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Die
Erfindung bezieht sich auf einen taktilen Flächensensor mit mehreren elektrischen
Widerstandsleitungen.
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Unter
einem taktilen Flächensensor
versteht man einen Sensor, der, ähnlich
der menschlichen Haut, in der Lage ist, Kräfte, Berührungen und Auslenkungen zu
messen. Die Übertragung
der Fähigkeit
der taktilen Perzeption auf technische Systeme ist für die Anwendung
in automatisierten Greifern und Roboterhänden bisher nicht zufriedenstellend
gelöst. Die
bekannten taktilen Flächensensoren
können
die für
Greifer und Roboterhände
zu erfüllenden
Ansprüche
an die Robustheit, Zuverlässigkeit,
Genauigkeit und Auflösung
nicht befriedigend erfüllen.
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Eine
Ausprägung
eines bekannten taktilen Flächensensors
ist der piezoresistive Flächensensor. Taktile
Flächensensoren
auf piezoresistiver Basis sind in verschiedenen Ausführungen
bekannt. Bei einer dieser Ausführungen
wird ein leitfähiges
Material verwendet, dessen elektrischer Widerstand sich unter Druckausübung verändert. Alternativ
werden Ausführungen
eingesetzt, bei denen sich zwischen dem Widerstandsmaterial und
den entsprechenden Elektroden Abstandshalter befinden. Wird Druck
auf den Flächensensor
ausgeübt,
kann das flexible Widerstandsmaterial zwischen den Abstandshaltern
die Elektroden kontaktieren. Der elektrische Widerstand ergibt sich
aus der Kontaktfläche,
die wiederum der Kraft entspricht. Der Vorteil der auf Widerstandsänderung
basierenden Flächensensoren
ist, dass sie unabhängig
von elektrischen oder magnetischen Störfeldern und von Lichteinwirkung
sind.
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Durch
die strikte Trennung der Taxel bei den bekannten technischen Ansätzen ist
die technische Komplexität
relativ groß.
Insbesondere die hohe Anzahl von Leitungen führt dazu, dass derartige technische
Ansätze
bei begrenztem Bauraum nicht eingesetzt werden können, z. B. für "Finger" von Roboterhänden. Flächensensoren,
die auf der Ausbildung von leitfähigen
Strukturen in der Sensormatrix durch die Einwirkung von äußerem Druck
basieren, weisen im Allgemeinen ein anisotropes Sensorverhalten
auf. Wird der Sensor mit Kräften
beaufschlagt, die neben einer zur Sensoroberfläche senkrechten Komponente
auch eine tangentiale Kraftkomponente aufweisen, treten im Sensormaterial
Scherkräfte
auf, die die Ausbildung von leitfähigen Strukturen im Sensormaterial
beeinträchtigen.
Hierdurch werden die Messergebnisse verfälscht.
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Hinzu
tritt, dass bei piezoresistiven Sensoren, die auf einer Kombination
aus einem wenig elastischen Leiter und einer elastischen Sensormatrix
basieren, auf Grund der unterschiedlichen Elastizitätmoduli
im Grenzbereich zwischen Leiter und Sensormatrix eine starke Dehnung
im elastischen Material auftritt. Die leitfähigen Strukturen im elastischen
Material werden durch diese Dehnung unterbrochen, wodurch sich um
den Leiter eine nur wenig leitfähige Schicht
ausbildet. Diese Effekte in der Grenzschicht haben eine unzureichende
Empfindlichkeit und eine geringe Reproduzierbarkeit der Messergebnisse
zur Folge.
