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Die
Erfindung betrifft ein Verfahren zur Umfeldüberwachung für ein Kraftfahrzeug.
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Um
Kollisionen zwischen Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr zu vermeiden, bzw.
deren Auswirkungen auf die Verkehrsteilnehmer und auf die Verkehrsmittel
zu minimieren, sind Systeme bekannt, die eine gefährliche
Situation durch am jeweiligen Kraftfahrzeug angebrachte Umfeldsensoren
(z. B. Radar, Lidar, Ultraschall) erfassen und abhängig von
den Signalen dieser Sensoren bzw. einem daraus abgeleiteten Umfeldmodell
Maßnahmen
zur Kollisionsvermeidung bzw. zur Minimierung der Kollisionsenergie im
Falle einer Kollision ergreifen. Als solche Maßnahmen bekannt sind eine Vorkonditionierung
der Bremsanlage, um schneller einen hohen bzw. den maximalen Bremsdruck
aufbauen zu können und/oder
ein selbständiges
Abbremsen des Fahrzeugs.
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Ebenfalls
bekannt ist das Erzeugen eines Umfeldmodells basierend auf Daten,
die eine Empfangseinheit eines Kraftfahrzeugs durch die Kommunikation
mit anderen Fahrzeugen (Car-to-Car-Communication,
C2C) oder mit infrastrukturellen Einrichtungen (Car-to-Infrastructure-Communication, C2I) empfängt und
zur Modellbildung bereitstellt. Anhand eines solchen Umfeldmodells
lassen sich Risiken einer Kollision des Kraftfahrzeugs mit Objekten,
insbesondere Kraftfahrzeugen, in seiner Umgebung abschätzen.
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Dennoch
entstehen insbesondere im dichten Kolonnenverkehr auch unter Nutzung
solcher Vorrichtungen und Verfahren häufig gefährliche Verkehrssituationen
und Auffahrunfälle.
Die Ursache hierfür
besteht zumeist darin, dass Bremsungen voraus fahrender Kraftfahrzeuge
erst spät
erkannt werden.
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Es
ist eine Aufgabe der Erfindung, ein einfaches Verfahren zur Umfeldüberwachung
für ein
Kraftfahrzeug zu schaffen, das eine erhöhte Verkehrssicherheit gewährleistet.
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Gelöst wird
diese Aufgabe durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs
1. Vorteilhafte Ausführungsformen
und Weiterbildungen der Erfindung ergeben sich aus den abhängigen Ansprüchen.
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Das
erfindungsgemäße Verfahren
zur Umfeldüberwachung
für ein
Kraftfahrzeug sieht zumindest die folgenden Schritte vor:
- – Bestimmen
von Fahrbetriebsgrößen eines
ersten Fremdfahrzeugs im Umfeld des Kraftfahrzeugs anhand von Signalen,
die das erste Fremdfahrzeug betreffen und die von dem Kraftfahrzeug über eine
sichtverbindungsunabhängige
Kommunikationsverbindung empfangen werden,
- – Bestimmen
von Fahrbetriebsgrößen eines
zweiten Fremdfahrzeugs im Umfeld des Kraftfahrzeugs anhand von sichtverbindungsabhängigen Umfeldsensoren
des Kraftfahrzeugs,
- – Abschätzen eines
primären
Kollisionsrisikos für eine
Kollision zwischen dem ersten und dem zweiten Fremdfahrzeug,
- – Prädizieren
einer Reaktion zumindest des ersten und/oder zweiten Fremdfahrzeugs
abhängig von
dem primären
Kollisionsrisiko,
- – Abschätzen eines
sekundären
Kollisionsrisikos für
eine Kollision zwischen dem Kraftfahrzeug und dem ersten und/oder
dem zweiten Fremdfahrzeug abhängig
von der prädizierten
Reaktion des ersten und/oder zweiten Fremdfahrzeugs,
- – Bestimmen
und Auslösen
einer Reaktion des Kraftfahrzeugs abhängig von dem sekundären Kollisionsrisiko.
