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Terpenoide
bilden eine heterogene Klasse von Naturstoffen, die von flüchtigen,
niedermolekularen bis zu hochmolekularen, polymeren Verbindungen
reicht. Unter ihnen findet man unter anderem azyklische, mono-,
bi-, tri- und tetrazyklische und kondensierte Systeme, Kohlenwasserstoffe,
Alkohole, Ketone, Aldehyde, Epoxide und heterozyklische Verbindungen,
um nur einige zu nennen. Ihr Bauprinzip wird am besten durch die
Biosynthese verstanden. So sind die Terpenoide dadurch gekennzeichnet,
dass sie aus einem oder mehreren Isoprenoideinheiten zusammengesetzt
sind. Ein allgemeines Charakteristikum der Terpene, einer Untergruppe
der Terpenoide, ist die Tatsache, dass die Anzahl ihrer Kohlenstoffatome
durch fünf teilbar ist. Es werden jedoch auch solche Verbindungen
zu den Terpenoiden gezählt, die von dieser Regel abweichen
und, bei denen die Anzahl der Kohlenstoffatome dadurch, dass im
Ablauf der Biosynthese Kohlenstoffatome aus- oder eingeschleust
wurden, keinem Vielfachen von 5 entspricht.
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Die
Menge der Verbindungen der Gruppe der Terpenoide spiegelt auch den
Umfang der verschiedenen chemischen und biologischen Wirkungen dieser
Stoffgruppe wieder. Viele dieser Terpenoidverbindungen besitzen
eine antimikrobielle und sogar eine zytostatische Wirksamkeit. Sie
werden z. B. zur Konservierung für kosmetische Präparate
und auch als Therapeutika verwendet. Andere Terpene wirken als hormonelle
Wachstumsregulatoren in Pflanzen und Tieren oder stellen wichtige
Mediatoren in der Wechselwirkung zwischen Pflanzen und Tieren dar.
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Die
Bedeutung dieser Naturstoffe für die chemische Industrie
sowie für die pharmazeutische Industrie kann fast nicht überschätzt
werden. Trotz des sehr großen Spektrums biologischer Effekte
und Wirkweisen, die diese Gruppe von Naturstoffen kennzeichnet,
gibt es ein gesteigertes Interesse deren Wirkung weiter zu optimieren
oder zu modifizieren. Dies kann durch eine gezielte chemische Modifikation
der entsprechenden Verbindung erreicht werden. Häufig erfolgt
dies durch Hinzufügen funktioneller Gruppen an definierten
Stellen des Moleküls.
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Bei
diesen Veränderungen spielt nicht nur die Regioselektivität
sondern auch die Stereoselektivität der Modifikation eine
entscheidende Rolle. Die unterschiedliche Wirkung verschiedener
Enantiomere, also von Stereoisomeren chemischer Verbindungen, die
in ihrem Aufbau jedoch nicht in ihrer Chiralität übereinstimmen,
hat in der Vergangenheit traurige Bestätigung gefunden.
Dies unterstreicht jedoch die Bedeutung von gezielten chemischen
Modifikationen im Bereich der chemischen und pharmazeutischen Industrie.
Eine wichtige chemische Modifikation ist die Hydroxylierung einzelner
Kohlenstoffatome bestimmter Moleküle insbesondere die Hydroxylierung nicht
aktivierter Kohlenstoffatome.
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Verfahren
zur Hydroxylierung nicht aktivierter Kohlenstoffatome sind bekannt.
Anwendung finden hierbei Radikalreaktion sowie der Einsatz chemischer
Katalysatoren.
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Bei
beiden genannten Verfahren handelt es sich jedoch um unselektive
Verfahren, bei denen alle möglichen Reaktionspartner mehr
oder weniger stochastisch chemisch modifiziert werden. Demnach erfährt
nur ein geringer Teil der Verbindungen, insbesondere hinsichtlich
des Ortes und der resultierenden räumlichen Anordnung,
die gewünschte chemische Modifikation. So kann durch diese
Verfahren schon das Kriterium der Regioselektivität, also
welches Atom an der Reaktion beteiligt wird, nicht erfüllt werden.
Entsprechende Reinigungs- und Selektionsverfahren müssen
als Folge eingesetzt werden, um das Erwünschte aus der
Mischung von Reaktionsprodukten in Reihform zu isolieren.
