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Stand der Technik
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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Herstellungsverfahren für eine poröse Mikronadelanordnung und eine entsprechende poröse Mikronadelanordnung und einen entsprechenden Substratverbund.
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Obwohl auf beliebige mikromechanische Bauelemente anwendbar, werden die vorliegende Erfindung und der ihr zugrundeliegende Hintergrund im Hinblick auf mikromechanische Bauelemente in Siliziumtechnologie erläutert.
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Poröse Mikronadelanordnungen, welche beispielsweise aus porösem Silizium bestehen, werden im Bereich der ”Transdermal Drug delivery” als Erweiterung von Medikamentenpflastern, als Träger eines Impfstoffes oder auch zur Entnahme von Körperflüssigkeit (sog. Zwischengewebsflüssigkeit-”Transdermal fluid”) für die Diagnose und Analyse von Körperparametern (z. B. Glukose, Laktat, Alkohol, ...) genutzt.
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Medikamentenpflaster (Transdermal patches) für kleine Moleküle (beispielsweise Nikotin) sind weitläufig bekannt. Der Einsatzbereich beschränkt sich i. d. R. auf kleine Moleküle, die die Haut gut passieren können. Um den Anwendungsbereich derartiger transdermaler Applikationen auf andere Wirkstoffe zu erweitern, werden sogenannte chemische Enhancer oder verschiedene physikalische Methoden (Ultraschall, Hitzepulse) verwendet, die den Schutzmantel der Haut z. B. auch für grössere Wirkstoffmoleküle zu überwinden helfen.
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Ein weiteres Verfahren hierzu ist das mechanische Durchdringen der äußeren Hautschichten (stratum corneum) durch feine poröse Mikronadeln kombiniert mit der Gabe eines Wirkstoffs, vorzugsweise über ein Wirkstoffpflaster, in das die Mikronadeln bereits integriert sein können, oder über eine Dosiereinrichtung, die eine gezielte Abgabe (Bolus, Pause, Anstieg, ...) von Wirkstoffen ermöglicht.
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Die
DE 10 2006 028 781 A1 offenbart ein Verfahren zur Herstellung von porösen, auf einem Siliziumsubstrat in einem Array angeordneten Mikronadeln zur transdermalen Verabreichung von Medikamenten. Das Verfahren umfasst das Bilden einer Mikronadelanordnung mit einer Mehrzahl von Mikronadeln auf der Vorderseite eines Halbleitersubstrats, welche sich von einem Trägerbereich des Halbleitersubstrats erheben, sowie ein teilweises Porosifizieren des Halbleitersubstrats zum Bilden poröser Mikronadeln, wobei die Porosifizierung von der Vorderseite des Halbleitersubstrats ausgeht und ein poröses Reservoir im Inneren der Strukturen gebildet wird.
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Ein weiteres Verfahren zur Herstellung einer porösen Mikronadelanordnung ist aus der
CN 100998901 A bekannt.
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Die bisher bekannten Lösungen sehen die Herstellung von porösen Mikronadelanordnungen auf der Wafervorderseite mittels an sich bekannter Plasmaätztechniken vor. Nach der Erzeugung der Mikronadelanordnungen wird der Wafer in wässriger Flusssäure durch Anlegen elektrischer Potentiale elektrochemisch anodisiert, wodurch sich das Material Silizium ausgehend von der Wafervorderseite mit der Mikronadelanordnung in poröses Silizium verwandelt. Diese Porosifizierung kann allerdings nicht durch den ganzen Wafer hindurch flächig erfolgen, weil die erste Pore, die die Waferrückseite erreicht, einen elektrischen Kurzschluss oder Nebenschluss um den Wafer herum ausbildet, so dass die weitere Anodisierung verlangsamt wird bzw. nach einer gewissen Zeit zum Stillstand kommt. Außerdem ist es sehr zeitraubend und unwirtschaftlich bis unmöglich, eine volle Waferdicke oder auch nur mehrere 100 μm einer Waferdicke durchzuanodisieren.
