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Die vorliegende Erfindung betrifft eine Vorrichtung und ein Verfahren zum Wickeln eines Fasermaterials auf einen Wickelkern bei der Herstellung eines Faserverbundbauteils.
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Die Verwendung von faserverstärkten Bauteilen, auch als Faserverbundbauteile bezeichnet, ist vor allem wegen ihrer hohen spezifischen Festigkeit (Verhältnis von Festigkeit zu Gewicht) in vielen Anwendungsbereichen interessant. Ein Faserverbundwerkstoff ist ein Mischwerkstoff, der im Allgemeinen aus zwei Hauptkomponenten besteht, nämlich einer Matrix und darin eingebetteten Fasern. Durch gegenseitige Wechselwirkungen dieser Komponenten erhält der Werkstoff höherwertigere Eigenschaften als jede der beiden einzeln beteiligten Komponenten.
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Insbesondere zur Herstellung von im Wesentlichen rohrförmigen Faserverbundbauteilen bzw. Faserverbundbauteilen mit wenigstens einem im Wesentlichen rohrförmigen Bauteilabschnitt hat sich seit langem die so genannte Faserwickeltechnik etabliert.
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Bei der bekannten Faserwickeltechnik wird ein langgestrecktes Fasermaterial (z. B. ”Roving”) üblicherweise kontinuierlich zugeführt und auf einen rotierenden, positiven Formkern bzw. ”Wickelkern” gewickelt. Wenn das Fasermaterial unmittelbar vor dem Aufwickeln mit dem Matrixmaterial (z. B. Kunstharz) vorimprägniert wird, etwa indem das Fasermaterial bei einer kontinuierlichen Zufuhr durch ein Tauchbad gezogen wird, so spricht man im speziellen von der Fasernasswickeltechnik. Alternativ zu einer Imprägnierung während des Wickelprozesses kommt auch die Verwendung von vorimprägnierten Halbzeugen (so genannte Prepregs) in Betracht. In diesem Fall spricht man von der Prepregwickeltechnik. Schließlich ist es auch möglich, das Fasermaterial als solches zunächst auf den Wickelkern aufzuwickeln und nachträglich mit dem Matrixmaterial zu imprägnieren (so genannte Trockenwickeltechnik).
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Das Dokument
DE 16 29 614 A beschreibt eine Einrichtung und ein Herstellungsverfahren fadenverstärkter Kunststoffrohre. Die Fäden werden gemäß der Erfindung sowohl in Längsrichtung als auch quer zur Rohrlängsachse unter Spannung eingebettet.
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Im Dokument
DD 2 07 673 A1 wird die Herstellung konisch verlaufender Hohlprofile beschrieben. Es wird eine gleichbleibende Wandstärke durch gezieltes Kappen und Fixieren diverser Faserstränge mit Hilfe axialer und radialer Faserwicklung des Wickelkörpers auf einer drehbar gelagerten Welle erreicht.
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Das Dokument
DE 28 08 037 A1 beschreibt die Herstellung eines hohlen faserarmierten Kunststoffmastes mit Hilfe von längs und quer gewickelten Faserrovings. Hierbei werden die längsorientierten Fasern zunächst gespannt um einen Wickelkern zu bilden. Im Weiteren erfolgt dann das Wickeln der quer zur Längsachse orientierten Fasern.
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Der Verlauf der Fasern im fertigen Faserverbundbauteil bestimmt ganz maßgeblich die mechanischen Eigenschaften und somit z. B. die Belastbarkeit des betreffenden Bauteils. Insofern ist es bei der Herstellung des Faserverbundbauteils von großer Bedeutung, dass das Fasermaterial in gut definierter Weise hinsichtlich der Anordnung und Orientierung der Fasern auf den Wickelkern gewickelt wird. Genau hier ergibt sich in der Praxis, abhängig von der konkreten Geometrie des Wickelkerns und einem gewünschten Faserbahnverlauf an der Oberfläche dieses Wickelkerns, oftmals das Problem, dass beim Ablegen von Fasermaterial auf instabilen Faserbahnen (nicht-geodätische Linien) Querkräfte wirken, die zum Verrutschen des Fasermaterials führen können. Daraus resultierende unerwünschte Fasermaterialkreuzungen oder Abweichungen vom gewünschten Fasermaterialverlauf können sich negativ auf die mechanischen Eigenschaften des Bauteils auswirken.
