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Die Erfindung betrifft ein Knochenleitungshörgerät.
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Knochenleitungshörgeräte umfassen im Allgemeinen einen Vibrationskonduktor, der mit einer hinreichenden Anpresskraft bzw. einen Anpressdruck an den Kopf des Benutzers angedrückt wird und Vibrationen abgibt, die über Knochen des Kopfes als Schallwellen zum Innenohr geleitet werden. Somit können sie auch z. B. bei einem verschlossenen Außenohr oder bei Ausfluss aus dem Ohr verwendet werden. Die Anlage kann insbesondere an einem Knochen des Kopfes des Benutzers erfolgen, im Allgemeinen dem etwas hinter dem Ohr gelegenen Mastoid.
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Die Befestigung des Vibrationskonduktors erfolgt im Allgemeinen durch eine Brille oder ein geeignetes anderes Head-Set. Die
EP 1 967 893 A1 zeigt eine derartige Hörbrille mit einem Vibrationskonduktor, bei der die Befestigung zur Gewährleistung der Anlagekraft durch das Brillengestell erfolgt.
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Weiterhin sind bone anchored hearing instruments bekannt, bei denen das Hörgerät in einem Knochen verankert wird, im Allgemeinen durch eine in den Knochen gedrehte Schraube. Die Verankerung ragt somit aus dem Knochen und der Kopfhaut nach oben heraus und gewährleistet eine feste Anbindung des Vibrationskonduktors. Eine derartige Verankerung kann nur durch eine Operation, jedoch nicht z. B. von einem Akustiker vorgenommen werden. Weiterhin ist die Infektionsgefahr relativ groß.
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Die
DE 201 05 562 U1 beschreibt ein Hörgerät mit einem im Kopf des Hörgeschädigten subkutan angebrachten Implantat, das eine Empfangsspule und einen mit den Hörnerven gekoppelten Empfänger enthält, und mit einem externen Headset, das ein Mikrofon, einen Sender, gegebenenfalls einen Sprachprozessor und eine Sendespule enthält und hinter dem Ohr zu tragen ist. Das Implantat und das Headset sind über die Sende- und Empfangsspule gekoppelt, wobei das Headset am einen Ende eines Biegeelementes angebracht ist, dessen anderes Ende mittels einer Otoplastik am Ohr des Hörgeschädigten festgelegt wird.
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Die
DE 203 17 963 U1 beschreibt ein Headset, das aus einem oder zwei Hörern mit einer Otoplastik und einem Mikrofon besteht. Der oder die Hörer sind durch eine maßangefertigte Otoplastik am Ohr angebracht, an der gleichzeitig ein Schwanenhalsmikrofon befestigt ist.
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Die
EP 1 404 146 A1 beschreibt ein Knochenleitungshörgerät mit einem Tragband, das an beiden Enden je eine Schnappöffnung als Befestigungsabschnitt und einen Ohrhaken aufweist. Die Knochenleitungshörer werden in den Schnappöffnungen befestigt und durch das Trageband an den Kopf gedrückt.
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Aus Hörakustik, Theorie und Praxis, 1. Auflage, DOZ Verlag Heidelberg, Jens Ulrich und Eckhard Hoffmann, 2007, Seiten 977, 978, 983–986, 994, ISBN 978-3-922269-80-9, insbesondere Seite 977 ist beschrieben, dass die Otoplastik das mechanische und akustische Bindeglied zwischen Hörsystem und Trommelfell darstellt. Bei der Auswahl der Otoplastik sind verschiedene Parameter zu beachten, wie beispielsweise die Haltgebung und Form der Otoplastik und der Einsatz von Belüftungsbohrungen.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Knochenleitungshörgerät zu schaffen, dass eine sichere Anbindung und Ausbildung der Anpresskraft des Vibrationskonduktors mit relativ geringem Aufwand ermöglicht.
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Diese Aufgabe wird durch ein Knochenleitungshörgerät nach Anspruch 1 gelöst. Die Unteransprüche beschreiben bevorzugte Weiterbildungen.
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Erfindungsgemäß wird ein Formpassstück, insbesondere eine Otoplastik, in den Gehörgang gesetzt, wobei das Formpassstück zur Abstützung der Anpresskraft des Vibrationskonduktors vorgesehen ist, d. h. zur Ausbildung der Gegenkraft dient, um die Anpresskraft des Vibrationskonduktors an einem geeigneten Knochen des Kopfes des Benutzers auszubilden. Zwischen dem Formpassstück und dem Vibrationskonduktor ist ein elastischer Haltearm angebracht, der zum einen in verschiedene Stellungen bzw. Biegestellungen einstellbar ist, und zum anderen in diesen jeweils eingestellten Biegestellungen dann jeweils zur Ausbildung einer elastischen Biegekraft bzw. Rückstellkraft geeignet ist.