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Darüber
hinaus handelt es sich bei chemischen Katalysatoren häufig
um toxische Verbindungen, die in der Entsorgung teuer und deren
Aufarbeitung sehr aufwendig ist.
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Eine
Alternative dazu, auch um eine regioselektive Modifikation der Verbindung
zu gewährleisten, stellt die de novo-Synthese der Verbindung
dar. Eine entsprechende chemische Totalsynthese ist sehr aufwendig,
da unter Umständen sehr viele Syntheseschritte durchgeführt
werden müssen. Dies führt zu erheblichen Kosten,
zum einen aufgrund des erhöhten Arbeitsaufwandes aber auch
aufgrund der Vielzahl für die Synthese notwendigen Substanzen
und Einrichtungen.
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Jedoch
auch unter Berücksichtigung aller oben genannten Möglichkeiten
kann eine stereoselektive Modifikation der chemischen Verbindung
nicht immer gewährleistet werden.
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Um
diese Probleme der chemischen Synthese und chemischen Modifikation
von chemischen Substanzen zu umgehen, wird zunehmend auf Enzyme
zur Katalyse der gewünschten Reakti on gesetzt. Häufig
werden hierbei natürliche, also in der Natur vorkommende
Reaktionen eingesetzt, so dass die Enzyme verwendet werden, welche
die Reaktionen auch in den entsprechenden, zu diesen Stoffwechselwegen
befähigten Organismen, umsetzen.
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Aufgabe
der vorliegenden Erfindung ist es die im Stand der Technik bekannten
Nachteile in Bezug auf Regioselektivität zu verbessern
und eine verbesserte Stereoselektivität der Hydroxylierung
von Terpenoiden zu erreichen, wobei ferner auch besonderes Augenmerk
darauf gerichtet ist, dass die entsprechende Hydroxylierung in einem
Schritt durchzuführen ist.
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Die
Fähigkeit bestimmter Enzyme der Familie der Cytochrome
zur Hydroxylierung definierter Positionen in einzelnen Verbindungen,
auch solcher aus der Gruppe der Terpenoide, ist bekannt. Diese Enzyme
zeichnen sich in der Regel durch eine sehr hohe Substratspezifität
aus; sie können also in der Regel die Umsetzung ganz bestimmter
Substrate katalysieren. Betrachtet man die Präzision der
katalysierten Reaktion, insbesondere in Bezug auf deren Regioselektivität
sowie auf deren Stereoselektivität, so ist dies auch nicht
weiter verwunderlich. Der zu modifizierende Bereich des Substrates
muss für eine entsprechend spezifische Umsetzung genau
in das katalytische Zentrum des Enzyms passen. Dies kann jedoch
schon durch geringe Veränderung der dreidimensionalen Struktur
des Substrates sowie durch Veränderungen von dessen Ladungsverteilung
unmöglich werden.
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Die
Verwendung bestimmter Hydroxylasen zur enzymatischen Umsetzung,
so wie auch z. B. die Verwendung von Cytochrom P-450 ist weithin
bekannt. In der Regel werden bei solchen Verwendungen, die häufig
als Biokatalysatoren bezeichneten Enzyme in gereinigter Form, also
in vitro, verwendet. Hierbei müssen jedoch neben den eigentlichen
Biokatalysatoren auch die für die Reaktion notwendigen Reaktionspartner,
wie im Fall der genannten Hydroxylase entsprechende Elektronentransferpartner,
sowie Co-Faktoren (wie z. B. NADPH) und Regenerationssysteme (wie
Glucose-6-Phosphat, Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase) zugesetzt
werden. Somit ist neben der Expression und der anschließenden
Aufreinigung des Enzyms auch die Aufreinigung oder Synthese besagter
Reaktionspartner, Co-Faktoren und Regenrationssysteme von Nöten;
dadurch wird die enzymatische Umsetzung in vitro aufwendiger und
in der Regel auch teurer.
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Um
dies zu umgehen, werden im Stand der Technik auch sogenannte Ganz-Zell-Katalysatoren verwendet.