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Erfindungsgemäß wird also
noch vor der Bestimmung des sekundären Kollisionsrisikos, welches das
Kraftfahrzeug selbst betrifft, eine Abschätzung eines primären Risikos
der Kollision anderer Fahrzeuge in der Umgebung des Kraftfahrzeugs
vorgenommen. Denn gerade bei Kolonnenfahrten sind es die von anderen
Kraftfahrzeugen vorgenommenen Versuche einer Kollisionsvermeidung,
die zu einem erhöhten
Kollisionsrisiko für
das eigene Kraftfahrzeug führen.
Anhand des primären
Kollisionsrisikos der anderen Fahrzeuge wird prädiziert, wie sich die zumindest
potenziell kollisionsgefährdeten
anderen Fahrzeuge in naher Zukunft verhalten werden, d. h. wie sie
reagieren werden. Erst eine Berücksichtigung dieser
Reaktion der anderen Fahrzeuge erlaubt eine sachgerechte Abschätzung des
sekundären
Kollisionsrisikos des Eigenfahrzeugs mit einem Objekt in seiner
Umgebung, insbesondere mit einem anderen Fahrzeug, das auf eine
dieses andere Fahrzeug unmittelbar betreffende primäre Kollisionsgefahr
reagiert und/oder reagiert hat. Abhängig von dem auf dieser Basis
bestimmten sekundären
Kollisionsrisiko kann das Eigenfahrzeug dann selbst reagieren.
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Erfindungsgemäß werden
ferner verschiedene Arten und Weisen der Gewinnung von Information über Fremdfahrzeuge
in der Umgebung des Kraftfahrzeugs fusioniert, um ein primäres Kollisionsrisiko zweier
Fremdfahrzeuge in der Umgebung des Kraftfahrzeugs zu bestimmen.
Fahrbetriebsgrößen (z.
B. relative und/oder absolute Geschwindigkeit und/oder Abstand zum
Eigenfahrzeug und/oder absolute Position) eines ersten Fremdfahrzeugs
im Umfeld des Kraftfahrzeugs werden anhand von das erste Fremdfahrzeug
betreffenden Signalen bestimmt, die von dem Kraftfahrzeug über eine
sichtverbindungsunabhängige
Kommunikationsverbindung empfangen werden. Fahrbetriebsgrößen eines
zweiten Fremdfahrzeugs im Umfeld des Kraftfahrzeugs werden anhand
von sichtverbindungsabhängigen
Umfeldsensoren des Kraftfahrzeugs bestimmt.
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Dies
wird der typischen Situation gerecht, dass Fahrbetriebsgrößen eines
unmittelbar vor dem Eigenfahrzeug fahrenden Fremdfahrzeugs zwar
in der Regel mit Umfeldsensoren (z. B. Radar, Lidar und/oder Ultraschall)
mit verhältnismäßig hoher
Genauigkeit bestimmt werden können.
Hingegen kann meist bereits das Fahrzeug, das vor dem unmittelbar voraus
fahrenden Fahrzeug fährt,
nicht mehr zuverlässig
mit Umfeldsensoren hinsichtlich seiner Fahrbetriebsgrößen vermessen
werden. Die Fahrbetriebsgrößen eines
solchen Fremdfahrzeugs können jedoch
basierend auf Daten bestimmt werden, die über eine sichtverbindungsunabhängige Kommunikationsverbindung
(z. B. Funk) empfangen werden, wenn das Eigenfahrzeug über geeignete
Kommunikationsmittel verfügt.
Im einfachsten Fall versendet das betreffende Fremdfahrzeug selbst
mittels geeigneter Kommunikationsmittel die Fahrbetriebsgrößen oder
zu deren Bestimmung geeignete Daten an das Eigenfahrzeug. Alternativ
oder zusätzlich
können
die Fahrbetriebsgrößen eines
solchen Fremdfahrzeugs auch von einer Infrastruktur-Einrichtung,
gegebenenfalls sogar von einem anderen Fremdfahrzeug bereitgestellt
werden.