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Daher bedient man sich nach dem Stand der Technik vielfach sogenannter Rückdünnverfahren, bei denen der Wafer vor dem Anodisieren auf eine geringere Waferdicke abgedünnt wird, beispielsweise durch mechanisches Schleifen oder chemisches Nassätzen oder chemisches Nassätzen oder Plasmaätzen in der Gasphase. Dadurch vermindert sich die benötigte Zeit für das Durchporosifizieren des Wafers dank seiner reduzierten Dicke, allerdings um den Preis eines erhöhten Bruchrisikos während dieses Prozesses bzw. während weiterer Folgeprozesse.
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Außerdem bleibt es auch bei einem gedünnten Wafer aufgrund der vorstehend erwähnten elektrischen Nebenschlussproblematik durch die ersten Poren, die komplett durch den Wafer reichen, unmöglich, diesen komplett flächig über seine volle Restwaferdicke hindurch zu anodisieren.
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Aus diesem Grund werden beispielsweise entweder Metallschichten und/oder Metallfolien auf die Waferrückseite aufgebracht, die nach kompletter Anodisierung wieder entfernt werden können. Außerdem ist es möglich, den Wafer nur teilweise zu anodisieren, und zwar entweder bis die ersten Poren die Rückseite erreichen, die meisten Poren aber dort noch nicht angelangt sind, oder aber von vorneherein nur bis zu einer bestimmten vorgewählten Tiefe im Siliziumbulkmaterial zu anodisieren. In beiden Fällen wird anschließend mechanisch oder chemisch von der Waferrückseite her soweit rückgedünnt, bis eine vollständig poröse durch den Restwafer hindurch reichende Struktur erreicht wird. Als weiterer positiver Effekt wird mit dem Rückdünnen erreicht, dass das Restsilizium deutlich dünner ist als das des Ausgangswafers, was den Durchtritt von Wirkstoffen in die Hand oder transdermaler Flüssigkeit aus der Haut heraus in der einen wie in der anderen Richtung erleichtert.
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Bei diesen Schleif- oder Rückätzverfahren gibt es jedoch hohen Aufwand, eine mechanische Belastung des Wafers, ein Bruchrisiko sowie eine Notwendigkeit, die vorderseitig vorliegende Mikronadelanordnung vor mechanischen Beschädigungen schützen zu müssen. Da Silizium ein sprödes und zerbrechliches Material ist, sind mechanische Beschädigungen bei einem Handling der Wafervorderseite, wie z. B. beim Schleifen der Waferrückseite erforderlich, ein Risiko. Temporäre Schutzmaßnahmen während des Prozesses bedeuten jedoch einen mitunter erheblichen verfahrenstechnischen Zusatzaufwand.
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Vorteile der Erfindung
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Das in Anspruch 1 definierte erfindungsgemäße Herstellungsverfahren für eine poröse Mikronadelanordnung sowie die entsprechende poröse Mikronadelanordnung nach Anspruch 11 und der entsprechende Substratverbund nach Anspruch 12 weisen den Vorteil auf, dass ein einfaches Abtrennen einer nicht porösen Restschicht des Halbleitersubstrats von dem Trägerbereich und den darauf vorgesehenen Mikronadeln möglich ist.
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Die der vorliegenden Erfindung zugrundeliegende Idee besteht im Bilden einer Trennschicht zwischen einer an der Rückseite des Halbleitersubstrats befindlichen nicht porösen Restschicht des Halbleitersubstrats und dem Trägerbereich, welche eine höhere Porosität aufweist als der Trägerbereich.
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Die in den Unteransprüchen aufgeführten Merkmale beziehen sich auf vorteilhafte Weiterbildungen und Verbesserungen des betreffenden Gegenstandes der Erfindung.
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Gemäß einer bevorzugten Weiterbildung wird auf der Vorderseite des Halbleitersubstrats über den Mikronadelanordungen ein Kunststoff-Kappensubstrat vor dem Abtrennen und Vereinzeln angebracht. Das Kunststoff-Kappensubstrat weist vorzugsweise Stege und/oder Vertiefungen auf, die mit den Umrandungen zusammenwirken, um das Kunststoff Kappensubstrat zu positionieren. Beim Vereinzeln können aus dem Kappensubstrat ausgesägte Schutzkappen auf den Chips verbleiben.