Hierbei werden das Enzym und die benötigten Reaktionspartner
von Zellen, wie z. B. Bakterien, produziert und die eigentliche
katalytische Reaktion auch von diesen Zellen, bzw. von den Enzyme
in diesen Zellen durchgeführt. Diese lebenden Systeme können
im Vergleich größere Mengen des Substrates umsetzen,
so dass vergleichbare Produktionsraten in vitro nur unter Verwendung
eines immensen Enzymeinsatzes zu erreichen sind. Der Einsatz von Ganz-Zell-Katalysatoren
setzt voraus, dass alle für die Reaktion benötigten
Komponenten bekannt sind und auch genetisch verfügbar sind,
so dass sie in den als Ganz-Zell-Katalysator dienenden Organismus eingebracht
und von diesem produziert werden könne. Unter Umständen
können hierfür auch funktionell ähnliche,
bekannte und verfügbare Substanzen eingesetzt werden. Dennoch
führt eine heterologe Kombination in der Regel zu Einbußen
in Bezug auf Effektivität und Qualität der Reaktion,
da die beteiligten Komponenten schlechter aufeinander abgestimmt sind.
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So
ist z. B. auch ein auf Escherichia coli basierendes System zur Hydroxylierung
von Steroiden, nämlich Progesteron und 11-Deoxycortisol
bekannt. Hierbei wird Cytochrom P-450 CYP106A2 in E.coli exprimiert,
die nötigen Elektronentransferpartner werden durch bovine
Redoxproteine substituiert.
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Bei
Cytochrom P-450 CYP106A2 handelt es sich um eine 15β-Hydroxylase,
die bestimmte Stereoide in der 15β-Position zu hydroxylieren
kann. In der Literatur beschrieben ist die katalytische Umsetzung von
Progesteron sowie 11-Deoxycortisol; beide werden an der 15β-Position
hydroxyliert. Das in diesem Fall die oben erwähnte Substratspezifität
nicht zum tragen kommt, ist auf den geringen Unterschied zwischen
diesen beiden Verbindungen zurückzuführen, denn
der von der katalytischen Umsetzung betroffene Bereich, die 15β-Position
des Ringsystems der Verbindungen, ist identisch.
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Allerdings
ist dieses von Hannemann et al. (2006, J Biotechnology 124:
172–181) publizierte System zum einen auf die
genannten Substrate limitiert, zum anderen bestehen aus den oben
genannten Gründen Einschränkungen bezüglich
der Effektivität der Reaktion.
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Es
besteht also nach wie vor ein Bedarf an Systemen und Verfahren zur
effektiven, wirtschaftlichen, präzisen regiospezifischen
und verbesserten stereospezifischen, enzymatischen Hydroxylierung chemischer
Verbindungen, insbesondere auch der Hydroxylierung andere Kohlenstoffatome
bestimmter oder ausgewählter Verbindungen, für
deren Umsetzung es kein Pendant in der Natur bekannt ist. Oder allgemein
gesprochen von bestimmten nicht-aktivierten Kohlenstoffatomen.
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Entsprechend
der formulierten Aufgabe stellt die Erfindung ein Verfahren zur
Hydroxylierung von Terpenoiden gemäß Anspruch
1 bereit. Die Aufgabe wird dabei durch die Verwendung von Cytochrom P-450
CYP106A2 in einem Ganz-Zell-Katalysator gelöst., wobei
bevorzugte Ausgestaltungsform betreffend Abwandlungen des Verfahrens
zur Hydroxylierung von Terpenoiden sowie der Verwendung von Cytochrom
P-450 CYP106A2 oder des Ganz-Zell-Katalysator jeweils Gegenstand
der entsprechenden Unteransprüche sind.
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Gemäß der
Erfindung weist das Verfahren zur Hydroxylierung von Terpenoiden
wenigstens die folgenden Schritte auf:
In einem vorzugsweise
ersten Schritt des erfindungsgemäßen Verfahrens
wird das Cytochrom P-450 CYP106A2 aus Bacillus megaterium als Biokatalysator
zu einem geeignetem Reaktionsmedium gegeben.
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Als
Biokatalysator werden im Rahmen der Erfindung polymere Biomoleküle,
insbesondere Enzyme, verstanden, welche die Hydroxylierung von Kohlenstoffatomen
katalysieren. Als geeignetes Reaktionsmedium werden im Sinne der
vorliegenden Erfindung sowohl für enzymatische Reaktionen
geeignete Puffersysteme sowie für die Verwendung von Ganz-Zell-Katalysatoren
geeignete Zellkulturmedien verstanden, die dem Fachmann bekannt
sind.
