-
Die Erfindung bezieht sich auf das Gebiet der technischen Keramik und betrifft ein Verfahren zur Herstellung von redispergierbaren hochreinen Nanospinellpulvern, redispergierbare hochreine Nanospinellpulver und daraus erzeugte dichtgesinterte transparente Spinellprodukte, die beispielsweise als transparenter Schutz oder in Form spezieller Linsen in der optischen Technik zur Anwendung kommen können.
-
Transparente keramische Sinterprodukte aus kubischem Mg-Al-Spinell unterschiedlicher Stöchiometrie (MgO·nAl
2O
3) finden vor allem dort Verwendung, wo Gläser wegen besonderen Anforderungen an einen hohen Brechungsindex oder an die thermische, chemischen und mechanische Beständigkeit an ihre Grenzen gelangen. Klare Durchsichtigkeit (”Transparenz”) ist dabei gleichbedeutend mit einer hohen In-Line-Transmission, welche in kubischen polykristallinen Sinterkeramiken vor allem von eventueller Absorption oder von Streuverlusten an Poren oder Zweitphasenpartikeln begrenzt wird. Im Interesse der Minimierung der Restporosität auf Werte von deutlich weniger als 0,1% (d. h. relative Dichte » 99,9%) wird deshalb meist bei sehr hohen Temperaturen gesintert, was zu erheblichem Kornwachstum führt und die mechanischen Kennwerte, wie z. B. die Härte, ungünstig beeinflusst (z. B. mit Korngröße > 150 μm nach kombinierter Anwendung von Heißpressen [1400–1500°C] mit HIP bei 1900°C [A. F. Dericioglu u. a., J. Europ. Ceram. Soc. (2003), 951–959]); erst seit kurzem sind alternativ auch Spinellkeramiken bekannt, die eine hohe In-Line-Transmission mit feinkörnigen Gefügen < 2 und sogar < 1 μm verbinden (A. Krell u. a.
DE – 10 2004 004 259 B3 ). Anderseits sind Gefügekorngrößen und Härte für Speziallinsen in der optischen Industrie von geringerer unmittelbarer Bedeutung, jedoch sind diese Anwendungen hinsichtlich höchster Transmission und optischer Homogenität besonders anspruchsvoll. Auch diese Ansprüche sind schwer zu erfüllen, wenn unkontrolliertes Kornwachstum beim Sintern z. B. zum Einschluss intragranularer Poren in wachsende Kristallite führt. Auch für solche Produkte ist deshalb eine definierte (letztlich von Pulverrohstoff bestimmte) Gefügeentwicklung unerlässlich, insbesondere wenn hier ggf. auch höhere Temperaturen zur Eliminierung letzter ppm (parts per million = 0,0001%) Porosität zur Anwendung kommen müssen. Die Entwicklung immer feiner strukturierter Sintergefüge ist seitdem ein vorrangiges Ziel der keramischen Werkstoffentwicklung, z. B. im Interesse einer erhöhten ballistischen Schutzwirkung (A. Krell u. a. J. Europ. Ceram. Soc. 29 (2009) 2, 275–281). Weitere Fortschritte werden dabei entscheidend von der angestrebten Weiterentwicklung immer feinkörnigerer (= extrem sinteraktiver) Rohstoffe höchster Reinheit (= minimaler Absorption) bestimmt. Für die hier angesprochene Verwendung führt Feinkörnigkeit des als Rohstoff verwendeten Spinell-Pulvers allerdings nur dann zu verringerter Sintertemperatur und vollständiger Entfernung auch der letzten Hundertstel Prozent an Restporosität, wenn die dann hohe spezifische Oberfläche nicht mit – oft unvermeidlicher – Agglomeration einhergeht.
-
Als Precursoren zur Herstellung von Mg-Al-Spinellpulvern können metallorganische Verbindungen wie Aluminium-tri-isopropylat Al[OCH(CH3)2]3 oder Magnesiumethylat Mg[OCH2CH3]2 sowie anorganische Precursoren, wie Magnesiumoxid MgO, Magnesiumnitrat Mg(NO3)2 oder Aluminiumnitrat Al(NO3)3, verwendet werden. Es zeigt sich, dass Spinellsynthesen aus unterschiedlichen Rohstoffen und Vorstufen (”Precursoren”) im Allgemeinen nicht zu Zwischenprodukten führen, die durch Kalzination bei höheren oder niederen Temperaturen in Spinellpulver beliebig einstellbarer mittlerer Partikelgröße und spezifischer Oberfläche überführbar sind. Vielmehr führen unterschiedliche Precursoren und Synthesewege zu Zwischenprodukten mit sehr unterschiedlicher Temperatur der Spinellbildung oder -kristallisation und unterschiedlicher precursor- und regime-typischer Partikelgröße des gebildeten Spinells. Dessen spezifische Oberfläche kann dann im Allgemeinen auch nicht einfach durch höhere Glühung auf einen gegebenenfalls verarbeitungsfreundlicheren niedrigeren Wert vermindert werden: solch höhere Temperatur führt fast immer zu unerwünschter Aggregation (partiellem Sintern) des Pulvers und lässt oft bevorzugt einzelne Partikel stark wachsen anstatt der angestrebten gleichmäßigen Vergröberung aller Pulverpartikel.
-
Die Rohstoffe zur Synthese von Spinellpulvern können als lösliche Salze oder schwerlösliche Pulver (z. B. Oxidpulver) vorliegen. Während letztgenannte Ausgangsstoffe in vielen Fällen agglomeriert vorlegen, spielt dieses Problem bei Verwendung löslicher Rohstoffe keine Rolle. Nach den nachfolgenden Verfahrensschritten wie Fällung, Hydrolyse, Trocknung sowie anschließender Kalzinierung können jedoch die Kristallite der Pulver in jedem Fall als zusammenhängende Aggregate oder als mit einfachen Mitteln nicht auflösbare Agglomerate auftreten. Im Rahmen der weiteren keramischen Verarbeitung werden aber im Gegenteil Pulver bevorzugt, die aus separaten, leicht dispergierbaren Einzelkristalliten bestehen. Dieser Zustand ist aber mit abnehmender Kristallitgröße zunehmend schwerer zu realisieren, da sehr kleine Partikel verstärkt zur Agglomeration neigen und dann größere Agglomerate bilden.
-
Erschwerend kommt hinzu, dass Partikelgrößenmessungen speziell für Spinellpulver höherer Oberfläche heute noch mit kritischen Unsicherheiten behaftet sind (unter anderem wegen der partiellen Löslichkeit von Spinell in Wasser und wegen Unzulänglichkeiten der verfügbaren Messtechnik für Nanopulver breiterer Partikelgrößenverteilung), weshalb zur Einschätzung technisch relevanter Verarbeitungseigenschaften oft eine Anprobung des Pulvers im Rahmen ausgewählter Aufbereitungs-, Formgebungs- und Sinterversuche vorgenommen wird (z. B. Cook u. a., SPIE-Proceedings 2005, Vol. 5786, S. 41–47).
