-
Die
Erfindung betrifft ein Verfahren zur Ermittlung von den Faltvorgang eines
Luftsacks eines Kraftfahrzeugs-Rückhaltesystems
beschreibenden Informationen.
-
Moderne
Kraftfahrzeuge weisen bekanntermaßen ein Kraftfahrzeug-Rückhaltesystem mit einem auffaltbaren
Luftsack auf, üblicherweise
als Airbag-System bekannt. Im Falle eines Unfalls wird der Luftsack
in Sekundenbruchteilen aufgeblasen, der Fahrer oder Beifahrer stürzt in den
Luftsack und wird so vor schwerwiegenden Verletzungen geschützt.
-
Im
Rahmen der Entwicklung eines solchen Rückhaltesystems ist insbesondere
der Vorgang der Auffaltung beziehungsweise der gesamte Vorgang vom
Auffalten bis hin zum Kolabieren des Luftsacks von Interesse. Um
dies zu beobachten, ist es bekannt, mittels einer Kamera Hochgeschwindigkeitsaufnahmen
zu erstellen, die aus verschiedenen Aufnahmerichtungen eine gestellt
Unfallsituation dokumentieren. Diese Bilder haben jedoch nur eine
begrenzte Aussagekraft, denn die Kameras können den Vorgang erst ab dem
Moment der Öffnung
der armaturenbrettseitigen Abdeckung verfolgen und dabei auch nur
die sichtbaren Konturen des Luftsacks abbilden. Im Rahmen einer
umfangreichen Analyse sind jedoch insbesondere die Vorgänge betreffend die
Reihenfolge der Entfaltung der einzelnen Luftsack-Gewebelagen von besonderer
Bedeutung. Dies kann unter Verwendung der Bilder nicht analysiert werden.
-
Bekannt
ist es ferner, den Entfaltungsvorgang röntgenographisch abzubilden.
Hierzu wird ein Luftsack verwendet, in den ein oder mehrere Bleifäden eingenäht wurde.
Während
der Luftsackentfaltung werden Röntgenbilder
aufgenommen, die den Entfaltungsvorgang zeigen. Sie ermöglichen
auch einen Einblick in die Vorgänge
unterhalb der Abdeckung (Schalttafel), bevor diese zum Freigeben
des Luftsacks öffnet.
Nachteilig dabei ist neben dem hohen experimentellen Aufwand der
Umstand, dass maximal acht Belichtungen pro Luftsackauflösung aufgenommen
werden, also nur eine sehr begrenzte Anzahl von Einzelbildaufnahmen
zur Verfügung steht.
Auch ist, nachdem es sich bei den Röntgenbildaufnahmen um zweidimensionale,
integrierende Bildaufnahmen handelt, keine räumliche Zuordnung möglich. Daher
ist diese Technik auch im Hinblick auf die geringe Anzahl der eingewebten
Bleifäden
stark eingeschränkt.
-
Aber
nicht nur im Bereich der Systementwicklung beziehungsweise – testung
sind Informationen betreffend das Entfaltungsverhalten des Luftsacks
interessant, sondern auch im üblichen
Kraftfahrzeugbetrieb. Denn auch hier können entsprechende Informationen
der Optimierung des Systembetriebs in-situ dienen. Die heute bekannten
adaptiven Fahrzeug-Rückhaltesysteme
umfassen einen Luftsack und sind in der Lage, in Abhängigkeit
von Informationen wie etwa der Sitzposition oder einem angelegten
Gurt ein unterschiedliches Szenario im Falle eines Unfalls auszulösen. Ein
Beispiel ist ein Fangband, das über
den Fahrerairbag in Abhängigkeit
der Sitzposition des Fahrers freigegeben wird. Das heißt, dass
die Härte
des sich entfaltenden Luftsacks in Abhängigkeit der eingenommenen
Sitzposition gesteuert werden kann. Ein solches Fangband stellt
eine aktive Komponente dar. Bekannt sind auch mechanische passive
Komponenten wie ein im Inneren des Luftsacks fest vernähtes Fangband,
welches eine Ausströmöffnung steuert.
