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Die
Erfindung bezieht sich auf einen neuen Marker für chronisch
psychiatrische Erkrankungen insbesondere Schizophrenie, bipolare
Erkrankung oder Depression.
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Chronisch
psychiatrische Erkrankungen gehören zu den häufigsten
Krankheiten überhaupt mit Lebenszeitprävalenzen
von ca. 1% für die Schizoprenie und die bipolare Störung
und bis zu 10% für die Depression.
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Über
die biologischen Ursachen dieser Erkrankungen ist wenig bekannt.
Neurotransmitter-Ungleichgewichte sind für bestimmte Phänotype
und Symptome aller dieser Erkrankungen veranwortlich und werden als
pharmakologisches Target genutzt. Wie diese Neurotransmitter-Ungleichgewichte
jedoch entstehen, d. h. die übergeordenten und ursächlichen
Vorgänge für diese Störungen sind nicht
bekannt.
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Ähnlich
problematisch gestaltet sich die Diagnose. Bislang werden die Diagnosen
für diese Erkrankungen klinisch per Interview gestellt,
da keine für die Routinediagnose geeigneten biologischen
Marker vorliegen.
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Genetische
Untersuchungen in von chronisch psychiatrischen Erkrankungen betroffenen
Familien haben zur Identifizierung verschiedener mit diesen Erkran kungen
wahrscheinlich auf noch unbekannte Weise zusammenhängenden
Genen geführt. Da in diesen Familien ein Gen verschiedene
Phänotypen wie Schizophrenie, bipolare Erkrankung oder
wiederkehrende Depression haben kann, wird vermutet, dass es – im
Gegensatz zu herkömmlichen Vorstellungen, die auf rein
klinischer Diagnostik beruhen – aufgrund neuer biologischer
Marker zu Umgruppierungen oder einer re-Definition in der psychiatrischen
Diagnostik kommen wird. Dabei würde eine chronisch psychiatrische
Erkrankung und insbesondere die daraus abgeleitete Therapiestrategie über
einen biologischen Marker und nicht über eine klinische
Diagnose definiert.
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Es
gibt einzelne Ansätze, bipolare Erkrankungen mittels z.
B. Messung bestimmter Proteine oder genetischer Marker zu diagnostizieren.
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So
ist z. B. aus dem
US-Patent 7,015,006 ist
ein Test bekannt, bei dem die Aktivität bzw. Konzentration von
Phospholipase (cPLA.sub.2) gemessen wird. Erhöhungen der
gemessenen Werte gegenüber Normalwerten werden als Indiz
für bipolare Erkrankungen z. B. Schizophrenie genommen.
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US Patent 4,874,694 beschreibt
die gelektrophoretische Messung von Phosphoprotein Mustern zur Diagnose
von neurologischen Erkrankungen, wie z. B. Schizophrenie.
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Die
US-Patent-Anmeldung 20050208519 betrifft Biomarker-Kombinationen,
die bei der Diagnose von Schizophrenie verwendet werden können.
Es handelt sich dabei um bestimmte Gene und deren Produkte z. B.
die Gene von ADSS, APOBEC3B, (ATM); (CLC), CTBP1, C--X--C, (CXCL1),
etc.
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Die
US Patent-Anmeldung 20050089927 betrifft spezielle kurze Peptide,
die selektiv von Proben aus schizophrenen Patienten gebunden werden
während in Proben von nicht schizophrenen Patienten keine
oder nur eine geringere Bindung stattfindet.
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Keiner
der bekannten Marker oder Tests erlaubt allerdings bislang eine
routinemässige sichere Diagnose von bipolaren Erkrankungen,
Schizophrenie oder Depression bzw. die oben angesprochene re-Definition dieser
und anderer chronisch psychiatrischer Erkrankungen.