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Die vorliegende Erfindung widmet sich diesem Problem. Es ist eine Aufgabe der Erfindung, eine Faserwickeltechnik zur Herstellung eines Faserverbundbauteils bereitzustellen, bei welcher das Fasermaterial mit großer Positionsgenauigkeit auf dem Wickelkern abgelegt werden kann.
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Diese Aufgabe wird gelöst durch eine Vorrichtung nach Anspruch 1 bzw. ein Verfahren nach Anspruch 8. Die abhängigen Ansprüche betreffen vorteilhafte Weiterbildungen der Vorrichtung, die in entsprechender Weise auch für das Verfahren einsetzbar sind.
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Die erfindungsgemäße Vorrichtung zum Wickeln eines Fasermaterials auf einen Wickelkern bei der Herstellung eines Faserverbundbauteils umfasst:
- – einen koaxial zu einer Wickelkernachse an einem axialen Ende des Wickelkerns drehfest bezüglich desselben angeordneten ersten Nadelkranz mit mehreren radial nach außen abstehenden ersten Nadeln,
- – einen koaxial zur Wickelkernachse im axialen Abstand zum ersten Nadelkranz drehbar bezüglich des Wickelkerns angeordneten zweiten Nadelkranz mit mehreren radial nach außen abstehenden zweiten Nadeln,
- – einen koaxial zur Wickelkernachse, axial zwischen den beiden Nadelkränzen angeordneten Führungsring,
- – Bespannmittel zum Bespannen der beiden Nadelkränze und des Führungsringes mit dem Fasermaterial derart, dass in Umfangsrichtung verteilt mehrere Fasermaterialstränge jeweils vom ersten Nadelkranz über einen Außenumfang des Führungsringes zum zweiten Nadelkranz verlaufen, und
- – Antriebsmittel zum Drehen des Wickelkerns bezüglich des zweiten Nadelkranzes um die Wickelkernachse und somit Aufwickeln des zuvor zwischen den beiden Nadelkränzen aufgespannten Fasermaterials auf den Wickelkern.
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Der grundlegende Gedanke der erfindungsgemäßen Lösung besteht darin, dass mehrere Fasermaterialstränge einer auf dem Wickelkern aufzuwickelnden Fasermateriallage gleichzeitig abgelegt werden, so dass es zu einer stützenden Wirkung der Fasermaterialstränge untereinander kommt.
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Dies ermöglicht in der Praxis eine besonders positionsgenaue und stabile Ablage des Fasermaterials.
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Darüber hinaus spezifiziert die Erfindung eine konstruktiv besonders einfach zu bewerkstelligende Realisierung der gleichzeitigen Ablage mehrerer Fasermaterialstränge. Wie es unten noch erläutert wird, kann die Erfindung sogar durch eine mehr oder weniger geringfügige Modifikation bzw. Ergänzung einer ansonsten herkömmlichen Wickelanlage realisiert werden.
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Prinzipiell unterliegt der mit der Erfindung realisierte Wickelprozess keinen besonderen Einschränkungen hinsichtlich der Art des Fasermaterials (z. B. einzelne Fasern, Rovings, flächige Faserhalbzeuge etc.) sowie hinsichtlich der Art des Matrixmaterials. Als Fasern kommen beispielsweise Kohlenstofffasern, synthetische Kunststofffasern oder Naturfasern in Betracht. Als Matrixmaterial sind insbesondere Kunststoffe wie z. B. duroplastische Kunststoffe interessant. Diese Aufzählungen sind jedoch lediglich beispielhaft zu verstehen.
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In einer bevorzugten Ausführungsform der erfindungsgemäßen Wickelvorrichtung ist der erste Nadelkranz fest mit dem Wickelkern verbunden, wird also beispielsweise durch einen axialen Endabschnitt des Wickelkerns selbst gebildet. Zur Bereitstellung des ersten Nadelkranzes ist es demnach denkbar, einen in konventioneller Weise gefertigten Wickelkern einfach nachträglich noch mit radial nach außen abstehenden Nadeln zu versehen. Der Wickelkern kann als ”verlorene Form” oder wiederverwendbar vorgesehen sein.