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Hierbei ist das Formpassstück bzw. die Otoplastik offen, d. h. mit einer durchgängigen Öffnung ausgebildet, so dass das Innenohr weiterhin belüftet wird und gegebenenfalls ein Ausfluss von Sekret aus dem Innenohr ermöglicht wird. Somit wird der Einsatz des erfindungsgemäßen Knochenleitungssystems auch bei denjenigen Krankheiten ermöglicht, bei denen eine Schalleinleitung in den Gehörgang problematisch oder unmöglich ist, z. B. bei Ausfluss aus dem Mittelohr, Otitis media.
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Hierbei liegt das Formpassstück vorteilhafterweise druckfrei bzw. ohne Verspannung im Gehörgang an. Das Formpassstück kann nicht nur an der Wandung des Gehörgangs, sondern ergänzend etwas an der Concha anliegen, z. B. mit einem ringförmigen Bereich.
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Erfindungsgemäß ist somit eine überraschend einfach ausgebildete Lösung gefunden. Durch Einsetzen eines Formpassstücks in den Gehörgang wird bereits eine sichere Befestigung erreicht, ohne aufwändige Head-Sets oder Brillen einzusetzen und weiterhin auch ohne eine Knochenverankerung durch Einschrauben eines Ankers in einen Knochen vorzunehmen. Es wird erfindungsgemäß erkannt, dass ein Formpassstück bzw. eine Otoplastik nicht nur zur sicheren Aufnahme z. B. eines Schallschlauchs dienen kann, sondern durch seine Passform und die hierdurch bewirkte gleichmäßige Kraftverteilung auch zur Abstützung eines Haltearms geeignet ist, der aus der Concha bzw. dem Außenohr heraus zu einem Knochen des Kopfes des Benutzers außerhalb des Außenohrs geführt wird. Durch Verwendung des erfindungsgemäßen Haltearms kann hierbei die elastische Anlagekraft bzw. Anpresskraft ausgeübt werden, wobei das Formpassstück als Gegenlager zum Abfangen der Anpresskraft dient.
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Somit sind im Wesentlichen drei funktionell relevante Teile, nämlich der Vibrationskonduktor, der elastische und einstellbare Haltearm sowie das in den Gehörgang einzusetzende Formpassstück erforderlich. Ergänzend können eine Elektrik-Einheit, d. h. insbesondere eine Steuereinrichtung, vom Benutzer zu betätigende Stellglieder z. B. zur Einstellung der Lautstärke sowie weiterhin ein Verstärker, gemäß unterschiedlicher Ausführungsformen am Formpassstück, im Bereich des Vibrationskonduktors oder auch in einem zusätzlichen HdO-Bereich angeordnet werden. Das Mikrofon kann auch in der Elektrik-Einheit aufgenommen sein; vorteilhaft ist jedoch eine Anbringung in oder an dem Formpassstück, insbesondere im Bereich der durchgängigen Öffnung, so dass ein natürliches Hörempfinden erreicht werden kann.
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Ein besonderer Vorteil der Erfindung ist die Variabilität der Positionierung des Vibrationskonduktors, die an unterschiedlichen Knochen erfolgen kann. Erfindungsgemäß kann er zum einen an dem Mastoid bzw. hinter dem Ohr angebracht werden, so dass der Haltearm z. B. von dem Formpassstück zunächst nach vorne und oben über den oberen Ohrmuschelrand und hinter dem Außenohr bzw. der Ohrmuschel nach hinten zur Anlagestelle an den Mastoid geführt wird. Weiterhin ist es erfindungsgemäß auch möglich, dass der Haltearm von dem Formpassstück nach vorne geführt wird, z. B. zur Anlage am Jochbein oder einem Kieferknochen, z. B. im Bereich des Kiefergelenks. Die jeweilige Auswahl der Anlagestelle kann in Abhängigkeit von der Anatomie des Benutzers und/oder von ästhetischen Gesichtspunkten erfolgen.
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Somit ist erfindungsgemäß eine leichte Anpassung möglich, wobei das Formpassstück selbst als standardisiertes Bauteil oder auch durch einen individuellen Abdruck ausgebildet werden kann, den z. B. ein Akustiker in an sich üblicher Weise anfertigen kann. Der Haltearm wird hierbei entweder direkt fest an das Formpassstück bzw. die Otoplastik angebunden oder auch lösbar durch z. B. eine Steckverbindung angekoppelt, wobei diese Steckverbindung vorteilhafterweise hinreichend steif ist, um die Übertragung der Gegenkraft bzw. die Aufnahme des elastischen Haltearms nicht durch eine zu hohe Nachgiebigkeit zu beeinträchtigen. Die weitere Einstellung erfolgt durch entsprechendes Biegen und Einstellen des Haltearms, was durch den Benutzer selbst oder eine Hilfskraft z. B. auch den Akustiker erfolgen kann.