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Unter
einer sichtverbindungsunabhängigen Kommunikationsverbindung
wird hier eine Kommunikationsverbindung verstanden, die auch dann
funktioniert, wenn keine unmittelbare Sichtverbindung zwischen Sender
und Empfänger
besteht, etwa sich in der direkten imaginären Verbindungslinie zwischen Sender
und Empfänger
eine Barriere befindet. Diese Barriere kann beispielsweise ein Gebäude, eine
Kuppe oder ein anderes Kraftfahrzeug sein. Die Sichtverbindungsunabhängigkeit
kann beispielsweise dadurch gegeben sein, dass sowohl Sender als
auch Empfänger
mit Gegenstellen kommunizieren, die immer oder zumindest meistens
erreichbar sind, z. B. ein Funkmast oder ein Satellit, oder dadurch,
dass die Kommunikationstechnologie eine nahezu uneingeschränkte Kommunikation
auch alleine auf Basis reflektierter Signale zulässt.
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Unter
einem sichtverbindungsabhängigen Umfeldsensor
wird ein Sensor verstanden, der nicht bzw. nicht fehlerfrei funktioniert,
wenn sich eine Barriere in der direkten imaginären Verbindungslinie zwischen
Sender und Empfänger
befindet.
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Bei
bekannten Systemen, die ausschließlich auf der Nutzung sichtverbindungsabhängigen Umfeldsensoren
beruhen, wird zur Beurteilung der jeweiligen Gefahrenlage nur die
unmittelbar von dem erfassten Objekt ausgehende Gefahr betrachtet, nicht
jedoch die Auswirkungen, die das Verhalten eines Fahrzeugs auf den
umgebenden Verkehr hat. So entstehen beispielsweise gerade im Kolonnenverkehr
oft gefährliche
Situationen dadurch, dass bei einem überraschenden Bremsmanöver eines
Fahrzeugs die nachkommenden Fahrzeuge erst dann bremsen, wenn eine
Bremsung des jeweils unmittelbar vorausfahrenden Fahrzeugs erfolgt
und auch erkannt wird. Da jedoch auch Fahrzeuge, die mit kollisionsvermeidenden
Systemen ausgestattet sind, erst mit einer gewissen Verzögerungszeit,
im Folgenden auch als Totzeit bezeichnet, eine Bremsung des vorausfahrenden
Fahrzeugs erfassen und auf diese reagieren können, kann es gerade bei längeren Fahrzeugkolonnen
selbst dann noch zu Kollisionen kommen, wenn alle Fahrzeuge der
Kolonne mit automatischen Bremssystemen ausgerüstet sind. Die Totzeiten der
Kollisionsvermeidungssysteme der einzelnen Kraftfahrzeuge in der
Kolonne addieren sich nämlich gewissermaßen durch
die Kolonne hindurch, wenn jedes Kraftfahrzeug lediglich den Abstand
zum unmittelbaren Vorderfahrzeug berücksichtigt. Sind einzelne Fahrzeuge
der Kolonne nicht mit einem automatischen Bremssystem ausgerüstet, verschärft sich die
Problematik weiter, da dann die in der Regel längere Reaktionszeit des jeweiligen
Fahrers in die Gesamtbilanz mit eingeht.
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Bei
bekannten Verfahren, die ein Umfeldmodell des Kraftfahrzeugs anhand
von Signalen generieren, die über
eine sichtverbindungsunabhängige Kommunikationsverbindung
empfangen werden, werden Objekte im Umfeld des Kraftfahrzeugs ebenfalls
nur danach bewertet, ob von ihnen eine direkte Kollisionsgefahr
für das
Eigenfahrzeug ausgeht. Ein weiterer Nachteil bekannter Verfahren,
die auf der Nutzung von Signalen beruhen, die über eine sichtverbindungsunabhängige Kommunikationsverbindung
empfangen werden, besteht darin, dass nicht mit entsprechenden Kommunikationsmitteln
ausgestattete Kraftfahrzeuge überhaupt
nicht erfasst und in ein Modell einbezogen werden können. Zudem
können
bestimmte Fahrbetriebsgrößen eines
Fremdfahrzeugs (z. B. der Abstand zu einem voraus fahrenden oder
nachfolgenden Kraftfahrzeug) in vielen Fällen alleine auf Basis einer
sichtverbindungsunabhängigen
Kommunikationsverbindung nur mit verhältnismäßig geringer Genauigkeit bestimmt
werden.