Hier wird situationsabhängig
eine entsprechende Maßnahme
ergriffen. Bei ungehinderter Ausbreitung des Luftsacks wird die
vorsorglich vorhandene Ausströmöffnung wieder
geschlossen. Der Verlust an Volumen und damit Härte des Luftsacks in der Regelsituation
wird hier in Kauf genommen. Dies schmälert die Optimierungsmöglichkeiten
der Rückhaltesysteme
in der Regelsituation, in der der Insasse in einen voll entfalteten
Luftsack hineinfällt.
-
Nachteilig
dabei ist, dass aktive Komponenten nur auf Informationen zurückgreifen,
die am Beginn eines Unfalls ermittelt werden können wie z. B. Sitzposition.
Das System kann aber nicht auf Situationen reagieren, die sich während des
Unfallablaufs einstellen. Passive Systeme basieren heutzutage auf mechanische
Komponenten, deren Trägheitsverhalten
die Performance des Insassenschutzes im Regel-Unfallgeschehen verschlechtert.
-
Der
Erfindung liegt deshalb das Problem zugrunde, eine Möglichkeit
zur Ermittlung von Informationen, die den Faltvorgang eines sich
gerade entfaltenden Luftsacks möglichst
detailliert beschreiben, anzugeben.
-
Zur
Lösung
dieses Problems ist erfindungsgemäß ein Verfahren zur Ermittlung
von den Faltvorgang eines Luftsacks eines Kraftfahrzeug-Rückhaltesystems beschreibenden
Informationen vorgesehen, welcher Luftsack mehrere entlang seiner
Oberfläche verlaufende
Leiterbahnen aufweist, an die mittels einer Steuerungseinrichtung
zeitlich aufgelöst
definierte elektrische Pulssignale gelegt und die Reflexionssignale
des Pulses als Informationen gemessen oder zur Ermittlung der Informationen
ausgewertet werden.
-
Das
erfindungsgemäße Verfahren
bedient sich mit besonderem Vorteil zur Informationsgewinnung der
Aufnahme oder Auswertung von elektrischen Reflexionssignalen. Der
erfindungsgemäß verwendete
Luftsack ist mit mehreren Leiterbahnen versehen, die entlang seiner
Oberfläche
verlaufen. Über
eine Steuerungseinrichtung werden mit hoher Frequenz diskrete elektrische
Pulse auf die Leiterbahnen gegeben. Je nach dem, wie weit ein solches Pulssignal
störungsfrei
im Leiter laufen kann, kommt es zu unterschiedlichen Zeitpunkten
zur Erfassung von entsprechenden reflektierten Laufzeitsignalen.
in einem ungestörten,
also ungeknickten Leiter würde das
Signal bis zum Leiterende laufen und dann reflektiert werden. In
einem jedoch geknickten oder gefalteten Leiter kommt es an jeder
faltungs- oder deformationsbedingten Störung zu einer Teilreflexion des
Signalpulses. Ein Signalteil wird an einer solchen Diskontinuität der elektrischen
Leitung reflektiert, die Steuerungseinrichtung kann das entsprechende
Reflexionssignal erfassen. Die Auswertung dieser reflektierten Laufzeitsignale
geschieht erfindungsgemäß mit Hilfe
der Zeitbereichsreflektometrie, auch bekannt als Time-Domain-Reflectometry (TDR). Hierüber können die
Lauflängen
beziehungsweise Reflektionscharakteristika von elektromagnetischen Wellen
und Signalen in einem Leiter ermittelt werden.
-
Erfindungsgemäß werden
nun, vorzugsweise kontinuierlich, solche diskreten Pulse auf die
Leiterbahnstruktur gegeben und die entsprechenden Reflexionssignale
aufgenommen und entweder unmittelbar als Informationen weiterverarbeitet,
oder zur Informationsbildung selbst verarbeitet. Sobald es zu einer Änderung
der Faltstruktur kommt, was dann der Fall ist, wenn auch nur eine
geringe Geometrieänderung
des Luftsacks eintritt, ändert
sich die Leiterbahngeometrie, das heißt, die Lage oder der Grad einer
Bahnfaltung. Mithin ändert
sich also die Art einer Diskontinuität mit fortschreitender Zeit.