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DE 34 06 093 A1 beschreibt
einen Tastfühler für eine Robotergreifvorrichtung,
wobei elektrisch leitende Stäbe
vorgesehen sind, die sich in rechten Winkeln zu weiteren elektrisch
leitenden Stäben
erstrecken. Die Stäbe
werden aus einem polymeren Elastomer, zum Beispiel Chloropren, hergestellt,
welches mit einem geeigneten leitenden Material, wie zum Beispiel
schwarzem Kohlenstoff dotiert ist. Zwischen den ersten und zweiten
elektrisch leitenden Stäben,
ist eine Zwischenschicht aus einem nicht leitendem elastomeren Material
vorgesehen, durch die sich mehrere elektrisch leitende Stangen erstrecken. Jeweils
eine leitende Stange ist an jeder Kreuzungsstelle angeordnet, an
der sich einer der ersten leitenden Stäbe mit einem der zweiten leitenden
Stäbe kreuzt.
Wenn keine Kraft auf die obere Fläche des Fühlers ausgeübt wird, berühren lediglich
die vorspringenden Nasenabschnitte der leitenden Stäbe die leitenden
Stangen. Wird eine Kraft auf den Fühler ausgeübt, so werden mehrere Schichten
zusammengedrückt,
so dass sich die leitenden Stäbe
an den Druckstellen aneinander annähern. Hierdurch wird die effektive
Kontaktfläche
mit den leitenden Stangen vergrößert, so
dass der elektrische Kontaktwiderstand abnimmt, der zwischen den
leitenden Stäben und
denjenigen leitenden Stangen vorherrscht, die unterhalb der Druckstellen
liegen.
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Aufgabe
der Erfindung ist es demgegenüber, einen
taktilen Flächensensor
mit einfachem Aufbau und hoher Genauigkeit zu schaffen.
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Diese
Aufgabe wird durch einen taktilen Flächensensor mit den Merkmalen
des Patentanspruchs 1 gelöst.
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Der
erfindungsgemäße taktile
Flächensensor
weist mehrere elektrische Widerstandsleitungen an oder in einem
elektrisch nicht-leitenden und elastischen Grundkörper auf.
Die Leitungen werden von Partikelbahnen aus elektrisch leitenden
Partikeln in einem elektrisch nicht-leitenden und elastisch verformbaren
bzw. dehnbaren Leitungskörper
gebildet. Die Leitungen werden also dadurch gebildet, dass elektrisch
leitende Partikel oder Füllstoffe
in einem elektrisch nicht-leitenden elastischen Leitungskörper möglichst
gleichmäßig und
homogen verteilt sind. Die Partikel sind vorzugsweise sogenannte
Nano-Partikel aus
Graphit, Ruß oder
Metall, oder leitend beschichtete Partikel aus nicht-leitendem Material,
z. B. leitend beschichtete Glas-Partikel bzw. -Kugeln.
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Erfindungsgemäß werden
bei von außen
auf den Flächensensor
aufgebrachtem Druck die von den Partikeln gebildeten elektrisch
leitfähigen
Strukturen durch die Dehnung der Widerstandsleitungen nach und nach
unterbrochen, so dass sich der elektrische Widerstand der Widerstandsleitungen ändert.
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Der
Leitungskörper
kann von dem Grundkörper
selbst gebildet werden. Alternativ kann der Leitungskörper jedoch
von dem Grundkörper
separat ausgebildet sein. Die Widerstandsleitungen sind auf die
Oberfläche
des elastischen Grundkörpers
aufgebracht, beispielsweise aufgeklebt oder verschweißt, in die
Oberfläche
des Grundkörpers
eingelassen oder aber in den Grundkörper vollständig umschlossen eingegossen.
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Die
Herstellung des Flächensensors
kann durch eine schichtweise Herstellung, durch die Verwendung von
Lithografietechniken oder aber durch 3D-Druck realisiert werden.
Alternativ zur direkten Einbettung der Widerstandsleitungen ist
ein Aufbringen derselben auf eine dünne elastische Folie denkbar,
die den Grundkörper
bildet.