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Alternativ kann der erste Nadelkranz separat vom Wickelkern vorgesehen sein, insbesondere als Komponente eines Drehlagers oder mit einem solchen Drehlager fest verbunden, welches den Wickelkern am betreffenden axialen Ende drehbar bezüglich einer Vorrichtungsbasis lagert. Diese Variante ist z. B. insbesondere dann von Vorteil, wenn der Nadelkranz wiederverwendbar sein soll (zur Herstellung mehrerer Faserverbundbauteile).
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In einer Ausführungsform sind die Antriebsmittel dazu ausgebildet, beim Aufwickeln des Fasermaterials den Führungsring drehfest mit dem zweiten Nadelkranz verbunden zu halten.
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In einer Ausführungsform sind die Antriebsmittel dazu ausgebildet, beim Aufwickeln des Fasermaterials den Führungsring axial zu verfahren. Da die axiale Position des Führungsringes die räumliche Orientierung der einzelnen Fasermaterialstränge beim Ablegen auf die Oberfläche des Wickelkerns beeinflusst, kann durch eine gezielte axiale Verlagerung des Führungsringes während des Wickelprozesses das sich ergebende Wickelmuster beeinflusst bzw. vorgegeben werden. Um z. B. ein Radialwickelmuster zu erzielen ist es zweckmäßig, den Führungsring beim Ablegen des Fasermaterials stets in einer axialen Position zu halten bzw. mitzuführen, welche der axialen Position desjenigen Wickelkernbereiches entspricht, der momentan bewickelt wird.
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In einer Ausführungsform sind die Antriebsmittel dazu ausgebildet, beim Aufwickeln des Fasermaterials den zweiten Nadelkranz in Richtung vom ersten Nadelkranz weg vorzubelasten, um eine Fasermaterialspannung beim Wickeln einzustellen.
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In einer Ausführungsform sind die Antriebsmittel dazu ausgebildet, beim Aufwickeln des Fasermaterials den zweiten Nadelkranz axial (in Richtung zum ersten Nadelkranz hin) zu verfahren. Diese axiale Verlagerung während des Wickelprozesses kann aktiv oder auch bevorzugt passiv, d. h. angetrieben durch den vom Fasermaterial auf den zweiten Faserkranz ausgeübten Zug, vorgesehen sein.
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Zum Ablegen des zwischen den beiden Nadelkränzen aufgespannten Fasermaterials ist eine Relativdrehung des Wickelkerns bezüglich des zweiten Nadelkranzes erforderlich. Diese Relativdrehung kann prinzipiell gemäß einer von drei Ausführungsvarianten erfolgen. Eine erste Variante besteht darin, den Wickelkern bezüglich einer Basis der Vorrichtung stationär zu halten und lediglich den zweiten Nadelkranz bezüglich dieser Vorrichtungsbasis zu drehen. Eine zweite Variante besteht darin, den zweiten Nadelkranz drehfest bezüglich der Vorrichtungsbasis zu halten und stattdessen den Wickelkern bezüglich der Vorrichtungsbasis zu drehen. Eine dritte Variante besteht darin, sowohl den Wickelkern als auch (z. B. gegensinnig dazu) den zweiten Nadelkranz zu drehen. Falls der Führungsring an seinem Außenumfang keine Strukturierung besitzt und die darüber verlaufenden Fasermaterialstränge somit in Umfangsrichtung des Führungsringes verschieblich sind, spielt bei allen vorstehend erwähnten Betriebsvarianten die Drehstellung des Führungsringes bzw. Drehung des Führungsringes beim Wickelprozess keine Rolle. Wenn der Führungsring jedoch eine radial äußere Strukturierung (z. B. axial verlaufende Nuten, radial nach außen abstehende Nadeln etc.) besitzt, so muss beim Ablegen des Fasermaterials die Drehstellung des Führungsringes im Wesentlichen der Drehstellung des zweiten Nadelkranzes entsprechen. Falls also z. B. der zweite Nadelkranz im Betrieb der Vorrichtung beim Ablegen des Fasermaterials bezüglich einer Vorrichtungsbasis gedreht wird, so muss der Führungsring in seiner Drehstellung entsprechend mitgeführt (nicht notwendigerweise exakt) werden.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zum Wickeln eines Fasermaterials auf einen Wickelkern bei der Herstellung eines Faserverbundbauteils umfasst die Schritte:
- – Bereitstellung eines ersten Nadelkranzes mit mehreren radial nach außen abstehenden ersten Nadeln koaxial zu einer Wickelkernachse an einem axialen Ende des Wickelkerns, eines zweiten Nadelkranzes mit mehreren radial nach außen abstehenden zweiten Nadeln koaxial zur Wickelkernachse im axialen Abstand zum ersten Nadelkranz, und eines Führungsringes koaxial zur Wickelkernachse und axial zwischen den beiden Nadelkränzen,
- – Bespannen der beiden Nadelkränze und des Führungsringes mit dem Fasermaterial derart, dass in Umfangsrichtung verteilt mehrere Fasermaterialstränge jeweils vom ersten Nadelkranz über einen Außenumfang des Führungsringes zum zweiten Nadelkranz verlaufen, und
- – Drehen des Wickelkerns bezüglich des zweiten Nadelkranzes um die Wickelkernachse und somit Aufwickeln des zuvor zwischen den beiden Nadelkränzen aufgespannten Fasermaterials auf den Wickelkern.