Infolgedessen ändert
sich auch zwangsläufig
zeitaufgelöst das
Reflexionsverhalten, das heißt,
die empfangenen Reflexionssignale variieren mit der Geometrieänderung
des Luftsacks. Dies kann nun ohne weiteres anhand der aufgenommenen
Reflexionssignale ermittelt und nachverfolgt werden. Das heißt, dass mit
extrem hoher Genauigkeit jedwede Geometrieänderung des Luftsacks erfasst
werden kann, so dass sich die Änderung
einzelner Falten zeitaufgelöst
und geometrisch exakt erfassen und zuordnen lässt. Dies insbesondere, nachdem
zwangsläufig
im Rahmen der Ermittlung der Informationen auch der geometrische
Verlauf der Leiterbahnen am Luftsack berücksichtigt wird.
-
Das
Verfahren bietet also die Möglichkeit, den
kompletten Auffaltvorgang des Luftsacks bis hin zum Ende des Kollabiervorgangs
exakt und zeitlich wie geometrisch aufgelöst erfassen und dokumentieren
zu können,
da die entsprechenden Informationen, seien es unmittelbar die Reflexionssignale selbst
oder die daraus erst abgeleiteten Informationen, in Echtzeit vorliegen.
-
Im
Rahmen der Systementwicklung kann damit wesentlich exakter als bisher
der gesamte Vorgang erfasst werden, da innerhalb des nur wenige Millisekunden
dauernden Auffaltvorgangs eine extreme Vielzahl von einzelnen zeitaufgelösten Informationen
vorliegt. Gleichermaßen
lassen sich die hierüber gewonnenen
Informationen auch mit besonderem Vorteil zur Steuerung des Airbag-Rückhaltesystems
und etwaiger anderer Rückhaltesysteme
verwenden. Denn die erfindungsgemäße Messung ermöglicht es,
in Echtzeit während
eines gerade stattfindenden Unfalls Informationen zu ermitteln,
die, da in Echtzeit vorliegend, auch unmittelbar zu einer entsprechenden
Reaktion seitens der Steuerungseinrichtung führen können, sofern dies erforderlich
ist. Das heißt,
dass die Steuerungseinrichtung beispielsweise Maßnahmen ergreift, die Härte des
Luftsacks bedarfsabhängig
zu variieren, sein Volumen gezielt zu verringern, etc. Das Entfaltungsverhalten
wird online erkannt, so dass im Falle eines entsprechenden Auffaltverhaltens
etwaige Alternativszenarien, mithin also Steuerungseingriffe, erfolgen
können.
Es ist also ein adaptives Verfahren, welches für die Analyse des Geschehens
auf keine mechanischen Komponenten, die hinreichend träge sind,
zurückgreifen
muss, zwangsläufig
werde deshalb Totzeiten vermieden, die aufgrund der Trägheit mechanischer
Komponenten unausweichlich sind. Damit reagiert das System wesentlich
schneller und kann sich weit besser auf das reale Unfallgeschehen
einstellen. Eine Unfallsituation kann zielgerichteter erfasst werden.
Nachdem sich über
den Luftsack eine Art Netz aus Leiterbahnen spannt, ergeben sich
ferner auch eine Vielzahl separater geometrisch und Istlagemäßig aufgelöster Messpunkte,
die eine hochgenaue, exakte Beschreibung der Vorgänge ermöglicht.
Eine bedarfsorientierte Steuerung dieses oder anderer Systeme ist infolgedessen
möglich,
nachdem Situationen, die sich erst im Laufe eines Unfalls einstellen
(z. B. Hindernis im Entfaltungsraum eines Luftsacks und infolgedessen
nicht vollständiges
Aufblasen) mit besonderem Vorteil erkannt werden können.
-
Da
das Luftsackgewebe während
des Entfaltungsvorganges gedehnt wird, kommt es auch zu einer gewissen
Dehnung der Leiterbahnen, was zu einer Änderung des kapazitiven Bahnwiderstands führt. Dies
führt wiederum
zu einer Änderung
der Reflexionssignale. Zweckmäßigerweise
erfolgt eine Kompensation etwaiger kapazitiver Widerstandsänderungen
durch eine Kalibrierung der Messsignale, das heißt, es ist möglich, hierüber der
Verzerrung der Signale entsprechende Spannungen im Material zuzuordnen.