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In
einem optionalen, vorzugsweise zweiten Schritt des erfindungsgemäßen
Verfahrens werden Elektronentransferpartner zugegeben. Unter Elektronentransferpartnern
im Sinne der vorliegenden Erfindung werden Kombinationen von Elektronendonatoren
und Elektronenakzeptoren verstanden, welche bei der Hydroxylierung
durch den Biokatalysator als Reaktionspartner fungieren. Ein Beispiel
hierfür sind adrenale Redoxproteine, wie das Paar bestehend aus
Adrenodoxin und Adrenodoxinreduktase. Andere Kombinationen von Elektronendonatoren
und Elektronenakzeptoren, gewonnen aus anderen Cytochrom P450 exprimierenden
Organismen oder Zellen, sind ebenso einsetzbar.
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In
einem weiteren Schritt des erfindungsgemäßen Verfahrens
wird das zu hydroxylierende Terpenoide der Reaktionsmischung zugegeben.
Nach dieser Zugabe erfolgt die Inkubation der Mischung. Unter Inkubation
wird das Wirkenlassen des Enzyms auf das Substrat bei in der Regel
definierter Temperatur sowie über eine in der Regel definierte
Zeitspanne, häufig bis zur vollständigen Umsetzung
der Ausgangsstoffe verstanden. Vorzugsweise wird die Inkubation
bei Temperaturen von ca. 15C°, 20C°, 25C°,
30C°, 32C° und/oder 36°C durchgeführt.
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Weiter
vorzugsweise wird die Inkubation für 1–3 Stunden,
3–8 Stunden, 5–12 Stunden, 6–18 Stunden
oder 12–24 Stunden durchgeführt.
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Den
abschließenden Schritt des erfindungsgemäßen
Verfahrens stellt die Extraktion des Hydroxylierungsprodukts dar.
Unter Extraktion wird im Sinne der Erfindung die Isolation bzw.
Aufreinigung der Reaktionsendprodukte verstanden.
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Gemäß der
bevorzugten Ausführungsform des Verfahrens wird das Cytochrom
P-450 CYP106A2 aus Bacillus megaterium in Form eines Ganz-Zell-Katalysators
verwendet.
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Der
Einsatz von CYP106A2 im erfindungsgemäßen Verfahren
zur Katalyse der Hydroxylierung von Terpenoide gewährleistet
auf Grund der hohen Spezifität des Enzyms eine sowohl regio-
als auch stereospezifische Umsetzung der zu modifizierenden Kohlenstoffatome.
Insbesondere sind aufgrund der katalytischen Eigenschaften des Enzyms
auch solche Atome für die Umsetzung akzessibel, die aufgrund
ihrer chemischen Eigenschaft für chemische Reaktion nicht
oder nur schlecht zugänglich sind, wie zum Beispiel nicht-aktivierte
Kohlenstoffatome. Das erfindungsgemäße Verfahren
ermöglicht darüber hinaus auch, dass die gewünschten
Reaktionen, im Gegensatz zu klassischen chemischen Modifikationen, bei
niedrigen Temperaturen und unter physiologischen Rahmenbedingungen
(bezogen unter anderem auf den pH-Bereich und die Osmolarität
der Reaktionsmediums) durchgeführt werden. Dies gewährleistet
eine schonende Umsetzung des Substrates und führt, zusätzlich
zur genannten Spezifität der Enzyme, zur einer geringen
Zahl an Nebenprodukten. Des Weiteren können die gewünschten
Hydroxylierungen direkt, das heißt in einem Schritt durchgeführt werden.
Bei der Verwendung des erfindungsgemäßen Ganz-Zell-Katalysators
werden die für die Reaktion benötigten Komponenten
wie Enzyme, Elektronentransferpartner, Co-Faktoren und die entsprechenden
Regenartionssysteme von den Zellen produziert, was ein in sich abgestimmtes
Zusammenspiel dieser Komponenten gewährleistet, und somit maximale
Umsatzraten ermöglicht. Auf diese Weise ermöglicht
die Verwendung des erfindungsgemäßen Ganz-Zell-Katalysators
eine vollständige Umsetzung des Substrates.