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In
der
WO 2005/077978 wird
ein Verfahren vorgeschlagen, mit dem biologische Marker für
bipolare Erkrankungen identifiziert werden können. In dem
Verfahren wird in einem ersten Schritt aus Hirnproben erkrankter
Patienten eine Proteinfraktion gewonnen, in der unlösliche
Proteine angereichert vorliegen. Mit dieser Proteinfraktion werden
auf üblichen Weg, z. B. durch Immunisierung von Tieren,
Antikörper hergestellt. Zu geeignet erscheinenden Antikörper
werden die von ihnen erkannten Proteine ermittelt, wobei die Theorie
ist, dass diese Proteine, wenn sie spezifisch nur bei erkrankten
Patienten in unlöslicher Form vorliegen, als Marker in Frage
kommen.
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Aufgabe
der Erfindung ist, ausgehend von dem bekannten Verfahren einen Marker
bereitzustellen, mit dem eine sicherere Diagnose von chronisch psychiatrischen
Erkrankungen wie z. B. Schizophrenia, bipolarer Erkrankung, und
Depression und eine eventuelle re-Definition solcher Erkrankungen
möglich ist.
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Zur
Lösung dieser Aufgabe geht die Erfindung aus von in unlöslichen
Hirnfraktionen enthaltenen Polypeptiden, die von einem im Rahmen
der Erfindung isolierten monoklonalen Antikörper mit der
internen Bezeichnung mAk 6H11 erkannt werden.
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Vorteilhafte
Ausgestaltungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen
angegeben.
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Der
Antikörper mAk 6H11 wird von einer von dem Anmelder am
04. April 2007 unter der Nummer DSM ACC2836 bei der DSMZ-Deutsche
Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH hinterlegten
Hybrydomazelllinie sekretiert.
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Erfindungsgemäß ist
vorgesehen, mindestens eines der von mAk 6H11 erkannten Polypeptide
oder des dafür codierenden Gens als Marker für
chronisch psychiatrische Erkrankungen., insbesondere Schizophrenie,
bipolarer Erkrankung oder Depression zu verwenden.
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Wie
oben ausgeführt, scheint es, dass von einem biologischen
Standpunkt her gesehen zumindest einige chronisch psychiatrische
Erkrankungen, wie z. B. "Schizophrenie, bipolare Erkrankung und
rekurrierende Depression" diagnostisch nicht ausreichend zueinander
abgegrenzt sind. Es ist davon auszugehen, dass z. B. Patienten bei
denen verschiedene der genannten Erkrankungen klinisch diagnostiziert
wurden, bei näherer Betrachtung und entsprechenden diagnostischen
Voraussetzungen aufgrund u. a. hier ausgeführter biologischer
Zusammenhänge einer neuen gemeinsamen Gruppe zugeordnet
werden könnten, die ihrem Krankheitsbild gerechter wird
als das bei den bislang vorgenommenen Einteilungen der Fall ist.
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Ein
wesentliches Ziel der erfindungsgemäßen Verwendung
ist daher, eine neue Teilgruppe von Patienten, die z. B. entweder
an "Schizophrenie, biplarer Erkrankung oder rekurrierender Depression"
leiden, über das als Marker dienende Polypeptid zu definieren.
Gemeinsames Merkmal dieser, und eventuell auch weiterer Patienten,
die an diesbezüglich noch nicht untersuchten chronisch
psychiatri schen Erkrankungen leiden, ist, dass mindestens eines
der vom Antikörper mAk 6H11 erkannten Polypeptide im Gehirn
unlöslich wird oder aggregiert.
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Selbstverständlich
ist erfindungsgemäß auch abgedeckt, dass der Marker
zur Diagnose und unter begleitender medikamentöser Therapie
Verlaufskontrolle der über ihn definierten Erkrankungen
dient.
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Wie
in 6 dargestellt, erkennt der Antikörper
mAk 6H11 im wesentlichen 3 Proteine mit Molekulargewichten von 54
kDa, 62 kDa und ca. 74 kDa.