-
Die feinkörnigsten heute zu Preisen < 300 €/kg kommerziell erhältlichen Spinellpulver hoher Reinheit (für transparente Keramik im Allgemeinen gleich oder besser 99,8% Reinheit, insbesondere bezogen auf kationische Verunreinigungen) zeigen spezifische Oberflächen zwischen ca. 13 und 40 m
2/g und mittlere Partikelgrößen zwischen z. B. 40–60 und 120–150 nm. Spinellpulver ≥ 50 m
2/g sind bisher nur aus der Literatur bekannt (im Entwicklungsstadium) und mit einer Reihe von Unzulänglichkeiten behaftet: Die klassische Festphasenreaktion von MgO + Al
2O
3 → MgAl
2O
4 setzt ausreichend reaktive (feinkörnige) Rohstoffe voraus und führt bei 1150–1300°C zu Pulvern mit ≤ 70 m
2/g (
US 4,273,587 B ). Obwohl dieses feine Spinellpulver gute Sintereigenschaften ermöglichen sollte, wurde es nur bei sehr hohen Temperaturen (> 1700°C) zu Proben mit dennoch begrenzter Transparenz verarbeitet (< 72% @ 600 nm, 1,5 mm dünne Proben). Dies spricht für die Bildung partiell versinterter Aggregate während der Pulverkalzinierung, was während der weiteren Prozessschritte zu ungünstigen Porenstrukturen führte, so dass die Eliminierung der letzten Hundertstel an Poren (wie für Transparenz erforderlich) offenbar erst bei extremen Sinterbedingungen gelang. Hohe Sintertemperaturen führen aber zu Kornwachstum und sehr graben Gefügestrukturen, worunter die (nach US 4,273,587 B nicht bestimmten) mechanischen Eigenschaften, wie Härte und Festigkeit, im Allgemeinen leiden.
-
Alternativ zur Festphasenreaktion, bei der die Kristalliteigenschaften stark von den Ausgangspulvern abhängen, können hydroxidische Spinell-Vorstufen per Fällung aus Salzlösungen (
US 6,306,360 B1 ) oder durch Hydrolyse von in organischen Medien gelösten metallorganischen Verbindungen (Alkoxiden, Ye u. a.: J. Am. Ceram. Soc. 88 (2005) 11, 3241–3244) erzeugt werden. Nach Kalzinierung der entstandenen Hydroxide bei 850°C wird eine Kristallitgröße nach US 6,306,360 B1 von 3–20 μm (bei spezifischer Oberfläche von 40 m
2/g) und bei Ye u. a. von 0,6 μm (105 m
2/g) angegeben. Unter Annahme von kugelförmigen Partikeln und einer Spinell-Dichte von 3,58 g/cm
3 entsprächen allerdings Oberflächen von 40 oder 105 m
2/g viel kleineren mittleren Teilchengrößen von 0,048 oder 0,016 μm, so dass in beiden Fällen die gemessenen Daten eine starke Agglomeration der erzeugten Partikel ausweisen. Die Ursache dieser Agglomeration ist nicht klar, jedoch liegt eine Gemeinsamkeit beider Synthesen darin, dass die Fällung/Hydrolyse der Precursoren bei Raumtemperatur durchgeführt wurde.
-
Um der Agglomeration während des Syntheseprozesses vorzubeugen und um die Partikelgröße weiter zu verfeinern werden metallorganischen Verbindungen (Alkoxide) oder anorganischen Salze (z. B. Nitrate) in Zusammenhang mit Komplexbildnern, wie Polyvinylalkohol (Guo u. a. Mater. Letters 58 (2004) 1920–1923) oder Harnstoff (Pacurariu u. a. J. Europ. Ceram. Soc. 27 (2007) 707–710), die als Platzhalter zwischen den entstehenden Partikeln dienen, verwendet. Dabei entstehen nach der Kalzinierung bei Temperaturen < 1000°C Partikelgrößen im Bereich von 5–20 nm mit entsprechend hohen spezifischen Oberflächen von > 130 m2/g und mehr. Solch hohe spezifische Oberflächen führen allerdings zu zweifachen Problemen bei der weiteren Verarbeitung der Pulver:
- 1. Die organischen Platzhalter als Deagglomerationsagenz verlieren in der nachfolgenden Kalzinierung ihre Wirkung, so dass die starke Oberflächenkrümmung der Nanopartikel dann im trockenen Zustand wie auch nach Redispergierung in Suspensionen zu starken physikalischen Wechselwirkungskräften, d. h. zu verstärkter Agglomeration, führt.
- 2. Pulver so hoher Oberfläche sind kaum zu ausreichend dichten (= sinterfähigen) grünen Formkörpern homogener Struktur verpressbar.
-
Beiden Schwierigkeiten ist durch den thermischen Abbau der hohen spezifischen Oberflächen nur bedingt beizukommen, weil eine zusätzliche Glühung gerade bei sehr feinen Nanopartikeln zum partiellen Versintern, d. h. zur Bildung unerwünscht fester Aggregate, führt. Höhere Kalzinierungstemperaturen sind deshalb als Mittel zur Einstellung auf verarbeitungsfreundliche (= niedere) Oberflächen nicht nutzbar.
-
Damit erwiesen sich diese sehr feinkristallinen Pulver als bisher wenig geeignet für eine formgebende Verarbeitung, sobald es sich um größere, kompakte Teile, insbesondere wie im Fall der transparenten Keramiken, handelt.
-
Es besteht deshalb ein breites Interesse an der Entwicklung von technisch möglichst einfach handhabbaren Verfahren zur Herstellung von hochreinen Spinellpulvern, welche sowohl die Bedingung ausreichend kleiner, sinterfähiger Partikelgrößen mit einer höheren spezifischen Oberfläche (BET-Messung) ≥ 50 m2/g erfüllen als auch die Forderung einer oberen Begrenzung dieser Oberflächen auf < 125 m2/g, bevorzugt < 100 m2/g. Damit sollen einerseits eine ausreichend hohe Sinteraktivität gewährleistet, wie auch andererseits eine äußerste Homogenität der Pulverstruktur ohne festere Agglomerate ermöglicht werden. Dabei muss das Spinellpulver nicht unbedingt bereits zu 100% aus einphasigem Spinell bestehen: ein Spinellgehalt von z. B. ca. 90% kann dann toleriert werden, wenn Restgehalte an MgO und/oder Al2O3 in ihren Anteilen so begrenzt sind, dass später bei Sintertemperatur entsprechend Phasendiagramm einphasiger Spinell der gewünschten Stöchiometrie MgO·nAl2O3 entstehen kann.