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Um
die erforderlichen Dehnungen und Stauchungen der Widerstandsleitungen
zu ermöglichen, werden
diese in den elastischen oder sich gelartig erhaltenden Grundkörper aufgebracht
oder eingebracht. Die Leitungen sind mechanisch dauerhaft und stabil
mit dem Grundkörper über die
gesamte Länge
der Leitungen mit dem Grundkörper
verbunden. Bei Ausübung
von Druck auf den Flächensensor werden
die Leitungen gedehnt. Dadurch werden die elektrisch leitfähigen, durch
die Partikel gebildeten Strukturen nach und nach unterbrochen, so
dass sich der elektrische Widerstand erheblich erhöht. Diese Widerstandsänderung
kann elektronisch ausgewertet und klassifiziert werden.
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Der
erfindungsgemäße Flächensensor macht
sich die beim Stand der Technik nachteilige hohe Empfindlichkeit
von piezoresistiven Materialien im Bezug auf Dehnung zu Nutze. Bei
der vorliegenden Erfindung wird der Umstand genutzt, dass bei von
außen
auf den Flächensensor
aufgebrachtem Druck die von den Partikeln gebildeten elektrisch
leitfähigen
Strukturen durch die Dehnung der Leitungen nach und nach gestört bzw.
unterbrochen werden. Mit der Dehnung ändert sich also die Leitfähigkeit bzw.
der Widerstand der Leitung jeweils erheblich. Der Messraum wird
vorliegend nicht auf einen Taxel begrenzt, sondern erstreckt sich
jeweils auf die gesamte elastische Widerstandsleitung.
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Nach
Vornahme einer Kalibrierung oder mittels lernender Kalibrierungsverfahren
steht ein einsatzbereiter taktiler Flächensensor zur Verfügung, der
genaue Sensorinformationen über
die Größe der Druckkraft,
die Größe der Druckflächen sowie über die
Richtung der Druckkraft liefern kann.
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Vorzugsweise
besteht der Leitungskörper aus
einem von dem Grundkörper-Material verschiedenen
Material, beispielsweise aus Silikon, einem Thermoplast oder einem
Gel. Der Leitungskörper kann über die
Auswahl eines geeigneten Materials bezüglich seiner mechanischen Eigenschaften
optimal gestaltet werden. Das Gleiche gilt auch für den elastischen
Grundkörper.
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Gemäß einer
bevorzugten Ausgestaltung weisen die elektrisch leitenden Partikel
eine derartige Partikel-Dichte in dem Leitungskörper auf, dass der spezifische
elektrische Leitungs-Widerstand im entspannten Zustand mindestens
1 kΩ/cm
und höchstens
1 MΩ/cm
beträgt.
Bei einer derartigen Partikel-Dichte weist die Widerstandsleitung
ein relativ einfaches und zeitlich konstantes Widerstandsverhalten über einen
weiten Dehnungsbereich auf.
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Vorzugsweise
kreuzen sich die Leitungen in dem Grundkörper in mehr als zwei Orientierungen nicht-berührend. Auf
diese Weise kann neben der Kontaktkraft und der Kontaktfläche auch
die Richtung der Kontaktkraft ermittelt werden.
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Vorzugsweise
sind die Partikelbahnen bzw. die Leitungen in ihrer Längsrichtung
vorgespannt. Durch die Vorspannung der Leitungen kann auch eine
Entlastung, d. h. eine Stauchung der Leitung, z. B. durch Scherkräfte, detektiert
werden. Auf diese Weise können
auftretende Scherkräfte
gezielt nachgewiesen werden. Dies ist für die Handhabung von druckempfindlichen
Objekten, z. B. für
die automatisierte Handhabung von Obst, von großem Vorteil, da der mit dem
taktilen Flächensensor
ausgestaltete Greifer keine unnötig
hohen Druckkräfte
auf die druckempfindlichen Objekte aufbringt.
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Im
Folgenden wird unter Bezugnahme auf die Zeichnungen ein Ausführungsbeispiel
der Erfindung näher
erläutert.
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Es
zeigen:
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1 einen
taktilen Flächensensor
im unbelasteten Zustand, und
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2 den
taktilen Flächensensor
der 1 bei Aufbringung einer flächigen Druckkraft.