-
Wie
beschrieben ist die Signal- und damit Informationserfassung in Echtzeit
möglich,
wozu die Pulssignalgabe und die Messung mit einer hohen Frequenz,
vorzugsweise im kHz-Bereich erfolgt. Dies stellt sicher, dass trotz
des ungeheuer schnellen Auffaltvorgangs eine große Informationsschar aufgenommen
und verarbeitet werden kann. Denn die Pulse weisen Laufzeiten im
Bereich von Nanosekunden auf, weshalb derart hohe Messfrequenzen
ohne weiteres angelegt werden können.
Die geometrische Auflösegenauigkeit
des Verfahrens liegt bei ca. 1 mm, das heißt, es ist eine hochexakte
lokale Zuordnung einer etwaigen Störung möglich.
-
Wie
bereits beschrieben, wird zweckmäßigerweise
ein Luftsack verwendet, bei dem die Leiterbahnen in einer kreuzförmigen Anordnung
verlegt sind. Das heißt,
es ist eine Art Netz am Luftsack vorgesehen, das eine gute geometrische
Auflösung
bietet. Die Leiterbahnen folgen beziehungsweise kreuzen bevorzugt
den beziehungsweise die definierten Faltungslinien des Luftsacks,
da gerade deren Bewegung beziehungsweise Verhalten überwacht
werden soll.
-
Wie
bereits beschrieben, ist es besonders vorteilhaft, in Abhängigkeit
der ermittelnden Informationen das den Luftsack umfassende Rückhaltesystem
oder ein anderes Rückhaltesystem
des Kraftfahrzeugs adaptiv anzusteuern, mithin also die nachfolgende
Steuerung eines solchen Systems basierend auf den ermittelten Informationen
vorzunehmen, um so den Systembetrieb der realen Situation optimiert
anpassen zu können.
-
Zweckmäßigerweise
sind in der Steuerungseinrichtung Vergleichsinformationen abgelegt,
denen spezifische Steuersignale für das oder die anzusteuernden
Rückhaltesystem
zugeordnet sind, wobei die ermittelten Informationen mit den Vergleichsinformationen
laufend verglichen werden. Die Reflexionssignale werden der Steuerungseinrichtung
gegeben, die diese entweder unmittelbar oder nach vorheriger Auswertung
und Informationsbildung mit den Vergleichsinformationen, die verschiedenen
charakteristischen Situationen zugeordnet oder auf diese abgestimmt
sind, vergleicht. Das heißt,
die Reflexionssignale oder die Informationen werden im Steuergerät analysiert, um
etwaige Charakteristiken abzuleiten. Die Vergleichsinformationen
beschreiben die optimale Anpassung beziehungsweise Steuerung eines Rückhaltesystems
an sehr unterschiedliche Unfallgeschehen, sind also situationsspezifisch
ausgelegt und umfassen die situationsspezifischen Steuerungsinformationen.
Anhand des Vergleichs ist es damit seitens der Steuerungseinrichtung
möglich,
in Abhängigkeit
der erfassten, die Ist-Situation beschreibenden Informationen sofort
die entsprechende, der nachfolgenden Steuerung zugrunde zulegende
Vergleichsinformation zu finden und abzuarbeiten.
-
Dabei
sind zweckmäßigerweise
die Vergleichsinformationen unterschiedlichen, die Ist-Situation
beschreibenden Randbedingungen zugeordnet, wobei laufend Informationen
bezüglich
dieser Randbedingungen mittels entsprechender fahrzeugseitig vorgesehener
Erfassungsmittel ermittelt und an die Steuerungseinrichtung gegeben
werden. Solche Randbedingungen können
z. B. die momentane Sitzposition des Fahrers oder Beifahrers sein,
was über eine
geeignete Sitzsensorik erfasst werden kann, ferner kann das Gewicht
der Person, erfasst über
einen entsprechenden in der Sitzfläche integrierten Sensor, berücksichtigt
werden, weiterhin, ob es sich um einen Frontalzusammenstoß oder einen
Seitenzusammenstoß etc.