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Die Erfindung wird nachfolgend anhand von Ausführungsbeispielen mit Bezug auf die beigefügten Zeichnungen weiter beschrieben. Es stellen dar:
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1 eine Faserwickelanlage herkömmlicher Art, die jedoch im Rahmen der Erfindung nutzbar ist,
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2 einige zum Verständnis der Erfindung wesentliche Komponenten einer Wickelvorrichtung gemäß eines Ausführungsbeispiels,
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3 die Vorrichtung von 2 nach einem Bespannen mit einem Fasermaterial,
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4 die Vorrichtung von 3 nach einer axialen Verstellung eines Führungsringes unmittelbar vor Beginn des Wickelprozesses, und
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5 die Vorrichtung während des Wickelprozesses.
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1 zeigt eine herkömmliche Fasernasswickelanlage 1 umfassend eine Basis 2 mit einer ersten Drehlagereinrichtung 3 und einer zweiten Drehlagereinrichtung 4, die zusammen ein Drehlager zur Drehung eines Wickelkerns 5 um eine Wickelkernachse A ausbilden.
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Die Wickelanlage 1 umfasst ferner ein Fadenführungssystem zur Zufuhr eines auf den Wickelkern 5 zu wickelnden Rovings R. Im dargestellten Ausführungsbeispiel umfasst dieses System eine parallel zur Wickelkernachse A verlaufende Führungseinrichtung zur verfahrbaren Lagerung eines Wickelkopfes 7 (”Fadenauge”), durch den das kontinuierlich zugeführte Roving R auf die Oberfläche des Wickelkerns 5 geführt wird. Das Roving wird dem Wickelkopf 7 hierbei über eine Imprägniereinheit 8 (z. B. mit einem Kunstharzsystem befülltes Tauchbad) zugeführt, welche im Betrieb der Wickelanlage 1 zusammen mit dem Wickelkopf 7 in Axialrichtung verfahren wird.
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Das Roving R wird von einer (in 1 nicht dargestellten) Vorratsspule abgezogen und mit einer vorbestimmten Zugspannung auf den sich drehenden Wickelkern 5 aufgewickelt. Durch eine geeignete Koordination der Drehung des Wickelkerns 5 einerseits und der Bewegung (hier: Axialbewegung) des Wickelkopfes 7 andererseits lassen sich in bekannter Weise verschiedene Wickelmuster erzielen (z. B. Kreuz-, Polar- oder Radialwickelmuster).
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Ebenfalls bekannt sind die in der Praxis bei einem derartigen Wickelprozess auftretenden Probleme, wenn es darum geht, das Roving (allgemein: Fasermaterial) positionsgenau auf dem Wickelkern abzulegen. Ein auf einer allgemein gekrümmten Oberfläche unter definierter Zugspannung abgelegter Faden ist bestrebt, durch Verrutschen eine stabile Lage zu erreichen. Dieses Bestreben ist nur dann nicht gegeben, wenn der Faden auf einer positiv gekrümmten Formoberfläche entlang einer geodätischen Bahn abgelegt wird. Die Fasermaterialbahn ist somit in der Praxis nicht frei wählbar, sondern muss stets gewisse Haft- und Abhebekriterien erfüllen. Oftmals sind jedoch in dieser Hinsicht schwierig zu erreichende Ablagebahnen im Hinblick auf die gewünschten mechanischen Eigenschaften des fertigen Faserverbundbauteiles erwünscht. In diesen Fällen muss bei der beschriebenen konventionellen Faserwickeltechnik ein Kompromiss zwischen den vom Bauteil geforderten mechanischen Eigenschaften und den prozesstechnisch machbaren Ablagebahnen gefunden werden.