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Dies gestattet ein sicheres Handling, Sicherheit bei weiteren Aufbaumaßnahmen wie die Integration in ein Wirkstoffpflaster oder in eine Messvorrichtung oder auch den anschließenden Transport, die Verpackung und die Logistik im Handel. Besonders zu bevorzugen ist, wenn die Schutzkappen erst möglichst spät, im Idealfall unmittelbar erst vor einem Einsatz der Mikronadelanordnungen beim Kunden entfernt werden, um bis dahin einen optimalen Schutz vor Beschädigungen, Schmutz und Infektionskeimen zu garantieren.
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Zeichnungen
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Ausführungsbeispiele der Erfindung sind in der Zeichnung dargestellt und in der nachfolgenden Beschreibung näher erläutert.
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Es zeigen:
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1a–d schematische Querschnittsdarstellungen zur Erläuterung einer Ausführungsform des erfindungsgemäßen Herstellungsverfahrens für eine poröse Mikronadelanordnung.
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Beschreibung von Ausführungsbeispielen
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In den Figuren bezeichnen gleiche Bezugszeichen dieselben bzw. funktionsgleiche Elemente.
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1a–d zeigen schematische Querschnittsdarstellungen zur Erläuterung einer Ausführungsform des erfindungsgemäßen Herstellungsverfahrens für eine poröse Mikronadelanordnung.
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In 1 bezeichnet Bezugszeichen 1 ein Halbleitersubstrat aus Silizium in Form eines Siliziumwafers.
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Zur Erreichung des in
1a gezeigten Prozesszustandes werden mittels Plasmaätztechnik in an sich bekannter Weise poröse Mikronadelanordnungen
4 mit jeweils einer Mehrzahl von Mikronadeln
4a,
4b,
4c,
4d in die Vorderseite VS des Halbleitersubstrats
1 eingeätzt. Nach dem beispielsweise aus der
EP 0 725 285 B1 bekannten Ätzprozess verbleiben dabei Umrandungen
10 der einzelnen Mikronadelanordnungen
4, welche höher sind als die Mikronadeln
4a,
4b,
4c,
4d der Mikronadelanordnungen
4 selbst sind.
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Bei dem bekannten Verfahren werden periodische Säulenanordnungen mit einem nicht streng anisotrop ätzenden Prozess in die Vorderseite VS des Halbleitersubstrats 1 eingeätzt, so dass Hinterschneidungen der durch die Maske definierten Strukturen stattfinden. Das räumliche Zusammenlaufen der sogenannten ”Bow-Profile” bei der Ätzung führt zu den Hinterschneidungen und zur Ausbildung von Spitzen an den Orten des Zusammenlaufens. In Folge dieser Hinterschneidungen wird unter Ausbildung der Spitzen ein oberer Teil und ein unterer Teil der Säulen voneinander getrennt. Der obere Teil der ehemaligen Säulen hängt noch außen an der Chipumrandung fest und kann von dieser Chipumrandung weggebrochen werden (beispielsweise durch Einsatz von Adhäsionsfolien, die zunächst aufgebracht und danach wieder abgezogen werden). Die oberen Teile der ehemaligen Säulen bleiben dabei an der Folie kleben, wonach nur noch die Mikronadeln 4a, 4b, 4c, 4d der Mikronadelanordnungen 4 jeweils vertieft in ihrer jeweiligen Umrandung verbleiben.
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Dem schließt sich ein elektrochemischer Anodisierungsvorgang in einem flusssäurehaltigen Elektrolyten an. In an sich bekannter Weise und in einer an sich bekannten Vorrichtung wird dabei das Siliziummaterial der Vorderseite VS des Halbleitersubstrats 1 in poröses Silizium umgewandelt, indem ein elektrischer Strom durch das Halbleitersubstrat 1 geführt wird. Dieser Anodisierungsvorgang wird so lange fortgesetzt, bis eine gewünschte Dicke der porösen Siliziumschicht auf der Vorderseite VS des Halbleitersubstrats 1 erzeugt worden ist, d. h. dass die Porosifizierung der Mikronadeln 4a, 4b, 4c, 4d komplett ist und darüber hinaus eine gewünschte Tiefe eines unter den Mikronadeln 4a, 4b, 4c, 4d liegenden porösen Trägerbereichs 6 erreicht wurde. Die Porosität der Mikronadeln 4a, 4b, 4c, 4d und des Trägerbereichs 6 wird über Stromdichte und Flusssäurekonzentration so niedrig gewählt, dass eine ausreichende Stabilität der Mikronadelanordnungen 4 und des Trägerbereichs 6 gegeben ist.
