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Die
Erfindung bezieht sich auf ein Steuersystem für ein zumindest
zeitweise vierradgetriebenes Kraftfahrzeug nach dem Oberbegriff
des Patentanspruchs 1.
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Ein
derartiges Steuersystem ist beispielsweise in der
DE 100 54 023 A1 beschrieben.
Bekannt ist demnach eine Drehmomentverteilungseinrichtung zum Verändern
des Drehmomentverteilungsverhältnisses zwischen den Rädern
der Vorderachse und den Rädern der Hinterachse durch entsprechende Steuerung
einer Reibungskupplung als Längssperre (Übertragungskupplung).
Durch die Festlegung eines Drehmomentverteilungsverhältnisses
kann das Fahrverhalten eines Fahrzeuges erheblich beeinflusst werden.
Der Gegenstand der
DE
100 54 023 A1 beschäftigt sich dabei insbesondere
mit der Fahrdynamik bei Kurvenfahrt. Hierbei kann ein zeitweise
vierradgetriebenes Kraftfahrzeug ein grundsätzlich vorderradangetriebenes
Kraftfahrzeug mit über eine Übertragungskupplung
zuschaltbarem Hinterradantrieb, ein grundsätzlich hinterradangetriebenes
Kraftfahrzeug mit über eine Übertragungskupplung zuschaltbarem
Vorderradantrieb oder ein Permanent-Allradfahrzeug mit regelbarer Übertragungskupplung
zur Änderung der Drehmomentverteilung zwischen Vorder-
und Hinterachse sein.
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Im
Folgenden werden diesbezüglich verallgemeinernd als primäre
Antriebsräder die permanent mit der Antriebseinheit verbundenen
Räder und als sekundäre Antriebsräder
die über die Übertragungskupplung bedarfsweise
mit der Antriebseinheit verbindbaren Räder bezeichnet.
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Weiterhin
ist aus der
DE 103
33 650 A1 eine Steuerung der Übertragungskupplung
in Abhängigkeit von der Differenz zwischen der Radgeschwindigkeit
eines Rades und der Fahrzeuggeschwindigkeit und/oder zwischen den
Radgeschwindigkeiten der Räder einer Fahrzeugseite bekannt.
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Es
ist Aufgabe der Erfindung, ein Steuersystem eingangs genannter Art
im Hinblick auf die Verbesserung der Lenkbarkeit bei Bremsvorgängen
vorzuschlagen.
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Diese
Aufgabe wird durch die Merkmale des Patentanspruchs 1 gelöst.
Vorteilhafte Weiterbildungen sind die Gegenstände der abhängigen
Patentansprüche.
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Erfindungsgemäß wird
bei einem Steuersystem für ein zumindest zeitweise vierradgetriebenes Kraftfahrzeug
mittels einer Steuereinheit, die den Radgeschwindigkeiten aller
Räder proportionale Größen und/oder die
Fahrzeuggeschwindigkeit erfasst oder ermittelt und durch die das
Antriebsmoment einer Antriebseinheit auf primäre Antriebsräder, die
permanent mit der Antriebseinheit verbunden sind, und auf sekundäre
Antriebsräder, die bedarfsweise mit der Antriebseinheit
verbindbar sind, variabel verteilbar ist, die Verstelleinheit einer
zwischen der Antriebseinheit und den sekundären Antriebsrädern
angeordneten Übertragungskupplung derart gesteuert, dass
das Kupplungsmoment und somit das Antriebsmoment auf die sekundären
Antriebsräder erhöht wird, wenn kurz vor oder
während eines Bremsvorganges die Neigung des Kraftfahrzeuges bzw.
die Fahrbahnlängsneigung einen vorgegebenen Neigungsschwellwert überschreitet
und die Fahrzeuggeschwindigkeit einen Geschwindigkeitsschwellwert
unterschreitet. Vorzugsweise ist der Geschwindigkeitsschwellwert
unterhalb der ABS-Regelschwelle.
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In
der Zeichnung ist ein Ausführungsbeispiel der Erfindung
dargestellt. Sie zeigt schematisch ein zeitweise vierradgetriebenes
Fahrzeug mit einer über eine Steuereinheit einstellbaren Übertragungskupplung
am Beispiel eines grundsätzlich hinterradangetriebenen
Kraftfahrzeugs mit über eine Übertragungskupplung
zuschaltbarem Vorderradantrieb.
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In
der Zeichnung ist ein zeitweise vierradgetriebenes Fahrzeug in Form
eines grundsätzlich hinterradangetriebenen Kraftfahrzeugs
mit bedarfsweise über eine Übertragungskupplung 1 zuschaltbarem Vorderradantrieb
dargestellt. Die Übertragungskupplung 1 ist über
eine Steuereinheit 8 einstellbar. Die Steuereinheit 8 kann
ein ausgelagertes Zusatzsteuergerät 10, das beispielsweise
das vorgegebene Soll-Kupplungsmoment in einen Strom zur Ansteuerung
der Verstelleinheit (hier nicht extra dargestellt) der Übertragungskupplung 1 umsetzt,
enthalten.