handelt. All diese Informationen können mittels geeigneter, in
der Regel kraftfahrzeugseitig ohnehin vorhandener Sensoren erfasst
werden und, vorzugsweise über
den CAN-Bus, an
das systemseitige Steuergerät übertragen
werden. Dieses berücksichtigt
dann bei der Wahl der entsprechenden Vergleichsinformationen diese
Randbedingungen, um eine noch weitergehende Situationsoptimierung
im Rahmen der Steuerung zu erzielen. Das heißt, der Abgleich der im Steuergerät hinterlegten
Vergleichsinformationen (Charakteristiken) mit den tatsächlichen
aufgenommenen Signalen beziehungsweise erfassten Ist-Informationen erlaubt
eine Anpassung der Steuerung an Rückhaltesysteme, um den Insassenschutz
optimal an das reale Unfallgeschehen adaptieren zu können. Beispielsweise
können
so bedarfsorientiert zusätzliche
Ausblasöffnungen
freigegeben werden oder andere Maßnahmen ergriffen werden, wie
beispielsweise die Härte
des Luftsacks zu variieren und/oder ein Entfaltungsverhalten oder -volumen
zu beeinflussen. Diese Maßnahmen
werden sodann gegebenenfalls mit Hilfe mechanischer Systeme umgesetzt,
was je doch situationsbezogen nur möglich ist, nachdem erfindungsgemäß eine Echtzeit-Erfassung
des Auffaltverhaltens des Luftsacks in zeitlich und geometrisch
aufgelöster
Weise erfolgt.
-
Trifft
der Luftsack während
seiner Entfaltung beispielsweise auf ein Hindernis, z. B. einen
vor der Person befindlichen Gegenstand oder dergleichen, so ändert sich
zwangsläufig
das Auffaltverhalten, was in Echtzeit erfasst werden kann, die Entfaltung verzögert sich.
Eine solche Änderung
des Entfaltungsverhaltens wird online erkannt und kann beispielsweise
verwendet werden, um kontrolliert Luft aus den Luftsack abzulassen
und hierüber
sein Volumen und damit seine Härte
zu verringern. Auch ist es denkbar, nachdem auch der Ort einer möglichen
Entfaltungsverhinderung erfasst werden kann, bei Vorhandensein mehrerer
Luftablassöffnungen
eine bestimmte anzusteuern, sofern dies situationsbedingt erforderlich
ist.
-
Neben
dem Verfahren betrifft die Erfindung ferner ein Kraftfahrzeug; umfassend
ein einen Luftsack umfassendes Rückhaltesystem
mit zugeordneter Steuerungseinrichtung, wobei der Luftsack mehrere
entlang seiner Oberfläche
verlaufende Leiterbahnen aufweist und über die Steuerungseinrichtung zeitaufgelöst Signalpulse
an die Leiterbahnen legbar sind, und wobei die Steuerungseinrichtung
zum Ermitteln von Reflexionssignalen und zur Steuerung des Rückhaltesystems
und/oder eines weiteren Rückhaltesystems
ausgebildet ist.
-
Weitere
zweckmäßige Ausgestaltungen
des Kraftfahrzeugs sind den Unteransprüchen zu entnehmen.
-
Weitere
Vorteile, Merkmale und Einzelheiten der Erfindung ergeben sich aus
dem im Folgenden beschriebenen Ausführungsbeispiel sowie anhand der
Zeichnungen. Dabei zeigen:
-
1 eine
Prinzipdarstellung eines erfindungsgemäßen Kraftfahrzeugs,
-
2 eine
Prinzipdarstellung eines aufgefalteten Luftsacks mit zugeordneter
Steuerungseinrichtung, und
-
3 und 4 zwei
Beispiele für
zu unterschiedlichen Reflexionssignalen führende Leiterbahngeometrien.
-
1 zeigt
ein erfindungsgemäßes Kraftfahrzeug 1 umfassend
ein Rückhaltesystem 2 in Form
eines Airbag-Systems, umfassend einen Luftsack 3, der im
gezeigten Beispiel wie an sich üblich im
Inneren der Lenkradkonsole 4 angeordnet ist. Über eine
pyrotechnische Einrichtung 5, die über eine Steuerungseinrichtung 6 angesteuert
werden kann, kann der Luftsack 3 im Bedarfsfall aufgeblasen werden,
er nimmt dann die in 1 gezeigte gestrichelte großvolumige
Form ein.