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Anschließend wird die Stromdichte temporär so stark erhöht bzw. die Flusssäurekonzentration so stark erniedrigt oder eine Kombination aus beiden Maßnahmen gewählt, dass eine weitere labile Trennschicht 3 zwischen einer an der Rückseite RS des Halbleitersubstrats 1 befindlichen nicht porösen Restschicht 1a des Halbleitersubstrats und dem Trägerbereich 6 gebildet wird, welche eine höhere Porosität aufweist als der Trägerbereich 6. Diese labile Trennschicht 3 aus hochporösen Material lässt sich später leicht zum Abtrennen der Restschicht 1a vom Trägerbereich 6 aufbrechen.
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Es ist auch möglich, die Stromdichte bis in den Bereich der sogenannten Elektropolitur zu treiben, sodass unterhalb des Trägerbereichs 6 mit vergleichsweise niedriger Porosität das Silizium komplett aufgelöst und eine regelrechte Hohlraumstruktur als Trennschicht 3 ausgebildet wird.
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Darauf folgt nun eine Reinigung und Hydrophilisierung der porösen Funktionsstrukturen 4, 6. Die Reinigung ist wichtig, um Flusssäurerückstände restlos zu entfernen. Sie kann beispielsweise mittels Wasser-/Alkoholgemischen durchgeführt werden. Die anschliessende Hydrophilisierung bewirkt, dass die poröse Funktionsstruktur 4, 6 im Einsatz begierig Flüssigkeiten, z. B. Wirkstofflösungen oder transdermale Flüssigkeiten, aufnimmt und sich regelrecht damit vollsaugt und diese auch rasch passieren lässt. Hierzu können oxidierende Nasschemien in Form von wässrigen Lösungen verwendet werden, z. B. Perroxide, Hypochlorit, Chlorit, Clorate oder Perchlorate, konzentrierte Schwefelsäure usw. oder Kombinationen derselben enthalten. Des Weiteren können Sauerstoffplasmen oder ozonhaltige Gase entweder trocken oder gelöst in wässrigen Flüssigkeiten oder in Verbindung mit Wasserdampf für die Hydrophilisierung der inneren Siliziumoberflächen eingesetzt werden. Ebenso ist es möglich, durch eine thermische Oxidation oder Präoxidation in oxidierender Atmosphäre von z. B. Sauerstoff, Wasserdampf oder anderen oxidierenden Gasen bei erhöhter Temperatur eine Hydrophilisierung der inneren Struktur des porösen Silizium zu erzielen. Auch solche thermischen Prozesse sind bei dem vorliegenden Waferzustand gemäß 1a noch unschwer möglich.
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Weiter mit Bezug auf 1b wird unmittelbar vor dem Aufbrechen der Trennschicht 3 ein vorstrukturiertes Kunststoffsubstrat 20 in Waferform gegen das die Mikronadelanordnungen 4 tragende und teilweise poröse Halbleitersubstrat 1 gebondet bzw. geklebt. Dieser Kunststoffwafer 20 kann beispielsweise durch Spritzgussverfahren und/oder Hot-embossing-Verfahren aus einschlägig bekannten Kunststoffen hergestellt werden. Seine Kontur muss der Topographie der Mikronadelanordnungen 4 angepasst sein. Insbesondere können die Umrandungen 10 für eine Selbstjustage benutzt werden, indem entsprechende Gegenstrukturen in Form von Stützen 20a und/oder Vertiefungen 20b im Kunststoffwafer 20 gebildet werden, in welche die Umrandungen 10 vor dem Verkleben des Kunstoffwafers 20 mit dem Halbleitersubstrat 1 einfach einrasten. Dies erspart eine aufwendigere Justage des Halbleitersubstrats 1 und des Kunststoffwafers 20 und stellt sicher, dass beide Teile trotzdem präzise zueinander gefügt werden können. In 1b ist der Prozesszustand nach dem Verkleben dargestellt.