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Hierbei kann ein standardisierter Haltearm verwendet oder ein Haltearm mit geeigneter Länge aus einem entsprechenden Satz von Haltearmen gewählt werden. Die elektrische Signalübertragung kann insbesondere durch den Haltearm selbst erfolgen, der z. B. aus mehreren miteinander verdrillten Einzeldrähten gebildet sein kann, wobei die Leitungen gegebenenfalls als Teil der Drähte mit aufgedrillt werden können. Insbesondere eine derartige Ausbildung des Haltearms durch Verdrillen mehrerer Einzeldrähte ermöglicht die gewünschte Verstellbarkeit in unterschiedliche Biegestellungen, bei denen dennoch jeweils eine Elastizität zur Ausbildung einer Rückstellkraft vorhanden ist. Insbesondere können bei einem derartigen Haltearm auch mehrere Verstellungen ohne Materialermüdung erfolgen.
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Die Erfindung wird im Folgenden anhand der beiliegenden Zeichnungen an einigen Ausführungsformen erläutert. Es zeigen:
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1: ein Knochenleitungshörgerät gemäß einer ersten Ausführungsform bei Anbringung am Außenohr eines Benutzers in Seitenansicht;
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2 eine zu 1 alternative Ausführungsform;
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3 eine Schnittdarstellung der Außenohranordnung aus 1 oder 2 gemäß einer Ausführungsform.
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4 einen Schnitt IV-IV durch den Haltearm in 1 und 2;
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5 ein Knochenleitungshörgerät gemäß einer weiteren Ausführungsform.
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Ein erfindungsgemäßes Knochenleitungshörgerät 1 ist gemäß 1 an einem Außenohr 2 eines Benutzers angebracht. Das Knochenleitungshörgerät 1 weist als Befestigungseinrichtung eine Otoplastik 3 auf, die in einen Gehörgang 4 des Benutzers gesetzt ist und somit an der Gehörgangwandung 4a anliegt. Die Otoplastik 3 ist als Formpassstück ausgebildet und kann insbesondere individuell für den jeweiligen Benutzer bzw. die Anatomie seines Außenohres 2 und Gehörgangs 4 angefertigt werden, z. B. durch einen Abdruck; es sind jedoch auch Otoplastiken 3 als standardisierte Bauteile einsetzbar. Gemäß dem Schnitt der 3 kann die Otoplastik 3 z. B. zweiteilig sein. Die Anlage der Otoplastik 3 an der Gehörgangwandung 4a kann insbesondere druckfrei bzw. ohne direkte Verspannung erfolgen. Die Otoplastik 3 ist offen, d. h. sie weist eine durchgehende Öffnung 6 auf, die somit den direkten Durchtritt von Schallwellen von außen in den Gehörgang 4 zum Mittelohr 5 und weiter zum Innenohr und gegebenenfalls einen Austritt von Flüssigkeiten oder Sekreten aus dem Mittelohr 5 durch den Gehörgang 4 nach außen ermöglicht. Die durchgängige Öffnung 6 verläuft vorteilhafterweise mittig und axial. Sie kann sich z. B. zum Mittelohr 5 hin trichterförmig verjüngen.
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Die Otoplastik 3 ist vorteilhafterweise aus einem steifen Material, z. B. einem hinreichend steifen Kunststoff- oder Kautschukmaterial, oder auch aus Metall hergestellt. Hinreichend steif bedeutet hierbei, dass die Gegenkraft zur Abstützung des Haltearms gewährleistet wird. Hierbei kann die Otoplastik 3 gegebenenfalls auch gemäß 3 in der Concha 2a des Außenohres 2 anliegen, z. B. mit einem ringförmigen Bereich 7.
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An die Otoplastik 3 schließt sich ein Haltearm 10 an, der aus dem Außenohr 2 heraus verläuft und gemäß den 1 und 2 unterschiedliche Verläufe, gegebenenfalls auch unterschiedliche Längen aufweisen kann. Gemäß der Ausführungsform der 1 verläuft der Haltearm 10 nach (in Bezug auf die Blickrichtung des Benutzers) vorne über den tragus oder die incisura anterior weiter nach vorne, wobei am Ende des Haltearms 10 ein Vibrationskonduktor 12 zur Anlage an einem Knochen 13a des Kopfes des Benutzers angebracht ist. Bei der Ausführungsform der 1 kann dieser – hier nur angedeutete – Knochen 13a insbesondere das Jochbein oder ein Knochen im Bereich des Kiefers sein, z. B. die Kiefergelenkverankerung.