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All
dies stellt eine entscheidende Erleichterung und auch Kostenersparnis
im Vergleich zu der sonst unter Umständen nötigen
Neu-Synthese dar. Aber auch im Vergleich zur Modifikation bestehender Verbindungen,
da hier gegebenenfalls zusätzliche Reaktionsschritte zur
Aktivierung der an der Reaktion beteiligten Atome von Nöten
ist.
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Die
Erfindung bietet also eine sowohl effiziente, das heißt
in einem Reaktionsschritt durchführbare, als auch präzise,
das heißt sowohl regiospezifische als auch stereospezifische
Methode zur Hydroxylierung von Terpenoiden.
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Für
den Einsatz im erfindungsgemäßen Verfahren wird
das Cytochrom P-450 CYP106A2 entweder heterolog in einem Wirtsorganismus
exprimiert oder in einem Bacillus megaterium exprimiert. Als Wirtsorganismus
im Sinne der vorliegenden Erfindung werden sämtliche Organismen
aber auch Zellkulturlinien verstanden, in welchen unter Verwendung
entsprechenden Vektoren die kodierende Sequenz für das
Cytochrom P-450 CYP106A2 aus Bacillus megaterium eingebracht werden
kann und welche dadurch befähigt sind, das entsprechende
Enzym zu exprimieren.
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Gemäß weiterer
Ausführungsformen des Verfahrens wird das Cytochrom P-450
CYP106A2 aus Bacillus megaterium als aufgereinigtes Enzym oder als
Zellderivatpräperation für die Hxdroxylierung von
Terpenoiden verwendet.
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Gemäß einer
weiteren Ausführungsform des Verfahrens werden die zu hydroxylierenden
Terpenoide ausgewählt aus einer Gruppe bestehend aus Diterpenen
und/oder Triterpenen, gemäß weiterer Ausführungsformen
werden die zu hydroxylierenden Terpenoide aus einer Gruppe bestehend
aus 17α-Methyltestosteron, Abietinsäure, 11-keto-Boswelliasäure
und/oder Glycyrrhetinsäure ausgewählt.
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Unter
Terpenoiden werden im Rahmen der Erfindung solche Verbindungen bezeichnet
die auf Grund ihrer Biosynthese aus Isoprenoideinheiten aufgebaut
sind. Hierunter werden aber auch solche Verbindungen verstanden,
welche auf Grund ihrer Biosynthese von dem strikten Isoprenoidaufbau
abweichen und deren Anzahl an Kohlenstoffatome also nicht mehr zwingend
durch fünf teilbar ist. Unter Diterpenen im Sinne der vorliegenden
Erfindung werden solche Verbindungen verstanden, die aus vier Isoprenoideinheiten
aufgebaut sind und deren Kohlenstoffgerüst auf Grund ihrer
Biosynthese aus zwanzig Kohlenstoffatomen besteht. Es werden aber
auch solche Verbindungen als Diterpene im Sinne der vorliegenden
Erfindung angesehen, deren Kohlenstoffgerüst auf Grund
weiterer Biosyntheseschritte in der Anzahl der Kohlenstoffatome
von zwanzig abweicht.
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Als
Triterpene im Sinne der vorliegenden Erfindung werden solche Verbindungen
angesehen, die aus 6 Isoprenoideinheiten aufgebaut sind und deren Kohlenstoffgerüst
aus 30 Kohlenstoffatomen besteht. Es werden aber natürlich
auch solche Verbindungen als Triterpene im Sinne der vorliegenden
Erfindung angesehen, deren Anzahl an Kohlenstoffatomen im Kohlenstoffgerüst
auf Grund weiterer Biosyntheseschritte von 30 abweicht.
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Die
Bedeutung und Notwenigkeit regiospezifischer Modifikationen von
Terpenoiden lässt sich anschaulich am Beispiel der Hormonbiosynthese
im Menschen zeigen. Die unterschiedlichen Hormone werden aus Progesteron
als Ausgangsstoff durch Hydroxylierung an verschiedenen Positionen
und gegebenenfalls Oxidation dieser Gruppen zu Keto- oder Aldehydgruppen
gebildet. Umgesetzt werden diese Reaktionen im Körper des
Menschen durch entsprechende Enzyme. Durch diese spezifischen Modifikationen,
ausgehend vom Progesteron, werden Gestagene und Estrogene, also
weibliche Sexualhormone, oder Androgene, also männliche
Sexualhormone gebildet. Die unterschiedliche Wirkung dieser Stoffe
ist offensichtlich.