-
Der
Luftsack 3 ist in vergrößerter Darstellung in 2 gezeigt.
Auf seiner Oberfläche 7,
gegebenenfalls alternativ auch an seiner Innenseite, verläuft eine
netzartige Struktur aus einzelnen Leiterbahnen 8, die in
sich kreuzender Anordnung vorgesehen sind. Bei den Leiterbahnen
handelt es sich um Streifenleitungen oder sogenannte Microstrips.
Es handelt sich um elektrische Wellenleiter, die vornehmlich in
der Hochfrequenztechnik Anwendung finden. Die Leiterbahnen 8 sind
unmittelbar auf dem Gewebe des Luftsacks 3, das als Dielektrikum
wirkt, angeordnet.
-
Die
Leiterbahnen 8 sind mit der Steuereinrichtung 6 insoweit
gekoppelt, als Ober die Steuerungseinrichtung 6 dezidierte,
zeitaufgelöste
elektrische Signalpulse mit steiler Flanke gegeben werden können. Diese
Signalpulse laufen längs
der Leiterbahnen bis zu deren Ende, wo sie spätestens reflektiert werden
und ein entsprechendes Reflexionssignal an dem Steuergerät erfasst
wird. Selbstverständlich
werden steuergeräteseitig
die einzelnen Leiterbahnen separat mit dem Puls beaufschlagt und
die Reflexionssignale leiterbahnspezifisch erfasst, wobei aber die
einzelnen Pulse simultan gegeben werden können.
-
Dieses
Zeitbereichsreflektometrie-Verfahren ermöglicht es aber nicht nur die
Totalreflexion am Ende des Leiters feststellen zu können, sondern
jedwede zu einer Störung
oder Diskontinuität
führende Eigenschaftsänderung
in der Leiterbahn erkennen zu können.
Breitet sich der elektrische Signalpuls entlang der unverformten
Leiterbahn aus, so ändert
sich der Wellenwiderstand in der Leiterbahn nicht und die Impedanz
bleibt unverändert
gleich. Ist jedoch eine Quetschung oder eine Biegung der Leiterbahn
gegeben, so ändert
sich die Impedanz und es kommt zu einer Teilreflexion des Signals,
das heißt,
ein bestimmter Signalanteil wird zurückreflektiert und kann als
Reflexionssignal an der Steuerungseinrichtung erfasst werden. Aus
dem Zeitpunkt des Eintreffens des Reflexionssignals und seiner Natur
kann dann auf den Ort und das Ausmaß der Diskontinuität, hier also
des Leiterbahnknicks, geschlossen werden. Die Länge der einzelnen Leiterbahn
ist bekannt, auch die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Pulses, die
im Bereich von Nanosekunden liegt. Ferner ist die Ist-Geometrie
der Leiterbahnen bekannt, wie sie im aufgespannten Zustand gegeben
ist, beziehungsweise wie die einzelnen Leiterbahnen relativ zueinander
verlaufen.
-
Werden
nun von dem Steuergerät 6 die
entsprechenden Signalpulse an die Leiterbahnstruktur gegeben, so
können
je nach Ist-Situation unterschiedlichste Relexionssignal-Muster
empfangen werden. Ist der Luftsack 3 zusammengefaltet,
wie in 1 gezeigt, so sind eine Vielzahl von lokalen Diskontinuitäten, also
Bahnfaltungen gegeben, so dass die Steuerungseinrichtung eine Vielzahl
von separaten Reflexionssignalen, die dezidierten lokalen Faltungen
an dezidierten Orten über
die Länge
der Leiterbahnen zugeordnet werden können, aufnimmt. Die Signalpulse
werden mit hoher Frequenz im kHz-Bereich gegeben, mit entsprechend
hoher Frequenz werden die Reflexionssignale ermittelt. Das heißt, es kann
zeitaufgelöst
eine Zustandserfassung des Leiterbahn-Netzwerks vorgenommen werden, die
genaue Lage, bis ca. 1 mm geometrisch aufgelöst, der einzelnen Faltungen
der einzelnen Leiterbahnen kann so erfasst werden.