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Die
beiden grösseren Proteine sind (siehe z. B bezüglich
der 55 kDa-Variante Beispiel 2) Splicevarianten des Proteins CRMP1
(Collapsin response mediator Protein 1), während die kleinere
54 kDa Bande entweder eine bislang unbekannte kleinere Splicevariante
darstellt, oder ein Degradationsprodukt der beiden höheren
Varianten ist.
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Im
Rahmen der durchgeführten Untersuchungen hat sich überraschend
herausgestellt, dass das Protein CRMP1 spezifisch bei einer mehrere
z. Zt. etablierte Krankheitsbilder übergreifenden Untergruppe
chronisch psychiatrischer Erkrankungen unlöslich wird,
aggregiert, und damit als spezifischer biologischer Marker für
diese Erkrankungen verwendet werden kann.
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Erfindungsgemäß ist
daher vorgesehen, dass als Marker CRMP1 Protein oder ein spezifisches
Fragment von CRMP1 verwendet wird.
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Vom
CRMP1 Gen sind derzeit zwei Transkripte beschrieben worden, die
in Proteine unterschiedlicher Länge (Splicevarianten) exprimiert
werden, die lange Form CRMP1-1 hat 686 Aminosäuren, die
kurze Form CRMP1-2 572 Aminosäuren,.
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Die
Aminosäuresequenzen beider Varianten sind in 1 (CRMP1-1,
74 kDa) und 2 (CRMP1-2, 62 kDa) abgebildet
und unter SEQ ID NO:1 (CRMP1-1, 74) und SEQ ID NO:3 (CRMP1-2) wiedergegeben.
Die Gensequenzen sind in unter SEQ ID NO:2 (CRMP1-1) und SEQ ID
NO:4 (CRMP1-2) wiedergegeben. Veröffentlicht sind die angesprochenen
Sequenzen in "Gene Bank" unter den Accession Nummern NM_001014809 (Aminosäure-
und Nukleinsäuresequenz von CRMP1-1) und NM_001313 (Aminosäure-
und Nukleinsäuresequenz von CRMP1-2).
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Es
ist bislang unklar, ob es – etwa in bestimmten bei Schizophrenie,
bipolarer Erkrankung oder rekurrierender Depression besonders betroffenen
neuronalen Zellpopulationen – noch weitere Spliceformen
gibt, die aufgrund ihrer geringen relativen Häufigkeit
in einer ungezielten Hirnuntersuchung nicht detektiert werden können.
Es ist aber vorstellbar, dass bestimmte Transkripte, auch die hier
beschriebenen, unterschiedliche Funktionen haben und unterschiedlich
Krankheits-relevant sind. Der Nachweis verscheidener einzelner Spliceformen
und/oder deren Verhältnis zueinander, auch in bestimmten
Hirnregionen oder -zelltypen kann daher die diagnostische Spezifität
und Sensitivität erhöhen.
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Der
Gebrauch der Angabe CRMP1 in dieser Anmeldung soll sämtliche
in vivo auftretenden Varianten einschließlich verschiedener
Spliceformen und durch Polymorphismen hervorgerufenen Mutationen
dieses Proteins abdecken, sowie auf Proteinebene Konformationen,
Degradationsformen, oder sonstige posttranslational veränderte
Formen, wie z. B. phosphorylierte Formen. Weiterhin soll die Angabe
CRMP1 auch Fragmente mitumfassen, die in Gewebeproben nachweisbar
und eindeutig CRMP1 zuordenbar sind.
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Zusammengefasst
betrifft die Erfindung die Verwendung des Proteins CRMP1, seiner
Spliceformen, und Fragmente, sowie des dazugehörigen Gens
als Marker für die Einordnung und Diagnose chronisch psychiatrischer
Erkrankungen, insbesondere Schizophrenie, bipolare Erkrankungen
oder Depression, bzw. die Klärung ob eine Prädisposition
für diese Erkrankungen vorliegt, zur Evaluierung von Medikamenten
im Rahmen einer Therapiekontrolle, sowie entsprechende Verfahren.