-
Eine bei der Synthese von nanoskaligem Spinellpulver zu überwindende Schwierigkeit ergibt sich daraus, dass die beiden Forderungen nach ausreichender Feinkörnigkeit und weitgehender Umsetzung zu Spinell gegensätzliche Synthesebedingungen erfordern:
- – die thermodynamisch stabile und ausreichend kristallisierte Spinellphase erfordert unabhängig von der jeweiligen Synthese über amorphe oder kristalline Roh- und Zwischenprodukte oft eine recht hohe Kalzinierungstemperatur > 1000°C, die zu gröberen Pulverpartikeln führt,
- – während die angestrebte Feinkörnigkeit nur bei niedrigen Temperaturen zu erhalten ist.
-
Ein vorteilhafter Kompromiss wäre nach der bekannten Literatur am ehesten bei Verwendung von metallorganischen Verbindungen und deren Hydrolyse in organischen Medien (wie Propionsäure oder auch Isopropanol) zu finden, da in diesem Fall bei anschließender Kalzinierung zwischen 1000 und 1200°C sowohl ein ansprechender Spinellbildungs- oder -kristallisationsgrad, wie auch potenziell verarbeitungsgeeignete BET-Oberflächen von 77 oder 24 m2/g realisiert werden (Cook u. a. SPIE-Proceedings 2005, Vol. 5786, S. 41–47). Allerdings war der Kristallisationsgrad nach 1000°C noch erkennbar geringer als nach 1200°C und das trotz der feineren Partikelgröße unbefriedigende Sinterverhalten des 77-m2-Pulvers zeugte von einem unerwünscht hohen Agglomerationsgrad solch bekannter Nanospinellpulver mit Oberflächen zwischen 50 und 100 m2/g: die Herstellung transparenter Proben aus diesem Pulver misslang in der technologischen Anprobung bei Cook u. a., und nur das bei 1200°C kalzinierte Pulver geringerer Oberfläche (BET: 24 m2/g) führte beim Heißpressen mit 1 Ma.-% LiF zu Transmissionsergebnissen nahe der theoretischen Grenze (VIS- und IR-Bereich). Durch die hohe Kalzinationstemperatur mit einem Kristallisationsgrad nahe 100% wurde allerdings eine entsprechende Vergröberung des Pulvers in Kauf genommen, so dass angesichts der erforderlichen hohen Heißpresstemperatur von 1550°C die mittlere Gefügekorngröße deutlich > 2 μm ist, was die mechanischen Eigenschaften negativ beeinflusst. Konkrete Angaben dazu sind bei Cook jedoch nicht vorhanden.
-
Im Rahmen der Verwendung von Mg- und Al-Nitraten oder -Alkoxiden ist bekannt, dass die Temperatur der Spinell-Bildung durch Zusatz von Spinell-Keimen zu niedrigeren Werten verschoben werden kann (Pasquier u. a. J. Mater. Sci. 26 (1991) 3797–3802). Beim Sintern dieser Pulver bei 1100°C entstehen Gefügekorngrößen < 1 μm mit allerdings nur 97% relativer Dichte. Trotz langjähriger internationaler Fokussierung neuer Spinellpulversynthesen auf die Nutzung für transparente Keramiken existieren bemerkenswerterweise bisher keine Kenntnisse, wonach durch Zusatz von Keimen die Spinellbildung auf eine Weise befördert werden könnte, dass agglomeratarme Pulver derart verbesserter Verarbeitbarkeit entstünden, dass die daraus hergestellte Sinterkeramik eine erhöhte In-Line-Transmission mit feinkristallinen Gefügekorngrößen < 1 μm verbinden würde.
-
Überraschenderweise sind bisher auch keine Untersuchungen zu einer weiteren Pulvereigenschaft bekannt. Gerade nach niedriger Kalzinierung (im Interesse extremer Feinkörnigkeit) enthalten die Pulver of noch amorphe Anteile, und entsprechende Verarbeitbarkeit vorausgesetzt, könnte dies mit Hoffnung auf eine endgültige Kristallisation im Zuge des späteren Sinterns keramischer Formkörper vielleicht toleriert werden – schließlich bildet sich beim reaktiven Sintern von MgO/Al2O3-Mischungen der Spinell auch erst beim Sintern. Allerdings ist vom Dichtsintern polykristalliner Korundkeramik (α-Al2O3) ausgehend von Böhmit (AlOOH) oder γ-Al2O3 bekannt, dass die Phasenbildung des Korundes an zufälligen einzelnen Orten beginnt, sich von dort unter Einschluss der zu diesem frühen Zeitpunkt noch vorhandenen Porosität 3-dimensional ausbreitet und so zu sekundär gebildeten Korundkristalliten mit intragranularer Porosität führt, die dann kaum noch zu eliminieren ist (”vermikulare Gefüge”; M. Kumagai u. a.: J. Am. Ceram. Soc. (1984) 11, C230–C231). Ob und wie solche unerwünschten Strukturen beim Sintern schlecht kristallisierter Spinell-Pulver zu vermeiden sind, ist bisher nicht bekannt, jedoch gibt es eine Reihe indirekter Hinweise auf Sinter- und Transmissionsprobleme im Fall der Verwendung unzureichend kristallisierter Spinell-Pulver. So könnte z. B. das oben angeführte unbefriedigende Sinter- und Transmissionsergebnis von Cook u. a. bei Verwendung des bei nur 1000°C kalzinierten Spinellpulvers neben einem unmittelbaren (technologisch) ungünstigen Einfluss der höheren Oberfläche (77 m2/g) auch auf die im Vergleich zur Kalzinierung bei 1200°C geringere Kristallinität des niedriger kalzinierten Pulvers (von Cook u. a. nachgewiesen per Röntgenbeugung) zurückgehen.
-
Weiterhin ist aus der
US 2009/0220790 A1 ein Spinell-Nanopulver bekannt, welches ausgehend von einem chemischen Prozess ohne Komplexbildner die Fällung der Precursor-Ausgangsproduktezwingend mit einem Waschen der Fällungsprodukte mit einer organischen Waschagenz verbindet, gefolgt von Trocknung und Kalzinerung des erhaltenen Zwischenproduktes, Typische spezifische Oberflächen betragen 50–200 m
2/g. Die kalzinierten Pulver werden einerseits als agglomeratfrei bezeichnet, anderseits wird dies eingeschränkt durch Angabe von Mahlungen für den Fall, dass das Verfahren doch ”soft agglomerates” bilden sollte.
