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Die
Erfindung richtet sich auf einen Dental-Distraktor zur Distraktions-
oder Distanzosteogenese sowie ein System zur Distraktions- oder
Distanzosteogenese.
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Ein
Teilgebiet der Kiefer-, Mund- und Gesichtschirurgie umfasst die
Rekonstruktion von Knochenstrukturen. Ein Verfahren zur Rekonstruktion von
Knochenstrukturen ist unter dem Namen Distraktionsosteogenese bekannt
geworden. Hierbei wird ein nach Kortikotomie gebildeter Kallus mit
einer Geschwindigkeit von etwa 1 mm pro Tag auseinandergezogen.
Hierdurch werden die Selbstheilungskräfte des Knochens
aktiviert, so dass laufend neues Kallusgewebe produziert und dadurch
der Röhrenknochen verlängert wird. Die Distraktionsosteogenese hat
sich zu einem bedeutenden Therapieverfahren in der Mund-, Kiefer-
und Gesichtschirurgie entwickelt. Insbesondere wird sie eingesetzt,
um zahnlose oder zahntragende Alveolarfortsatzsegmente und hochatrophe
Unterkiefer im Front-, Seitenzahnbereich oder im Bereich des gesamten
Unterkiefers vertikal aufzubauen. Bei der Durchführung
einer Distraktionsosteogenese kommen Distraktionsvorrichtungen zum Einsatz,
welche die Aufgabe haben, ein den Rekonstruktionsbereich abdeckendes
Knochensegment, das zuvor operativ vom Restknochen getrennt wurde,
gegenüber dem Restknochen kontinuierlich zu verschieben.
Dabei hat die permanente Verschiebung des Knochensegments zur Folge,
dass der zwischen den Ufern des verschobenen und des feststehenden
Knochens sich bildende Kallus sich permanent vergrößert
und somit neues Knochengewebe gewonnen wird. Dabei hat die Praxis
gezeigt, dass die Bildung von Kallus umso intensiver ist, je kleiner die
Distraktionsschritte sind, das heißt optimal ausfällt,
wenn die Distraktion kontinuierlich erfolgt. Neben der Bildung von
neuem Knochen ist bei dieser Methode auch die einhergehende Dehnung
und Vermehrung des umliegenden Weichgewebes (Histogenese) von großem
Vorteil. Sie trägt wesentlich zur Vitalität des
verschobenen Knochensegmentes und damit zur Verminderung von Infektionsrisiken
und zur schnellen Abheilung bei.
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Ein
wesentlicher Gesichtspunkt bei der Entwicklung von Distraktoren
ist deren Miniaturisierung. So ist aus der
DE 102 12 815 A1 ein Distraktor
bekannt, der einen mit dem verschiebbaren Knochensegment zu verbindenden
Anker und einen mit dem feststehenden Knochen zu verbindenden Anker
umfasst, wobei diese beiden relativ zueinander verschiebbaren Anker
mittels eines Lineartriebes so gegeneinander verschiebbar sind,
dass sie ohne Drehung zueinander rein translatorisch verschiebbar sind.
Um bei Ausbildung dieses Lineartriebes eine ausreichende Relativverschiebung
der beiden Anker zueinander gewährleisten zu können,
ist ein relativ langes stabartiges Element notwendig, an welchem sich
das den Lineartrieb ausbildende Gewinde entlang bewegen kann. Ein
solches langes Element wird von den Patienten im Mundraum als störend
empfunden und stellt auch eine optische Beeinträchtigung dar.
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Außerdem
ist bei den bekannten Distraktoren in den Fällen, in denen
eine Osteogenese an Stellen im Kieferknochen durchgeführt
werden soll, wo mit Hilfe eines oder mehrerer Dental-Implantate ein
Zahn oder Zähne aufgebaut werden sollen, eine mehrfache
Operation notwendig. Zunächst wird mit Hilfe eines bekannten
Dental-Distraktors der Kieferknochen auf das krestale Niveau des
Alveolarfortsatzes der Nachbarzähne angehoben, bevor dann
die Implantate gesetzt und anschließend die Kronen oder
künstlichen Zähne aufgebaut oder aufgesetzt werden.
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Der
aus der
DE 102 12
815 A1 bekannte Dental-Distraktor kann zwar im Kiefer des
Patienten verbleiben und als Zahnimplantatpfosten Verwendung finden.