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Grundsätzlich
kann im Rahmen der Erfindung das CRMP1-Protein generell, oder spezifische
Degradationsprodukte als Marker verwendet werden.
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Erfindungsgemäss
könnte auch ein bestimmtes Degradationsmuster von CRMP1
krankheitsspezifisch sein und mit solchen proteinbiochemischen Methoden
detektiert werden, die spezifische Fragmente erkennen können.
Es ist beispielsweise vorstellbar, dass die unlösliche
Version andere Degradationsmuster besitzt als die lösliche,
da andere Angriffspunkte innerhalb derselben Polypeptidsequenz für
degradierende Proteasen zur Verfügung stehen. Denkbar ist
daher, dass krankheitspezifisches CRMP1 anders abgebaut wird als als
CRMP1 in gesunden bzw nicht prädisponierten Personen. Dabei
kann ein unterschiedliches Abbaumuster auftreten. Denkbar ist z.
B., dass bei kranken bzw. prädisponierten Personen ein
bestimmtes Fragment deutlich angereichert vorliegt, was z. B. über
den Einsatz spezifischer Antikörper oder anderer geeigneter
Methoden festgestellt werden könnte.
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Unter
den Begriff CRMP1 sollen neben den genannten Spliceformen und Fragmente
auch Polymorphismen bzw. mutierte Versionen fallen. Es ist denkbar,
dass das Unlöslichwerden von CRMP1 genetisch z. B. durch
Polymorphismen oder Mutationen im CRMP1-Gen determiniert ist. Die
Untersuchung des CRMP1-Gens auf solche Abweichungen erlaubt also
unter Umständen ein Rou tinescreening bzw. eine Abschätzung
des Erkrankungsrisikos bzw. bei erkrankten Personen eine sichere
und schnelle Diagnose.
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Genausogut
ist es natürlich auch möglich, auf der Proteinebene
mit spezifischen Antikörpern zu analysieren, ob ein als
krankheitsspezifisch identifizierter Polymorphismus bei CRMP1 vorliegt.
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Die
bislang erwähnten Möglichkeiten decken grundsätzlich
die Verwendung von CRMP1 als Marker ab, unabhängig davon,
ob das Protein gelöst ist oder in unlöslicher
Form vorliegt.
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Bevorzugt
wird jedoch gezielt die unlösliche Variante, die voraussichtlich
auf eine mit der Krankheit einhergehende Fehlfaltung zurückgeht,
als Marker verwendet. Der Nachweis kann über einen Antikörper
erfolgen, der spezifisch die unlösliche Variante von CRMP1
erkennt. Bevorzugt wird das als Probematerial eingesetzte Gewebe
biochemisch derart aufgereinigt, dass die unlösliche CRMP
Form, soweit vorhanden, angereichert wird und dann detektiert werden
kann. Weiterhin kann man sich auch zunutze machen, dass unlösliches
CRMP1 zur Ausbildung von Aggregaten neigt, die ihrerseits eventuell
makroskopisch erfasst werden können.
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Geeignete
Gewebe zum Nachweis sind z. B. Blut, Liquor oder Gehirn. Je nach
verwendetem Gewebe erfolgt die Aufreinigung auf unterschiedlichem,
dem Fachmann jedoch bekanntem Wege. Es stehen auch alternative Gewebe
oder Gewebsflüssigkeiten zur diagnostischen Isolierung
von CRMP1 oder seines Gens zur Verfügung wie etwa, Speichel,
Tränenflüssigkeit, Urin; denkbar sind auch die
Entnahme von Haut oder Muskelbiopsien. Mit geeigneten Liganden,
die CRMP1 detektieren und z. B. mit Fluoreszenzfarbstoffen gelabelt sind,
kann ggf. auch nach deren Applikation eines zu testenden Patienten
mit nicht-invasiven Methoden wie einer Augenspiegelung versucht
werden im Augenhintergrund aggregiertes CRMP1 nachzuweisen.