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Dieses
Beispiel zeigt gleichzeitig das immense Potential spezifischer Hydroxylasen.
Dies nicht nur für die Modifikation von Triterpenen, sondern auch
für Verbindungen der Gruppe von Diterpene.
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Diterpene
sind nicht zuletzt aufgrund des Vorkommens antimikrobiell und sogar
zytostatisch wirkender Substanzen von großer Bedeutung.
Insbesondere im Bereich der Zytostatika besteht gleichzeitig ein
gesteigertes Interesse an einer gezielten Veränderung der
Verbindung, zum Beispiel um die Wirkung oder eventuelle Nebenwirkungen
bei einer medizinischen Anwendung zu beeinflussen.
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Die
Aufgabe der vorliegenden Erfindung zur Hydroxylierung von Di- und
Triterpenen wird ferner durch den Einsatz von Cytochrom P450 CYP106A2 z.
B. in einem Ganz-Zell-Katalysator gelöst. Die in bevorzugten
Ausführungsformen hydroxylierten und anschließend
analysierten Di- oder Triterpene zeigen, dass CYP106A2 als 15β-Hydroxylase
aber auch als 12α- bzw. 12β-Hydroxlase aktiv ist.
So wird z. B. das Diterpen Abietinsäure am C12 Atom hydroxyliert und
17α-Methyltestosteron wird am C15-Atom hydroxyliert.
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Die
Erfindung stellt damit zum ersten Mal Cytochrom P450 CYP106A2 als
C12 spezifische Hydroxylase bereit.
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Die
Verwendung des Cytochrom P450 CYP106A2 in einem Ganz-Zell-Katalysator
gemäß der vorliegenden Erfindung zeichnet sich
weiter dadurch aus, dass der Ganz-Zell-Katalysator entweder einen
Wirtsorganismus darstellt, der befähigt ist das Cytochrom
P450 CYP106A2 heterolog zu exprimieren oder aber Bacillus megaterium
ist, der das Cytochrom – P450 CYP106A2 exprimiert. Ferner
wird die Aufgabe der vorliegenden Erfindung auch durch einen Ganz-Zell-Katalysator
gelöst, der sich dadurch auszeichnet, dass es sich um einen
Wirtsorganismus oder Bacillus megaterium handelt, der Cytochrom P450
CYP106A2 sowie einen oder mehrere heterologe oder homologe Elekronentransferpartner
exprimiert.
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Gemäß einer
weiteren Ausführungsform der Verwendung des Cytochrom P450
CYP106A2 als Ganz-Zell-Katalysator, hat die Nukleinsäuresequenz, welche
das entsprechende Cytochrom P450 kodiert 99%, 95%, 90%, 85% oder
zumindest 80% Identität mit der Nukleinsäuresequenz
des Genes cyp106A2 vom Bacillus megaterium Stamm ATCC13368 (SEQID
Nr. 1).
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In
einer weiteren Ausführungsform wird der Ganz-Zell-Katalysator
verwendet, um Terpenoide zu hydroxylieren.
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Gemäß einer
weiteren Ausführungsform der Verwendung des Cytochrom P450
CYP106A2 in einem Ganz-Zell-Katalysator wird das zu hydroxylierende
Terpenoid ausgewählt aus einer Gruppe bestehend aus Diterpenen
und/oder Triterpenen beispielsweise aus einer Gruppe bestehend aus
17α-Methyltestosteron, Abietinsäure, 11-Keto-Boswelliasäure und/oder
Glycyrrhetinsäure.