-
Ebenfalls ist aus M. F. Zawarah et al: Ceramics International, Vol. 33, Heft 6, August 2007, S. 969–978 ein Verfahren zur Herstellung von nanoskaligem Spinellpulver bekannt, bei dem die Ausgangsverbindungen ohne Komplexbildner hydrolysiert, gewaschen und getrocknet werden. Das Zwischenprodukt wird kalziniert und nachfolgend gemahlen. Aussagen zur spezifische Oberfläche, zum Agglomerationszustand oder Deagglomerationsverhalten fehlen, und die höchsten beispielhaft erzielten Dichten gesinterter Formkörper übersteigen nicht einen oberen Wert von ca. 96% relativer Dichte.
-
Aus der
DE 2 149 640 A ist ein Verfahren zur Herstellung eines hochreinen Spinells entsprechend der Spinellformel Mg Al
2O
4 bekannt. Dazu soll das Verfahren die Stufe mindestens teilweiser Hydrolysierung eines – in einem gesonderten Prozess aus Metallen herzustellenden – hydrolysierbaren Magnesium-Aluminium-Doppelalkoxyds einschließen. Auch hier wird kein Komplexbildner verwendet. Nach Kalzination der so synthetisierten Zwischenprodukte zu kristallinem Spinell bei 1000°C betrug dessen spezifische Oberfläche nur 26 m
2/g, während für tiefere Temperaturen keine Spinellbildung nachweisbar war.
-
Zusammenfassend sind die Nachteile des bekannten Standes der Technik dadurch zu beschreiben, dass bisher kein Verfahren existiert, mit dem ein hochreines Nanospinellpulver mit einer durch 50 m2/g ≤ spezifische Oberfläche (BET) < 125 m2/g beschriebenen Granulometrie in einer zur Weiterverarbeitung in transparente Sinterprodukte ausreichenden Menge mit oder ohne Nutzung von Keimen herstellbar wäre. Die bisher bekannten Pulver mit Oberflächen ≥ 50 m2/g sind nicht ausreichend agglomeratfrei und/oder nicht ausreichend kristallisiert, so dass bei niedriger Sintertemperatur keine feinkörnigen Sinter-Produkte mit mittlerer Korngröße < 2 μm und mit höchster Transparenz herstellbar sind.
-
Aufgabe der Erfindung ist es daher, ein Verfahren zur Herstellung von redispergierbaren hochreinen und weitgehend agglomeratfreien Nanospinellpulvern bei Temperaturen ≤ 1150°C anzugeben, weiterhin ein redispergierbares hochreines Nanospinellpulver mit einer eine spezifischen Oberfläche von ≥ 50 m2/g und < 125 m2/g anzugeben, sowie aus diesen redispergierbaren hochreinen Nanospinellpulvern erzeugte dichtgesinterte transparente Spinellprodukte höchster Transparenz mit einer InLine-Transmission ≥ 60% bei 640 nm und 3 mm Dicke und gegebenenfalls mit mittlerer Korngröße < 2 μm anzugeben.
-
Die Aufgabe wird durch die in den unabhängigen Ansprüchen angegebenen Merkmale gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen finden sich in den abhängigen Ansprüchen.
-
Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren zur Herstellung von redispergierbarem hochreinen Nanospinellpulver mit spezifischer Oberfläche zwischen 50 und 125 m2/g und der Fähigkeit zur Herstellung hochtransparenter Sinterkeramik werden Al- und/oder Mg-enthaltende Ausgangsstoffe gelöst, der Lösung komplexbildende Liganden zugegeben werden, der Ansatz darin unter Rühren bei Temperaturen von 70–95°C hydrolysiert, danach kann eine Alterung durchgeführt werden, nachfolgend wird eine Trocknung der Materialien durchgeführt, dann die so erhaltenen Pulver bei Temperaturen von 900–1150°C kalziniert und diese dann einer Dispergierungsmahlung unterworfen.
-
Vorteilhafterweise werden als Al- und Mg-enthaltende Ausgangsstoffe anorganische Salze eingesetzt, die mit Wasser gelöst und zusammen mit einer Base hydrolysiert werden, wobei danach eine Alterung bei 70–95°C durchgeführt wird, und nachfolgend die Trocknung und Kalzinierung realisiert wird und die anschließende Dispergierungsmahlung in einer organischen Flüssigkeit durchgeführt wird, wobei noch vorteilhaftererweise die Trocknung speziell bei Temperaturen zwischen 80–130°C durchgeführt wird.
-
Weiterhin vorteilhafterweise können als Al- und Mg-enthaltende Ausgangsstoffe metallorganische Precursoren eingesetzt werden, die in organischen wasserfreien Lösungsmitteln gelöst werden, wonach die Lösung mit Wasser hydrolysiert wird und nachfolgend die Trocknung und Kalzinierung realisiert und die anschließende Dispergierungsmahlung in einer organischen Flüssigkeit durchgeführt wird, wobei noch vorteilhaftererweise die Trocknung speziell bei Temperaturen zwischen 30–95°C durchgeführt wird.
-
Alternativ können vorteilhafterweise als Al-enthaltende Ausgangsstoffe organische Al-Precursoren, die in organischen wasserfreien Lösungsmitteln gelöst werden, eingesetzt sowie Magnesiumoxid- oder Magnesiumhydroxid-Pulver mit einer Partikelgröße von maximal 0,3 μm in die Lösung eingebracht und suspendiert werden; anschließend wird die Suspension mit Wasser hydrolysiert und nachfolgend die Trocknung und Kalzinierung realisiert und die anschließende Dispergierungsmahlung in einer organischen Flüssigkeit durchgeführt, wobei noch vorteilhaftererweise die Trocknung bei Temperaturen speziell zwischen 30–95°C durchgeführt wird, wobei das Magnesiumoxid- oder Magnesiumhydroxid-Pulver vorteilhaftererweise mit einer Partikelgröße zwischen 25 bis 150 nm eingesetzt und ebenfalls vorteilhaftererweise der Suspension Dispergierhilfsmittel zugegeben werden.
-
Als weitere vorteilhafte Ausgestaltung können als Mg-enthaltende Ausgangsstoffe organische Mg-Precursoren, die in organischen wasserfreien Lösungsmitteln gelöst werden, eingesetzt sowie Aluminiumoxid- oder Aluminiumhydroxid-Pulver mit einer Partikelgröße von maximal 0,3 μm in die Lösung eingebracht und suspendiert werden, anschließend wird die Suspension mit Wasser hydrolysiert und nachfolgend die Trocknung und Kalzinierung realisiert und die anschließende Dispergierungsmahlung in einer organischen Flüssigkeit durchgeführt, wobei noch vorteilhaftererweise die Trocknung bei Temperaturen speziell zwischen 30–95°C durchgeführt wird das Aluminiumoxid- oder Aluminiumhydroxid-Pulver vorteilhaftererweise mit einer Partikelgröße zwischen 25 bis 150 nm eingesetzt und ebenfalls vorteilhaftererweise der Suspension Dispergierhilfsmittel zugegeben werden.