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Gegebenenfalls
kann das erfindungsgemäße Verfahren
kaskadiert erweitert werden, d. h. ein drittes Fremdfahrzeug reagiert
bereits abhängig
von einem sekundären
Kollisionsrisiko, das für
dieses dritte Fremdfahrzeug besteht, wenn ein erstes und ein zweites
Fremdfahrzeug prädiktionsgemäß reagiert.
Das Eigenfahrzeug prädiziert
seinerseits die Reaktion des dritten Fremdfahrzeugs und schätzt ein tertiäres Kollisionsrisiko
zwischen Eigenfahrzeug und drittem Fremdfahrzeug ab, um seine situationsadäquate Reaktion
zu bestimmen. Dabei ist es von Vorteil, wenn das Eigenfahrzeug informiert
ist, ob das dritte Fremdfahrzeug mit einem entsprechenden Prädiktionsverfahren
arbeitet. Vorzugsweise wird ein Hinweis auf die Tatsache, ob ein
Fahrzeug mit einem entsprechenden Prädiktionsverfahren arbeitet,
zwischen Fahrzeugen, die über
geeignete Kommunikationsmittel verfügen, ausgetauscht. Gegebenenfalls kann
auch signalisiert werden, mit welchem Prädiktionsverfahren ein Kraftfahrzeug
arbeitet bzw. welche zukünftige
Verkehrssituation es aktuell prädiziert bzw.
welche Reaktion es selbst aktuell plant.
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Gemäß einer
bevorzugten Ausführungsform der
vorliegenden Erfindung wird zum Abschätzen des primären Kollisionsrisikos
eine modellbasierte Prädiktion
der Verkehrssituation in zumindest einem Teil des Umfelds des Kraftfahrzeugs
vorgenommen. Das dabei herangezogene Verkehrsmodell kann dazu beispielsweise
eine Prädiktion
der Bewegungsbahnen des ersten und/oder des zweiten Fremdfahrzeugs
umfassen.
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Gemäß einer
besonders bevorzugten Ausführungsform
der vorliegenden Erfindung wird zum Abschätzen des sekundären Kollisionsrisikos
die modellbasierte Prädiktion
der Verkehrssituation, die bereits zum Abschätzen des primären Kollisionsrisikos dient
bzw. gedient hat, anhand der prädizierten
Reaktion des ersten und/oder zweiten Fremdfahrzeugs fortgeschrieben.
Vorzugsweise umfasst auch das bei dieser fortgeschriebenen Modellierung
herangezogene Verkehrsmodell eine Prädiktion der Bewegungsbahnen
des ersten und/oder des zweiten Fremdfahrzeugs.
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Das
erfindungsgemäße Verfahren
wird vorzugsweise insbesondere dann angewendet, wenn das erste und
das zweite Fremdfahrzeug in derselben Richtung wie das Kraftfahrzeug
fahren. Die Anwendung kann, muss jedoch nicht notwendigerweise selektiv
auf solche Situationen beschränkt
sein.
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Das
erfindungsgemäße Verfahren
kann mit besonders großen
Vorteilen insbesondere dann angewendet werden, wenn das erste und
das zweite Fremdfahrzeug in derselben Richtung wie das Kraftfahrzeug
fahren und das zweite Fremdfahrzeug sich zwischen dem ersten Fremdfahrzeug
und dem Kraftfahrzeug befindet. Die Anwendung kann, muss jedoch
nicht notwendigerweise selektiv auf solche Spezial-Situationen beschränkt sein.