Hier sind aber die jeweils am verschiebbaren Knochensegment und
am feststehenden Knochen zu befestigenden Basiselemente als relativ großflächig
ausgeführte Bereiche ausgebildet, so dass für
deren Verankerung relativ große Auflageflächen
auf dem verschiebbaren Knochensegment und auf dem feststehenden
Knochen notwendig sind.
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Der
Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Lösung zu schaffen,
die die feste Verankerung eines Dental-Distraktors ohne die Ausbildung
flächiger Kieferknochenauflageflächen an dem Distraktor ermöglicht.
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Diese
Aufgabe wird gelöst durch einen Dental-Distraktor zur Distraktions-
oder Distanzosteogenese umfassend mindestens ein mit einem Dental-Implantat
verbindbares Aufbauteil, ein an dem mindestens einen Aufbauteil
angeordnetes Stützteil mit einem Zugteil mit Gewindebohrung,
ein an dem Stützteil gelagertes und sich in der Anwendungsposition
des Dental-Distraktors an mindestens einem benachbarten Zahn aufliegend
abstützendes Brückenteil mit Durchtrittsöffnung
für einen Gewindestift und einen durch die Durchtrittsöffnung
des Brückenteils geführten und Kraft übertragend
an dem Brückenteil anliegenden sowie in die Gewindebohrung
des Zugteils eingreifenden Gewindestift.
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Ebenso
wird die vorstehende Aufgabe gelöst durch ein System zur
Distraktions- oder Distanzosteogenese umfassend einen Dental- Distraktor
nach einem der Ansprüche 1 bis 4 und mindestens ein Dental-Implantat.
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Durch
die Erfindung wird erreicht, im Rahmen der Distanz- oder Distraktionsosteogenese
einen Dental-Distraktor zu schaffen, der keine flächigen
Auflageflächen auf dem feststehenden und/oder zu bewegenden
Kieferknochenteil benötigt. In das im Rahmen der Osteogenese
zu verschiebende Knochensegment können per Bohrung Dental-Implantate,
mindestens aber ein Dental-Implantat eingesetzt werden. Dieses Dental-Implantat
dient dann zur Verankerung des Dental-Distraktors, der dazu ein
mit dem Dental-Implantat verbindbares Aufbauteil aufweist. Die Relativverschiebung
von zu bewegendem Knochensegment und feststehendem Knochen wird dann
weiterhin dadurch erreicht, dass das Aufbauteil ein Stützteil
aufweist, an dem eine Brückenteil gelagert ist, das sich
aber hauptsächlich auf einem zum Bereich der Osteogeneseregion
benachbarten Zahn aufliegend abstützt. Weiterhin weist
das Brückenteil eine Durchtrittsöffnung auf, die
mit einer in einem Zugteil des Stützteils des Aufbauteils
ausgebildeten Gewindebohrung zusammenwirkend einen Gewindestift
in sich aufnimmt, der mit seinem Gewindeende in die Gewindebohrung
des Zugteils eingreift.
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Hierdurch
ist nun ein Dental-Distraktor geschaffen, der als Verankerungsfläche
im zu bewegenden Knochensegment ausschließlich ein Dental-Implantat
benötigt. In dieses Dental-Implantat wird das Aufbauteil
beispielsweise wie ein bekannter Zahnimplantatpfosten eingeschraubt.
Das Brückenteil stützt sich auf dem mindestens
einem benachbarten Zahn ab, so dass bei Betätigung des
Gewindestiftes das im Anwendungsfalle in dem Dental-Zahnimplantat
befestigte Aufbauteil des Dental-Distraktors an das Brückenteil
herangezogen werden kann, womit gleichzeitig das mit dem Dental-Zahnimplantat
versehende verschiebbare Knochensegment in Richtung auf das Brückenteil
zu bewegt wird.
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Ein
weiterer Vorteil der Erfindung besteht darin, dass das Brückenteil
verkleidet, beispielsweise mit einer Keramik verkleidet oder aber
auch in Zahnform ausgebildet sein kann, so dass während
der Durchführung der Osteogenese im Kiefer- und Zahnbereich
auch eine optisch ansprechende Gestaltung des Zahnbereichs bereits
vorgesehen sein kann, ohne dass die endgültige Zahnprothetik
bereits aufgebaut ist. Die Erfindung sieht daher in Ausgestaltung
vor, dass das Brückenteil nach Art einer mehrere Zahnnachbildungen
umfassenden Zahnkrone ausgebildet ist.