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In
den 1 und 2 ist ein taktiler Flächensensor 10 mit
mehreren elektrischen Widerstandsleitungen 12, 13, 12, 13' dargestellt.
Der Flächensensor 10 ist
als künstliche
taktile Haut für
den Endeffektor eines Roboters, insbesondere einer Roboterhand,
einsetzbar.
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Der
Flächensensor 10 besteht
im Wesentlichen aus einem elektrisch nicht-leitenden und elastischen Grundkörper 16,
auf den eine Vielzahl von elektrischen Widerstandsleitungen 12, 13 fixiert
ist. Im vorliegenden Fall sind die Leitungen 12, 13 auf
die Oberflächen
des Grundkörpers 16 aufgeklebt
oder mit ihr über
die gesamte Leitungslänge
verschweißt.
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Der
Grundkörper 16 besteht
aus einem elektrisch nicht-leitenden Kunststoff, beispielsweise
aus Silikon oder einem Thermoplast.
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Die
Widerstandsleitungen 12, 13 werden jeweils von
Partikelbahnen 20, bestehend aus einer Vielzahl von Nano-Partikeln 22,
gebildet, die in einem elektrisch nicht-leitenden und elastisch
verformbaren und in Längsrichtung
vorgespannten Leitungskörper 24 möglichst
homogen verteilt sind.
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Der
Leitungskörper 24 besteht
aus Silikon, kann jedoch auch aus einem anderen elektrisch nicht-leitenden
Material bestehen, beispielsweise aus Thermoplast oder einem Gel.
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Die
Partikel 22 der Partikelbahnen 20 sind Ruß-Partikel,
können
jedoch alternativ oder ergänzend
auch Graphit-Partikel oder Metall-Partikel oder durch Beschichtung
leitfähige,
nichtleitende Partikel wie Glaskugeln oder ähnliches sein. Die Partikelgröße der Partikel 22 liegt
im Bereich von 1 nm bis 10 μm.
Die Partikeldichte der Partikelbahnen 20 ist derart bemessen,
dass der spezifische elektrische Leitungs-Widerstand zwischen 1
kΩ und
10 kΩ liegt.
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Der
taktile Flächensensor 10 weist
mehrere nicht dargestellte Ebenen mit zueinander parallelen Leitungen 12, 13 auf.
Die Leitungen 12, 13 der verschiedenen Ebenen
in dem Grundkörper
kreuzen sich daher nicht-berührend in
mehreren Orientierungen.
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In
der 2 ist die Einwirkung einer Druckkraft 30 auf
den Flächensensor 10 dargestellt.
Durch die Druckkraft 30 wird der Grundkörper 16 verformt.
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Hierdurch
werden die längselastischen
Leitungen 12', 13' im Bereich
der Verformung in der Länge
gedehnt. Durch die Partikel in den Leitungen 12, 13 werden
kleine leitfähige
Strukturen gebildet, die bei der Dehnung der Leitungen 12', 13' teilweise auseinanderbrechen
und den elektrischen Widerstand der Leitungen 12', 13' deutlich erhöhen.
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Diese
Widerstands-Änderungen
werden durch eine entsprechende angeschlossene Auswerteschaltung
ausgewertet. Dies ermöglicht
genaue Rückschlüsse auf
die Größe der einwirkenden Druckkraft 30,
die Einleitungsfläche 32 der
eingeleiteten Druckkraft 30 sowie die Einleitungsrichtung
der Druckkraft.
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Der
Einsatz des beschriebenen taktilen Flächensensors 10 ist
insbesondere dort vorteilhaft, wo ein hohes Maß an Feinfühligkeit auf kleinem Raum benötigt wird,
beispielsweise bei automatisierten Greifern und in Roboter-Händen. Der
Flächensensor 10 ist
preiswert herstellbar und ermöglicht
ferner Anwendungen im Bereich der Automatisierungstechnik, der Automobil-
und der Automobil-Zulieferindustrie sowie
der Medizintechnik.