-
Vorteilhaft ist es auch, wenn zusätzlich Al- und/oder Mg-enthaltende Keime mit einer kubischen Kristallstruktur eingesetzt werden.
-
Ebenfalls vorteilhaft ist es, wenn die Kalzinierung bei Temperaturen von 1000–1100°C durchgeführt wird.
-
Weiterhin vorteilhaft ist es, wenn die Herstellung der Lösung oder Suspension und/oder die Hydrolyse und/oder die Alterung bei Temperaturen von 80–90°C durchgeführt werden.
-
Wenn, wie oben dargestellt, Al- und Mg-enthaltende anorganische Salze in Wasser gelöst und mit einer Base hydrolisiert werden, kann als Base vorteilhafterweise Ammoniak-Lösung oder Triethylamin eingesetzt werden.
-
Wenn alternativ organische Al- oder Mg-Salze als Precursoren in organischen wasserfreien Lösungsmitteln gelöst werden, so können dafür vorteilhafterweise Ethanol, Isopropanol, Propanol oder andere Alkohole oder auch Isopropylglycol oder andere Isopropoxid-Derivate eingesetzt werden.
-
Von Vorteil ist es auch, wenn als organische Flüssigkeit für die Dispergierungsmahlung Alkohole mit Kettenlängen C ≥ 2 eingesetzt werden.
-
Das erfindungsgemäße redispergierbare hochreine Nanospinellpulver, welches nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellt worden ist, weist eine Reinheit von > 99,8% einen Spinellanteil von ≥ 70% und eine spezifische Oberfläche zwischen 50 und 125 m2/g auf.
-
Vorteilhafterweise weist das Pulver eine spezifische Oberfläche zwischen 50 und 100 m2/g auf.
-
Ebenfalls vorteilhafterweise beträgt der Spinellanteil ≥ 70%, noch vorteilhaftererweise ≥ 85%.
-
Erfindungsgemäße dichtgesinterte transparente Spinellprodukte, die aus dem erfindungsgemäßen und erfindungsgemäß hergestellten Nanospinellpulver gesintert worden sind, weisen eine In-line-Transmission von > 60%, gemessen bei 640 nm Lichtwellenlänge an 3 mm dicken polierten Proben, und eine mittlere Gefügekorngröße < 2 μm auf.
-
Ebenfalls erfindungsgemäße dichtgesinterte transparente Spinellprodukte, gesintert aus dem erfindungsgemäßen und erfindungsgemäß hergestellten Nanospinellpulver, weisen eine In-Line-Transmission von > 75% auf, gemessen bei 640 nm Lichtwellenlänge an 3 mm dicken polierten Proben.
-
Mit der erfindungsgemäßen Lösung ist es erstmals möglich ein hochreines Nanospinellpulver herzustellen, welches eine spezifischen Oberfläche von ≥ 50 m2/g und < 125 m2/g aufweist und zur Herstellung von dichtgesinterten transparenten Spinellprodukten mit einer InLine-Transmission ≥ 60% bei 640 nm und 3 mm Dicke geeignet ist.
-
Mit der vorliegenden Erfindung ist es erstmals möglich, dass mit einem veränderten Temperatur-Zeit-Regime der Pulversynthese überraschend verbesserte Ergebnisse erzielt werden, wenn gleichzeitig andere Besonderheiten beachtet werden.
-
Im Gegensatz zu bekannten Untersuchungen zur Spinellbildung mit spezifischen Oberflächen von ≥ 50 bis < 125 m2/g, die bisher allerdings stets mit direkten oder indirekten Aussagen zu einem hohen, der Herstellung hochtransparenter Keramiken entgegenstehendem Agglomerationsgrad verbunden waren (z. B.: Agglomeratgröße » Partikelgröße, unzureichende erzielte Sinterdichte, geringe erzielte Transparenz), besteht der Kern des erfindungsgemäßen Verfahrens darin, dass eine erhöhte Temperatur im Bereich von 70–95°C während des Fällungs- und/oder Hydrolyseprozesses (ohne oder auch mit Zusatz von Keimen kubischer Kristallstruktur), verbunden mit einer der Kalzinierung nachfolgenden Dispergierungsmahlung in einer organischen Flüssigkeit und gegebenenfalls einen anschließenden Klassierung realisiert wird; dies gilt unabhängig von der Auswahl anorganischer oder organischer Precursoren und deren Aufbereitung in wässrigen oder nicht-wässrigen Medien als Lösungsmittel. Diese spezielle Kombination aus temperaturgesteuerter Fällung und/oder Hydrolyse und Dispergierungsmahlung des kalzinierten Produktes ist ursächlich dafür verantwortlich, dass erfindungsgemäße agglomerationsarme Nanospinellpulver hergestellt werden können, mit der besonderen Fähigkeit zum Einsatz für die Herstellung von hochtransparenten Sinterspinellprodukten kleiner Gefügekorngröße und hoher Härte und Festigkeit. Im Rahmen der vorliegenden Erfindung werden die Ausgangsstoffe einer Hydrolysereaktion ausgesetzt, die gleichzeitig oder nachfolgend auch zu einer Fällung führen kann.
-
Das erfindungsgemäße Verfahren zur Herstellung von hochreinen Nanospinellpulvern weitgehend mit einer spezifischen Oberfläche von ≥ 50 und < 125 m2/g erfolgt in folgenden Schritten:
- – Herstellung einer Lösung von Al- und/oder Mg-enthaltenden Ausgangsstoffen, gegebenenfalls unter Zugabe der jeweils anderen Komponente in Form unlöslicher feiner Partikel,
- – Rühren des Ansatzes bei Temperaturen von 70–95°C wobei die Lösung hydrolysiert wird,
- – optional eine Alterung (für ein Wachstum der neugebildeten Partikel des Hydrolyseproduktes),
- – Trocknen der Materialien,
- – Kalzinierung der so erhaltenen Pulver bei Temperaturen von 900–1150°C zwecks Spinell-Bildung,
- – Dispergierungsmahlung.
-
Dabei wird mindestens einer der Al- und Mg-enthaltenden Ausgangsstoffe als lösliches anorganisches Salz oder metallorganischer Precursor eingesetzt, die jeweils andere Komponente kann ein feines Magnesiumoxid- oder Magnesiumhydroxid-Pulver oder ein feines Aluminiumoxid- oder Aluminiumhydroxid-Pulver sein. Die löslichen Ausgangsstoffe werden in Wasser oder einem wasserfreien organischen Lösungsmittel gelöst, wobei komplexbildende Liganden, wie z. B. Ethylacetoacetat (EtAc, wässrig wie alkoholisch verwendbar) zugegeben werden. Im Falle des Einsatzes von Pulvern ist zu beachten, dass immer nur ein Ausgangsstoff (bezüglich Al oder Mg) als Pulver und der andere Ausgangstoff als Lösung verwendet wird, so dass die unlöslichen feinen Partikel in diesem Fall in der Lösung suspendiert sind. Ebenfalls können in die Lösung oder Suspension bis zu 20 Ma.-% feinstkristalline, kubische Keime (z. B. Spinell, γ-Al2O3 oder anderes) beigefügt werden, welche die weiteren Phasenbildungen bis hin zur späteren Spinellbildung begünstigen.