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Während
es möglich ist, die vorgesehene Distanzosteogenese oder
Distraktionsosteogenese mit bereits einem Aufbauteil mit daran angeordnetem Stützteil
und entsprechendem Gewindestift und zugeordnetem Brückenteil
durchzuführen, ist es aber besonders zweckmäßig,
wenn der Dental-Distraktor zwei Aufbauteile mit jeweils einem Stützteil
und ein diese brückenartig verbindendes Zugteil mit eingelassener
Gewindebohrung umfasst, was die Erfindung ebenfalls vorsieht.
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In
besonders zweckmäßiger Ausgestaltung zeichnet
sich die Erfindung schließlich dadurch aus, dass der Dental-Distraktor
zwei Aufbauteile mit Stützteil im Form von Ankylos®-Aufbauten umfasst, die mittels
eines Steges mit Durchtrittsöffnung brückenartig
miteinander verbunden sind.
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Die
Erfindung ist nachstehend anhand der Zeichnungen beispielhaft näher
erläutert. Diese zeigt in
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1 in
schematischer Seitendarstellung die Aufbauteile mit Stützteil
und brückenartiger Stegverbindung eines Dental-Distraktors,
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2 den
Gegenstand nach der 1 in schematischer Aufsicht
und in
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3 den
Dental-Distraktor mit aufgesetztem Brückenteil schematisch
in seiner Anwendungsposition bei der Durchführung einer
Distanz- oder Distraktionsosteogenese.
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Der
in der 3 insgesamt mit 1 bezeichnete Dental-Distraktor
umfasst zwei Aufbauteile, 2a, 2b, die jeweils
mittels einer darin jeweils angeordneten Verbindungsschraube 3a, 3b mit
in das zu verschiebende Knochensegment eingelassenen Dental-Implantaten
zu verbinden sind. Auf dem Aufbauteil 2a, 2b ist
jeweils ein Stützteil 4a, 4b ortsfest
angeordnet. Vorzugsweise sind die Aufbauteile 2a, 2b und
die Stützteile 4a, 4b derart mit Durchtrittsöffnungen
und Gewindeabschnitten versehen, dass diese mittels der Verbindungsschrauben 3a und 3b fest
miteinander verschraubt sind. Zwischen den beiden Stützteilen 4a und 4b ist
ein Zugteil 5 ausgebildet, dass die beiden Stützteile 4a, 4b in
Form eines Steges miteinander verbindet. Im Zentrum des Zugteiles 5 ist
eine das Zugteil 5 durchdringende Gewindebohrung 6 ausgebildet,
die eine Schraube 7 oder einen Gewindestift mit Außengewinde
aufnimmt. Hierbei zeigen die 1 und 2 die
Stellung der Schraube 7 mit Außengewinde in ihrer
Transportstellung.
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Wir
der 3 zu entnehmen ist, umfasst der Dental-Distraktor 1 darüber
hinaus ein Brückenteil 8, das von oben über
die Stützteile 4a, 4b übergeschoben
wird und auf diesen Stützteilen gelagert ist. Darüber
hinaus weist das Brückenteil 8 aber auch eine Verlängerung 9 auf,
mit dem es auf einem in der in 3 andeutungsweise
dargestellten Anwendungsposition des Dental-Distraktors 1 abstützend
auf einem benachbarten Zahn oder einem geschliffenen Zahnstumpf,
welcher hier durch die andeutungsweise dargestellte Knochenregion 10 symbolisiert
sein soll, abstützend aufliegt. In dem Brückenteil 8 ist
eine Durchtrittsöffnung 11 ausgebildet, die an
ihrem oberen Ende eine Auflagefläche 12 für
den Kopf 13 der Schraube 7 mit Außengewinde
oder den Kopf eines Gewindestiftes ausbildet, wobei die Schraube 7 oder der
Gewindestift mit ihrem/seinem Gewinde durch die Durchtrittsöffnung 11 durchgreifend
in der dargestellten Anwendungsposition in die Gewindebohrung 6 des
Zugteils 5 mit seinem Außengewinde eingreift. Hierzu
wird die Schraube 7 zunächst aus der Gewindeöffnung 6 entfernt
und nach Aufsetzen des Brückenteils 8 auf die
Stützteile 4a, 4b wieder in die Gewindebohrung 6 eingeführt.
Zur Außenseite ist das Brückenteil 8 mit
Zahnprothesen 14a, 14b, 14c versehen,
so dass das Brückenteil 8 insgesamt nach Art einer
mehrere Zahnnachbildungen 14a, 14b, 14c umfassenden
Zahnkrone ausgebildet ist.