-
Jedwede Änderung
der Luftsackgeometrie, ausgehend von der zusammengefalteten Form,
führt zu
einer Änderung
der Faltstruktur des Leiterbahn- Netzwerks.
Jede Änderung
der Faltstruktur beziehungsweise einer einzelnen Faltung führt wiederum
zu einer Änderung
des von ihr verursachten oder erzeugten Reflexionssignals, was wiederum
an der Steuerungseinrichtung erfasst werden kann. Es ist offensichtlich,
dass sich die Geometrie des Netzwerks aus den einzelnen Leiterbahnen 8 ausgehend von
der zusammengefalteten Form zur aufgeblasenen Form gemäß 2 extrem ändert. Wenngleich dieser
Vorgang im Bereich weniger Millisekunden stattfindet, können dennoch
aufgrund der sehr hohen Messfrequenz feinstzeitaufgelöste Zustandsinformationen
dahingehend erfasst werden, wie der Entfaltungsvorgang vonstatten
geht.
-
Hieraus
resultiert, dass an der Steuerungseinrichtung zu jedem Messzeitpunkt
eine Vielzahl von äußerst exakten
Informationen, die den Faltzustand und, gesehen über die Zeit, den ablaufenden Entfaltungsvorgang
genauestens beschreiben, vorliegen. Als solche Informationen können entweder die
empfangenen Reflexionssignale selbst verwendet werden, oder diese
werden zur Informationsbildung weiterverarbeitet.
-
Diese
gewonnenen Informationen – gleich ob
es sich jetzt um die Reflexionssignale selbst oder um daraus abgeleitete
Informationen handelt – werden
sodann bevorzugt im Kraftfahrzeug zur Steuerung des Rückhaltesystems 2 verwendet.
Denn aus den Informationen können
etwaige Besonderheiten im Entfaltungsvorgang des Luftsacks 3 erkannt
werden, die gegebenenfalls einer modifizierten Ansteuerung des Rückhaltesystems 2 beziehungsweise
des Luftsacks 3 selbst betreffen. Beispielsweise kann es aus
beliebigen Gründen
erforderlich sein, die Härte des
Luftsacks zu variieren und hierfür
beispielsweise eine hier nicht näher
gezeigte Ausblasöffnung, über die
Steuerungseinrichtung 6 gesteuert, zu öffnen, worüber auch das Volumen des Luftsacks
gegebenenfalls reduziert werden kann. In Abhängigkeit dieser erfassten Informationen
ist es ferner möglich, auch
andere Rückhaltesysteme,
von denen in 1 exemplarisch ein Gurtstraffersystem 9 sowie
ein weiteres Seitenairbag-System 10 gezeigt ist, anzusteuern,
um auf diese Weise, bezogen auf die Ist-Situation des Entfaltungsvorgangs
des Luftsacks 3, einen optimierten Insassenschutz zu bieten.
-
Im
Rahmen dieser optimierten Rückhaltesystemsteuerung
kann es weiterhin erforderlich sein, zusätzliche Informationen seitens
der Steuerungseinrichtung 6 zu berücksichtigen, die in die endgültige Systemsteuerung
eingehen. Dies können
beispielsweise Informationen über
die Sitzposition des Sitzes 11 sein, wozu ein entsprechender
Sensor 12 vorgesehen ist, der mit der Steuerungseinrichtung 6 über einen
Bus 13, vorzugsweise den CAN-Bus des Fahrzeugs, kommuniziert.
An diesem Bus 13 hängen auch
sämtliche
anderen Systeme oder Sensoren, worauf nachfolgend noch eingegangen
wird. Auch das Gewicht des Fahrers kann über einen Gewichtssensor 14 erfasst
und über
den Bus 13 an die Steuerungseinrichtung 6 gegeben
werden. Weitere Sensoren 15 können beispielsweise den Ort
eines etwaigen Unfalls, also ob es sich um einen Frontalcrash oder einen
Seitencrash handelt, erfassen etc. All diese Informationen werden
seitens der Steuerungseinrichtung 6 berücksichtigt, um den Steuervorgang
der Luftsackentfaltung noch weiter zu optimieren.