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CRMP1
wird in der Literatur auch als Dihydropyriminidase related Protein
1 (DRP1) bezeichnet. Zu DRP2, einem verwandten Protein der gleichen
Familie sind in der Literatur (Johnston-Wilson et al., 2000,
Molecular Psychiatry 5:142–149; Hong et al., 2005, American
Journal of Medical Genetics, Part B (Neuropsychiatric Genetics)
136B:8-11) Verbindungen zur Schizophrenie beschrieben.
In eigenen Untersuchungen in 3 dargestellt,
konnte in der unlöslichen Hirnfraktion von post mortem
Materials aber keine signifikante Assoziation des DRP2 Proteins
mit Schizophrenie, Depression oder bipolarer Erkrankungn gefunden
werden. Zwischen CRMP1 und DRP2 besteht eine 76%ige Homologie auf
dem Aminosäureebene, allerdings sind die Gene in ihrer
Funktion sehr unterschiedlich, weswegen die Expressionsmuster in
verschiedenen Geweben und innerhalb des Gehirns und seiner Zellen
auch sehr verschieden sind (Veyrac et al., 2005, European
Journal of Neuroscience 21:2635-2648; Bretin et al., 2005, Journal
of Comparative Neurology 486:1-17)
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Eine
weitere Veröffentlichung (Wang & Strittmatter, 1997, Journal of Neurochemistry
69:2261-2269) zeigt, dass CRMP1 Oligomere bildet. Zu dem
Lösungsverhalten der Oligomere wird nichts ausgesagt und ebenso
wenig ein Zusammenhang zur Schizophrenie hergestellt.
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Die
Verwendung von CRMP1 als Marker weist gegenüber dem Stand
der Technik folgende Vorteile auf: Der Vorteil von CRMP1-basierter
Diagnostik ist, dass der Marker spezifisch ist, im Gegensatz dazu
ist der Nachweis von Phospholipase wie zum Beispiel in
US-Patent 7,015,006 vorgeschlagen
wird, nicht spezifisch, da auch unspezifische neuronale Störungen,
die mit Membranverletzungen einhergehen, wie Hirnverletzungen, Entzündungen
oder Durchblutungsstörun gen, Phsospholipase freisetzen
oder deren Expression erhöhen, wie in
US-Patent 7,015,006 angegeben.
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Die
Erfindung betrifft weiterhin auch ein Verfahren zur Diagnose psycchiatrischen
Erkrankungen wie z. B. bipolaren Erkrankungen Schizophrenia und
rekurrierenden Depressionen. Das Verfahren beruht in einer Ausgestaltung
darauf, dass aus einer geeigneten Gewebeprobe eines Patienten eine
Fraktion aufgereinigt wird, in der unlösliche Proteine
angereichert vorliegen. In dieser Fraktion wird dann mittels z.
B. eines Antikörpertests überprüft, ob
CRMP1 vorliegt oder nicht. Der positive Fall wird als Indiz für
das Vorliegen von z. B. Schizophrenie oder Depression gewertet.
Vorteilhaft an dieser Ausgestaltung ist, dass ein Antikörper
verwendet werden kann, der CRMP1 generell erkennt, also in der löslichen
wie auch der unlöslichen Variante, da davon ausgegangen
werden kann, dass in der untersuchten Fraktion nur noch die unlösliche
Variante vorliegt.
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Es
ist bislang nicht abschliessend geklärt, warum das verstärkte
Auftreten von unlöslichem CRMP1 ursächlich mit
z. B. einer Schizophrenie oder Depression verknüpft ist.
Weiterhin ist sehr wahrscheinlich, dass die Bildung von unlöslichen
Varianten des CRMP1 genetisch prädisponiert ist, z. B.
in Form von Polymorphismen oder dergleichen. Bislang waren alle
Proteinaggregate, die im Rahmen von chronischen Krankheitsprozessen
des Gehirns identifiziert wurden, sowohl bei familiären
Formen spezifischer Erkrankungen als auch bei sporadischen Formen
identifizierbar (Prusiner, 2001, New England Journal of
Medicine 344:1516–1526). Das Gen für
CRMP1 beim Menschen liegt auf Chromosom 4p16. Genetische Veränderungen
in dieser Region sind mit einem Risiko an psychiatrischen Erkrankungen
zu erkranken verbunden (Als et al., 2004, Molecular Psychiatry
9: 93–98).