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Mit Bezug auf die 2 bis 5 werden nachfolgend eine Vorrichtung sowie ein Verfahren zum Wickeln eines Fasermaterials auf einen Wickelkern beschrieben, mit denen in einfacher Weise eine hohe Positionsgenauigkeit des abgelegten Fasermaterials erzielbar ist.
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2 zeigt als wesentliche Komponenten einer solchen Wickelvorrichtung 10 einen ersten Nadelkranz 12, einen zweiten Nadelkranz 14 und einen Führungsring 16. Diese drei Komponenten sind in dieser Reihenfolge koaxial zu einer Wickelkernachse A eines Wickelkerns 18 angeordnet und durch (nicht dargestellte) Lagerungsmittel an einer drehbankähnlichen Einrichtung integriert, wie sie z. B. mit Bezug auf die in 1 beschrieben wurde.
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Der erste Nadelkranz 12 weist mehrere radial nach außen abstehende erste Nadeln 20 auf und ist im dargestellten Beispiel an einem ersten axialen Ende des Wickelkerns 18 fest mit diesem verbunden.
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Der zweite Nadelkranz 14 weist mehrere nach außen abstehende zweite Nadeln 22 auf und ist im axialen Abstand zum ersten Nadelkranz 12 angeordnet, in der Situation gemäß 2 jenseits des zweiten Endes des Wickelkerns 18.
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Der Führungsring 16 besitzt in dem dargestellten Beispiel einen glattflächigen Außenumfang und ist axial zwischen den beiden Nadelkränzen 12 und 14 angeordnet, in der Situation gemäß 2 jenseits des zweiten (rechten) Wickelkernendes.
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Der Führungsring 16 sowie der zweite Nadelkranz 14 besitzen jeweils einen Innendurchmesser, der um einiges größer ist als der größte Durchmesser des Wickelkerns 18.
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Die vorstehend beschriebenen Stellungen der Vorrichtungskomponenten 12, 14 und 16 (vgl. 2) liegen zu Beginn des nachfolgend beschriebenen Wickelprozesses vor, der mit Bezug auf die 3 bis 5 wie folgt abläuft:
In einem ersten Schritt erfolgt ein Bespannen der beiden Nadelkränze 12, 14 und des Führungsringes 16 mit einem Fasermaterial, im dargestellten Beispiel etwa mit einem vorimprägnierten Roving R.
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3 zeigt das Ergebnis der Bespannung der Vorrichtung 10 mit dem Roving R, von welchem in Umfangsrichtung verteilt (z. B. äquidistant verteilt) mehrere Rovingabschnitte (Faserstränge) jeweils von einem Nadelkranz über den Außenumfang des Führungsringes 16 zum anderen Nadelkranz verlaufen.
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In einer vorteilhaften Ausführungsform sind die hierfür erforderlichen Bespannmittel beispielsweise von dem mit Bezug auf 1 bereits beschriebenen Fadenführungssystem mit dem in Axialrichtung verfahrbaren Wickelkopf 7 gebildet. Um das Roving R in der in 3 dargestellten Weise auf die Vorrichtung 10 aufzuspannen kann der Wickelkopf 7 parallel zur Wickelkernachse A von einem der Nadelkränze 12, 14 zum anderen der Nadelkränze fahren und das Roving R an den jeweiligen Nadeln 20 bzw. 22 einhängen. Nach einem solchen Einhängen des Rovings R an einer Nadel fährt der Wickelkopf 7 wieder zurück zum erstgenannten Nadelkranz, um dort das Roving R wiederum um eine der Nadeln zu legen.
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Sowohl die Anzahl der Faserstränge als auch der gegenseitige Faserabstand bzw. konkrete Faserverlauf ist im Wesentlichen frei wählbar. Gewisse Einschränkungen ergeben sich allenfalls durch die Anzahl und Anordnung der Nadeln 20 und 22 an den Nadelkränzen 12 und 14.
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Im dargestellten Bespannungsbeispiel gemäß 3 besitzt der zweite Nadelkranz 14 doppelt so viele Nadeln wie der erste Nadelkranz 12, und von den Nadeln 22 des zweiten Nadelkranzes 14 wird nur jede zweite genutzt. Dies könnte z. B. bei der Herstellung eines anderen Bauteils anders sein.