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Bei der Ausführungsform der 2 verläuft der Haltearm 10 gekrümmter, wobei er z. B. zunächst wiederum nach vorne über den tragus oder die incisura anterior verläuft und dann verdeckt hinter dem oberen Ohrmuschelrand, d. h. hinter dem Außenohr 2 nach hinten verläuft, wobei der Vibrationskonduktor 12 z. B. am hier nur angedeuteten Mastoiden 13b des Kopfes des Benutzers anliegt.
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Erfindungsgemäß wird eine Anlagekraft oder Anpresskraft von z. B. 100 g auf den Vibrationskonduktor 12 ausgeübt, wobei diese Anlagekraft bzw. dieser Anpressdruck über den Haltearm 10 ausgeübt wird. Erfindungsgemäß wird hierbei erkannt, dass diese Anpresskraft bereits durch die Abstützung der Otoplastik 3 im Gehörgang 4 bzw. die hierdurch ausgeübte Gegenkraft und gegebenenfalls ergänzend durch Anlage des Bereichs 7 an der Concha 2a ausgeübt bzw. abgestützt werden kann.
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Erfindungsgemäß kann der elastische Haltearm 10 von dem Benutzer oder einem die Anpassung vornehmenden Helfer zunächst durch Kaltbiegen individuell an die Form und Anatomie des menschlichen Kopfes angepasst werden, nach dieser Verformung in der jeweils eingestellten Position bzw. Formgebung ist er jedoch jeweils elastisch verstellbar. Der Haltearm 10 kann insbesondere gemäß 4 durch mehrere miteinander verdrillte Einzeldrähte 11 ausgebildet sein, wobei elektrische Leitungen 11a zu dem Vibrationskonduktor 12 mit aufgedrillt sind. Alternativ hierzu ist grundsätzlich jedoch z. B. auch ein biegsames und in seinen Biegestellungen elastisches bzw. eine Rückstellkraft aufbauendes Rohr einsetzbar.
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Eine Steuereinrichtung 14 und vom Benutzer zu betätigende Stellglieder 15 sowie ein Verstärker 17 können insbesondere gemäß 1, 2 in einem Elektrik-Bereich 16 hinter dem Außenohr 2 bzw. der Ohrmuschel bzw. dem oberen Ohrmuschelrand angeordnet sein. Sie können hierbei je nach Aus führungsform direkt auf dem Haltearm 10, oder als verdickter Bereich entsprechend herkömmlichen HdO-Hörgeräten ausgebildet sein. Somit ist dieser Elektrik-Bereich 16 z. B. mit der Otoplastik 3 verbunden, so dass die Otoplastik 3 zum einen mit diesem hinter dem Außenohr liegenden Elektrik-Bereich 16 und weiterhin mit dem Haltearm 10 verbunden ist. Hierbei kann der Elektrik-Bereich 16 gemäß 1 von dem Haltearm 10 abzweigen, oder gemäß 1 als Verdickung in dem Haltearm 10 ausgebildet sein.
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Beim Anpassen des erfindungsgemäßen Knochenleitungshörgeräts 1 wird z. B. zunächst bei eingesetzter Otoplastik 3 eine Biegestellung gewählt; bei der der Vibrationskonduktor 12 an dem betreffenden Knochen 13a, 13b ohne Vorspannung anliegt, nachfolgend wird eine weitergehende Verbiegung des Haltearms 10 eingestellt, z. B. bei aus dem Gehörgang 4 genommener Otoplastik 3, und nachfolgend die Otoplastik 3 wiedereingesetzt, so dass der Haltearm 10 durch seine Vorspannung die gewünschte Anpresskraft von z. B. 100 g auf den Vibrationskonduktor 12 ausübt.
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Erfindungsgemäß kann gemäß 3 ein Mikrofon 18 an der Otoplastik 3, insbesondere auch im Bereich ihrer Öffnung 6 angebracht sein, so dass sie Schallwellen im Bereich des Gehöhrgangs 4 aufnimmt, so dass eine übliche Schallaufnahme bzw. ein übliches akustisches Hörvermögen nachgebildet werden kann.
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Gemäß der Ausführungsform der 5 ist der Elektrik-Bereich als Teil oder zusammen mit der Otoplastik 3 vorgesehen, so dass kein HdO-Bereich erforderlich ist.