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In
der in der 3 dargestellten Anwendungsposition
des Dental-Distraktors 1 greifen die Verbindungsschrauben 3a, 3b in
nicht dargestellte Dental-Implantate ein, die in dem zu bewegenden Kiefersegment
beziehungsweise Knochensegment angeordnet und eingelassen sind.
Durch entsprechende Drehung der Schraube 7 oder des Gewindestiftes
lässt sich nun eine Relativbewegung zwischen dem durch
den Eingriff in die Dental-Implantate in dem zu bewegenden Knochensegment
verankerten beweglichen Teil des Dental-Distraktors 1,
der die beiden Aufbauteile 2a, 2b mit den Stützteilen 4a, 4b und
das diese verbindenden Zugteil 5 umfasst, und dem das auf
dem feststehendem Knochen fixierte Brückenteil 8 ausführen,
wobei der in dem Dental-Implantat fixierte Teil an das Brückenteil 8 herangezogen
wird. Dadurch lässt sich eine Distanz- oder Distraktionsosteogenese
durchführen.
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Bei
einer Anwendung des erfindungsgemäßen Dental-Distraktors 1 lag
folgender Fall vor:
Bei einer weiblichen Patientin kam es nach
Insertion von zwei 3i-Implantaten in der Frontzahnregion alio loco
kurzfristig nach der prothetischen Versorgung zu einem Verlust dieser
Implantate. Dieser ging einher mit einem deutlichen Knochenverlust
im ästhetisch sensiblen Bereich. Es erfolgte dann der ossäre
Knochenaufbau mit dem xenogenen Knochenersatzmaterial BioOss unter
Anwendung einer BioOss-Membran die über Frios-Nägel
fixiert wurde. Nach typischer Osseointegrationsphase erfolgte die
Insertion zweier Ankylos-Implantate. Bei dessen Freilegung stellte sich
dann die Problematik, dass die osseointegrierten Ankylos®-Implantate mehr als 5 mm zu tief
standen. Da die Ankylos®-Implantate
osseointegriert waren, sollte eine Distraktionsosteogenese mit üblichen verfügbaren
Distraktoren durchgeführt werden. Dies aber fand bei der
Patientin, die als Geschäftsfrau im täglichen
Kundenkontakt steht, keine Akzeptanz. Zudem lehnte die Patientin
die weitere Anzahl der operativen Eingriffe ab. Es wurde daraufhin,
da die Nachbarzähne überkront waren, der Weg beschritten,
eine zahntechnische Apparatur der geführten Distanzosteogenese
in die prothetische Versorgung über die osseointegrierten
Ankylos®-Implantate zu integrieren.
Es wurde der erfindungsgemäße Dental-Distraktor 1 mit
dem Brückenteil 8 hergestellt, das im Bereich
von Implantatkronen 14a, 14b, 14c für
die Aufnahme einer Distraktionsschraube, nämlich der Schraube 7 mit
Außengewinde beziehungsweise des Gewindestiftes, durch
Ausbildung einer Durchtrittsöffnung 11 vorbereitet
wurde. Zudem wurden zwei Ankylos®-Standardaufbauten
in Form von jeweils einem Aufbauteil 2a, 2b mit
einem Stützteil 4a, 4b mit einem stegförmigen
Zugteil 5 mit darin ausgebildeter Gewindebohrung 6 ausgebildet.
Die Gewindebohrung 6 nahm dann das Gewinde der Schraube 7 aus dem
Implantat-Kronenbereich, das heißt, dem Brückenteil 8,
auf.
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Es
wurde in Intubationsnarkose ein osserer Block um die Ankylos®-Implantate herum mittels einer
oszillierenden Säge gelöst und das Implantat-Knochenfregment,
das heißt, das zu bewegende Knochensegment, mittels des
Dental-Distraktors 1 im Rahmen einer Distraktions- oder
Distanzosteogenese nach koronar geführt. Es erfolgte der
typische Wundverschluss nach zu voriger zusätzlicher Augmentation
von Bone-Chips aus der Retromolarregion des Oberkiefers im Spalt
und am Implantatplattformrand vestibulär. Nach einer Einheilungszeit
von vier Monaten wurde der Dental-Distraktor 1 entfernt
und es erfolgte die abschließende prothetische Versorgung.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- - DE 10212815
A1 [0003, 0005]