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Wie
bereits erwähnt, zeichnen sich Cytochrome durch eine sehr
hohe Substratspezifität aus. Um dem Verlangen der Chemie,
insbesondere der pharmazeutischen Chemie nach geeigneten Synthesemethoden
oder Umsetzungsmethoden für bestimmte Verbindungen nachzukommen,
werden regelmäßig gezielt Reaktionspartner beziehungsweise Reaktionsbeschleuniger,
also Katalysatoren, für eben dieses Substrat beziehungsweise
diesen Reaktionsschritt gesucht. Das bedeutet zum Beispiel, dass
die betreffenden Verbindungen von verschiedenen, in ihrer Funktion
definierten, eventuell aufgrund von Strukturvorhersagen ausgewählter
Enzyme umgesetzt werden, in der Hoffnung einen geeigneten Katalysator
für die gewünschte Reaktion zu finden. So würden
zum Beispiel zur Katalyse einer Hydroxylierung in eines Progesteronderivates
an Position 17 verschiedene bekannte C17-Hydroxylasen eingesetzt
werden. Dieser Endproduktorientierte Ansatz unterbindet jedoch in
gewisser Weise, die Identifizierung weiterer Substrate dieser Enzyme
und beschneidet unter Umständen unnötiger Weise
den Einsatzbereich bestimmter Enzyme. Vor diesem Hintergrund, gewinnt
die erfindungsgemäße Hydroxylierung verschiedener
Terpenoide, die nicht in das bekannte Substratschema der Cytochrom
CYP106A2 Hydroxylase passen, eine weitreichende Bedeutung, denn
sie stellt einen neuen Ganz-Zell-Katalysator bereit, der eine nicht
vorhersehbare oder lediglich Endproduktorientierte Substratumsetzung
ermöglicht.
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Die
Erfindung wird nachfolgend an Hand bevorzugter Ausführungsbeispiele
erläutert wobei darauf hingewiesen wird, dass durch diese
Beispiele Abwandlungen bzw. Ergänzungen wie für
den Fachmann sich unmittelbar ergeben mit umfasst sind. Darüber
hinaus stellen diese bevorzugten Ausführungsbeispiele keine
Beschränkungen der Erfindung dar, so dass Abwandlungen
oder Ergänzungen auch im Umfang der vorliegenden Erfindung
liegen.
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Kurze Beschreibung der Figuren
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1 zeigt
die das Cytochrom P450 CYP106A2 kodierende Nukleinsäuresequenz.
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2 zeigt
die Strukturformeln von 17α-Methyltestosteron sowie von
Abietinsäure.
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3 zeigt
das Hochdruckflüssigchromatographie (HPLC)-Chromatogramm
der Cytochrom P450 CYP106A2-abhängigen 17α-Methyltestosteron-Umwandlung
unter Verwendung des isolierten, aufgereinigten Enzyms gemäß der
vorliegenden Erfindung (durchgezogene Linie), sowie die Negativkontrolle
ohne Zugabe des Enzyms (gestrichelte Linie).
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4 zeigt
das HPLC-Chromatogramm der Cytochrom P450 CYP106A2-abgängigen
Umsetzung der Abietinsäure unter Verwendung des isolierten,
aufgereinigten Enzyms gemäß der vorliegenden Erfindung
(durchgezogene Linie), sowie die Negativkontrolle ohne Zugabe des
Enzyms (gestrichelte Linie).
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5 zeigt
das HPLC-Chromatogramm der Cytochrom P450 CYP106A2-abhängigen
Umsetzung 17α-Metyltestosteron unter Verwendung des erfindungsgemäßen
Ganz-Zell-Katalysators (durchgezogene Linie), sowie die Negativkontrolle
unter Zugabe einer Cytochrom P450 CYP106A2-freien Variante des Ganz-Zell-Katalysators
(gestrichelte Linie).
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6 zeigt
das HPLC-Chromatogramm der Cytochrom P450 CYP106A2-abhängigen
Umsetzung von Abietinsäure unter Verwendung des erfindungsgemäßen
Ganz-Zell-Katalysators (durchgezogene Linie), sowie die Negativkontrolle
unter Zugabe einer Cytochrom P450 CYP106A2-freien Variante des Ganz-Zell-Katalysators
(gestrichelte Linie).
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7 zeigt
das HPLC-Chromatogramm der Cytochrom P450 CYP106A2-abhängigen
Umsetzung der Glycyrrhetinsäure unter Verwendung des isolierten,
aufgereinigten Enzyms gemäß der vorliegenden Erfindung
(durchgezogene Linie), sowie die Negativkontrolle ohne Zugabe des
Enzyms (gestrichelte Linie).
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8 zeigt
das HPLC-Chromatogramm der Cytochrom P450 CYP106A2-abhängigen
Umsetzung von keto-Boswelliasäure unter Verwendung des isolierten,
aufgereinigten Enzyms gemäß der vorliegenden Erfindung
(durchgezogene Linie), sowie die Negativkontrolle ohne Zugabe des
Enzyms (gestrichelte Linie).