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Die
Anwendung des Verfahrens kann auch, muss jedoch nicht notwendigerweise
selektiv auf die Situation des Kolonnenverkehrs beschränkt sein.
Zu dessen Erkennung können
beispielsweise die Abstände
zumindest dreier aufeinander in gleicher Richtung folgender Fahrzeuge
sowie gegebenenfalls der Zeitverlauf dieser Abstände ausgewertet werden.
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Als
Reaktion des Eigenkraftfahrzeugs abhängig von dem sekundären Kollisionsrisiko
kann das Eigenkraftfahrzeug beispielsweise eine Bremsung vornehmen
oder eine solche vorbereiten, indem das Bremssystem derart vorkonditioniert
wird, dass eine nachfolgende Bremsung besonders schnell und mit
besonders kurzem Bremsweg erfolgen kann.
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Es
kann als Reaktion des Kraftfahrzeugs auch eine Warnung an das erste
und/oder zweite Fremdfahrzeug ausgegeben werden. So kann deren tatsächliches
Kollisionsrisiko gemindert werden.
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Ebenso
kann als Reaktion des Kraftfahrzeugs eine Warnung an zumindest ein
drittes Fremdfahrzeug und/oder eine Infrastruktur-Einrichtung ausgegeben
werden. Insbesondere die Infrastruktur-Einrichtung kann die Warnung
dann auch weiter in einem Netzwerk verbreiten.
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Besonders
vorteilhaft ist der Spezialfall, dass eine Warnung an zumindest
ein drittes Fremdfahrzeug ausgegeben wird, indem die Bremsleuchten des
Eigenkraftfahrzeugs zum Erleuchten gebracht werden. Dies kann, muss
jedoch nicht notwendigerweise mit einer tatsächlichen Bremsung des Eigenkraftfahrzeugs
einhergehen.
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Das
erfindungsgemäße Verfahren
wird vorzugsweise ganz oder teilweise von einer bei dem Eigenfahrzeug
angeordneten Recheneinheit ausgeführt. Es können auch unterschiedliche
Verfahrensteile auf unterschiedliche bei dem Eigenfahrzeug angeordnete
Recheneinheiten verteilt werden. Die Recheneinheit bzw. die Recheneinheiten
können
Teil eines Steuergeräts
des Eigenfahrzeugs sein.
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Im
Folgenden wird anhand der beigefügten Zeichnungen
ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel der
Erfindung beschrieben. Daraus ergeben sich weitere Details, bevorzugte
Ausführungsformen
und Weiterbildungen der Erfindung. Im Einzelnen zeigen
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1 ein
Ablaufschema für
eine bevorzugtes Ausführungsbeispiel
der Erfindung und
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2 eine
erste Verkehrssituation, in welcher die Erfindung sich als besonders
vorteilhaft erweist und
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3 eine
zweite Verkehrssituation, in welcher die Erfindung sich als besonders
vorteilhaft erweist.
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Insbesondere
im dichten Kolonnenverkehr werden unter Anwendung bekannter Verfahren
zur Kollisionsvermeidung häufig
Bremsvorgänge
voraus fahrender Kraftfahrzeuge sehr spät erkannt.
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Dem
wird im nachfolgend beschriebenen Beispielsystem abgeholfen durch
eine frühzeitige
Berücksichtigung
sowohl von Daten von fahrzeugautarken Umfeldsensoren eines Kraftfahrzeugs,
die hier als sichtverbindungsabhängig
vorausgesetzt werden, und Daten aus der Kommunikation des Kraftfahrzeugs
mit anderen Kraftfahrzeugen und/oder Infrastruktur-Einrichtungen, auch
kurz als C2X bezeichnet und hier als sichtverbindungsabhängig vorausgesetzt.
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Umfeldsensoren
bieten dabei den prinzipbedingten Vorteil, die das Fahrzeug direkt
umgebenden Objekte erfassen zu können,
seien sie mit der Fähigkeit
zur Kommunikation ausgestattet oder nicht.