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Außerdem wird im dargestellten Bespannungsbeispiel gemäß 3 das Roving R am Nadelkranz 12 jeweils um zwei einander benachbarte Nadeln 20 und am Nadelkranz 14 jeweils um drei einander benachbarte Nadeln 22 herum ”umgelenkt”. Auch dies könnte z. B. bei der Herstellung eines anderen Bauteils anders sein.
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Bevorzugt werden bei dem Bespannungsschritt mindestens 8, weiter bevorzugt mindestens 16 in Umfangsrichtung verteilt angeordnete Stränge ausgebildet.
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Abweichend vom dargestellten Beispiel, bei welchem die zwischen den beiden Nadelkränzen 12 und 14 aufgespannten Stränge des Rovings R sich nicht kreuzen, könnten durch einen entsprechend modifizierten Bespannschritt auch sich kreuzende Stänge vorgesehen sein.
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Abweichend vom dargestellten Beispiel, bei welchem der erste Nadelkranz 12 einen integralen Bestandteil des Wickelkerns 18 darstellt, könnte der Nadelkranz 12 auch eine Komponente der in 1 dargestellten Drehlagereinrichtung 3 sein, welche in erster Linie zur Drehlagerung des betreffenden Wickelkerns dient.
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Der zweite Nadelkranz 14 und der Führungsring 16 können in einfacher Weise als Komponenten einer gegenüber der Drehlagereinrichtung 4 (1) geringfügig modifizierten zweiten Drehlagereinrichtung ausgebildet sein. Beide Komponenten 14, 16 können insbesondere als axiale Endabschnitte einer jeweiligen Hohlwelle oder Hohlachse ausgebildet sein, die sich in 3 von den Komponenten 14, 16 nach rechts in die betreffende Drehlagereinrichtung hinein erstreckt (nicht dargestellt).
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Nach dem Bespannen der Vorrichtung 10 wird durch eine in den 2 bis 5 nicht dargestellte Antriebseinrichtung eine durch den Pfeil 24 symbolisierte Vorspannkraft auf den zweiten Nadelkranz 14 ausgeübt, um das aufgespannte Roving R unter einer definierten Zugspannung zu halten. Außerdem wird, wie durch den Pfeil 26 symbolisiert, der Führungsring 16 in Axialrichtung, weg vom zweiten Nadelkranz 14 in Richtung auf den ersten Nadelkranz 12 hin verschoben, bis sich zwischen der Wickelkernachse A und den einzelnen Fasersträngen R jeweils ein Winkel einstellt, der einem gewünschten Ablagewinkel entspricht.
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4 zeigt das Ergebnis der axialen Einstellung der Position des Führungsringes 16. Nach diesem Einstellschritt beginnt der eigentliche Wickelprozess, indem die Antriebsmittel eine Drehung des Wickelkerns 18 bezüglich des zweiten Nadelkranzes 14 um die Wickelkernachse A herum bewirken, so dass das zuvor zwischen den beiden Nadelkränzen 12 und 14 aufgespannte Roving R auf den Wickelkern 18 abgelegt wird.
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5 veranschaulicht den Wickelprozess, bei welchem im dargestellten Beispiel der Führungsring 16 und der zweite Nadelkranz 14 drehfest bezüglich einer Vorrichtungsbasis (z. B. die in 1 dargestellte Basis 2) gehalten werden und lediglich der Wickelkern 18 samt erstem Nadelkranz 12 bezüglich der Basis gedreht wird (symbolisiert durch den Pfeil 28).
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Der einfacheren Darstellung halber ist in den 2 bis 5 die axiale Position des zweiten Nadelkranzes 14 bzw. dessen axialer Abstand von den übrigen Vorrichtungskomponenten nicht maßstäblich wiedergegeben. Tatsächlich befindet sich der zweite Nadelkranz 14 weiter rechts als in den Figuren dargestellt.
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Im in 5 dargestellten Wickelbeispiel wird das Roving R in einem Radialwickelmuster abgelegt, indem der Wickelkern 18 mit konstanter Geschwindigkeit gedreht wird (Pfeil 28) und gleichzeitig der Führungsring 16 so zurückgezogen wird (Pfeil 30), dass der zwischen Wickelkernachse A und Roving R zu Beginn des Wickelprozesses eingestellte Winkel im Wesentlichen konstant bleibt.