-
Die Hydrolyse der Lösung erfolgt erfindungsgemäß bei Temperaturen von 70–95°C, vorteilhafterweise bei 80–90°C. Im Falle des Einsatzes von Al- und Mg-enthaltenden anorganischen Salzen als Ausgangsstoffe wird der wässrigen Lösung eine Base, wie Ammoniak, Ammoniaklösung oder Triethylamin, hinzugefügt, die vorteilhafterweise einen pH-Werte von > 9 aufweist. Die Zugabe des Wassers zu den Salzen erfolgt vorteilhafterweise tropfenweise im Mol-Verhältnis Wasser:Salze = 10:1. Im Falle des Einsatzes von metallorganischen Precursoren werden zur Herstellung der Lösung wasserfreie organische Lösungsmittel wie Isopropanol, Isopropylglycol oder andere Isopropoxid-Derivate eingesetzt.
-
Nach der Hydrolyse der Lösung kann in allen Fällen, unabhängig von den eingesetzten Ausgangsstoffen und Lösungsmitteln eine Alterung durchgeführt werden. Diese kann vorteilhafterweise bei Temperaturen von ebenfalls 70 bis 95°C durchgeführt werden. Die Alterung kann innerhalb einer Zeit von bis zu 15 h durchgeführt werden.
-
Nach der Hydrolyse und gegebenenfalls der Alterung erfolgt die Trocknung des Hydrolyseproduktes bei Temperaturen, die je nach Art des verwendeten Lösungsmittels und der Umgebung (Trocknung an Luft oder unter Anlegung eines Vakuums) unterschiedlich sein können:
- – Für wässrige Ansätze sind Trocknungstemperaturen zwischen 80 und 130°C anwendbar, wobei höhere Temperaturen bereits ab ca. 100°C zwar den Trocknungsprozess beschleunigen, anderseits aber zur Bildung fester Aggregate führen können, die die weiteren Schritte erschweren und die erzielbaren Eigenschaften negativ beeinflussen können.
- – Für Ansätze mit organischen Lösungsmitteln sind je nach Lösungsmittel tiefere Temperaturen bis 95°C anwendbar, unter Vakuum und unter Inkaufnahme längerer Trocknungszeiten sind niedrigere Temperaturen bis 30°C möglich.
-
Die Kalzinierung des getrockneten Produktes wird bei Temperaturen zwischen 900 und 1150°C, vorteilhafterweise bei Temperaturen von 1000 bis 1100°C, durchgeführt. In Abhängigkeit von der Größe (Masse, Volumen) der zu kalzinierenden Charge kann die Kalzinierung beispielsweise innerhalb von 2 h isothermer Haltezeit mit 5 K/min durchgeführt werden. Während der Kalzinierung erfolgt die Spinellbildung. Wenn die Kalzinierung in diesem Temperaturintervall erfolgt, geht sie mit einer partiellen Bildung erster Sinterhälse zwischen den einzelnen Pulverpartikeln einher.
-
Im Zuge der Kalzinierung wird bei stöchiometrischen Zusammensetzungen mit n ≈ 1 vorteilhafterweise ein Spinell-Anteil ≥ 85% erzeugt. Falls dafür jedoch (bestimmt durch die konkrete Form der vorangegangenen Synthese) eine höhere Kalzinierungstemperatur > 1150°C erforderlich wäre, würde diese auch zu verstärktem partiellen Versintern der Partikel führen und der angestrebten guten Dispergierbarkeit des kalzinierten Nanospinellpulvers entgegenwirken. In diesem Fall ist es daher vorteilhaft, eine tiefere Kalzinierungstemperatur zwischen 900 und 1150°C zu wählen und einen etwas geringeren Spinell-Anteil von 70–85% in Kauf zu nehmen. Eine ungünstige Beeinflussung der Gefügeentwicklung beim späteren Sintern von aus solchen Pulvern erzeugten Formkörpern, wie dies z. B. als Entwicklung vermikularer, inhomogener Porenstrukturen beim Sintern undatierter oder nicht mit Korundkeimen versetzter Übergangstonerden bekannt ist, tritt hierbei nicht auf, da das erfindungsgemäß hergestellte Kalzinationsprodukt in jedem Fall bereits ganz überwiegend aus Spinell besteht und somit genügend Keime für die homogene Umwandlung des Restgehaltes an Spinell-Vorstufen beim Sintern bietet. Unter dem Begriff Spinell soll erfindungsgemäß eine Zusammensetzung für Pulver und Sinterkeramiken der Art MgO·nAl2O3 in einem Mg-Al-Stöchiometriebereich, der entsprechend dem Phasendiagramm bei der verwendeten Herstellungstemperatur der Keramik Einphasigkeit gewährleistet, verstanden werden. Nanospinellpulver im erfindungsgemäßen Sinne weisen bei stöchiometrischen Zusammensetzungen mit n ≈ 1 einen Spinell-Anteil von ≥ 85% auf, für Al-reichere Zusammensetzungen und Kalzinierungstemperaturen zwischen 900 und 1150°C kann dieser Wert, bedingt durch das Phasendiagramm, auch niedriger sein (≥ 70%). Da der Begriff ”Spinell” in der Literatur auch auf amorphes Magnesiumaluminat angewandt wird, sagt vorstehende Festlegung der Spinell-Anteile im Pulver noch nichts über dessen Kristallisationsgrad aus, über den daher gesondert zu befinden ist: im Interesse größtmöglicher räumlicher Homogenität des Dichtsinterns und der Gefügeentwicklung der aus dem Spinellpulver erzeugten Formkörper soll das erfindungsgemäße Nanospinellpulver gut kristallisiert vorliegen und höchstens 20 Masse-% an amorphen Bestandteilen enthalten. Bezogen auf den Spinellgehalt zuzüglich eventueller geringfügiger MgO- und Al2O3-Anteile ist die Reinheit des erfindungsgemäßen hochreinen Nanospinellpulvers (= die Summe allen Mg-Al-Spinells + eventuelle Al2O3- und MgO-Phasenanteile) > 99,8%, bevorzugt > 99,9% und besonders bevorzugt > 99,95%. Ausgenommen aus dieser Begrenzung sind eventuelle erhöhte Kohlenstoff- oder Stickstoffgehalte (z. B. als Reste pyrolysierter Precursoren).