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Auf
C2X-Kommunikation basierende Verfahren bieten demgegenüber den
Vorteil, auch für
Umfeldsensoren verdeckte Objekte erfassen zu können. Auf C2X-Kommunikation
basierende Verfahren setzen jedoch eine ausreichend große Ausstattungsrate voraus,
d. h. eine hohe Anzahl der am Verkehrsgeschehen teilnehmenden Kraftfahrzeuge
muss mit entsprechenden Kommunikationsmitteln ausgerüstet sein.
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Durch
die Fusion beider Erfassungsprinzipien ist es möglich, auch bei niedriger Ausstattungsrate des
Verkehrsgeschehens mit kommunizierenden Fahrzeugen die direkten
Kollisionsgegner erfassen zu können,
im Gegenzug aber das systemeigene Modell der Fahrzeugumgebung mit
steigender Ausstattungsrate auf weitere, für die jeweilige Verkehrssituation
relevante, aber für
Sensoren verdeckte Objekte zu erweitern. Ein die Kollision minderndes
bzw. vermeidendes Fahrerassistenzsystem kann so früher auf
veränderte
Umgebungsparameter reagieren, die zu einer kollisionsträchtigen
Situation führen
könnten.
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Das
Funktionsprinzip eines derartigen Systems ist aus 1 ersichtlich.
Zur Überwachung
des direkten Umfeldes eines Kraftfahrzeugs befinden sich an dem
Kraftfahrzeug angeordnet und geeignet verbaut eine gewisse Anzahl
von Umfeldsensoren 1a bis 1n. Zusätzlich verfügt das Kraftfahrzeug über eine Kommunikationseinheit 2,
die zum einen Daten des Kraftfahrzeugs aus einer entsprechenden
Erfassungseinheit 3 an Empfangseinheiten umliegender Objekte
(Fremdfahrzeuge und/oder Infrastruktur) sendet, zum anderen von
diesen Objekten auch weitere Daten erhält. Sowohl die Messdaten der
Sensoren, als auch die empfangenen Daten der Kommunikationseinheit
werden einer Auswerteeinheit 4 zugeführt, die sie unter Berücksichtigung
der eigenen Fahrzeugdaten filtert und einer Interpretationseinheit 5 zuführt. Auswertung
und Interpretation führen
zu einem erweiterten Umfeldmodell 6, das nicht nur die
direkt das eigene Fahrzeug umgebenden Objekte enthält, sondern
auch weitere Objekte, die beispielsweise entweder durch andere Verkehrsteilnehmer
oder Gebäude
verdeckt sind, oder außerhalb
des Erfassungsbereichs der fahrzeugautarken Umfeldsensoren liegen.
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Die
Daten dieses Umfeldmodells 6 werden im Anschluss dem eigentlichen
Fahrerassistenzsystem 7 zur Verfügung gestellt. Dieses bewertet,
wie kritisch die aktuelle Verkehrssituation ist, und entscheidet über entsprechende
Gegenmaßnahmen. Die
Umsetzung dieser Maßnahmen
geschieht durch die Ausgabe von Warnungen (akustisch, optisch oder haptisch)
an den Fahrer über
eine entsprechende Warneinheit 8. Mittels einer Schnittstelle 9 zur
Ansteuerung des eigenen Fahrzeugs wird zusätzlich ein aktiver Eingriff
in die Fahrzeugführung
(Bremssystem) ermöglicht.
Weiterhin kann diese Verzögerung des
eigenen Fahrzeugs durch die Fahrzeugdatenerfassungseinheit 3 registriert
und über
die Kommunikationseinheit 2 dem umgebenden Verkehr bzw.
der Infrastruktur mitgeteilt werden.