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Denkbar
ist natürlich auch, dass aus einer Gewebeprobe eines Patienten
das für CRMP1 kodierende Gen isoliert wird und auf das
Vorliegen von Polymorphismen, Mutationen etc überprüft
wird, wobei eventuelle Polymorphismen oder Mutationen für
eine Erkrankung bzw. eine Prädisposition sprechen.
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Eine
weitere Ausgestaltung der Erfindung sieht daher vor, dass das für
CRMP1 kodierende Gen auf das Vorliegen genetischer Abweichungen
gegenüber der Normsequenz untersucht wird und insbesondere nachgewiesene
Polymorphismen als Indiz für eine Prädisposition
der genannten Krankheiten genommen wird.
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Gleichzeitig
lassen sich in beiden Ausgestaltungen Medikamente auf ihre Wirksamkeit
untersuchen.
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Im
ersten Fall könnte man Substanzen daraufhin untersuchen,
ob sie in der Lage sind die unlösliche Form von CRMP1 wieder
in die lösliche Form zu überführen bzw.
die Bildungsrate der unlöslichen Form zu verlangsamen.
Im anderen Fall wäre es denkbar, Medikamente auf ihre Eignung
zu untersuchen, den Zeitpunkt, an dem im Stoffwechsel unlösliches
CRMP1 auftritt nach hinten zu verschieben, bzw. die Bildung von unlöslichem
CRMP1 zu unterdrücken.
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Das
Verfahren kann mit unterschiedlichen Gewebeproben durchgeführt
werden. Bei Untersuchungen der Gensequenz kann jede Probe verwendet
werden, die die Isolierung von DNA erlaubt. Bei Untersuchungen auf
Proteinebene sind alle Gewebematerialien geeignet, in denen ein
Antikörpertest auf CRMP1 oder dessen Fragmente durchgeführt
werden kann.
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Denkbar
ist auch, dass CRMP1-Aggregat-spezifische Liganden, z. B. Antikörper
hergestellt werden, die dann selektiv das unlösliche CRMP1
und nicht das lösli che CRMP1 binden und somit Krankheits-spezifisch sind
ohne die vorige biochemische Aufreinigung zu benötigen.
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Es
ist anzunehmen, dass die Unlöslichkeit von CRMP1 während
des Krankheitsprozesses bei Schizophrenie, bipolarer Erkrankung
oder rekurrierender Depression die Interaktion mit bindenen Proteinen
beeinträchtigt. Hierbei kann es zu einem Verlust von Bindungspartnern
oder einem Zugewinn von Bindungspartnern kommen. Der Verlust der
bekannten CRMP1 Bindungspartner Axin1, Rock1, Cdk5, GSK3, CRMP2,
PlexA1, Fyn, reelin, neurotrophin könnte somit auch diagnostisch
relevant für Schizophrenie, bipolare Erkrankung oder Depression
sein. Die Bestimmung entsprechender Proteinkonzentrationen parallel
zur CRMP1 könte somit sinnvoll sein. Ebenfalls ist denkbar,
dass das gleichzeitige Auftreten von Polymorphismen im CRMP1 Gen UND
in einem der Gene der Interaktionspartner besonders krankheitsrelevant
sein kann. Somit ist die genetische Diagnostik von CRMP1 wie oben
beschreiben UND die seiner Interaktionspartner von Interesse.