-
Zur Realisierung der für die weitere Verwendung des Pulvers für die Transparentkeramikherstellung notwendigen Dispergierbarkeit und Agglomeratfreiheit erfolgt nachfolgend eine Dispergiermahlung in einer organischen Flüssigkeit, wie z. B. Ethanol, und gegebenenfalls eine Klassierung. Eine solche Dispergierungsmahlung erfolgt zum Aufbrechen der durch die thermische Umwandlung zum Spinell entstandenen Agglomerate und ist im Rahmen des erfindungsgemäßen Verfahrens deshalb effizienter möglich als nach anderen Synthesen, weil das erfindungsgemäßen Verfahren zu vorwiegend nur lose agglomerierten Einzelpartikeln führt, während die bekannten Synthesen höhere Anteile festerer Aggregate erzeugen. Die Dispergiermahlung des Kalzinationsproduktes in einer organischen nicht-wässrigen Flüssigkeit (z. B. einem Alkohol) ist dabei besonders vorteilhaft, da hier die in Wasser mögliche Bildung von Hydrat-Bindungen zwischen den feinkristallinen Partikeln und die partielle Lösung von Spinell in Wasser, begleitet von wachsender Agglomeration infolge ionarer Wechselwirkungen, unterbunden werden.
-
Unter dem Begriff ”redispergierbar” soll im Rahmen dieser Erfindung ein Zustand des trockenen kalzinierten Pulvers verstanden werden, bei dem dessen Partikel derart deagglomeriert sind, dass im Zuge einer nachfolgenden Suspensionsaufbereitung zur Herstellung transparenter Sinterkeramik eine nahezu vollständige, extrem agglomeratarme Redispergierung möglich ist. Als Kriterium für diese Pulvereigenschaft wird wegen der oben genannten Schwierigkeiten zuverlässiger Messung der Partikelgrößenverteilungen von Spinellpulvern mit spezifischen Oberflächen > 50 m2/g die Herstellbarkeit transparenter Komponenten hoher In-Line-Transmission ≥ 60%* bei niedriger Temperatur < 1600°C, vorzugsweise < 1400°C, mit grundsätzlich bekannten Verfahren herangezogen (*In-Line-Transmissionsmessung bei 640 nm Lichtwellenlänge an polierten 3 mm dicken Proben, die 60% entsprechen einem Anteil von 0.75 des theoretischen Grenzwertes bei 640 nm, der für Spinell 87% des einfallenden Lichtes ausmacht). Die transparenten Bauteile zeigen dann typischerweise sehr feinkristalline Gefüge mit mittlerer Korngröße < 2 μm (ermittelt als das 1,56fache der mittleren Sehnenlänge oder mit einer anderen gleichwertigen Methode) und eine Vickers-Härte im Bereich von ≥ 12, vorzugsweise ≥ 14 GPa (gemessen als HV10, d. h. mit einer Prüflast des Indenters von 10 kg).
-
Eine Ausschöpfung des hohen Potenzials an Sinterfähigkeit, das das erfindungsgemäße hochreine Nanospinellpulver auszeichnet, ist dann gegeben, wenn eine möglichst ideale Homogenität der Partikelpackung in den zu sinternden grünen Formkörpern erzeugt wird. Bei ideal deagglomeriertem und fließfähigem Pulverzustand kann dies z. B. durch isostatisches Pressen realisiert werden. Im Rahmen der durch das Wechselspiel von Feststoffgehalt und Viskosität gesetzten Grenzen sind darüber hinaus die Verfahren nasser Formgebung vorteilhaft nutzbar, bei denen ein ideal-dispergierter Schlicker unmittelbar in einen konsolidierten grünen Formkörper überführt wird.
-
Ein wesentlicher Bestandteil der erfindungsgemäßen Lösung ist der Einsatz des erfindungsgemäßen hochreinen Nanospinellpulvers zur Herstellung dichtgesinterter transparenter Spinellprodukte mit einer InLine-Transmission ≥ 60% bei 640 nm und 3 mm Dicke. Im Fall der Messung an Proben anderer Dicke t gilt folgende Umrechnung der Transmission T(t) als Funktion der Probendicke:
T(t2) = Tth(λ)·[T(t1)/Tth(λ)t2/t1; hierbei ist T
th(λ) die theoretische (maximal mögliche) Transmission des Spinells bei der zur Messung verwendeten Wellenlänge λ (T
th(λ) = 87% bei 640 nm). Die genannte Beziehung zum Dickeneinfluss gilt gleichermaßen für die mit handelsüblichen Spektrometern gemessene InLine-Transmission (bei effektiver Apertur solcher Geräte von typischerweise 2–4°) wie für die u. a. in
DE – 10 2004 004 259 B3 beschriebene ”wirkliche” (mit Apertur nahe 0.5° gemessene) RIT-Transmission (RIT = real in-line transmission).
-
Im Weiteren wird die Erfindung an mehreren Ausführungsbeispielen erläutert.
-
Beispiel 1 (anorganische Salze als Ausgangsstoffe)
-
Es wurden 0,3 mol Mg(NO3)2, 0,6 mol Al(NO3)3 und 0,03 mol Ethylacetoacetat in 1 l Wasser gelöst und die Lösung unter Rühren auf 90°C erhitzt. Ethylacetoacetat wirkt dabei als Komplexbildner für Al3 +, wodurch die Bildung feiner Kristallite bei anschließender Hydrolysereaktion mit 25%iger NH3-Lösung (bis pH > 9) begünstigt wird. Das entstandene Gel wurde bei 90°C unter Rühren 15 h gealtert. Nach Trocknung (120°C/10 h) und Kalzinierung (1000°C/2 h) lag einphasiges MgO·Al2O3 als kristallines Spinellpulver (amorphe Anteile < 2%) mit einer spezifischen Oberfläche von 52 m2/g vor. Durch Ultraschall-Dispergierung und 6-ständige Dispergiermahlung im Attritor in Ethanol mit hochreinen, verschleißarmen Al2O3-Mahlkugeln (transparente Qualität mit Sub-μm-Gefüge und Reinheit > 99,95%; IKTS Dresden) wurde einer im Zuge der Pulversynthese aufgetretenen partiellen Agglomeration entgegengewirkt. Durch entsprechende Reinheit der ausgewählten Ausgangsstoffe und die hochreine Verarbeitung war die Summe der mittels ICP nachgewiesenen Kationen-Verunreinigungen ca. 1100 Masse-ppm (darunter 803 ppm Si, 113 ppm Ca, 31 ppm Yb, 11 ppm Fe) entsprechend einer Reinheit von ca. 99,9%. Ein technologisch relevantes Kriterium für die wirkliche Redispergierbarkeit eines durch Kalzinierung erzeugten Nanospinellpulvers ist dessen Verwendbarkeit in einem defektarmen Formgebungsprozess und eine auf diesem Wege ermöglichte niedrige Dichtsintertemperatur des kompakten Formkörpers; mit Blick auf das Ziel der Verwendbarkeit des Pulvers zur Herstellung dichtgesinterter transparenter Spinellprodukte meint der Begriff ”Dichtsintern” hierbei die Herstellung von Gefügen mit extrem hoher relativer Dichte > 99,9%. Im vorangegangenen Herstellungsverfahren ist besonderer Wert auf eine hohe Reinheit der Prozesse und Produkte gelegt worden. Auf jegliche Dotierung zur Förderung des Dichtsinterns oder zur Begrenzung des Kornwachstums wurde verzichtet. Bereits im Zuge der Dispergiermahlung im Attritor des kalzinierten Pulvers wurden diesem 5 Ma.-% (bezogen auf den Feststoffgehalt) Glycerin als Presshilfsmittel für die nachfolgende Formgebung von Sinterkörpern zugesetzt. Nach dem Trocknen des Pulvers im Rotationsverdampfer erfolgte die Formgebung von Scheiben (Ø 24 mm, Höhe 5 mm) durch uniaxiales Vorpressen (50 MPa) und kaltisostatisches Nachpressen (700 MPa). Im Weiteren folgten Ausbrennen des Presshilfsmittels (800°C/2 h) und Dichtsintern auf 98% der theoretischen Dichte von MgO·Al2O3-Spinell (3,58 g/cm3) an Luft bei 1240°C (2 h).
