine Vorrichtung vorgeschlagen, welche einen Reaktor zum Enthärten von Wasser umfasst, in welchem Kalkmilch und Rohwasser miteinander vermischt werden, in welchem sich ein körniger Feststoff befindet, welcher durch den Wasserdruck zu einem Wirbelbett aufgewirbelt wird, wobei sich an dem körnigen Feststoff Kalk ablagert, wodurch immer größer werdende Kalk-Pellets entstehen, welche bei Überschreiten einer bestimmten Größe entfernt werden, wobei kontinuierlich ein für die Größe der Kalk-Pellets relevanter Messwert aufgenommen und bei Überschreiten einer vorgegebenen Grenze dieses Messwerts ein Abzug der Kalk-Pellets über eine Abzugsvorrichtung eingeleitet wird, wobei im Anschluss daran eine über einen Umrechnungsfaktor berechnete Menge des körnigen Feststoffs über den dafür vorgesehenen Rohranschluss dem Reaktor zugeführt wird, wobei der relevante Messwert durch eine erste Druckmessung (6') in Höhe des Wirbelbetts im Reaktor, eine zweite Druckmessung (6'') in Höhe der Pelletsentnahmeöffnungen, sowie durch Ermittlung des Differenzdrucks ermittelt wird, und wobei in Abhängigkeit des gemessenen Differenzdrucks ein Abzug der Pellets eingeleitet und beendet wird, umfassend einen Reaktor (1) zum Enthärten von Wasser, einer Wasserzuleitung (2), einer Kalkmilchzuleitung (3), einem an dem Reaktor (1) oder an der Wasserzuleitung (2) vorgesehenen Rohranschluss (8) zum Zuführen eines körnigen Feststoffes, sowie einer Abzugseinrichtung zum Abziehen von Pellets, welche Vorrichtung dadurch gekennzeichnet ist, dass die Abzugseinrichtung zum Abziehen von Pellets als Ringleitung (12) ausgeführt ist und dass der Reaktor auf der Höhe der Pelletentnahme ringförmig mehrere Entnahmeanschlüsse (7) aufweist, und dass im Reaktorgehäuse ein Glockendüsenboden (9) vorgesehen ist, der zwischen den Glocken (10) Öffnungen zur Pelletsentnahme aufweist. Dadurch wird nach einem Reaktorstillstand das sonst übliche Auflockern des körnigen Feststoffs überflüssig. Außerdem entsteht um die Entnahmeöffnungen eine Wasserzone ohne Wirbel, was die Pelletsentnahme optimiert.
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Bei einer bevorzugten Ausführungsform dieser Vorrichtung ist mindestens ein Entnahmeanschluss pro Quadratmeter Grundfläche des Reaktors vorgesehen. Durch die räumlich dichte Anordnung der Entnahmeanschlüsse wird die mit den Kalkpellets entnommene Wassermenge weiter reduziert.
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Bei einer besonders bevorzugten Ausführungsform der Vorrichtung ist ein erstes Manometer in Höhe des Wirbelbetts im Reaktor angeordnet und ein zweites Manometer in Höhe der Pelletsentnahmeöffnungen. Die Manometer dienen zur Bestimmung des Differenzdrucks im Reaktor, welcher für das oben beschriebene Verfahren von entscheidender Bedeutung ist.
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Ebenfalls zu bevorzugen ist eine Ausführungsform der Vorrichtung, bei welcher die Wasserzuleitung oberhalb des Bodens in den Reaktor führt und eine Krümmung nach unten aufweist, der Boden des Reaktors konisch ausgeführt ist, und die Wasserzuleitung und der Boden des Reaktors derart ausgeführt sind, dass das einfließende Wasser eine Richtungsumkehr in den Reaktor hinein nach oben erfährt.
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Weitere Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der Beschreibung und der Zeichnung. Ebenso können die vorstehend genannten und die weiter aufgeführten Merkmale je für sich oder zu mehreren in beliebigen Kombinationen Verwendung finden. Die gezeigten und beschriebenen Ausführungsformen sind nicht als abschließende Aufzählung zu verstehen, sondern haben vielmehr beispielhaften Charakter für die Schilderung der Erfindung.
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Zeichnungen und detaillierte Beschreibung der Erfindung
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Es zeigen:
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1 eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens ohne Glockenboden;
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2 eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens mit Glockenboden.
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In 1 ist eine Vorrichtung zur Durchführung eines erfindungsgemäßen Verfahrens gezeigt. Das Rohwasser fließt durch eine Rohrleitung 2 unter Zugabe 3 von Kalkmilch in einen Reaktor 1 ein. Durch eine nach unten gebogene Rohrleitung 4 und einen als Konus 5 ausgeführten Boden des Reaktors 1 erfährt das Wasser eine Richtungsumkehr und steigt unter Verwirbelung in den Reaktor 1. Dabei wird auch der als körniger Feststoff eingesetzte Sand aufgewirbelt. Mit Hilfe eines oberen Manometers 6' und eines unteren Manometers 6'' wird der Differenzdruck im Reaktor 1 bestimmt. Bei Erreichen eines bestimmten Grenzwertes wird die Pelletsentnahme gestartet. Dazu werden die um den Reaktor angeordneten Entnahmeanschlüsse 7 turnusmäßig für wenige Sekunden geöffnet. Die entnommenen Kalkpellets werden in einem Silo oder Lagerbehälter zur Abfuhr bereitgestellt (nicht gezeigt). Nach der Entnahme wird der in Form von Kalkpellets entnommene Sand über die Sandzugabe 8 ersetzt.
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2 zeigt eine alternative Vorrichtung zur Durchführung eines erfindungsgemäßen Verfahrens, die sich von der in 1 gezeigten Vorrichtung dadurch unterscheidet, dass oberhalb der nach unten gebogenen Rohrleitung 4 ein Glockendüsenboden 9 angeordnet ist. Im Unterschied zu der in 1 gezeigten Vorrichtung findet hier die Zugabe 3 von Kalkmilch erst auf Höhe des Glockenbodens 9 statt. Durch den Glockendüsenboden 9 findet eine besonders homogene Vermischung der Kalkmilch statt. Bei der Pelletsentnahme entstehen zwischen den Glocken 10 des Glockenbodens 9 Wasserzonen ohne Wirbel, wodurch sich die Kalkpellets besonders effektiv entnehmen lassen. Die Entnahmeanschlüsse 7 sind hierbei unterhalb des Glockendüsenbodens 9 zwischen den Glocken 10 angeordnet. Über eine Ringleitung 12 werden die Kalkpellets zu einer Lagervorrichtung geführt.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Reaktor
- 2
- Wasserzuleitung
- 3
- Kalkmilchzugabe
- 4
- Nach unten gebogene Rohrleitung
- 5
- Konus
- 6'
- Oberes Manometer
- 6''
- Unteres Manometer
- 7
- Entnahmeanschluss
- 8
- Sandzugabe
- 9
- Glockendüsenboden
- 10
- Glocken des Glockenbodens
- 11
- Grundablass
- 12
- Ringleitung