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Die
erfinderische hier beschriebene Neuheit, unlösliches CRMP1
als Marker für psychiatrische Erkrankungen diagnostizieren
zu können ermöglichst es auch diese Diagnostik
als Verfahren für neue, kausal ansetzende Screeningassays
zur Identifizierung neuartiger Pharmaka für Patienten mit
Schizophrenie, bipolarer Erkrankung oder rekurrierender Depression
zu schaffen.
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So
kann beispielsweise ein Assay entwickelt werden, bei dem unlösliches
CRMP1 in einer Zelllinie erzeugt werden, etwa durch Überexpression
und/oder einfügen geeigneter Mutationen oder Polymorphismen von
CRMP1; therapeutische Substanzen können dann durch Hinzufügen
in das Zellkulturmedium gestestet werden, wenn mit dem erfinderischen
Assay dann das Verschwinden des unlöslichen CRMP1 gemessen
wird. Alternativ kann auch auf ähnliche Überex pression
ein transgenes Lebewesen, z. B. eine Maus hergestellt werden, die
ein Gen (über) exprimiert, das etwa durch Hinzufügen
von Mutationen besonders viel unlösliches CRMP1 produziert;
therapeutisch zu testende Substanzen werden dann dem Lebewesen auf
geeignete Art verabreicht und das Verschwinden der unlöslichen
CRMP1 gemessen. Diese Messung kann etwa durch biochemische Fraktionierung
der unlöslichen Proteine und anschliessende Detektion mit
CRMP1 Antikörpern, etwa mAk 6H11 erfolgen. Alternativ kann
auch versucht werden, die Unlöslichkeit von CRMP1 in vitro,
etwa durch Expression von geeigneten CRMP1 Konstrukten in Escherichia
coli und entsprechende Umfaltung in vitro zu simulieren und das
gleichzeitige Hinzugeben von therapeutischen Substanzen getestet
werden.
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Im
Folgenden soll die Erfindung anhand von Beispielen und Abbildungen
näher erläutert werden.
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3 zeigt
Western blots des Aggregoms (missgefalteten Proteinfraktionen) von
60 Hirnen von Patienten mit Schizophrenie (S), Depression (D), bipolarer
erkrankung (B), oder keine Hirnerkrankung (–). Oben ist
jeweils die Immunreaktivität für mAk 6H11 gegen
CRMP1 zu sehen, als Vergleich unten die Immunreaktivität für
DRP-2 (auch CRMP2 genannt). Der Blot zeigt eine spezifische Reaktivität
eines mit mAk6H11 bezeichneten monoklonalen Antikörpers
mit einer Untergruppe von Patienten mit Schizophrenie, Depression,
oder bipolarer Erkrankung (unterstrichene Fälle), was für
die Reaktivität des DRP-2 Antiserums nicht zutrifft, da
dieses auch falsch positiv reagiert.
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4 zeigt
ein Schema der Identifikation von des mAk 6H11 Antigens mit Hilfe
von Proteinchips. Auf einem Array von rekombinant exprimierten Proteinen
reagiert mAk 6H11 nur mit einzelnen Proteinen, die in der Folge
einzeln rekombi nant exprimiert werden und auf dem Western blot mit
mAk 6H11 inkubiert werden (siehe 3).
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5 dokumentiert
die Expression von verschiedenen, als positiv auf dem Proteinchip
identifizierten Klonen in E. coli und Reaktivität derselben
im Western blot mit mAk 6H11 (rechts). In der 2. Linie ist zu sehen, dass
der Klon, der dem CRMP1 Gen entspricht, am stärksten mit
mAk 6H11 reagiert.
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6 zeigt
eine Grössenauftrennung eines Schizophrenie-Hirnhomogenats
mit mAk 6H11 im Western blot. mAk 6H11 zeigt Immunreaktivität
in verschiedenen Fraktionen, u. a. in einer Fraktion bei ca. 54
kDa (Linien 8 und 9), und in höher laufenden multimeren
Fraktionen (Linien 5 bis 7, ca. 62 kDa) oder als Long-CRMP1 bei
ca. 74 kDa (Linien 1 bis 3).