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9 zeigt
das HPLC-Chromatogramm der Cytochrom P450 CYP106A2-abhängigen
Umsetzung von Glycyrrhetinsäure unter Verwendung des erfindungsgemäßen
Ganz-Zell-Katalysators (durchgezogene Linie), sowie die Negativkontrolle
unter Zugabe einer Cytochrom P450 CYP106A2-freien Variante des Ganz-Zell-Katalysators
(gestrichelte Linie).
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10 zeigt
das HPLC-Chromatogramm der Cytochrom P450 CYP106A2-abhängigen
Umsetzung von keto-Boswelliasäure unter Verwendung des erfindungsgemäßen
Ganz-Zell-Katalysators (durchgezogene Linie), sowie die Negativkontrolle
unter Zugabe einer Cytochrom P450 CYP106A2-freien Variante des Ganz-Zell-Katalysators
(gestrichelte Linie).
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Beispiel 1
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Für
die erfindungsgemäße Hydroxylierung von Terpenoiden
wurde sowohl die kodierende Sequenz für das Cytochrom P450
CYP106A2 sowie die kodierende der Sequenzen für entsprechende
Elektronentransferpartner, beispielsweise eine rekombinante bovine
Adrenodoxinreduktase sowie eine verkürzte Form von einem
bovinen Adrenodoxins in entsprechende Mikroorganismen kloniert,
die Proteine entsprechend exprimiert und anschließend isoliert und
aufgereinigt. Die Proteinkonzentrationen wurden an Hand der jeweiligen
Extensionskoeffizienten für die verschiedenen Proteine
photometrisch bestimmt. Die erfindungsgemäße katalytische
Hydroxylierung wurde in einem finalem Volumen von 500 μl
bei 30°Celsius für 30 min. durchgeführt.
Als Reaktionsmedium wurde ein 50 mM HEPES-Puffer bei pH 7,4 verwendet.
Das Reaktionsgemisch enthielt 1 μM Adrenodoxinreduktase,
10 μM Adrenodoxin, 0,5 μM Cytochrom P-450 CYP106A2,
ein NADPH-generierendes System sowie 150 μM des zu hydroxylierenden Substrates.
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Nach
der Inkubation zur Umsetzung der Reaktion wurde die Reaktion gestoppt
und die Reaktionsprodukte extrahiert.
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Beispiel 2
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Für
die erfindungsgemäße Hydroxylierung von Terpenoiden
unter Verwendung des Ganz-Zell-Katalysators wurde eine Kolonie des
jeweiligen Ganz-Zell-Katalysators, also entweder der das Cytochrom
P450 CYP106A2 exprimierende Wirtsorganismus oder der das Cytochrom
P450 CYP106A2 exprimierende Bacillus megaterium in 200 ml eines
entsprechendes Komplex-Mediums angezogen. Gegebenfalls, also bei
Verwendung des Wirtsorganimus, wurden entsprechende Mengen eines
geeigneten Antibiotikums als Selektionsfaktor zugegeben. Die Kulturen
wurden bei 30°C für 72 Stunden angezogen. Nach
dieser Anzuchtsphase wurde das zu hydroxlierenden Substrat den Kulturen zugegeben.
Nach einer Inkubationszeit von weiteren 24 oder 48 Stunden wurden
die Reaktionsprodukte extrahiert.
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Die
extrahierten Substanzen beider Reaktionsformen also der katalytischen
Umsetzung basierend auf das aufgereinigte Cytochrom P450 CYP106A2
(Beispiel 1), oder katalysiert durch den Ganz-Zell-Katalysator,
also der Wirtsorganismus oder das Bacillus megaterium, beide das
Cytochrom P450 CYP106A2 exprimierend (Beispiel 2), wurden durch
Hochdruckflüssigchromatographie (HPLC) untersucht.
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Die
Ergebnisse der Beispiele 1 und 2 sind in den 3 bis 10 dargestellt,
wobei deutlich erkennbar ist dass durch den Einsatz des Ganz-Zell-Katalysators
eine regioselective vollständige Umsetzung des eingesetzten
Ausgangproduktes erzielt wird.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- - Hannemann
et al. (2006, J Biotechnology 124: 172–181) [0017]