-
Zweckmäßigerweise
sind in einer geeigneten Speichereinrichtung 16 der Steuerungseinrichtung 6 verschiedene
Vergleichsinformationen, also Informationsscharen abgelegt, die
zu entsprechenden Situationen aufgenommen wurden beziehungsweise
diesem zugeordnet wurden. Diese Situationen werden über bestimmte
Randbedingungen definiert, als Randbedingungen können beispielsweise die Sitzposition
oder das Fahrergewicht oder der Ort eines Aufpralls eines Unfallfahrzeugs
etc. dienen, das heißt,
diese Informationen, die über
die zuvor genannten Sensoren aufgenommen werden, sind ausschlaggebend,
welche Vergleichsinformation, die entsprechende Steuervorgaben für die entsprechenden
Rückhaltesysteme
zum Inhalt hat, auszuwählen ist.
Die Auswahl erfolgt durch einen Vergleich der In-situ, also in Echtzeit
aufgenommenen Reflexionssignale beziehungsweise der daraus abgeleiteten
Informationen, die ohnehin seitens der Steuerungseinrichtung 6 vorliegen.
Dieses Informationspaket wird mit den Vergleichsinformationen verglichen
beziehungsweise anhand dieser Informationen werden die Vergleichsinformationen
ausgewählt,
die der nachfolgenden Steuerung zugrunde zulegen sind. Nachdem diese
Vergleichsinformationen spezifischen Situa tionen zugeordnet beziehungsweise
für sie
charakteristisch sind, kann auf diese Weise ausgehend von den aufgenommenen
Ist-Informationen das jenige Steuersignalpaket ausgewählt werden,
das zur jeweiligen Ist-Situation das optimale ist, um den Insassenschutz infolge
einer situationsoptimierten Ansteuerung der Rückhalte- oder Schutzsysteme
zu optimieren.
-
Die 3 und 4 zeigen
als Prinzipdarstellung unterschiedliche Geometrien zweier Leiterbahnen 8a und 8b.
Während 3 die
Situation bei zusammengefaltetem Luftsack 3 darstellt,
zeigt 4 die Bahnkonfiguration bei aufgefaltetem Luftsack.
Ersichtlich ist in 3 die Leiterbahn 8a im
wesentlichen geradlinig, also ungestört. Dementsprechend zeigt der
eingeleitete Signal- oder Sprungpuls, der auf diese Leiterbahn 8a gegeben
wird, nur eine unwesentliche Anomalie, das heißt, es kommt erst zu einem
Reflexionssignal, wenn der Puls die gesamte Leiterstrecke durchlaufen
hat.
-
Demgegenüber ist
die Leiterbahn 8b zweifach geknickt. Es kommt zwangsläufig zu
drei Reflexionssignalen, nämlich
einem ersten Reflexionssignal an der ersten Knickstelle 17a,
einem zweiten Reflexionssignal an der zweiten Knickstelle 17b und schließlich zu
einem Reflexionssignal am Ende der Leiterbahn. Das heißt, dass
sich insgesamt ein charakteristisches Reflexionssignalbild ergibt.
-
Anders
die Situation in 4. Dort ist die Leiterbahn 8a wiederum
geradlinig und ungestört,
das heißt
an ihrem charakteristischen Reflexionssignalbild ändert sich
nichts. Demgegenüber
ist jedoch die Leiterbahn 8b gestreckt, nachdem der Luftsack
aufgefaltet ist und sich das Gewebe gedehnt hat. Die beiden Knickstellen 17a und 17b sind
nicht mehr vorhanden. Es kommt folglich auch hier im Idealfall nur zu
einem einzigen Reflexionssignal, wenn der Puls am Bahnende reflektiert
wird.
-
Insgesamt
bietet das erfindungsgemäße Verfahren
wie das erfindungsgemäße System
die Möglichkeit,
Situationen, die sich erst im Laufe eines Unfalls einstellen, wie
zum Beispiel ein Hindernis im Entfaltungsraum des Luftsacks (es
kommt dann eben nicht zu einer vollständigen Längung der Leiter bahnen) und ähnliches
zu erkennen und entsprechende Maßnahmen in Echtzeit einzuleiten.