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Wird
die Erfindung umgesetzt, indem eine bereits vorhandene und für Fahrerassistenzsysteme verwendete
Sensorik um ein Kommunikationsmodul erweitert wird, ist der zusätzliche
Kostenaufwand überschaubar,
da die meisten Filteralgorithmen für die empfangenen Daten in
leicht modifizierter Form weiterverwendet werden können. Die
resultierenden Systeme erhalten durch die Kommunikation jedoch die
Fähigkeit, über ihre
Einsatzdauer im Fahrzeug mit der steigenden Anzahl an kommunizierenden
Fahrzeugen ihre Leistungsfähigkeit
zu verbessern, da immer mehr und immer genauere Daten der Umgebung zu
Verfügung
stehen.
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Aus
Sicht von bisher ausschließlich
mit C2X-Kommunikationsmitteln ausgestatteten Systemen bringt die
Hinzunahme bordautarker Umfeldsensoren den Vorteil, zumindest einen
Teil der adressierten Einsatzszenarien bereits zu einem Zeitpunkt
abdecken zu können,
zu dem noch sehr wenige kommunizierende Fahrzeuge unterwegs sind.
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Als
Beispiel für
den Mehrwert eines Systems mit integrierter Umfelderfassung sei
hier auf die Verkehrssituation verwiesen, die in 2 dargestellt
ist. In einer Fahrzeugkolonne befinden sich hintereinander ein mit
C2C-Kommunikationsmitteln ausgestattetes Fahrzeug 11, dahinter
ein völlig
unausgestattetes Fahrzeug 12 und dahinter das eigene Fahrzeug 10, das
zum Vergleich entweder mit keinerlei Assistenzsystem (Variante 1),
mit einem herkömmlichen
Kollisionsvermeidungssystem mit bordautonomer Sensorik (Variante
2), oder erfindungsgemäß mit einem
Assistenzsystem mit kombinierter Sensorik und C2C ausgestattet sei
(Varianten 3 + 4). Aus Sicht des Eigenfahrzeugs 10 sei
Fahrzeug 11 aufgrund der Abschattung durch Fahrzeug 12 nicht
zu erkennen, weil verdeckt.
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Zum
Zeitpunkt t_0 bremse Fahrzeug 11 auf ein unerwartetes Ereignis
hin mit maximaler Verzögerung
und teile dies nach einer kurzen Totzeit t_komm dem umgebenden Verkehr
C2C-basiert mit (z.
B. Pfeil 14).
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Der
Fahrer des hinter Fahrzeug 11 fahrenden Fahrzeugs 12 erkennt
die aufleuchtenden Bremslichter von Fahrzeug 11 und leitet
nach einer Reaktionszeit t_reak seinerseits ein Bremsmanöver zum
Zeitpunkt t_0 + t_reak ein.
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Im
Fall von Variante 1 würde
der Fahrer des Eigenfahrzeugs 10 nun seinerseits das Bremsmanöver von
Fahrzeug 12 erkennen und nach t_reck ein Bremsmanöver zum
Zeitpunkt t_0 + 2·t_reak
beginnen.
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Ist
das Fahrzeug 10 hingegen gemäß Variante 2 mit einem
auf Umfeldsensoren (schematisch dargestellt durch einen Messkegel 15)
basierenden Assistenzsystem ausgestattet, verkürzt sich diese Totzeit zu einer
Erfassungszeit t_erf, nach der das System eigenständig ein
Bremsmanöver
beginnt (t = t_0 + t_reak + t_erf).
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Verfügt das eigene
Fahrzeug 10 hingegen erfindungsgemäß zusätzlich über ein C2C-taugliches Kommunikationssystem,
kann es bereits aufgrund der von Fahrzeug 11 übertragenen
Daten (Pfeil 14) auf eine gefährliche Situation schließen und
bereits zum Zeitpunkt t_0 + t_komm sein Bremssystem entsprechend
Vorkonditionieren (Variante 3), um zum Zeitpunkt der Erfassung des
Bremsmanövers
von Fahrzeug 12 auf Basis der Umfeldsensoren (t = t_0 + t_reck
+ t_erf, vgl. Variante 2) verbessert reagieren zu können. Das
Vorkonditionieren resultiert in einer kürzeren Schwellzeit, bis das
Bremssystem seine maximale Verzögerungswirkung
erreicht hat.