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Der mit der Ablage des Rovings R auf der Kernoberfläche verbundene, entgegen der Vorspannung 24 erfolgende Materialabzug wird durch eine entsprechende axiale Bewegung des zweiten Nadelkranzes 14 ausgeglichen (Pfeil 32).
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Nach Beendigung des Wickelprozesses können dann die an sich bekannten weiteren Schritte zur Fertigstellung des Faserverbundbauteils erfolgen, d. h. die Entkernung und Aushärtung des gewickelten Konstrukts.
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Zum Wickeln mehrerer Fasermateriallagen auf den Wickelkern 18 kann die Führungsringbewegung (Pfeil 30) entsprechend mehrmals reversiert werden. Die Funktion und Bewegung des Führungsringes 16 entsprechen im Rahmen der Erfindung im Wesentlichen der Funktion und Bewegung des Wickelkopfes einer konventionellen Faserwickelanlage. Wie bereits erläutert können sämtliche Komponenten einer konventionellen Faserwickelanlage (vgl. z. B. 1) auch im Rahmen der Erfindung vorteilhaft verwendet werden. Eine solche herkömmliche Anlage verfügt z. B. bereits über einen Antrieb zur Drehung des Wickelkerns 18. Ein ohnehin vorhandener Wickelkopf (sowie der Drehantrieb für den Wickelkern) kann im Rahmen der Erfindung vorteilhaft zur Bewerkstelligung des Bespannschrittes verwendet werden.
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Gegenüber dem konventionellen Wickelverfahren lässt sich mit dem erfindungsgemäß modifizierten Wickelverfahren ein homogeneres Wickelbild erzielen, da das Fasermaterial nicht oder nur minimal verrutschen kann und beispielsweise bei einem Radialwickelbild die einzelnen Fasermaterialstränge gleichmäßig nebeneinander abgelegt werden können. Dies wirkt sich positiv auf die mechanischen Eigenschaften des fertigen Faserverbundbauteils aus.
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Da unter Verwendung einer herkömmlichen Wickelanlage zum Bespannen der Vorrichtung 10 die Materialablage nicht direkt auf dem Wickelkern erfolgt, kann der Wickelkopf der Anlage auf direktem Weg von einem Nadelkranz zum anderen Nadelkranz verfahren werden, wodurch sich ein vorteilhaft geringer Zeitaufwand zur Bewerkstelligung des Bespannschrittes ergibt.
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Die Anzahl der gleichzeitig aufzuwickelnden Fasermaterialstränge ist nicht durch die Konstruktion der Anlage vorgegeben bzw. begrenzt. Sie wird vielmehr beim Bespannen im ersten Arbeitsschritt vorgegeben, beispielsweise durch ein Programm einer programmgesteuerten Faserwickelanlage. Dadurch lässt sich die Anzahl der abzulegenden Fasermaterialstränge und damit die Lagendicke jeder einzelnen abgelegten Lage schnell und einfach an die konkreten Erfordernisse anpassen.
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Ein weiterer Vorteil der Erfindung besteht darin, dass das System bereits mit einer einzigen Faserzuführung funktioniert, obwohl beim eigentlichen Wickelprozess eine Vielzahl von Fasermaterialsträngen gleichzeitig abgelegt werden können.
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Eine bevorzugte Verwendung der Erfindung besteht darin, beispielsweise mit einem Kunstharz auf Basis von kalt oder warm vernetzenden Duroplasten vorimprägnierte textile Halbzeuge auf Formkernen abzulegen, wobei die Ablage wenigstens abschnittweise auf nicht-geodätischen Bahnen der Kernoberfläche erfolgt.
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Zusammenfassend wurde eine Vorrichtung (10) und ein Verfahren zum Wickeln eines Fasermaterials (R) auf einen Wickelkern (18) bei der Herstellung eines Faserverbundbauteils beschrieben. Die Vorrichtung ermöglicht eine Faserwickeltechnik, welche die zuverlässige Ablage der Fasermaterialstränge (R) auf dem Wickelkern (18) mit großer Positionsgenauigkeit erlaubt. Der Wickelprozess erfolgt mit Hilfe zweier axial beabstandeter Nadelkränze (12, 14) und eines axial dazwischen angeordneten Führungsringes (16). Diese Komponenten (12, 14, 16) werden zunächst mit dem Fasermaterial (R) bespannt und nachfolgend in koordinierter Weise bewegt.