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Weiter mit Bezug auf 1c wird die Trennschicht 3 aufgebrochen, um die Restschicht 1a vom Trägerbereich 6 zu trennen. Dies kann mechanisch durch Zerreisen oder Eintreiben einer Klinge oder eines Separators oder mittels eines Fadens oder dünnen Drahtes erfolgen, der durch die Trennschicht 3 gezogen wird. Man erhält danach eine stabile Anordnung aus Trägerbereich 6, Umrandungen 10, Mikronadelanordnungen 4 sowie Kunststoffkappenwafer 20. Die Reste der Trennschicht 3 können anschließend mechanisch oder chemisch entfernt werden. Für gewisse Applikationen können sie aber auch erhalten bleiben, wie z. B. in Verbindung mit einem Wirkstoffpflaster, wo Reste der Trennschicht nicht weiter stören bzw. als Reservoire erwünscht sein können.
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Schließlich mit Bezug auf 1d wird der Waferverbund entlang der Umrandungen 10 in Sägebahnen SL gesägt, um dadurch die Mikronadelanordnungen 4 in entsprechende Chips C zu vereinzeln. Durch das Sägen verschwinden die Umrandungen 10 vollständig. Man erhält so einzelne Chips C mit einer jeweiligen Mikronadelanordnung 4 unter einer eigenen jeweiligen Schutzkappe 200, wobei die Mikronadeln 4a, 4b, 4c, 4d der Mikronadelanordnungen 4 dank der Beseitigung der Chipumrandung 10 die höchsten Erhebungen auf der Siliziumvorderseite darstellen, was für ein Einstechen in die Haut bei der späteren Applikation Voraussetzung ist.
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Die Vorteile des Herstellungsverfahrens nach der vorliegenden Ausführungsform sind zum einen, dass dadurch in einem sehr einfachen Prozess durchporosifizierte Mikronadelanordnungen 4 auf gedünnten Trägerbereichen 6 erhalten werden können. Man benötigt keine Schleifprozesse zum Abdünnen vorprozessierter Wafer mit allen damit verbundenen Problemen und Risiken, wie z. B. der mechanischen Beschädigung der Mikronadeln 4a, 4b, 4c, 4d. Stattdessen wird nur genau die Waferdicke porosifiziert, die später tatsächlich benötigt wird, was eine unwirtschaftliche Through-Wafer-Prozessierung vermeidet. Die insgesamt relativ dünne poröse Siliziumstruktur ist auch deshalb besonders günstig, weil eine dünne Struktur einen schnellen Stoffaustausch zwischen Vorder- und Rückseite gestattet, also bei einem Wirkstoffpflaster einen Fluss von Wirkstoffen aus einem Wirkstoffreservoir über den porösen Trägerbereich 6 und die porösen Mikronadeln 4a, 4b, 4c, 4d unter die Haut, oder bei einer Diagnose-Anwendung der Fluss der transdermalen Flüssigkeit über die porösen Mikronadeln 4a, 4b, 4c, 4d durch den porösen Trägerbereich 6 zu einem wie auch immer gearteten Messsystem. Außerdem ist ein dünnerer Trägerbereich 6 flexibler und bei Durchbiegung weniger bruchgefährdet als ein dicker, starrer Trägerbereich.
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Die Anbindung an einen Kunststoffwafer 20 im Prozess sichert Stabilität und gestattet sogar besonders dünne Trägerbereiche, d. h. von beispielsweise unter 100 μm Dicke. Vor dem Abtrennen der porösen Oberfläche mit den Mikronadeln 4a, 4b, 4c, 4d ist der Aufbau relativ stabil, weil auf dem Substratwafer über die hochporöse Trennschicht 3 verankert. Nach dem Abtrennen der nicht porösen Restschicht des Halbleitersubstrats 1 vermöge der hochporösen Trennschicht 3 wird die Stabilität durch den Kunststoffwafer 20 weiter gewährleistet. Nach dem Sägen hat man kleine und relativ flexible Chips C, die durch die Kunststoffkappe 200 stabilisiert bleiben. Oft finden sich in den späteren Applikationen zusätzliche Träger, wie z. B. ein Wirkstoffpflaster oder ein Wirkstoffreservoir oder ein massiver Träger eines wie auch immer gearteten Messsystems, auf dem die Mikronadelarrays der Anordnungen 4 befestigt werden.