-
Die zur Erzeugung hochtransparenter Komponenten erforderliche Temperatur beim heißisostatischen Pressen (HIP) betrug bei Verwendung des oben beschriebenen erfindungsgemäßen Pulvers 1260°C (bei 15 h isothermer Sinterung) und somit deutlich unter der, die mit 1400 bis 1700°C z. B. von Shibata (
EP – 0332393 B1 ) für die Herstellung von transparenter Spinellkeramik aus Spinellpulver niederer spezifischer Oberfläche (10–14 m
2/g) bekannt ist, und sie unterschreitet auch erheblich die 1450°C, die bei Verwendung eines kommerziellen Spinellpulvers mit 28 m
2/g spezifischer Oberfläche für die erstmalige Erzeugung einer transparenten Spinellkeramik mit Korngröße 1,4 μm erforderlich war (
DE – 10 2004 004 259 B3 ). Als Folge dieser niedrigen Herstellungstemperatur ergab sich für die Keramik aus dem erfindungsgemäßen hochreinen Nanospinellpulver eine besonders kleine mittlere Korngröße von nur 0,38 μm (= das 1,56fache der mittleren Sehnenlänge aus elektronenmikroskopischer Linienschnittanalyse). Die RIT-Transmission polierter Proben (gemessen wie in DE – 10 2004 004 259 B3 angegeben) war 65% bei 640 nm und 3 mm Dicke. Die Vickers-Härte HV10 wurde auf einer polierten Fläche mit einer Prüflast des Indenters von 10 kg bestimmt (Prüfung nach DINV/ENV 843-4). Die Verbindung der extrem kleinen Sub-μm-Korngröße mit höchster Dichte > 99,9% ermöglicht besonders hohe Härten, hier im Beispiel gemessen als HV10 = 14,71 +/– 0,28 GPa, und unterstreicht die Vorteile des Einsatzes des erfindungsgemäßen Nanospinellpulvers zur Herstellung dichtgesinterter transparenter Nanosinterspinellkeramik hoher Härte bei niedriger Sintertemperatur.
-
Beispiel 2 (metallorganische Precursoren als Ausgangsstoffe)
-
In 1 l Isopropanol wurden 0,2 mol Mg(OC2H5)2, 0,4 mol Al(i- OC3H7)3 gelöst, die Lösung wurde unter Rühren auf 90°C erhitzt und mittels Hydrolyse (tropfenweiser Zugabe von Wasser) ein Sol erzeugt. Dessen Trocknung (120°C/10 h) und Kalzinierung (1100°C/2 h) ergab ein kristallines Nanospinellpulver (Spinell-Anteil 85%, Rest MgO) ohne messbare amorphe Anteile und mit einer spezifischen Oberfläche von 81 m2/g. Die Summe der mittels ICP nachgewiesenen Kationen-Verunreinigungen 670 Masse-ppm (darunter 236 ppm Si, 105 ppm Fe, 30 ppm Ca) entsprechend einer Reinheit von ca. 99,93%. Dispergierung und Formgebung erfolgten wie im Beispiel 1. Das Vorsintern erfolgte bei 1280°C (2 h) an Luft mit einer resultierenden relativen Dichte von 97%. Anschließend wurde bei 1280°C (15 h) per HIP nachverdichtet. Nach HIP bei 1280°C wiesen die transparenten, polierten Proben bei einer mittleren Korngröße von 0,52 μm eine HV10-Härte von 14,65 +/– 0,42 GPa und eine RIT-Transmission von 81,8% bei 640 nm Wellenlänge und 3 mm Dicke auf. Bei Anwendung einer höheren HIP-Temperatur von 1400°C verringerten sich die Transmission und Härte der dann gröberen Gefüge (mit 1,8 μm mittlerer Korngröße) auf 77,5% und HV10 = 13,64 +/– 0,16 GPa.
-
Beispiel 3 (organische und oxidische Precursoren als Ausgangsstoffe)
-
In 1 l Isopropanol wurden 1 ml Al(i- OC3H7)3 bei 80°C gelöst. 0,5 mol MgO wurden als Pulver mittlerer Partikelgröße ~ 50 nm zugesetzt (spezifische BET-Oberfläche 173 m2/g). Mittels Hydrolyse (tropfenweiser Zugabe von Wasser) wurde ein Sol erzeugt und durch Trocknung (120°C/10 h) und Kalzinierung (1100°C/2 h) in ein weitgehend kristallines Nanospinellpulver (Spinell-Anteil 74%) mit 6% amorphen Anteilen, 14% MgO und einer spezifischen Oberfläche von 65 m2/g überführt. Dispergierung und Formgebung erfolgten wie in dem Beispiel 1. Die Grünkörper wurden anschließend bei 1540°C (2 h) an Luft bis auf 96% relativer Dichte vorgesintert und bei 1520°C (15 h) per HIP nachverdichtet. Nach HIP bei 1520°C wiesen die transparenten, polierten Proben bei einer mittleren Korngröße von 1,4 μm eine HV10-Härte von 12,35 +/– 0,15 GPa und eine RIT-Transmission von 80,7% bei 640 nm Wellenlänge und 3 mm Dicke auf. Nach HIP bei 1570°C waren Transmission (80,1% bei 640 nm, 3 mm Dicke) und Härte (12,35 +/– 0,25 GPa) ähnlich, allerdings bei dann etwas gröberem Gefüge (mittlere Korngröße 2,0 μm).