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Beispiel 1
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Nachweis
dass unlösliches CRMP1 spezifisch mit chronisch psychiatrischen
Erkrankungen Schizophrenie, bipolare Erkrankung und Depression assoziiert
ist.
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Post
mortem Hirnmaterial von klnisch diagnostizierten 15 normalen Patienten,
15 depressiven Patienten, 15 bipolaren Patienten und 15 schizophrenen
Patienten wurde so fraktioniert, das nur diejenigen Proteine übrigblieben,
die in 0.2% kaltem Sarkosyl unlöslich sind ("Aggregom";
siehe Patent "Missgefaltete Proteine"). Die gepoolten Fraktionen
der einzelnen Hirne wurde Mäusen immunisiert und nach erfolgter
Fusion der Splenozyten mit Myelomzellen wurden Hybridomaüberstände
auf spezifische Erkennung von Schizophrenieaggregom vs. normalem
Kontrollaggregom gescreent. Mehrere Klone mit einer spezifischen
Erkennung wurden identifziert, u. a der Klon 6H11.B6. Dieser Klon
sezerniert einen monoklonalen Antikörper gleichen Namens, ein
IgM.
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Die
einzelnen Aggregomfraktionen der 60 Hirne wurden mm per SDS Gelelektrophorese
aufgetrennt, geblottet und mit dem mAk 6H11 inkubiert. Dabei zeigte
sich, dass der mAk 6H11 ein Antigen erkennt, das in verschiedenen
Formen 75–55 kDa gross ist und sich spezifisch im Aggregom
von Patienten mit Schizophrenie, bipolarer Erkrankung oder Depression
befindet (3).
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Mit
Hilfe des mAk 6H11 konnte in einer Sammlung von 60 Hirnen bei folgenden
Fällen unlösliches CRMP1 identifiziert werden:
4 Bipolare Störungen, 3 Depressionen, 2 Schizophrenien.
Es wurden keine Normalhirne mit mAk 6H11 falsch positiv identifiziert,
somit ist die Spezifität 100% und die Eignung zur Identifizierung
von Patienten mit chronisch psychiatrischen Erkrankungen erwiesen.
Es wurden jeweils Untergruppen der Krankheitsphänotypen
bipolare Erkrankung, Depression und Schizophrenie identifiziert.
Neuere Untersuchungen zeigen eine Variabilität von psychiatrischen
Krankheitsphänotypen bei gleichem Genotyp, wodurch die
auch hier festgestellten Überlappungen in der phänomenologischen
Krankheitsdiagnose zu erklären sind
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Beispiel 2
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Identifizierung des mAk 6H11 Antigens
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Es
wurden Proteinchips der Firma RZPD (Deutsches Ressourcenzentrum
für Genomforschung GmbH/www.rzpd.de) eingesetzt.
Der mAk 6H11 wurde auf den Proteinchips inkubiert und mehrere positive Klone
identifiziert (4). Diese Klone wurden einerseits
sequenziert und in E. coli exprimiert. Expression in E. coli ergab
nur für einen Klon eine starke Immunreaktivität
mit mAk 6H11 (5). Dieser Klon exprimierte ein
Fragment des CRMP1 Gens. Somit wurde als Antigen für den
psychiatrischen Krankheits-spezifischen mAk 6H11 das CRMP1 Protein
identifiziert. Die erwartete Grösse des Proteins bei ca.
62 kDa, bzw. 74 kDa stimmt mit der Grösse im Western blot
(6) überein.
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Angaben zur Hinterlegung:
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Die
Hybridomazellinie, die den Antikörper 6H11 sekretiert,
wurde am 04. April 2007 unter der Nummer DSM ACC2836 bei der DSMZ-Deutsche
Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH, Inhoffenstrasse
7B, 38124 Braunschweig hinterlegt. SEQUENZ
PROTOKOLL
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
-
- - US 7015006 [0007, 0039, 0039]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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et al., 2000, Molecular Psychiatry 5:142–149; Hong et al.,
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