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In einer (nicht in der Zeichnung dargestellten) Verfahrensvariante wird der Sägeschritt entlang der Sägebahnen SL vorgezogen, vor das Aufbrechen der Trennschicht 3. Hierzu sollte der Sägeprozess vorteilhafterweise nicht die gesamte Substratwaferdicke durchschneiden, sondern die Schnitte sollten im Wesentlichen die hochporöse Trennschicht 3 sicher erreichen oder sie im Wesentlichen sicher durchtrennen. Wie tief der Schnitt tatsächlich ausgeführt wird, hängt von der gewünschten Reststabilität des Halbleitersubstrats 1 ab. Je tiefer die Schnitte gewählt werden, umso fragiler wird das Halbleitersubstrat und umso größer ist der Halte- und Stabilisierungsaufwand zur Bruchvermeidung beim Weiterprozessieren.
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Anschließend nach dem Vorsägen auf eine vorbestimmte Tiefe, welche kleiner als die Dicke des Halbleitersubstrats 1 gewählt ist, können einzelne Chips 10 mit einer Mikronadelanordnung 4 von der nicht porösen Restschicht des Halbleitersubstrats 1 abgepickt werden. Beispielsweise kann ein Pick-and-Placer die zersägten Einzelkappen und/oder die darunter liegenden Chips C greifen und mechanisch aus dem Halbleitersubstrat 1 herausreißen, wobei das Ablösen dank der hochporösen und labilen Trennschicht 3 sehr leicht möglich ist. Die vom Halbleitersubstrat 1 abgelösten Einzelchips C können dann vom Pick-and-Placer zur Weiterverarbeitung umgehortet oder auf einen anderen Träger aufgebracht bzw. aufgeklebt werden.
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Des Weiteren beinhaltet der Herstellungsprozess mittels Kunststoffkappenwafer 20 eine Stabilisierung und einen Schutz der empfindlichen Mikronadelanordnungen 4 auf der Wafervorderseite VS während der kritischen Herstellungsphase des Trennens vom Halbleitersubstrats 1 und vor allem während des Zersägens. In den Prozessphasen, in denen die Mikronadelanordnungen 4 noch vertieft gegen die Chipumrandungen liegen, ist sowieso ein gewisser Schutz der Mikronadelanordnungen 4 gewährleistet, da sie räumlich zurückversetzt liegen. Mikronadeln aus sprödem Silizium sind generell empfindlich gegen mechanische Einwirkungen, da diese die Spitzen beschädigen oder sogar ganze Nadeln abbrechen können. Daher ist es vorteilhaft, wenn die Mikronadeln möglichst frühzeitig und möglichst lange im weiteren Workflow durch eine Schutzstruktur wie die beschriebenen Kunststoffkappen 200 vor mechanischen Einwirkungen geschützt werden. Das Sägen ist dabei ein sehr kritischer Prozess, der die Strukturen mechanisch stark belastet. Hierbei ist es besonders günstig, dass Sägewasser, Sägeschlamm und Partikel dank der Kunststoffkappen 200 von den empfindlichen Mikronadelanordnungen 4 ferngehalten werden können. Ein weiterer Vorteil ist, dass beim Sägen die störenden weil erhöhten Chipumrandungen entfernt werden, die ein späteres Einstechen der Mikronadelanordnungen in die Haut behindern würden.