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Bei
einem Fahrzeug nach der einzigen Figur wird mit offener Übertragungskupplung 1 das
gesamte Drehmoment (Antriebsmoment) der Antriebseinheit 9,
vorzugsweise bestehend aus einer Brennkraftmaschine, einem Getriebe
und mindestens einem Antriebssteuergerät, auf die Räder 6 und 7 der
Hinterachse 3 übertragen. Hier sind die Hinterräder 6 und 7 die
primären Antriebsräder, da sie permanent mit der
Antriebseinheit 9 verbunden sind. Mit zunehmendem Kupplungsmoment
an der Übertragungskupplung 1 treibt die Antriebseinheit 9 auch
die Räder 4 und 5 der Vorderachse 2 an.
Somit sind die Vorderräder 4 und 5 die
sekundären Antriebsräder.
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Die
Steuereinheit 8 erfasst zu weiteren Eingangssignalen hinzu
insbesondere die Raddrehzahlen nVL, nHL, nVR, nHR aller Räder 4, 5, 6, 7,
die Fahrzeuggeschwindigkeit vFzg, ein Neigungssignal
N und ein Bremssignal B. Aus den Raddrehzahlen nVL,
nHL, nVR, nHR werden im Zusammenhang mit weiteren in der
Steuereinheit 8 vorliegenden Informationen, wie z. B. den
Reifenumfängen, die Radgeschwindigkeiten vVL,
vHL; vVR, vHR aller Räder 4, 5, 6, 7 ermittelt. Hieraus
könnte auch die Fahrzeuggeschwindigkeit vFzg ermittelt
werden, wenn hierfür kein eigenes Eingangssignal zur Verfügung
stehen würde. Das Bremssignal B kann beispielsweise das
Signal eines Bremslichtsschalters sein, der das Vorliegen eines Bremsvorganges
mitteilt, oder das Signal eines Bremsdrucksensors sein. Das Neigungssignal
N kann beispielsweise aus einem Neigungssensor oder rechnerisch
mittels eines Längsbeschleunigungssensors ermittelt werden.
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Normalerweise
ist die Bremsanlage eines Fahrzeuges und damit die Verteilung der
Bremskraft so ausgelegt, dass beim Abbremsen des Fahrzeuges beispielsweise
bei Vorwärtsfahrt auf hohen Reibwerten (auch infolge der
dynamischen Achslastverlagerung nach vorne) der Großteil
der Bremskraft von den Vorderradbremsen aufzubringen ist. Eine deutliche Überdimensionierung
der Hinterradbremsen hätte ein instabiles Fahrverhalten
beim Bremsen zur Folge und wird deshalb im Allgemeinen vermieden.
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Auf
Niederreibwertfahrbahnen führt dies dazu, dass beispielsweise
bei Rückwärts-Fahrmanövern beim starken
Bremsen die Vorderräder gegenüber den Hinterrädern
zuerst zum Blockieren neigen können, was bei Vorhandensein
eines ABS-Systems jedoch vermieden und entsprechend ausgeregelt wird,
so dass ein weitgehend stabiles Fahrverhalten und eine entsprechend
ausreichende Lenkbarkeit des Fahrzeuges sichergestellt- sind.
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Mit
zunehmendem Fahrbahngefälle, z. B. beim rückwärts
Bergabfahren, wird durch Entlastung der Vorderachse die Neigung
zum Blockieren höher. Insbesondere dann, wenn in dieser
Fahrsituation beim Abbremsen und Verringern der Geschwindigkeit
die ABS-Regelschwelle unterschritten wird (z. B. v < 1,0 m/s bei bekannten
ABS-Regelsystemen) und dabei die Räder bei zu hohem Verzögerungswunsch durch
den Fahrer blockieren, ist die Lenkbarkeit des Fahrzeuges nicht
mehr gegeben. In dieser Situation kann das Fahrzeug – speziell
auf Niedrigreibwerten, z. B. vereisten Fahrbahnen – weiterrutschen
bzw. sich drehen.
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Erfindungsgemäß wird
daher bei Überschreiten eines vorgegebenen Fahrbahnneigungsschwellwertes
und gegebenenfalls zusätzlich bei Überschreiten
einer vorgegebenen Hinterachslast, ausgewertet z. B. über
Radaufstandskraft- oder Achslastinformationen) vorzugsweise insbesondere
unter Berücksichtigung einer erkannten Rückwärtsfahrt
bergab (ausgewertet z. B. über Gangschalthebelstellung bzw.
Getriebeinformation und/oder über Radsensorik), durch die
Steuereinheit einer Übertragungskupplung diese geschlossen
oder zumindest das Kupplungsmoment entsprechend dem Ausmaß der
Fahrbahnneigung erhöht; denn insbesondere bei Rückwärtsfahrt
bergab sind die Radaufstandskräfte an den Rädern
der Hinterachse größer als die Radaufstandkräfte
an den Rädern der Vorderachse, die hier beispielsweise
die sekundären Antriebsräder sind.