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Alternativ
kann das Fahrzeug 10 bereits zum Zeitpunkt t_0 + t_komm
selbständig
durch eine mittlere Verzögerung
auf ACC-Niveau den Abstand zum Fahrzeug 12 vergrößern (Variante
4), um zum Zeitpunkt der Erfassung des Bremsmanövers von Fahrzeug 12 auf
Basis der Umfeldsensoren (t = t_0 + t_reak + t_erf, vgl. Variante
2) bereits über
mehr Zeit und Raum für
eine geeignete Reaktion zu verfügen.
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Zudem
hat sich durch das Abbremsen gemäß Variante
4 zum Zeitpunkt t = t_0 + t_reak + t_erf bereits die Geschwindigkeit
des Eigenfahrzeugs 10 deutlich verringert.
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Des
Weiteren wird durch das frühe
Aufleuchten der Bremslichter des eigenen Fahrzeugs 10 zum Zeitpunkt
t_0 + t_komm auch ein eventuell vorhandenes nachfolgendes Fahrzeug 13 auf die
drohende kritische Situation hingewiesen und hat seinerseits länger Zeit,
entsprechende Maßnahmen
zu ergreifen.
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Da
während
der Phase des aktiven Anbremsens das eigene Fahrzeug 10 bereits
Geschwindigkeit abbaut, rückt
zusätzlich
auch der letztmögliche Eingriffszeitpunkt
für eine
kollisionsvermeidende Gefahrenbremsung näher an den eigentlichen Kollisionszeitpunkt.
Als weiterer Vorteil erhält
der Fahrer damit mehr Zeit, selber ein die Kollision vermeidendes
Manöver
einzuleiten. Auch ein kollisionsminderndes bzw. -vermeidendes Assistenzsystem
muss durch das aktive Anbremsen im Vorfeld erst zu diesem späteren Zeitpunkt
eingreifen, wodurch die Zuverlässigkeit
eines solchen Systems weiter gesteigert wird.
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Die
Verkehrssituation gemäß 2 veranschaulicht
die Vorteile der Erfindung im Kolonnenverkehr. Ein weiteres Szenario,
in welchem sich die Erfindung sehr vorteilhaft auswirkt, wird im
Folgenden unter Bezugnahme auf 3 beschrieben.
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Das
Eigenkraftfahrzeug 100 bewegt sich auf eine Kreuzung zu.
Ein Fremdfahrzeug 101, das mit C2C-Kommunikationsmitteln
ausgestattet ist, bewegt sich die Trajektorie des Kraftfahrzeugs 100 querend auf
dieselbe Kreuzung zu. Ein anderes Fremdfahrzeug 102, das
nicht über
C2C-Kommunikationsmittel verfügt und nur
durch Umfeldsensorik (schematisch dargestellt durch einen Messkegel 105)
des Kraftfahrzeugs 100 erfassbar ist, fährt vor dem Kraftfahrzeug 100 in
gleicher Richtung wie Kraftfahrzeug 100. Aufgrund einer
Vorfahrtsmissachtung eines der Fahrzeuge 101 oder 102 ist
das Fahrzeug 102 auf Kollisionskurs mit Fahrzeug 101.
Durch die Verknüpfung der
kommunizierten Daten (Pfeil 104) von Fahrzeug 101 und
den durch die Umfeldsensoren erfassten Daten von Fahrzeug 102 lässt sich
jedoch auch in diesem Falle frühzeitig
durch Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens seitens Kraftfahrzeug 100 ableiten,
dass sich die Situation verschärfen
wird (die Fahrzeuge 101 und/oder 102 werden scharf bremsen
oder kollidieren), noch bevor dies aus den Dynamikdaten der Fahrzeuge 101 und/oder 102 ersichtlich
ist. Das Kraftfahrzeug 100 kann entsprechend frühzeitig
reagieren.