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Auch nach dem Sägen ist es günstig, wenn die Schutzkappen 200 auf den Mikronadelanordnungen 4 verbleiben. Dies gestattet ein sicheres Handling, Sicherheit bei weiteren Aufbaumaßnahmen wie die Integration in ein Wirkstoffpflaster oder in eine Messvorrichtung oder auch den anschließenden Transport, die Verpackung und die Logistik im Handel. Besonders zu bevorzugen ist, wenn die Schutzkappen erst möglichst spät, im Idealfall unmittelbar erst vor einem Einsatz der Mikronadelanordnungen 4 beim Kunden entfernt werden, um bis dahin einen optimalen Schutz vor Beschädigungen, Schmutz und Infektionskeimen zu garantieren. Insbesondere die Sterilität der Mikronadelanordnungen 4 kann damit gewährleistet werden, da eine Berührung der Nadeln selbst dank der Kappen ausgeschlossen wird. Bei einer Pflasterapplikation kann die Schutzkappe 200 beispielsweise beim Öffnen der Pflasterverpackung mit abgerissen werden, etwa durch Abziehen einer Versiegelungsfolie von der Innenseite des Pflasters. Bei einer Applikation in einem Messsystem wie z. B. als Kombinationslösung mit einem Glukoseteststreifen kann die Schutzkappe ebenfalls kundenseitig abgerissen oder abgehebelt werden, z. B. unmittelbar bevor die Mikronadeln in die Haut eingestochen werden. Bis zu diesem Zeitpunkt sind die Strukturen unter ihren Kappen 200 sicher verwahrt und vor Fremdeinflüssen und Verschmutzungen oder Keimen und so weiter geschützt und die Sterilität bleibt gewährleistet.
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Ein weiterer Vorteil ist die Tatsache, dass die Rückseite der Chips C mit den porösen Mikronadelanordnungen 4 nicht plan, sondern sich darin die Topographie der Vorderseite VS des Halbleitersubstrats 1 mit den Mikronadeln widerspiegelt. Vertiefungen auf der Vorderseite resultieren in entsprechenden Erhöhungen auf der Rückseite RS. Erhöhungen auf der Wafervorderseite entsprechen Vertiefungen oder Gräben auf der Rückseite RS. Diese Topographie der Rückseite RS gestattet es, dass verdrängte Luft aus der porösen Struktur in den oder über den Vertiefungen entweichen kann, wenn sich beispielsweise die poröse Struktur ausgehend von den Mikronadelanordnungen der Vorderseite VS mit transdermaler Flüssigkeit von unterhalb der Hautoberfläche vollsaugt, wie dies bei einer Messapplikation der Fall sein kann.
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Bevorzugte Applikationen der erfindungsgemäßen porösen Mikronadelanordnungen sind Drug Delivery, also Abgabe von Wirksubstanzen über den porösen Trägerbereich und die porösen Mikronadeln in bzw. unter die Haut, beispielsweise in Ausgestaltung als Wirkstoffpflaster mit Wirkstoffreservoir an das die Mikronadelanordnung 4 angekoppelt wird.
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Eine weitere Anwendung ist Blutglukosewertbestimmung über die transdermale Flüssigkeit, die von den Mikronadeln 4a, 4b, 4c, 4d von unterhalb der Hautoberfläche aufgesaugt und einen Messsystem zugeführt wird, beispielsweise in Form eines klassischen Glukoseteststreifens, der vermöge eines Enzyms wie der Glukooxidase die in der transdermalen Flüssigkeit enthaltene Glukose selektiv zum Zweck der Messung verstromt, der Strom bzw. die elektrische Ladungsmenge wird somit als Maß für die Glukosekonzentration ausgewertet.
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Ein weiteres Anwendungsbeispiel sind Alkoholtester über die transdermale Flüssigkeit, die von den Mikronadeln 4a, 4b, 4c, 4d von unterhalb der Hautoberfläche aufgesaugt und einem Messsystem zugeführt wird, beispielsweise gebildet als klassischer Teststreifen, der vermöge eines Enzyms wie z. B. der Alkoholdehydrogenase den in der transdermalen Flüssigkeit enthaltenen Alkohol selektiv zu Messzwecken verstromt, der Strom bzw. die elektrische Ladung wird dann als Maß für die Alkoholkonzentration ausgewertet.
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Obwohl die vorliegende Erfindung vorstehend anhand bevorzugter Ausführungsbeispiele beschrieben wurde, ist sie darauf nicht beschränkt, sondern auf vielfältige Weise modifizierbar.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102006028781 A1 [0006]
- CN 100998901 A [0007]
- EP 0725285 B1 [0024]