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Die
Kupplungsmomenterhöhung wird jedoch nur unterhalb einer
vorgegebenen Fahrzeuggeschwindigkeitsschwelle, die sich an der ABS-Geschwindigkeitsregelschwelle
orientieren kann, vorgenommen. Dadurch können im untersten
Geschwindigkeitsbereich, insbesondere wenn noch keine ABS-Regelung
vorgenommen wird/werden kann, Blockierzustände der Räder
verhindert werden.
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Durch
die erfindungsgemäße Ankoppelung der zur Instabilität
neigenden Achse bzw. deren Räder an die Räder
der stabil(er) laufenden Achse wird eine vorzeitige Neigung zum Überbremsen
begrenzt bzw. verhindert. Dadurch ist eine deutlich bessere Manövrierbarkeit
und Lenkbarkeit des Fahrzeuges gegeben. Die Ankoppelung beispielsweise
der Vorderachse (als sekundäre Antriebsachse) ist besonders
sinnvoll in Fahrsituationen, in denen das Fahrzeug rückwärts
bergab gebremst wird, da hierbei aufgrund der größeren
Dimensionierung der Vorderradbremsen gegenüber den Hinterradbremsen
und der mit zunehmenden Fahrbahnneigung geringeren Radaufstandskräfte
die Gefahr des Überbremsen der Vorderradbremsen besonders
gegeben ist. Grundsätzlich kann eine Ankoppelung der zweiten
Fahrzeugachse aber auch in Bremssituationen vorwärts bergab
sinnvoll sein, wenn z. B. aufgrund der Fahrzeugbeladung eine ungünstige
Verteilung der Radaufstandskräfte vorliegt.
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Die
Ankoppelung der zweiten Fahrzeugachse, d. h. die Fesselung beider
Achsen miteinander, und die Intensität der Ankoppelung
(0... 100%) kann beispielsweise in Abhängigkeit von folgenden
Variablen vorgenommen werden:
- – ermittelte
Fahrbahnneigung (z. B. über Neigungssensor oder Längsbeschleunigungssensor ermittelt),
- – ermittelte Radaufstandskräfte (z. B. über
Federwegaufnehmer, Wegaufnehmer der Luftfederung, Niveauregulierung,
Wankstabilisierung bzw. aus Rechenmodell o. ä.),
- – Fahrtrichtungsinformation (z. B. Ganginformation,
Raddrehzahlinformation, Längsbeschleunigungs- oder Längsneigungssensorinformation),
- – Höhe der Bremsmomente bzw. Bremskräfte oder
Bremsdrücke,
- – Höhe des Antriebsmoments (Motormoment bzw. Kardanmomente,
Radmomente, Motordrehzahl) bzw. dementsprechend Fahrpedalvorgabe
oder Fahrpedalgradient,
- – Anhängerinformation (z. B. Anhängersteckdose belegt),
- – Fahrzeugmasse-Information (z. B. Fahrzeugmasseberechnung/-schätzung,
Schwerpunktlageermittlung),
- – Fahrzeuggeschwindigkeit (Zulassung der Koppelung
bzw. Intensität der Koppelung in Abhängigkeit
von der Geschwindigkeit, z. B. stärkste Koppelung bei sehr
niedrigen Geschwindigkeiten),
- – Lenkwinkel (Zulassung der Koppelung bzw. Intensität
der Koppelung in Abhängigkeit vom Lenkwinkel, z. B. Abschwächung
der Koppelung mit zunehmendem Lenkwinkeleinschlag, um ein unzulässiges
und ggf. unkomfortables Verspannen infolge der Sperrwirkung zu vermeiden),
- – ermittelter Kraftschluss bzw. Schlupf zwischen Rädern
und Fahrbahn,
- – ermittelte Schlupfdifferenz, z. B. zwischen Vorderachse
und Hinterachse,
- – Querbeschleunigung und/oder Querneigung (Zulassung
der Koppelung bzw. Intensität der Koppelung in Abhängigkeit
von der Querbeschleunigung bzw. Querneigung),
- – Drehrate (Verbot der Koppelung bei erkannter Drehbewegung
des Fahrzeugs),
- – Verbot der Koppelung im Stillstand des Fahrzeugs
bei vorher erkannter Rutsch-, Dreh- oder Kippgefahr des Fahrzeugs
(z. B. bei vorausgehender ABS- oder ASC-Regelung oder Fahrzeugreglereingriff
oder bei unzulässig hohem Schlupf an mindestem einem Rad
kurz vor Fahrzeugstillstand,
- – bei über Motor-Start-Stopp-Automatik (MSA) ausgeschaltetem
Motor kann die Übertragungskupplung ebenfalls geschlossen
werden.
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Dem
oben beschriebenen Vorschlag, in den beschriebenen Fällen
eine Ankoppelung einer Achse durch eine steuer-/regelbare Mittenkupplung
als Übertragungskupplung durchzuführen, kann zusätzlich
(oder auch nur ausschließlich) eine Koppelung von Rädern
einer Achse über sog. Querkupplungen bzw. Quersperren
(z. B. QMVH, QMVV) überlagert werden. Damit wird auch die
Blockierneigung einzelner Räder einer Achse gezielt begrenzt
bzw. verhindert.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- - DE 10054023
A1 [0002, 0002]
- - DE 10333650 A1 [0004]